Dieses Lehrbuch führt ein in die politischen Zusammenhänge der Wahrnehmung von Risiken, des politischen Umgangs mit ihnen und in die gesellschaftswissenschaftlichen Möglichkeiten, diese Politik zu analysieren. Neben der Frage, welche Risiken existieren und wie ihnen begegnet werden kann, thematisiert das Buch die Kategorien, nach denen Risiken erkannt und in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Es zeigt, wie Risiken verstanden werden können, wie ihnen begegnet wird sowie welchen Bedingungen organisierter Herrschaft Risikopolitik entspringt. An den Beispielen Krieg, Gesundheit, Terrorismus und Entwicklungspolitik wird veranschaulicht, welche Auswirkungen Risikoerwägungen auf internationale Politik ebenso wie auf gesellschaftliche Prozesse haben. Der Inhalt Umgang mit Risiken.- Risiko als Sozialtechnologie.- Risikokulturen.- Risiken und Krieg.- Entwicklungspolitik als Risikopolitik?.- Terrorismus als 'geschaffenes' Risiko.- Internationale Gesundheitsrisiken.- Risikopolitik im 21. Jahrhundert Die Zielgruppen Studierende, Wissenschaftler und Lehrende der Sozialwissenschaften Der Autor Dr. Florian P. Kühn ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale Politik der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
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Seit dem 11. September 2001 hat sich der öffentliche Diskurs über den Terrorismus, der ein definierender Bestandteil des Heimatdiskurses über internationale Politik ist, wesentlich gewandelt. Im vorliegenden Kapitel wird die Wandlung dessen, was als Terrorismus verstanden wird, und die Wahrnehmung des Terrorismus als etwas unmittelbar und existenziell Bedrohliches zu einer durchaus beherrschbaren, das Gemeinwesen nicht im Kern gefährdenden Störung nachgezeichnet. Es werden Überlegungen angestellt, wie der Terrorismus als vorrangiges Sicherheitsproblem westlicher Staaten betrachtet und die politischen Botschaften des Terrorismusdiskurses dekonstruiert werden können. In Abgrenzung vom herrschenden Diskurs wird begründet, warum der Terrorismus keine existenzielle Bedrohung für westliche Staaten darstellt. Es wird argumentiert, dass die selbstreferenzielle Bedrohungswahrnehmung letztlich mehr schadet als Terroristen dies je könnten. Der Terrorismus wird somit hinsichtlich seiner sicherheitspolitischen Bedeutung, begünstigt durch die Art, wie sich die westlichen Gesellschaften und im besonderen Fall die deutsche darüber verständigen, weit überschätzt. Abschließend wird festgehalten, welche Veränderungen die Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001, aber auch auf die späteren Attentate in Madrid und London, hervorgebracht hat und welche sozialen Probleme sie geschaffen und verschärft hat. (ICI2)
Die Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat verdeutlicht, dass Wahlen allein noch kein Ausdruck für eine demokratische Konsolidierung sind. Unregelmäßigkeiten wie etwa präparierte Wahlurnen, "Phantomwähler" und massive Bedrohung von Wahlwilligen, für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen, entwerteten das Ergebnis und damit auch jeden auf ihm fußenden Versuch einer Regierungsbildung. Ausländische Regierungen, insbesondere von Staaten, die in Afghanistan Truppen stellen, mussten sich die Frage stellen, wie die Unterstützung einer Regierung mit einer so geringen demokratischen Glaubwürdigkeit zu rechtfertigen ist. Die Absage der Stichwahlen nach dem Rückzug des Zweitplatzierten Abdullah Abdullah und die Ausrufung Hamid Karzais zum Wahlsieger verstärken die Zweifel an der Legitimität seiner Präsidentschaft (GIGA) ; Florian P. Kühn
Inhalt: - Welche Staatlichkeit? - Gewalt folgt einer eigenen Logik - Beispiel Afghanistan - Mehr Sicherheit? Für wen? - Risiko ist keine Bedrohung - Nassauer hat Recht und zugleich Unrecht
Die Demokratisierungsbemühungen in Afghanistan nach dem Ende des Konflikts sind Teil einer Modernisierungspolitik. Internationale Bemühungen zur Staatenbildung und Demokratisierung sind hier miteinander verknüpft. Anders als bei einer Demokratisierungspolitik im Rahmen etablierter Governance-Strukturen erlauben asymmetrische Wirtschaftsbeziehungen keine negative Konditionalität. Die Gefahr einer weiteren Destabilisierung macht sogar eine Reduzierung der Militärhilfe unmöglich. Wenn das Sicherheitsparadima dominiert, tritt Demokratisierung in den Hintergrund. Die Tendenz der afghanischen Regierung, sich von der Gesellschaft zu isolieren, darf daher nicht verkannt werden. Die EU kann trotz ihres erheblichen finanziellen Engagements nur wenig zur demokratischen Konsolidierung Afghanistans beitragen. Eine funktionale Demokratie kann daher das kleinste Übel sein. (ICEÜbers)
In: Zum Verhältnis von Religion und Politik im Nahostkonflikt: Dokumentation einer interdisziplinären Vortragsreihe an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V., S. 181-210
Der Autor geht von der Hypothese aus, dass der Terrorismus nicht das definierende Charaktermerkmal der Hamas sei, sondern dass diese den Terrorismus einsetze, um ihre politischen Ziele zu verfolgen. Diese Sichtweise weicht von einer Bedrohungsperzeption ab, nach der die Gewalt zum allein die Hamas definierenden Merkmal wird und die Wege politischer Auseinandersetzung mit ihren Zielen für der Öffentlichkeit kaum vermittelbar hält. Für die Betrachtung der Hamas wird in dieser Analyse eine klare Zweck-Mittel-Relation zwischen politischer Zielsetzung und dem konkreten, im Einzelfall gewalttätigen Vorgehen seitens einer terroristisch aktiven Organisation vorausgesetzt. Von einer solchen Rationalität ausgehend können dann auch Gegenmaßnahmen besser formuliert werden. Die Ausführung beginnt mit theoretischen Überlegungen zum Terrorismus und zu Möglichkeiten und Bedingungen seiner Eindämmung. Anschließend zeichnet der Autor den ideologische Werdegang der Hamas sowie ihre politische Anpassungsleistung an die Gegebenheiten nach. Nach der Analyse der Handlungsoptionen, über die eine terroristische Gruppe verfügt, erläutert er, warum die Integration der Hamas - sofern man sie auch als soziale und politische Akteurin und nicht nur als reine Gewaltorganisation betrachtet - eine Chance birgt, einen pazifizierenden Prozess zu initiieren. Zusammenfassend betont der Autor, dass die Dynamik einer terroristischen Kampagne einer gewissen Logik folgt, die sich innerhalb der entsprechenden politischen Spielräume bewegt. Für die Analyse dieser Spielräume ist es durchaus hilfreich, die einzelnen Sphären des militanten Vorgehens isoliert zu betrachten. Für den Fall der Hamas hat sich gezeigt, dass sie operativ kalkuliert auf Ressourcen zurückgreift, die ihr aufgrund der gesellschaftlichen Situation zur Verfügung stehen. Sie hat sich als soziale Bewegung in der Bevölkerung zu verankern verstanden, indem sie die prekäre soziale Situation gelindert und diese gleichzeitig für sich instrumentalisiert hat. Durch die Islamisierung, die sie und ihre Vorgänger betrieben haben, hat sie gleichzeitig die Voraussetzungen geschaffen für einen in absehbarer Zeit nicht abreißenden Strom von Selbstmordkandidaten. Nun bedeutet aber die Bereitschaft, am politischen Spiel teilzunehmen und die eigenen Ziele innerhalb einer bestehenden Ordnung zu verfolgen, implizit eine Anerkennung eben jener Ordnung. Die Hamas ist insofern bereit, innerhalb des Status quo an der Gestaltung palästinensischer Politik mitzuwirken. Ihre Offenheit gegenüber partizipatorischen Verfahren zeigt sich bereits in ihren internen Entscheidungsverfahren und ihrer egalitären und inklusiven Ideologie (die nicht mit der zum Teil auf Exklusion basierenden Mitgliederstruktur verwechselt werden darf). Wie sehr die Hamas an einer politischen Partizipation interessiert ist, belegt, dass sie trotz der Verfolgung ihrer Aktivisten und ihrer politischen Marginalisierung keine direkte innerpalästinensische Konfrontation sucht. Sie kritisiert zwar die Fatah als Partei, nicht jedoch die etablierten halbstaatlichen Strukturen der palästinensischen Gesellschaft. Dies ist bemerkenswert, auch wenn der Grund dafür das Fehlen politischer Alternativen sein mag. Sowohl die Diskussionen über eine Teilnahme an Wahlen als auch die Annahme eines Waffenstillstands 2003 haben gezeigt, dass die Hamas das Ziel der nationalen Einheit und des eigenen Überlebens verfolgt. Sie versucht, einen "nationalen" Konsens - statt eines "nationalistischen", wie er der PLO zugeschrieben wird - zu erreichen, indem sie Gespräche mit säkularen Kräften führt. Dies zeigt auch, dass sie offenbar die Voraussetzungen für eine Verhandlungslösung herbeiführen will. Dieser Ansatz zielt auf eine Revision der Machtverteilung, wie sie der PLO von den internationalen Akteuren im Rahmen des Oslo-Prozesses zugestanden wurde. (ICG)
Klappentext: Im Sommer 2021 verließen die NATO-Truppen nach fast zwei Jahrzehnten Afghanistan. Am 15. August desselben Jahres übernahmen die Taliban die Macht. Seitdem wird über die Frage diskutiert, ob und inwiefern das internationale humanitäre, politische und militärische Engagement in Afghanistan gescheitert ist. Dieses Buch zieht Bilanz. Es versammelt Beiträge deutschsprachiger Sozial- und Rechtswissenschaftler:innen, die in den letzten zwei Jahrzehnten über und in Afghanistan geforscht haben. Es stellt auf den Prüfstand, welches Wissen der Intervention zugrunde lag und welche Vorstellungen gegenwärtige Diskussionen über deren Scheitern prägen. Die Beiträge verdeutlichen, mit welch vielfältigen und oft widersprüchlichen Ansprüchen und Motivationen die Interventionsakteure agierten. Sie zeichnen nach, wie Afghaninnen und Afghanen die Entwicklungen erlebten. Und sie heben die Bedeutung der Afghanistan-Einsätze innerhalb der intervenierenden Gesellschaften hervor. So wird deutlich, dass die Frage nach der Bilanz vor allem eine Frage der Perspektive ist und das Vermächtnis der Intervention über deren militärisches Scheitern hinausgeht.
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Die Präsidentschaftswahl in Afghanistan hat verdeutlicht, dass Wahlen allein noch kein Ausdruck für eine demokratische Konsolidierung sind. Unregelmäßigkeiten wie etwa präparierte Wahlurnen, "Phantomwähler" und massive Bedrohung von Wahlwilligen, für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen, entwerteten das Ergebnis und damit auch jeden auf ihm fußenden Versuch einer Regierungsbildung. Ausländische Regierungen, insbesondere von Staaten, die in Afghanistan Truppen stellen, mussten sich die Frage stellen, wie die Unterstützung einer Regierung mit einer so geringen demokratischen Glaubwürdigkeit zu rechtfertigen ist. Die Absage der Stichwahlen nach dem Rückzug des Zweitplatzierten Abdullah Abdullah und die Ausrufung Hamid Karzais zum Wahlsieger verstärken die Zweifel an der Legitimität seiner Präsidentschaft. (GIGA)
Klappentext: Im Sommer 2021 verließen die NATO-Truppen nach fast zwei Jahrzehnten Afghanistan. Am 15. August desselben Jahres übernahmen die Taliban die Macht. Seitdem wird über die Frage diskutiert, ob und inwiefern das internationale humanitäre, politische und militärische Engagement in Afghanistan gescheitert ist. Dieses Buch zieht Bilanz. Es versammelt Beiträge deutschsprachiger Sozial- und Rechtswissenschaftler:innen, die in den letzten zwei Jahrzehnten über und in Afghanistan geforscht haben. Es stellt auf den Prüfstand, welches Wissen der Intervention zugrunde lag und welche Vorstellungen gegenwärtige Diskussionen über deren Scheitern prägen. Die Beiträge verdeutlichen, mit welch vielfältigen und oft widersprüchlichen Ansprüchen und Motivationen die Interventionsakteure agierten. Sie zeichnen nach, wie Afghaninnen und Afghanen die Entwicklungen erlebten. Und sie heben die Bedeutung der Afghanistan-Einsätze innerhalb der intervenierenden Gesellschaften hervor. So wird deutlich, dass die Frage nach der Bilanz vor allem eine Frage der Perspektive ist und das Vermächtnis der Intervention über deren militärisches Scheitern hinausgeht.