"Der fünfzigste Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges ist von zwei fundamentalen Begebenheiten geprägt. Zum einen ist in Deutschland die Barriere des Schweigens gefallen, die so lange die Erinnerung an die Erfahrungen dieses Krieges von der Gegenwart getrennt hat. Zum anderen ist Europa mit den Ereignissen der Jahre 1989/91 in ein neues Zeitalter der Selbstbestimmung eingetreten. Diese beiden Begebenheiten verbinden sich - sie zeigen sich in einer Erneuerung des historischen Bewußtseins, die einen Epochenübergang erkennen läßt." (Autorenreferat)
Diese Sammlung beschäftigt sich mit den infolge zunehmender Globalisierung und Internationalisierung ablaufenden epochalen gesellschaftlichen Veränderungen. Neben empirischen Prozeßanalysen werden Szenarien künftiger gesellschaftlicher Entwicklungen einschließlich neuer individueller Identitätsformen dargestellt. Deutschland ist infolge der Wiedervereinigung in besonderem Maß gesellschaftlichen Veränderungen unterworfen. Es werden noch bestehende Unterschiede in einigen psychologischen Parametern (z. B. in der Alltagskultur, in den Selbstangaben zur sozialen Integration) zwischen Ost- und Westdeutschen thematisiert und (die offenbar überwiegenden) Gemeinsamkeiten referiert.
"Nach einem kurzen Abriß über die Entwicklung seelischer Befindlichkeiten in Ost und West nach der Wende werden die Ergebnisse einer neuen bevölkerungsrepräsentativen Befragung von 1034 Ost- und 1013 Westdeutschen referiert. Dabei werden Resultate zum seelischen Befinden und zum Körpererleben in Ost und West vorgestellt, die mittels des Leipziger Stimmungsfragebogens und des Fragebogens zur Beurteilung des eigenen Körpers erhoben wurden. Bezogen auf ihre gefühlsmäßige Lage beschreiben sich Ostdeutsche stärker als Westdeutsche mit bürgerlichen Attributen wie Fleiß, Mitmenschlichkeit, Gefühlsstärke, Friedfertigkeit und Engagement. Die Gruppe der ostdeutschen Jugendlichen fiel im Vergleich zu den gleichaltrigen Westdeutschen durch die höhere Selbsteinschätzung bezüglich der Ausprägung der eigenen Aggressivität, Apathie und Erschöpfung und durch die geringere Ausprägung von Tatkraft und - verglichen mit den Älteren - auch durch eine geringere Ausprägung von Gefühlen des Glücks auf. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Verunsicherung eines Teiles der ostdeutschen Jugendlichen. Bezogen auf das eigene Körpererleben beschreiben Westdeutsche eine stärkere Regulation des eigenen Selbstwertgefühls über den Körper. Ostdeutsche geben einen eher unbefangeneren und genußvolleren Umgang mit ihrem Körper und ihrer Sexualität an und erscheinen mit ihrer Körperlichkeit zufriedener." (Autorenreferat).