In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 552-554
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 4302-4309
"Die neue, US-amerikanisch geprägte Wirtschaftssoziologie hat sich in den letzten Jahren mehr als bisher für Aspekte der Kultursoziologie offen gezeigt. Märkte werden nicht mehr nur als Orte wirtschaftlichen Austauschs verstanden, sondern Marktakteure benutzen auch kognitive Kategorien, um aus den wirtschaftlichen Aktivitäten Sinn abzuleiten. Von besonderem Interesse sind hierbei die Kategorisierungen, die Marktbeteiligte vornehmen, um beispielsweise zu entscheiden, welches Produkt nun gekauft werden soll oder welches Unternehmen Konkurrent ist. So ist es für Podolny der Status, der als Konsequenz der Netzwerkbeziehungen, die ein Akteur hat und die als solche von Dritten wahrgenommen werden, kategorisierend wirkt. In Whites Marktmodell geht es um Vergleichbarkeit, die Produzenten versuchen durch Beobachtung herzustellen, um Hinweise für eigenes Handeln zu erlangen und um Rückschlüsse zu ziehen, wo sie sich selbst in der Marktaufstellung befinden. Auch in der neuen französischen Wirtschaftssoziologie, die von der Auseinandersetzung mit Bourdieus soziologischem Vermächtnis geprägt ist, spielen kognitive Kategorisierungen eine große Rolle. Besonders Boltanski und Thévenot haben Ideen zur Kognition von Akteuren für die Koordination von Handlung erweitert, indem sie auf die grundlegenden evaluativen Prinzipien oder 'orders of worth' hinweisen, nach denen Akteure kategorisieren. Damit verbinden sie analytisch kognitive und evaluative Kapazitäten von Akteuren. Jede 'order of worth' unterstützt einen eigenen Koordinationsmodus basierend auf einem Qualifikationsprozess, der sowohl Menschen als auch Objekte mit einschließt. Boltanskis und Thévenots Arbeiten zu 'orders of worth' legen einen Grundstein für die 'Economie des conventions', die sich mit konventionellen Formaten des Handelns beschäftigt. Ziel des Vortrags ist es, die Entwicklung der neueren französischen Wirtschaftssoziologie nachzuzeichnen und insbesondere auf die Idee des Qualifikationsprozesses und die Relevanz von Objekten für die Koordination von Handlung einzugehen. Dabei werden Ähnlichkeiten und Unterschiede zu der US-amerikanischen Wirtschaftssoziologie herausgearbeitet." (Autorenreferat)
Die gesellschaftstheoretische Behandlung der Wirtschaftstheorie war bereits in den Debatten um die Österreichische Schule der Nationalökonomie Anfang des 20. Jahrhunderts relevant. In diesem Kontext stellt Christoph Morlok die werkgeschichtliche Frage nach der Entstehung der "soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens" von Max Weber. Er verfolgt die These, dass Weber auf einen missglückten Integrationsversuch von Wirtschaftstheorie und Gesellschaftstheorie des damals führenden Ökonomen Friedrich von Wieser reagierte. Durch die Verknüpfung von früher Österreichischer Schule und Max Webers Soziologie wird in der Arbeit nicht nur ökonomische Dogmengeschichte und klassische Soziologie verbunden, die (Be-)Funde des Autors legen Fragestellungen und konzeptionelle Ansätze frei, die auch heute, hundert Jahre nach ihrer Formulierung, die aktuellen Diskussionen anregen können. Der Inhalt · Die Wirtschaftstheorie der (frühen) Österreichischen Schule der Nationalökonomie · Friedrich von Wieser: ökonomische Wertlehre und Gesellschaftstheorie · Max Webers kritische Aneignung der Grenznutzenlehre · Wirtschaft und Gesellschaft: Die "soziologischen Grundkategorien des Wirtschaftens" Die Zielgruppen · Dozierende und Studierende der Soziologie, Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaft Der Autor Christoph Morlok studierte Soziologie, Volkswirtschaftslehre und Politische Wissenschaft an der Universität Heidelberg und promovierte dort am Institut für Soziologie
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In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 4292-4301
"Die Wirtschaftssoziologie hat in den letzten 25 Jahren in den USA eine außergewöhnliche Renaissance erfahren. Die Erneuerung beruht dabei im Wesentlichen auf der Annahme, dass alle ökonomischen Phänomene grundsätzlich sozial konstruiert sowie in Netzwerke persönlicher, politischer und kultureller Beziehungen eingebettet sind. In Abgrenzung zur traditionellen Arbeitsteilung zwischen Soziologie und Ökonomie hat die 'neue' Wirtschaftssoziologie die Standardannahmen der (mikro-)ökonomischen Neoklassik scharf attackiert und selbstbewusst den Anspruch erhoben, ökonomische Kernphänomene mit genuin soziologischen Konzepten adäquater erklären zu können. Die institutionelle Begrenzung und Ermöglichung ökonomischen Handelns gehört zu den Kernthemen der 'neuen' Wirtschaftssoziologie, besonders dann, wenn man das Problem der Reduktion von Ungewissheit und der Bewältigung von Ambiguität als die entscheidenden Ansatzpunkte der wirtschaftssoziologischen Analyse akzeptiert und Institutionen als einen zentralen Mechanismus zur Koordination ökonomischer Handlungen begreift. Der Vortrag zielt darauf, das Konzept einer 'Analyse in Feldbegriffen' von Pierre Bourdieu am Beispiel der Studien zum Eigenheimmarkt in Frankreich vorzustellen und die Bedeutung der Praxistheorie für ein wirtschaftssoziologisches Verständnis ökonomischer Institutionen zu diskutieren. Dabei werden offene Probleme des in der Soziologie derzeit dominierenden, auf die Verbindlichkeit von Regeln hin ausgerichteten Institutionenbegriffs untersucht und die Konturen einer auf Habitus-Feld-Relationen zielenden Konzeption sozialer und ökonomischer Institutionen skizziert. Folgende Fragen werden erörtert: Wie kann das weite Institutionenverständnis von Bourdieu stärker eingegrenzt und präziser ausformuliert werden, damit sich der Institutionenbegriff als eine trennscharfe analytische Kategorie praxistheoretisch anwenden lässt? Welchen Erkenntnisgewinn kann die Wirtschaftssoziologie von einem 'praxisorientierten Institutionalismus' erwarten und welche Chancen bietet die auf Institutionen ausgerichtete Erweiterung für die Praxistheorie selbst?" (Autorenreferat)
"Dargestellt werden einige der dem gegenwärtigen Forschungsprogramm des MPIfG unterliegenden Überlegungen. Das Papier beginnt mit einer Diskussion der programmatischen Entwicklung des Instituts seit seiner Gründung im Jahre 1984. Seit damals eingetretene Veränderungen bestanden vor allem in (1) zunehmender Anerkennung eines langfristigen Rückgangs der Steuerungsfähigkeit des Nationalstaats, bei gleichzeitig wachsender Bedeutung selbstregulierender, 'freier' nationaler und internationaler Märkte; (2) vermehrter Befassung mit kulturellen Sinndeutungen und Symbolen sowie mit normativen Fragen; (3) einer allmählichen Umorientierung von Policy zu Politics; und (4) expliziterer Einbeziehung von Geschichte und Berücksichtigung der Geschichtlichkeit der Probleme und Beobachtungen, die Gegenstand der Sozialwissenschaften sind. Der zweite Teil des Papiers argumentiert, dass Gesellschaftsforschung heute als Untersuchung von Wirtschaft und Gesellschaft des modernen Kapitalismus betrieben werden sollte. Der vielversprechendste Ansatz dazu besteht in einer engen Zusammenarbeit zwischen politischer Ökonomie und Wirtschaftssoziologie. Dabei können die politische Ökonomie von einer expliziteren Mikro-Fundierung in einer soziologischen Handlungstheorie und die Wirtschaftssoziologie von einer systematischeren Berücksichtigung der Politik und des Staates profitieren. Drittens wird dargelegt, wie sich der am MPIfG verfolgte Ansatz vom Mainstream der Wirtschaftssoziologie, von der sogenannten Neuen Institutionellen Ökonomie sowie von der Forschungsrichtung der Behavioral Economics unterscheidet. Das Papier endet mit einer Beschreibung von vier Forschungsthemen, die für die künftige Arbeit am MPIfG von besonderer Bedeutung sein werden: (1) die Natur rationalen wirtschaftlichen Handelns; (2) die Konstitution von Märkten; (3) Entstehung und Wandel von Institutionen; und (4) das Verhältnis von Kapitalismus und Demokratie." (Autorenreferat)
"Der Aufsatz vergleicht die Sicht der ökonomischen Theorie der kulturellen Evolution und der Weberianischen Wirtschaftssoziologie auf Kooperation und Moral in der Wirtschaft. Anhand ausgewählter Aspekte wie Handlungstheorie und Entstehung von wirtschaftlicher Ordnung werden Stärken und Schwächen der Ansätze herausgearbeitet und miteinander verglichen. Dabei zeigt sich, dass der Weberianische Ansatz insgesamt überlegen ist." (Autorenreferat)