Kaum einer hat nachdrücklicher, vollmundiger und mit größerem Anspruch gegen die Katastrophe des Zeitalters der Weltkriege angeschrieben als Hans-Ulrich Wehler, der sich - paradoxerweise - bislang aber weitgehend aus der Historiographie dieser deutschen Krisenperiode herausgehalten hat. Der vierte Band seiner "Deutschen Gesellschaftsgeschichte" ist deshalb Prüfstein für Wehlers vorangegangene Arbeiten über das lange 19. Jahrhundert. Hier muss sich bewähren, was in jenen angelegt ist.
The histories of Germany and the United States became deeply entangled in the century of total war. After (re)unification on the battlefield in the midnineteenth century, both countries underwent rapid transformations through national programs of industrialization based on new products and technologies and emerged as great powers with global pretensions at the beginning of the twentieth century. An initial, and somewhat hesitant, confrontation in World War I was followed by a period of oscillation and confusion during the 1920s and 1930s, as leading elements in the two economies sought grounds for collaboration even as the political development of the two nations diverged, one moving toward fascism, the other toward a liberal democratic renewal. This produced the deeply ideological collision of the Second World War, which resulted in an equally dramatic turnabout, as the Germans endured what Americans then most feared, a grim (albeit partial) communist takeover, and the United States became the staunch ally of the German west in its faceoff with the east. Recently this close partnership has turned into a more perplexed and occasionally suspicious friendship, as the familiar terrain of the cold war is ploughed up. This is a history of extreme reversals is tied inextricably to war and preparations for war.
"Der fünfzigste Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges ist von zwei fundamentalen Begebenheiten geprägt. Zum einen ist in Deutschland die Barriere des Schweigens gefallen, die so lange die Erinnerung an die Erfahrungen dieses Krieges von der Gegenwart getrennt hat. Zum anderen ist Europa mit den Ereignissen der Jahre 1989/91 in ein neues Zeitalter der Selbstbestimmung eingetreten. Diese beiden Begebenheiten verbinden sich - sie zeigen sich in einer Erneuerung des historischen Bewußtseins, die einen Epochenübergang erkennen läßt." (Autorenreferat)
"Nach Ansicht vieler Europäer und Amerikaner ist soeben ein Krieg, der sogenannte Kalte Krieg mitsamt seiner Schlachtordnung der gegenseitigen Abschreckung, zu Ende gegangen. Andere behaupten, daß dieser Krieg trotz Entspannung weitergehe. So sehr sich beide Seiten über das Ende des Kalten Krieges in den Haaren liegen, so stimmen sie doch merkwürdigerweise darin überein, daß dieser Krieg überhaupt kein Krieg gewesen sei. Hat er nun tatsächlich stattgefunden? Tatsache ist, daß es keine Schlachtenbeschreibungen von den Fronten dieses Kalten Krieges gibt. Ein recht bekannter Diplomatieprofessor, John L. Gaddis (1981), hat dieses Fehlen einer Schlacht zum Anlaß genommen, um zu argumentieren, daß dieser Krieg in Wirklichkeit ein langer Frieden gewesen sei, der jetzt mit der Auflösung der 'Nach'-Kriegsordnung bedroht wäre. Erst nachdem sich das System der gegenseitigen stabilen Abschreckung und die an sie geknüpfte Bipolarität aufzulösen beginne, und damit der Kalte Krieg zu Ende gehe, sei die Gefahr eines wirklichen Krieges wieder akut geworden. - Diese Auffassung wird nicht nur von einem Gutteil der Spezialisten im Fachbereich der internationalen Beziehungen vertreten, wo sie als machtpolitischer Realismus bekannt ist. Sie findet sich auch im Alltag, wenn etwa Kommentatoren des internationalen Geschehens davon reden, daß der Westen nun doch den Kalten Krieg gewonnen, aber gleichzeitig einen Krieg nie 'eigentlich' geführt habe. So viel steht fest: Wenn wir es mit einem Krieg überhaupt zu tun haben, dann erscheint er jedenfalls ganz anders als die uns geläufigen Kriege der europäischen Moderne." (Autorenreferat)
Masterplotsof national history are now commonly criticized for the univocal and unilinear nature of their narratives.1Such narratives are increasingly seen as only one, and not necessarily even the most important, approach to understanding the modern European nation state. The study of the internal heterogeneity of nations as expression of a conflicting diversity of subnational identities, the emphasis on the peculiar place of nation-ness in the process of modern societalization (Vergesellschaftung), and the political role of integral nationalism as a contentious strategy of homogenizing difference and inequality—all this has supplanted nation- and state-centered approaches which treated the modern (nation-)state as allegorical subject.
Geyers Aufsatz zitiert überwiegend angloamerikanische Sekundärliteratur, Quellen werden nicht verarbeitet. Nachdem in jüngster Zeit der Konsens über das Scheitern der Weimarer Republik aufgebrochen ist, wird das gespannte Verhältnis von Herrschaftsorganisation, Gesellschaftsbildung und republikanischer Politik zum zentralen Thema der Forschung. Auch neueste wissenschaftliche Ergebnisse werden relativiert, wenn Geyer, auf hohem abstrakten Niveau, betont, daß Politik in Weimar, verstanden als das Verhältnis zwischen industriellen und militärischen Machtfaktoren sowie gesellschaftlicher Selbst-Repräsentation im gruppenegoistischen Sinne, nur in dem Ausnahmefall funktioniert, wo internationale Einflüsse, vor allem wirtschafts- und währungspolitischer Art, einen innerdeutschen Waffenstillstand herbeiführten. Als aber die Grundlage der globalen Stabilisierungsfaktoren, die US-Kapitaloffensive, zusammenbrach, ging auch der instabile Ausgleich zu Bruch. (WB)