Das Beziehungsgeflecht Polen - Deutschland - Europäische Union: die außenpolitischen Kontroversen der Jahre 2000-2010
In: Erwachsene Nachbarschaft: die deutsch-polnischen Beziehungen 1991 bis 2011, S. 92-106
Die deutsch-polnischen Beziehungen im Kontext der EU zeichneten sich in den letzten 20 Jahren durch eine außenpolitische Diskontinuität aus. Während in den 1990er Jahren die polnische Außenpolitik gegenüber Deutschland größtenteils durch die Suche Polens nach deutscher Unterstützung für den polnischen Beitritt zur NATO und zur EU gekennzeichnet war, lässt sich in den Jahren seit 2000 eine Wende zu mehr außenpolitischem Selbstbewusstsein Polens beobachten. Das Entscheidungssystem des Vertrags von Nizza übersetzte dabei die polnische Bevölkerungsstärke in eine relativ hohe Anzahl von Stimmen im EU-Ministerrat. Damit befand sich Polen mit seinem EU-Beitritt, gemessen an der Stimmenzahl, fast auf der gleichen machtpolitischen Ebene wie Deutschland. Für die Analyse der Beziehungen im Geflecht Polen - Deutschland - EU in den letzten zehn Jahren sind mehrere Eckpunkte von Bedeutung, die im vorliegenden Beitrag diskutiert werden. Dazu gehören der Verfassungskonvent, die Kontroversen um den Verfassungsvertrag, die Verhandlungen über den Reformvertrag von 2007 sowie die Implementierung des Lissabonner Vertrags. Während die ersten drei Aspekte ein hohes Konfliktpotenzial zwischen Polen und Deutschland aufzeigten, verlief die Implementierung des Vertrags von Lissabon relativ konfliktfrei. Der Beitrag schließt mit einem kurzen Ausblick auf die Jahre 2011-2013. (ICI2)