Der Beitrag untersucht die Ergebnisse von Wahlen und Abstimmungen sowie das Wählerverhalten in Sachsen-Anhalt zwischen 1990 und 2004. Er geht zunächst auf die Landtagswahlen, dann auf die Kommunalwahlen und abschließend auf Volksinitiativen, -begehren und Abstimmungen ein. Dabei werden in allen Fällen die rechtlichen Grundlagen, Vorbereitung und Durchführung der Wahlen und die Ergebnisse bislang erfolgter Abstimmungen dargestellt. Zu allen Wahlen werden statistische Daten vorgestellt und es wird eine Übersicht darüber gegeben, mit welchen theoretischen Modellen die Wahlforschung die Entscheidungen von Wählern und Wählerinnen, vor allem mit Bezug sozialstrukturelle Merkmale (geschlechtsspezifische Faktoren, Alter, Berufs- und Konfessionszugehörigkeit) erklärt. (ICH)
Sind die Wahlberechtigten im Volk und ihre Repräsentanten im Parlament aufgerufen, mittels Wahlen oder Abstimmungen eine Entscheidung zu treffen, dürfen sie den Maßstab ihrer Entscheidung nicht selbst bestimmen. Nach dem Grundgesetz ist der Staat für den Menschen da (und nicht umgekehrt). Das folgt aus der Garantie der Menschenwürde und den Freiheitsrechten sowie aus Rechtsstaats-, Republik- und Demokratieprinzip. Folgerichtig ist Staatsgewalt gemeinwohlgebunden auszuüben und dürfen nur subjektive Rechte nach persönlichem Belieben, nach Eigeninteresse ausgelebt werden. Welcher Entscheidungsmaßstab, Gemeinwohl oder Eigeninteresse, bei Wahlen und Abstimmungen gilt, folgt aus der Einordnung der Stimmberechtigung entweder als Kompetenz der Staatsgewalt oder als subjektives Recht des Bürgers. Dass die Abgeordneten im Parlament Staatsgewalt ausüben, ist unbestritten. Parlamentarische Abstimmungen über Sachfragen und genauso parlamentarische Wahlen von Personen unterliegen daher der Gemeinwohlbindung. Dass das Volk bei Wahlen und Abstimmungen Staatsgewalt ausübt, bestimmt Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ausdrücklich. Für Volksabstimmungen bleibt es dabei, weil das Grundgesetz keine andere Anordnung trifft. Bei Wahlen greifen dagegen systematische, genetische und historische Gegengründe, die eine Qualifikation als subjektives Recht nahe legen. Insbesondere handeln Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG von der Freiheit der Wahl und verweisen mit diesem Begriff auf subjektive Rechte. Außerdem eröffnet Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG gegen Verletzungen des Wahlrechts aus Art. 38 GG mit der Verfassungsbeschwerde einen Rechtsbehelf, der zur Verteidigung gerade subjektiver Rechte dient. Vor diesem Hintergrund ist das Wahlrecht des Bürgers doch ein subjektives Recht. Es unterliegt nicht der Gemeinwohlbindung, sondern darf nach Eigeninteresse wahrgenommen werden. Was Eigeninteresse bedeutet, bestimmt die Idee der Freiheit: Jeder Bürger darf zu seinen Interessen erklären, was er will, und mehrere Interessen gewichten, wie er mag. Gemeinwohl zu definieren, erscheint dagegen ungleich schwieriger. Diese Abhandlung folgt einem material-prozeduralen Begriff. Das Gemeinwohl ergibt sich danach aus den Individualinteressen. Dabei kommt es nicht nur auf jene Individuen an, die als Mitglieder des Gemeinwesens zu entscheiden haben, sondern auch auf wahlrechtslose Einwohner, die von der zu fällenden Entscheidung betroffen sind (etwa Kinder und Ausländer). Es dürften sogar, mit abnehmendem Gewicht, solche Interessen zukünftiger Generationen, die heute schon als Individualinteressen erkennbar sind, erheblich sein. (TA)
"Im Mittelpunkt des Beitrages (...) stehen innerparteiliche Online-Wahlen. Im Dezember 2000 hielt der badenwürttembergische Landesverband von Bündnis 90/ Die Grünen einen virtuellen Parteitag ab, bei dem es neben der Diskussion auch Abstimmungen und Wahlen gab. (Der Autor) skizziert die Leitideen und Bedenken im Vorfeld des virtuellen Parteitages, schildert die verwendete Technik zur Abhaltung von Wahlen und Abstimmungen und zieht eine erste Bilanz. Folgt man (dem Autor), so war der virtuelle Parteitag ein gelungenes Experiment. Bei den Abstimmungen und Wahlen traten allerdings so massive Probleme auf, dass keine echte Online-Wahl durchgeführt werden konnte." (Autorenreferat)
Vom Volk über die Parlamente und die Verwaltungsausschüsse bis zu den Gerichten gibt es eine Vielzahl von staatlichen Kollegialorganen, die in Wahlen und Abstimmungen entscheiden. Die Mitglieder dieser Gremien haben neben einer Entscheidung mit Ja oder Nein unter Umständen auch die Möglichkeit, durch Fernbleiben nicht an der Abstimmung teilzunehmen oder sich bei der Abstimmung der Stimme zu enthalten. Enthaltung und Nichtbeteiligung ist ungeachtet der Notwendigkeit ihrer Unterscheidung eine neutrale Haltung gemeinsam, die sie neben Zustimmung und Ablehnung als dritte Variante des Verhaltens von Stimmberechtigten bei kollektiven Entscheiden erscheinen lässt. -- Jan Roscheck beschäftigt sich mit dieser Form des Verhaltens bei staatlichen Wahlen und Abstimmungen in der Bundesrepublik. Grundfragen sind dabei die individuelle Zulässigkeit von Enthaltungen und Nichtbeteiligungen (Bestehen einer Stimmpflicht) und die Auswirkungen von Enthaltungen und Nichtbeteiligungen auf das Zustandekommen von Beschlüssen (Quoren und Mehrheiten). In der Praxis gibt es zwischen den einzelnen Kollegien große Unterschiede in der Behandlung von Enthaltungen und Nichtbeteiligungen. Nicht selten besteht hierüber auch Streit. -- Der Autor stellt die in den verschiedenen Gremien geltenden Regeln mit ihren Hintergründen umfassend dar. Dabei gelangt er zu dem Ergebnis, dass der Zahl der Mitglieder des jeweiligen Kollegiums entscheidende Bedeutung zukommt.
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