1945-2015: Was lehrt uns die Geschichte?
In: Vereintes Europa, geteiltes Europa, S. 70-93
In: Vereintes Europa, geteiltes Europa, S. 70-93
In: Der Staat der Klassengesellschaft: Rechts- und Sozialstaatlichkeit bei Wolfgang Abendroth, S. 81-97
Wolfgang Abendroth personifizierte in der Bundesrepublik - zur Zeit des Kalten Krieges - einen geradezu singulären Typus des Intellektuellen, der sich nicht nur durch sein politisches Engagement und durch öffentliche Interventionen, sondern auch in seiner wissenschaftlichen Arbeit zum linken Flügel der real existierenden Arbeiterbewegung bekannte und doch gleichzeitig als Hochschullehrer strenge Maßstäbe an wissenschaftliches Arbeiten anlegte. In seinem eigenen - politischen und wissenschaftlichen - Leben wollte Abendroth dem Anspruch gerecht werden, dass kritische Theorie und Praxis im Sinne der 11. Feuerbachthese des jungen Marx eine Einheit - eine Einheit von Weltanschauung und Weltveränderung - bilden. Der Beitrag stellt Überlegungen zur Bedeutung der Klassentheorie für den Verfassungs- und Politikbegriff Wolfgang Abendroths an. Die Überlegungen fokussieren entlang des Werks Abendroths insbesondere die kapitalistische Gesellschaft, die Bedeutung von Recht und Verfassung, die Arbeiterbewegung und Abendroths Auseinandersetzungen um die These vom Ende der Klassengesellschaft. (ICA2)
In: Gegen den Neoliberalismus andenken: linke Wissenspolitik und sozialistische Perspektiven, S. 221-227
Indem die Systemfrage "von oben" gestellt wird, ist nach Meinung des Autors zugleich für die politische Linke das Diskursfeld abgesteckt, auf dem sie sich nicht subaltern zu verstecken, sondern selbstbewusst an einer Diskursverschiebung "nach unten" zu arbeiten hätte. Das heißt einerseits, die Systemfrage - auch die "Große Transformation" zur Nachhaltigkeit - mit der Frage nach der Transformation der Eigentums- und Verteilungsverhältnisse zu verbinden. Die Kritik der neuen Sozialbewegungen richtet sich gerade auf die Widersprüche, die auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungs- und Wissenschaftssystem sowie in der Kultur als Folge der Privatisierung, der Deregulierung und der Vorherrschaft der Finanzmärkte immer deutlicher zu erfahren sind. Die Linke muss dabei der Aufgabe gerecht werden, aus diesen Erfahrungszusammenhängen weiter treibende Forderungen und Ziele zu vertreten, die eine mögliche Transformation des Kapitalismus beinhalten. Auf der anderen Seite wird der Linken in diesen Bewegungen die Aufgabe zukommen, den begrenzten Charakter ihrer sozialen Zusammensetzung durch die Bildung von Allianzen mit jenen Schichten der Arbeiterklasse und der Subalternen zu überwinden, die bislang noch außerhalb der sozialen Protestbewegungen, wie z. B. der "Occupy Wall Street"-Bewegung stehen. (ICI2)
In: Europa im Schlepptau der Finanzmärkte, S. 9-29
Das Ende des Systems von Bretton Woods in der internationalen Währungskrise 1973 markierte das Ende einer Nachkriegsordnung, die wesentlich durch die Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise nach 1929 und durch die Einsicht geprägt war, dass die Waren- und Geldmärkte national und international reguliert werden müssen und dass dem Staat eine wesentliche Rolle bei der Beschäftigung sowie bei der Sicherung des Lebensstandards der Lohnabhängigen zukommt. Die europäische Integration war eine Antwort auf den Niedergang Europas. Der Bestand und die Erweiterung der europäischen Integration beruhen in letzter Instand darauf, dass die Akteure den möglichen Gewinn der Mitgliedschaft in der EU höher bewerteten als die Kosten, die bei einer Nicht-Mitgliedschaft entstehen würden. Gleichwohl entwickelte sich die europäische Integration als ein krisenhafter Prozess. Im Gefolge der Krise nach 2008/09 gerieten EU und Euro in eine Existenzkrise. Heute helfen allein Strukturreformen, die die Kernelemente neoliberaler Politik grundlegend revidieren. (ICE2)
In: Gesellschaft! Welche Gesellschaft?: Nachdenken über eine sich wandelnde Gesellschaft, S. 225-247
Die drei großen Strömungen Konservatismus, Liberalismus und Sozialismus haben gewaltige destruktive Kräfte freigesetzt. Der Niedergang des Sozialismus, die Aufwertung der Religion, ein postmodernes Denken und das Ende der Arbeitsgesellschaft sind Charakteristika des sozialen Wandels und Ausdruck entfesselter Märkte, die sich in der Aufweichung nationalstaatlicher Souveränitäten, der Überlegenheit des Marktes über die Politik, der Entgrenzung des öffentlichen Raumes und den Beziehungen zwischen Mensch und Natur widerspiegeln. Die Verhinderung eines wirtschaftlichen Negativszenarios bedarf einer Rückkehr des Staates und der Zurückdrängung der imperialen Tendenzen der vom Finanzkapital dominierten Wirtschaft. (ICE2)
In: Von Platon bis zur Global Governance: Entwürfe für menschliches Zusammenleben, S. 73-94
Die Weltfinanzkrise 2008 könnte das Potenzial haben, als politischer Wendepunkt fungieren. Der Verfasser greift für seine Analyse auf eine Vielzahl von politischen Strömungen und philosophisch-soziologischen Betrachtungen zurück - wie Fukuyamas These vom "Ende der Geschichte" oder Huntingtons "Clash of Civilisations"-Theorie. Er macht deutlich, welche Faktoren menschliches Zusammenleben determinieren könnten. Auf der Basis einer Auseinandersetzung mit den Grundzügen des politischen Denkens im 20. Jahrhundert wird gezeigt, wie die krisenhafte Entwicklungsdynamik des Kapitalismus die von Fukuyama postulierten Grundprinzipien von Demokratie und Marktwirtschaft untergräbt. Ziel sollte es beim Umgang mit der Krise nach Einschätzung des Verfassers sein, zu einer Wiederaneignung des öffentlichen Raums zu gelangen. (ICE2)
In: Politik ist die Praxis der Wissenschaft vom Notwendigen: Helmut Ridder ; (1919-2007), S. 141-156
Der Beitrag stellt die politikwissenschaftlichen Positionen und Annahmen von Helmut Ridder (1919 - 2007), Professor für Öffentliches Recht und die Wissenschaft von der Politik, und Wolfgang Abendroth (1906 - 1985), Professor für die Wissenschaftliche Politik, einander gegenüber. Ridder und Abendroth engagieren sich seit den 1950er Jahren in den außerparlamentarischen Bewegungen - Ridder als Radikaldemokrat, Abendroth als radikaler Sozialist. In den Ausführungen werden die unterschiedlichen Biographien bzw. politischen Prägungen aufgezeigt und die rechtstheoretischen und -methodologischen Unterschiede bei der Interpretation des Grundgesetzes herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang werden unter anderem folgende Aspekte beleuchtet: (1) das Obsoletwerden von Art. 15 Grundgesetz, (2) die Deutschlandpolitik der Volksparteien nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, (3) der so genannt Radikalenerlass bzw. Ministerpräsidentenerlass 1972, (4) die historisch-politische Einordnung der Berufsverbote in der NS-Zeit, (5) die Arbeiterbewegung in den 1970er Jahren sowie (6) die Methode der Rechts- und Verfassungsinterpretation. (ICG2)
In: Deutschland im Krieg: transatlantischer Imperialismus, NATO und EU, S. 7-10
Bei dem vorliegenden Aufsatz handelt es sich um die Kurzfassung eines Beitrages, der im Dezember 2008 im Friedensratschlag 15 erschienen ist. Der Autor befasst sich mit der Frage der Machtverteilung in der neuen Weltordnung. Dabei wird zunächst auf die aufsteigenden Großmächte China und Indien eingegangen, die zumindest als Regionalmächte in Asien zukünftig eine wichtige Rolle spielen werden. Politisch und ökonomisch werden sie weltweit von großer Bedeutung sein. Der zweite Abschnitt widmet sich dem erstarkten Russland, in dem sich sukzessive die Staatsmacht wieder etablieren konnte. Die Rolle der Europäischen Union ist Inhalt des nächsten Abschnittes. Der Autor verweist zunächst kurz auf die transatlantischen Beziehungen und macht dann deutlich, dass die EU mittlerweile eine eigenständige Interessenpolitik verfolgt. Dieses neue Kräfteverhältnis zwischen den Kontinenten werde sich auch in der Reform internationaler Institutionen, wie etwa der UNO niederschlagen. Im Anschluss daran wird kurz die Situation in Mittel- und Südamerika analysiert. Die US-amerikanische Politik, wonach Lateinamerika als Hinterhof der USA angesehen wurde, ist mittlerweile bilateralen Verträgen mit einzelnen lateinamerikanischen Ländern gewichen. Die linksgerichteten Regierungen, wie etwa in Bolivien und Venezuela wiederum versuchen den Einfluss der USA in Lateinamerika zu begrenzen. Im letzen Absatz geht es um die Schwellenländer und deren zukünftige Rolle in der Weltpolitik. Abschließend werden kurz einige reaktionäre Lösungen zur Überwindung der aktuellen Krise der Weltwirtschaftskrise benannt und die zukünftige Rolle der USA in der Weltpolitik wird angerissen. (ICD)
In: Sozialer Ausschluss und soziale Arbeit: Positionsbestimmungen einer kritischen Theorie sozialer Arbeit, S. 51-62
In jüngerer Zeit werden nach Meinung des Autors wieder Ansätze einer materialistischen Internationalen Politischen Ökonomie aufgegriffen, die den Zusammenhang zwischen kapitalistischer Globalisierung und dem Kampf um Weltordnungen nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes reflektieren. Der Diskurs über die Globalisierung hat sich in Richtung einer kritischen Imperialismusdebatte verschoben, wobei die Globalisierung als ein außerordentlich komplexer Prozess der Vergesellschaftung und der politischen Machtveränderungen aufgefasst wird. Die wesentlichen Elemente dieses Prozesses sind: (1) Eine neue Stufe der kapitalistischen Expansion und Durchdringung des Weltmarktes mit den transnationalen Konzernen als Hauptakteuren, (2) die Transformation der Nationalstaaten von den keynesianischen Wohlfahrtsstaaten der Nachkriegsepoche zu neuen "Wettbewerbsregimen", (3) eine neue Stufe der globalen Standardisierung und der Kommunikation sowie (4) eine Umwälzung der politischen Ordnungen und Kräfteverhältnisse. Der Autor beleuchtet in seinem Beitrag die Mechanismen der Ausgrenzung im globalen Kapitalismus, welche eng mit den Veränderungen in Ökonomie, Politik und Kultur verbunden sind. Die "Schattenseiten" der Globalisierung bestehen seiner Meinung nach in spezifischen Formen des Ausschlusses von den formellen Sicherheiten, Kreisläufen und Institutionen, die sich mit der Entfesselung der Marktfreiheiten und dem Siegeszug des Neoliberalismus immer weiter ausgedehnt haben. (ICI2)
In: Jenseits von Subcomandante Marcos und Hugo Chávez: soziale Bewegungen zwischen Autonomie und Staat ; Festschrift für Dieter Boris, S. 218-231
In den Kämpfen des ereignisreichen Jahrzehnts, dessen "Epizentrum" 1968 war, sind, so der Verfasser, sozialistische Transformationsperspektiven für entwickelte kapitalistische Gesellschaften jenseits der staatsozialistischen Systeme angedacht und auch praktisch angefangen worden. Die Demokratisierung der Institutionen sowie die "Politisierung" des Privaten - vor allem der Geschlechterbeziehungen -, aber auch die Öffnung für eine Kritik des Kapitalismus bzw. der industriellen Zivilisation, die die Naturgrundlagen menschlicher Existenz zu zerstören droht - alle diese Ansätze und Anstöße sind für den Sozialismus des 21. Jahrhunderts gleichsam selbstverständliche Voraussetzungen geworden. Heute wäre die Frage nach der Rolle der lohnabhängigen "Wissensarbeiter" in den Auseinandersetzungen um die Veränderung von Machtverhältnissen im Kapitalismus zu neu zu stellen. Die Intellektuellen haben in den Kämpfen der Jahre nach 1968 auch die Frage der Subjektivität und der Autonomie thematisiert - und damit das Thema Sozialismus und Freiheit auf die Tagesordnung gesetzt. Aus dieser Erfahrung resultiert auch die Erkenntnis, dass sozialistische Transformationsperioden nicht ausschließlich, aber doch wesentlich mit einem Programm der Demokratisierung von unten und der Veränderung der sozialökonomischen Verhältnisse verbunden sein müssen, die Perspektiven der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Lohnabhängigen sowie der Ausgegrenzten aufzeigen. (ICF2)
In: Jenseits von Subcomandante Marcos und Hugo Chßvez. Soziale Bewegungen zwischen Autonomie und Staat; Festschrift für Dieter Boris., S. 218-231
In den Kämpfen des ereignisreichen Jahrzehnts, dessen "Epizentrum" 1968 war, sind, so der Verfasser, sozialistische Transformationsperspektiven für entwickelte kapitalistische Gesellschaften jenseits der staatsozialistischen Systeme angedacht und auch praktisch angefangen worden. Die Demokratisierung der Institutionen sowie die "Politisierung" des Privaten - vor allem der Geschlechterbeziehungen -, aber auch die Öffnung für eine Kritik des Kapitalismus bzw. der industriellen Zivilisation, die die Naturgrundlagen menschlicher Existenz zu zerstören droht - alle diese Ansätze und Anstöße sind für den Sozialismus des 21. Jahrhunderts gleichsam selbstverständliche Voraussetzungen geworden. Heute wäre die Frage nach der Rolle der lohnabhängigen "Wissensarbeiter" in den Auseinandersetzungen um die Veränderung von Machtverhältnissen im Kapitalismus zu neu zu stellen. Die Intellektuellen haben in den Kämpfen der Jahre nach 1968 auch die Frage der Subjektivität und der Autonomie thematisiert - und damit das Thema Sozialismus und Freiheit auf die Tagesordnung gesetzt. Aus dieser Erfahrung resultiert auch die Erkenntnis, dass sozialistische Transformationsperioden nicht ausschließlich, aber doch wesentlich mit einem Programm der Demokratisierung von unten und der Veränderung der sozialökonomischen Verhältnisse verbunden sein müssen, die Perspektiven der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Lohnabhängigen sowie der Ausgegrenzten aufzeigen. (ICF2).
In: Geschichte des politischen Denkens: ein Handbuch, S. 554-569
Antonio Gramsci (1891-1937), seit dem Jahr 1924 Generalsekretär der Komunistischen Partei Italiens und Abgeordneter des römischen Parlaments wurde im November 1926 verhaftet und vom faschistischenSondergerichtshof am 4. Juni 1928 zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. In einem Brief vom März 1927 kündigte Gramsci an, "etwas für ewig zu machen", denn er hatte seit 1914 als Journalist für verschiedene Zeitschriften der sozialistischen und kommunistischen Partei gearbeitet, verschiedene Beiträge zu Konferenzen der KPI verfasst und bereitete sich angesichts der zu erwartenden Haftstrafe auf ein längeres Studium vor. Sein Arbeitsplan umfasste vier Themen: eine Untersuchung über die Geschichte der italienischen Intellektuellen, eine Studie über die vergleichende Sprachwissenschaft, eine Studie über das Theater von Pirandello und einen Aufsatz über den Fortsetzungsroman. Nach seinem Tode im Jahre 1937 wurden insgesamt 29 Hefte gesichert und nach Moskau weitergeleitet, wo sie sein Jugendfreund Palmiro Togliatti, der auch sein Nachfolger als Vorsitzender der KPI wurde, verwahrte und später Teile der Gefängnishefte in sechs Bänden herausgab. Die kritische Gesamtausgabe erschien im Jahre 1975 bei Einaudi in Turin, die auch dem vorliegenden Beitrag zugrundeliegt. Dargestellt werden der Charakter und die Struktur der "Quaderni", die "Philosophie der Praxis", die Rolle der Intellektuellen und die Tragödie der "verspäteten Nation", das Verhältnis von Staat und Zivilgesellschaft sowie die Unterschiede zwischen dem Gramscianismus und dem Neogramscianismus. (ICI2)
In: "Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie": zur Aktualität von Wolfgang Abendroth, S. 47-66
Der Autor setzt sich kritisch mit dem Konzept des 'organischen Intellektuellen' auseinander und betont dabei die Einzigartigkeit des Falls 'Abendroth', der die wissenschaftlichen Aktivitäten mit jenen der Arbeiterbewegung in seiner Person vereinigen konnte. Es wird die Wechselwirkung zwischen sozialer Bewegung, Organisation und Intellektuellem analysiert und die Novität des von W. Abendroth vertretenen Typus politischen Handelns dargestellt. Diese Eigenart sieht der Verfasser unter anderem in der theoretischen Kompetenz, die ein Wissen über die Funktionsbedingungen und Herrschaftsverhältnisse der bestehenden Ordnung impliziert. Es werden die Merkmale der Vertreter der Generation Abendroths, die um 1900 geboren und im 'Zeitalter der Katastrophen' politisch sozialisiert worden ist, aufgezeichnet. Das Ende der klassischen politischen Arbeiterbewegung dient als Hintergrund für die Analyse der gegenwärtigen Dynamik von Bewegung, Organisation und Intellektuellen. Daraus wird die Aktualität des Werkes von Abendroth abgeleitet. (ICG)
In: Hegemoniale Weltpolitik und Krise des Staates, S. 25-35
Der Beitrag beleuchtet die politische Krise der EU im Zuge der bisher gescheiterten Annahme der Europäischen Verfassung durch die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten und die daran anknüpfende Unsicherheit über das weitere Vorgehen. Zur Verdeutlichung der politischen Situation im Staatenverbund werden in einem Rückblick die Krisen in der Geschichte der europäischen Integration seit den 1950er Jahren beschrieben. Die 'alten Krisen' waren stets charakterisiert durch zeitweilig nicht zu lösende Konflikte zwischen nationalen Regierungen über Grundsatzentscheidungen europäischer Politik und Strategie. Gleichwohl wirkte über lange Zeit die Systemkonfrontation - und mit ihr die Unterordnung der europäischen Integration unter die transatlantischen Beziehungen - als Basiskonsens zwischen den Akteuren. Diese Konstellation hat sich seit der großen weltpolitischen Wende 1989-1991 mit dem Ende des Kalten Krieges grundlegend verändert. Bis zum Jahre 2005 haben sich dann die Widerspruchskomplexe, die sich in der Post-Maastricht-Krise verdichteten, noch verstärkt. Die Krise der EU hat somit nach Einschätzung des Autors eine neue Dimension gewonnen. In ihr reflektiert sich eine politische Reartikulation der europäischen Linken, die in den 1980er und 1990er Jahren in eine tiefe Krise - vor allem der Parteien und Gewerkschaften - geraten war, aus der sie sich nur langsam herausarbeitet. Ein Moment dieser Krise war auch die Umorientierung der Mehrheit der Sozialdemokratie in Westeuropa, die sich auf dem Feld der Europapolitik längst von der 'Linken' verabschiedet hat. Es ist eine Spaltung zwischen der politischen Klasse und Mehrheiten in der Bevölkerung zu beobachten, die dieser misstrauen, wie die Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden zeigen. (ICG2)
In: Soziales Europa?, S. 78-94