Einleitung -- Policy-Paper: "Ein zukunfsfähiger Gesellschaftsvertrag mit der Landwirtschaft: Plädoyer für eine neue Agrarpolitik" -- Kurzdarstellung der Ausgangssituation: Umwelteffekte der Landwirtschaft -- Agrarpolitische Rahmenbedingungen -- SWOT-Analyse der derzeitigen Agrarpolitik aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes -- Ein zeitgemäßes Leitbild für eine nachhaltige Agrarpolitik -- Bausteine zur Integration des Natur- und Umweltschutzes in eine zukunftsfähige Agrarpolitik -- Skizzierung und Bewertung umweltpolitischer Strategien für eine zukünftige Agrar- und Umweltpolitik -- Schlussbetrachtung
Die Landwirtschaft in Deutschland, Europa und weltweit befindet sich in einem dramatischen Umbruchprozess. Einerseits bieten Liberalisierung und Marktöffnung, neue technologische Entwicklungen, die wachsende Weltbevölkerung und neue Kundenwünsche vielen landwirtschaftlichen Betrieben neue Möglichkeiten. Andererseits stehen viele Landwirtinnen und Landwirte in internationaler Konkurrenz, sind zum betrieblichen Wachstum mit hohem Investitionsrisiko gezwungen, sind Teil strikt regulierter Wertschöpfungsketten und müssen steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen genügen. Zugleich machen sich viele Menschen Sorgen, dass die Prozesse der Rationalisierung und Modernisierung der landwirtschaftlichen Produktion auf Kosten von Natur-, Umwelt- und Tierschutz gehen. Auf vielen Ebenen wird daher bereits nach einer neuen Verständigung darüber gesucht, was die Gesellschaft von der Landwirtschaft erwartet, und welche Unterstützung die Landwirtinnen und Landwirte im Gegenzug dafür erwarten dürfen. Vor diesem Hintergrund entwickelt das vorliegende Open Access-Buch eine wissenschaftlich fundierte Kritik der Umweltauswirkungen der Landwirtschaft und der politischen Logik der Agrarpolitik. Es präsentiert ein neues Leitbild mit konkreten Indikatoren sowie alternative strategische Handlungsoptionen. Die umfassende Analyse wird zu einem Vorschlag für eine neue Architektur der europäischen Agrarpolitik gebündelt, die eine breite Diskussion um einen Neuen Gesellschaftsvertrag für die Landwirtschaft in Deutschland und Europa anstoßen soll.
"Eine konflikttheoretische Perspektive auf die Umwelt- und Technikpolitik hat sich als produktiv für die politikwissenschaftliche Forschung erwiesen. Sie nimmt Bezug auf Konflikt als politische und politikwissenschaftliche Grundkategorie, thematisiert das Spannungsverhältnis zwischen der Konflikt- und der Gestaltungsdimension von Politik und erweist sich dadurch als relevant auch für die politische Praxis. Der Stand der Forschung zu Umwelt-und Technikkonflikten wird in sieben Punkten zusammengefasst: 1.) Konfliktbegriff: Die Unterscheidung von Interessen- und Wertekonflikten sowie die Kategorie des Wissenskonflikts sind zum Verständnis von Umwelt- und Technikkonflikten nahezu durchgehend unverzichtbar. 2.) Räumliche und zumeist langfristige zeitliche Bezüge (Dauer, Dynamik) sind zentral für das Verständnis und die Bearbeitung von Umwelt- und Technikkonflikten. 3.) Hinsichtlich der Konfliktgegenstände hat sich eine konstruktivistische Perspektive bewährt, denn Umwelt- und Technikkonflikte gewinnen ihre Form im Verlauf von Interpretationsprozessen der Konfliktbeteiligten. 4.) Entstehung, Verlauf, Wirkungen und Transformation von Konflikten werden durch institutionelle Rahmenbedingungen und Akteurkonstellationen beeinflusst, bei denen oft enge Wechselwirkungen zwischen der Mikro-, Meso- und Makroebene bestehen. 5.) Prozedural besteht ein breites Spektrum des Umgangs mit Konflikten, das von der einseitigen Interessendurchsetzung und die gerichtliche Auseinandersetzung über den Einsatz kooperativer Verfahren bis zur inkrementell-adaptiven Makroregulierung reicht. 6.) Es gibt zahlreiche Beispiele reflexiver Konfliktbearbeitung, wobei mediativen und konsultativen Verfahren regelmäßig nur eine beratende Funktion zugestanden wird. 7.) Der Vergleich mit anderen Umwelt- und Technikkonflikten, insbesondere der Bezug auf den Atomkonflikt, ist konstitutiver Teil vieler Umwelt- und Technikkonflikte, etwa um die grüne Gentechnik oder die Nanotechnologie." (Autorenreferat)
Die der Umwelt- und Technikpolitik zugrundeliegenden Konflikte und Konfliktlösungsstrategien werden in der Politikwissenschaft vielfältig behandelt, sind aber noch nicht systematisch zum Gegenstand einer politikwissenschaftlichen Publikation geworden. Vor diesem Hintergrund führt der hier vorgelegte Band in die konflikttheoretischen und praktischen Zusammenhänge ein, gibt einen Überblick über zentrale Umwelt- und Technikkonflikte in Deutschland, reflektiert kritisch anhand von Fallbeispielen die wichtigsten Ansätze zur Konfliktvermittlung bei Umwelt- und Technikkonflikten und macht dabei die Vielfalt der politikwissenschaftlichen Ansätze in diesem Forschungsfeld sichtbar.
"Der Beitrag untersucht das Kommunikationsverhalten und Erscheinungsbild politischer Akteure in den Medien. Aufbauend auf der These einer Mediatisierung der Politik, den Konzepten des Ereignismanagements und des Framing sowie demokratietheoretischen Überlegungen formulieren die Autoren Hypothesen über das Kommunikationsverhalten politischer Akteure und dessen Auswirkungen auf das Erscheinungsbild von Politikern. Die Hypothesen werden mittels einer qualitativ-quantitativen Analyse aller Artikel zur Agrarpolitik in fünf deutschen Qualitätszeitungen 2000 bis 2005 überprüft. Die Daten zeigen ein starkes Gewicht inszenierter und mediatisierter Ereignisse; eine starke Stellung, jedoch keine Dominanz des politischen Zentrums; viel Selbstlob und negative Aussagen über Konkurrenten; sowie die Benennung von Problemopfern, die dem Publikum eine eigene Bedrohung signalisieren oder seine Sympathie genießen. Das Erscheinungsbild politischer Akteure geht dabei wesentlich auf ihre eigenen Aussagen zurück." (Autorenreferat)
In: Menschenbilder und Verhaltensmodelle in der wissenschaftlichen Politikberatung: Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Verständigung, S. 104-119
In der empirischen Politikforschung, der es um die Erklärung von Politikinhalten durch Institutionen und Interaktionsformen geht, stellen weniger Verhaltensmodelle als vielmehr heuristische Akteurmodelle das angemessene Analysewerkzeug dar. Der Stellenwert von Akteurmodellen und Menschenbildern liegt vor allem in der Rekonstruktion von Politikinhalten und Politikmustern. Dies wird am Beispiel der von der rot-grünen Bundesregierung propagierten "Agrarwende" mit ihrer veränderten Prioritätensetzung gezeigt. Gefragt wird, wie die Agrarwende begründet wurde und welche Rolle das implizite Menschenbild der Agrarwende-Programmatik spielt, wie die Ziele der "neuen Agrarpolitik" erreicht werden sollten und welche impliziten Verhaltensmodelle den Maßnahmen der "Agrarwende" zugrunde lagen. Es wird gezeigt, dass die "Agrarwende" von ihrer Intention her als Projekt einer Reform der institutionellen Ordnung der Lebensmittelerzeugung verstanden werden kann, wobei die angestrebte Ordnung einem anspruchsvollen Menschenbild und Verhaltensmodell entspricht. (ICE2)
"Der Begriff der Umweltintegration steht für das Anliegen, von einer additiven, externen Umweltregulation zu einer integrativen Berücksichtigung von Umweltbelangen in den Verursacherbereichen und Fachpolitiken überzugehen. Mit Blick auf die staatlichen Strategien lassen sich dabei zentrale/ vertikale und dezentrale/ horizontale Ansätze unterscheiden. Wie der Autor am Beispiel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Gemeinschaft (EG) zeigt, ist eine notwendige Bedingung für dezentrale Umweltintegration, dass sich in der Handlungslogik der Akteure in dem betreffenden Regelungsfeld Ansätze dafür finden, Umweltbelange überhaupt integrieren zu wollen. Der Autor zeigt zunächst, dass die policy-spezifische Voraussetzung dafür der duale Charakter von Umweltproblemen im Agrarbereich ist, der zur Herausbildung eines Konfliktmodells und eines Public-Good-Modells der Umweltintegration führt. Anschließend werden drei Phasen der Umweltintegration in der GAP seit Mitte der 1970er Jahre unterschieden. Die Entwicklung verläuft vom Konflikt-Modell zum Public-Good-Modell und von einem zentralen/ vertikalen zu einem dezentralen/ horizontalen Ansatz der Umweltintegration. Die Übergänge von einer Phase zur nächsten werden durch Veränderungen des institutionellen Rahmens erklärt. Den größten Einfluss haben dabei die normative Verankerung der Umweltintegration in den Grundlagenverträgen ab 1987, die Aufnahme von Verhandlungen über die Integration des Agrarsektors in die Welthandelsordnung ab 1986 und das WTO-Agrarabkommen von 1994. Die Europäische Kommission als Agenda-Setter wählt Umweltintegration als Strategie in Reaktion auf äußere Veränderungen des institutionellen Rahmens der GAP. Die Integration umweltpolitischer Ansätze und Instrumente gelingt, wenn diese als Lösung vordinglicher Probleme der agrarpolitischen Community (Budget, Außenhandel, Einkommenspolitik) erscheinen und Umverteilungswirkungen zwischen den Mitgliedstaaten vermieden werden. Dass Umweltintegration einen Fall von Policy-Lernen darstellt, wird im abschließenden Teil unter Verwendung von Peter Halls Konzept des Policy-Paradigmas sowie Paul Sabatiers Advocacy Coalition Framework diskutiert. Dabei werden auch eigene empirische Ergebnisse einer Befragung von agrarpolitischen Akteuren in Brüssel vorgestellt. Im Ergebnis zeigt sich, dass der 'landwirtschaftliche Exzeptionalismus' - die der GAP zugrunde liegende Wahrnehmung der Landwirtschaft als besonderer Wirtschaftssektor, der staatliche Hilfe benötigt - auch die ideellen Grundlagen der Umweltintegration prägt, die Teil eines 'kumulativen Paradigmenwechsels' (Coleman et al.) der gesamten GAP wird. Umweltintegration als Policy-Lernen vollzieht sich in Reaktion auf externe Kritik an den Anomalien der GAP und als Auseinandersetzung zwischen konkurrierenden agrarpolitischen Tendenzkoalitionen." (Autorenreferat)
"Gegenstand dieses Beitrags ist die empirische Frage nach dem Vorkommen und dem Grad von Politik-Konvergenz im Bereich der Agrarpolitik der OECD-Länder. Auf Basis verschiedener Konvergenz-Konzepte werden vier soziale Mechanismen identifiziert, die seit den 1980er Jahren eine Konvergenz der Agrarpolitik in den OECD-Staaten erwarten lassen: ähnlicher Problemdruck durch Produktionsüberschüsse und Budgetprobleme, Harmonisierungsdruck durch Integration des Agrarhandels in GATT/ WTO, die EU-Osterweiterung sowie transnationale Kommunikation in der OECD. Die Erwartung, dass diese Mechanismen a) zu einer Senkung und Angleichung des Stützungsniveaus für landwirtschaftliche Erzeuger und b) zu einer Umstrukturierung der Agrarpolitik hin zu weniger produktionsbezogenen Maßnahmen führen, wird auf Basis von OECD-Länderdaten für die Jahre 1986 bis 2004 überprüft. Die empirischen Befunde bestätigen die erwartete Richtung der Politik-Entwicklung (Delta-Konvergenz). Die Vermutung, dass die Agrarpolitiken der OECD-Länder im Beobachtungszeitraum einander ähnlicher werden, wird hingegen nicht bestätigt (keine Sigma-Konvergenz). Abschließend werden Ursachen und Bedingungen anhaltender Unterschiede in der Agrarpolitik diskutiert." (Autorenreferat)
In: Menschenbilder und Verhaltensmodelle in der wissenschaftlichen Politikberatung: Möglichkeiten und Grenzen interdisziplinärer Verständigung, S. 9-36
Der Beitrag untersucht politisches Entscheiden aus der Perspektive des Gesetzgebers. Er fragt zunächst aus rechtswissenschaftlicher Sicht nach dem einer realwissenschaftlichen Analyse zu Grunde zu legenden Menschenbild und Verhaltensmodell, um dann die Beiträge verschiedener Disziplinen (Recht, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft) daraufhin zu überprüfen, in wie weit sie Bausteine zu einem integrierten Verhaltensmodell beitragen können. Dabei wird gefragt, welchen Beitrag die einzelnen Disziplinen zum positiv-analytischen Teil der Realanalyse zu leisten vermögen. Der notwendige Brückenschlag des Rechts zu den Verhaltenswissenschaften wird als Übersetzung zwischen unterschiedlichen Denkstilen dargestellt. Für die wissenschaftliche Politikberatung ist die Offenlegung impliziter Verhaltensannahmen eine Qualitätsanforderung. Ein entsprechendes erweitertes und analytisch anspruchsvolles Modell von Politikberatung hat das Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld auf einem zweitägigen Symposion zur Diskussion gestellt, dessen Beiträge der vorliegende Sammelband dokumentiert. (ICE2)
In: Die Zukunft der Wissenskommunikation: Perspektiven für einen reflexiven Dialog von Wissenschaft und Politik - am Beispiel des Agrarbereichs, S. 241-266
Die Autoren setzen sich mit der kritischen Aufarbeitung von Ansprüchen an den Dialog von Wissenschaft und Politik auseinander, durch deren Berücksichtigung die wissenschaftliche Beratung den politischen Prozess darin unterstützen soll, besser auf die große Herausforderung von an Nachhaltigkeit orientierten Transformationen zu reagieren. In diesem Kontext werden die Transdisziplinarität und die Nachhaltigkeit, die Eigenart des Dialogs zwischen Wissenschaft und Politik sowie die Problematik der wissenschaftlich basierten Politikberatung und die neuen Formen der Schnittstellenkommunikation zwischen Wissenschaft und Politik thematisiert. (ICG2)
"Umweltpolitik ist ein Beispiel der allgemeinen Entwicklung politischer Systeme wie auch ein Motor der Modernisierung: Die Entwicklung internationaler Politik, die wachsende Bedeutung von Mehrebenensystemen, die Entwicklung neuer Instrumente und der Einbezug nichtstaatlicher Akteure sind Merkmale und Triebkräfte der Umweltpolitik. Alle Teildisziplinen leisten Beiträge, um die Funktionsweisen, Steuerungsmöglichkeiten, -notwendigkeiten und -grenzen staatlicher Institutionen zur Bewältigung von Umweltproblemen zu untersuchen. Umweltpolitik hat dabei mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen, die in dieser Einleitung untersucht werden. Ingesamt zeigen die Beiträge dieses Bandes, dass die Anwendung politikwissenschaftlicher Theorien und Methoden sowohl für die Gewinnung von praxisrelevantem Wissen als auch für die Weiterentwicklung der Disziplin fruchtbar ist." (Autorenreferat)
Der Beitrag rekonstruiert zunächst den Sinn von Partizipation für eine nachhaltige Entwicklung unter Bezug auf die Theorie deliberativer Demokratie. Die im Nachhaltigkeitsdiskurs geforderten partizipativen Verfahren verstehen sie als deliberative Arenen mit zentrierter Kommunikation unter Anwesenden, was kognitive und moralische Lernprozesse erleichtern soll. Selbst im Falle des Gelingens besteht jedoch das Problem, dass die Ergebnisse solcher Verfahren auf die etablierten Macht- und Kommunikationskreisläufe bezogen bleiben. Wichtigste Schnittstelle zwischen den Akteuren des politischen Zentrums und der Zivilgesellschaft sind dann die massenmedialen Diskurse. Am Beispiel der Berichterstattung über BSE in Deutschland legen die Autoren auf einer umfangreichen empirischen Datenbasis dar, wie im Modus der Skandalisierung ein zuvor vernachlässigtes Thema auf die Agenda kommt und zugleich eine erhebliche Bandbreite an Sprechern in den Medien das Wort erhält. Anhand einer quantitativ-qualitativen Vollerhebung der Berichterstattung in fünf deutschen Qualitätszeitungen wird der Grad der Teilhabe zivilgesellschaftlicher und wirtschaftlicher Akteure am BSE-Diskurs untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einbeziehung der Medien in die Diskussion um eine Politik der Nachhaltigkeit aus demokratietheoretischen Gründen, aber auch für die zentrale Frage des Agenda-Setting in der Mediengesellschaft unverzichtbar ist. (ICA2)
"Forschungsvorhaben im Rahmen von FONA zielen darauf ab, Empfehlungen für das Verhalten von Akteuren oder für die Gestaltung von Rahmenbedingungen zu entwickeln. Dabei geht jeder Forschungsantrag – zumindest implizit – von Annahmen darüber aus, welche Faktoren das Verhalten der Akteure bestimmen, die Gegenstand des jeweiligen Forschungsvorhabens sind. Welche Verhaltensannahmen dies sind, ist für das Forschungsergebnis und daraus resultierende Handlungsempfehlungen oftmals von ausschlaggebender Bedeutung, wie sich etwa anhand der Studien in den Förderschwerpunkten Ina und :[riw] deutlich machen lässt. Voneinander abweichende Gestaltungsempfehlungen in verschiedenen Gutachten haben nicht selten ihre Ursache in divergierenden Verhaltensannahmen. Die 'Abnehmer' der Forschungsvorhaben – und dies gilt für private Akteure (etwa in Unternehmen) ebenso wie für die öffentliche Hand – stehen vor dem Problem, die erzielten Ergebnisse einzuordnen. Dafür ist es notwendig, die Verhaltensannahmen nachvollziehen zu können, die dem Projekt zugrunde lagen. Dies zu ermöglichen, ist eine Bringschuld der Wissenschaftler. Indem sie Verhaltensannahmen nachvollziehbar machen, leisten sie einen Beitrag zur wissenschaftlichen Qualitätssicherung und erhöhen damit zugleich die Prognosefähigkeit ihrer Aussagen. Insgesamt steigt damit die Überzeugungskraft wissenschaftlicher Aussagen." (Autorenreferat)
"Der Beitrag setzt sich auf konzeptioneller und empirischer Ebene kritisch mit den impliziten Annahmen des Sozialkapital-Diskurses auseinander. Dafür werden eine institutionalistische, an kollektiver Problemlösungsfähigkeit und Regelbildung (Putnam, Ostrom) sowie eine an Fragen der gesellschaftlichen Inklusion und Exklusion auf Basis informeller Mechanismen interessierte Position (Bourdieu) gegenübergestellt. Zunächst wird für eine genauere Unterscheidung zwischen Sozialkapital als öffentlichem Gut und als Clubgut argumentiert. Anschließend wird das Problem diskutiert, dass in Politikfeldern mit Ideenstreit die Bewertung des Sozialkapitals eines Netzwerkes je nach Problemrahmung divergieren wird, weshalb sich das Sozialkapital der einzelnen Policy-Netzwerke nicht mehr ohne weiteres auf der nächst höheren Ebene aggregieren lässt. Hohes Sozialkapital konkurrierender Gruppen kann sich - von der Ebene eines Politiksystems betrachtet - sogar gegenseitig aufheben. Im zweiten Teil wird am Fallbeispiel eines Mediationsverfahrens empirisch gezeigt, wie Ideenstreit als Grenze der Sozialkapitalbildung zwischen konkurrierenden Tendenzkoalitionen fungiert. Für deren Konstitution und Integration sind jeweils ausgeprägte Erzählungen (Policy-Narrative) wesentlich, die einander aber widersprechen. Zugleich lassen sich Anhaltspunkte dafür finden, dass für das Vertrauen zwischen Mitgliedern eines Netzwerkes das Misstrauen gegenüber anderen Netzwerken geradezu konstitutiv sein kann. Der soziale Mechanismus Sozialkapital wirkt also nicht per se integrativ, sondern ordnet sich dem Leitprinzip einer Konkurrenzdemokratie unter. Es wird daher dafür plädiert, die Sozialkapitaldebatte enger mit einem demokratie- und inklusionstheoretisch informierten Blick auf Verfahrensregeln und empowerment-Strategien zu verknüpfen." (Autorenreferat)