Man kann die moderne Gesellschaft unter sachlichen Gesichtspunkten beobachten - und stößt auf die Differenzierung von Funktionen. Man kann sie unter sozialen Gesichtspunkten in den Blick nehmen - und stößt auf Schichtung, auf Kollektivitäten und Distributionsstrukturen. Man kann sie auch auf räumliche Dimensionen hin untersuchen - und stößt dann auf wechselseitige Beobachtungsverhältnisse von Orten und Perspektiven. In diesem 'modernen Klassiker' der Systemtheorie wird die moderne Gesellschaft im Hinblick auf ihre zeitliche Ordnung und Dynamik hin abgeklopft. Man stößt dann auf die Gleichzeitigkeit all der zuvor genannten Dimensionen: auf die Gleichzeitigkeit der Funktionen, Schichten, Kollektivitäten und Räume und auf das Problem ihrer Synchronisation. Neben einer sozialtheoretischen Aufarbeitung einer soziologischen Theorie der Zeit wird in dieser Untersuchung auch ein Entwurf einer Gesellschaftstheorie der Zeit vorgelegt.Diese Neuauflage wird um einen aktuellen Beitrag des Autors ergänzt, in dem Ertrag und aktuelle Bedeutung der Untersuchung fokussierend auf den Begriff gebracht werden.
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Das aus einer Einführungsvorlesung heraus entstandene Buch des Professors für Soziologie an der LMU München behandelt soziologische Grundbegriffe wie Handlung, Kommunikation, soziale Rolle, Organisation, Gesellschaft, Individualisierung, Kultur. Es ist dabei kein systematisches Lehrbuch: Auf lexikalische Genauigkeit, Zwischenüberschriften, Definitionen und einen wissenschaftlichen Apparat wird weitgehend verzichtet. Der knappe Band will vielmehr über einen empirischen Zugang an die Soziologie heranführen. Anhand der fiktiven Geschichte des Bankers Herrn A, seiner privaten und beruflichen Erlebnisse werden praxisnah soziologische Begriffe über ihre Anwendbarkeit gezeigt. Ausgewählte weiterführende Literaturhinweise finden sich am Ende des Buches. Für Studierende, soziologisch interessierte Schüler und Laien zum Ersteinstieg in das Fach geeignet. Als Ergänzung zu systematischen Einführungen wie "Grundbegriffe der Soziologie" (BA 12/06), H. Meulemann (BA 3/07) oder "Einführung in die Hauptbegriffe der Soziologie" (BA 2/08). (2 S)
"Dass es eines 'Dialogs der Kulturen' bedarf, scheint ausgemacht zu sein. Wer aber spricht in diesem Dialog? Und warum sprechen die Dialogteilnehmer im Namen von Kulturen?" (Autorenreferat)
Anhand des Elitediskurs wird die Frage angesprochen, wie ein Elitenkonzept für eine funktional differenzierte Gesellschaft aussehen könnte. Die neue Elite entsteht an den Schnittpunkten der Kommunikation unterschiedlicher Systemlogiken. Als Übersetzungs- oder Differenzierungselite ist sie aber mehr als der Knotenpunkt gesellschaftlicher Integrationsprobleme. Sie symbolisiert nach wie vor die Notwendigkeit von Asymmetrie und Hierarchie in einer modernen demokratischen Gesellschaft, die sich eigentlich dem normativen Programm der Symmetrisierung verschrieben hat. Angehörige von Eliten sind darauf angewiesen, das Elitäre ihrer Position performativ herzustellen und die praktische Bedeutung des Elitehandelns eben auch praktisch zu erzeugen. Wer heute über die besondere Bedeutung von Eliten nachdenkt, muss in einer Gesellschaft der Gegenwarten beschreiben können, wie sich Elitepositionen gegenseitig und vor einem Publikum performativ hervorbringen, praktisch bewähren und darin ihre Plausibilität erlangen. (GB).
Anhand des Elitediskurs wird die Frage angesprochen, wie ein Elitenkonzept für eine funktional differenzierte Gesellschaft aussehen könnte. Die neue Elite entsteht an den Schnittpunkten der Kommunikation unterschiedlicher Systemlogiken. Als Übersetzungs- oder Differenzierungselite ist sie aber mehr als der Knotenpunkt gesellschaftlicher Integrationsprobleme. Sie symbolisiert nach wie vor die Notwendigkeit von Asymmetrie und Hierarchie in einer modernen demokratischen Gesellschaft, die sich eigentlich dem normativen Programm der Symmetrisierung verschrieben hat. Angehörige von Eliten sind darauf angewiesen, das Elitäre ihrer Position performativ herzustellen und die praktische Bedeutung des Elitehandelns eben auch praktisch zu erzeugen. Wer heute über die besondere Bedeutung von Eliten nachdenkt, muss in einer Gesellschaft der Gegenwarten beschreiben können, wie sich Elitepositionen gegenseitig und vor einem Publikum performativ hervorbringen, praktisch bewähren und darin ihre Plausibilität erlangen. (GB)
'Dass es eines 'Dialogs der Kulturen' bedarf, scheint ausgemacht zu sein. Wer aber spricht in diesem Dialog? Und warum sprechen die Dialogteilnehmer im Namen von Kulturen?' (Autorenreferat)
"Armin Nassehi eröffnet die Beitragssammlung zur Problematik und Phänomenologie von 'Elitenmacht' in moderner Gesellschaft mit einem direkten Vorstoß zu einem der zentralen Probleme der Elitenforschung: Elite, stellt Nassehi fest, werde mit Prominenz verwechselt, und die Funktion von Prominenz werde als Bedingung für die Vereinfachung der Beobachtung einer unübersichtlich komplexen Welt verkannt. In funktional differenzierten Gesellschaften, argumentiert Nassehi, könne der Forschungsfokus nicht mehr nur auf die sichtbaren, eben: prominenten Funktionsträger begrenzt werden, dürfe nicht mit dem (Allzu-)Offensichtlichen deckungsgleich sein. 'Entscheidend' seien vielmehr diejenigen Positionen, die, mehr oder minder verborgen, an den Schnittstellen der Funktionssysteme entstünden. So hält Armin Nassehi die Suche nach eben diesen Stellen, an denen die gesellschaftlichen Bifurkationen tatsächlich bearbeitet würden, für soziologisch gehaltvoller als die Frage nach den sozialen Selektionskriterien für die Vorzeige-Positionen der Prominenz innerhalb der verschiedenen gesellschaftlichen Funktionssysteme. Nassehi konkretisiert, in welchen strukturellen Positions- sowie Personenmerkmalen sich die 'alten' Eliten der klassischen Moderne von jenen unterscheiden, die (zunächst einmal unspezifiziert) als 'neu' identifiziert und etikettiert wurden. Ihre Fähigkeit, Beobachtungen zweiter Ordnung gezielt auf die 'strukturellen Kopplungsstellen' der Funktionssysteme anzuwenden und die jeweiligen Codierungen - in einer Art Simultan-Übersetzung - in Entscheidungsalternativen aufzunehmen, zeichne die 'neuen', 'unprominenten' gegenüber den 'alten' Eliten aus. Wie lassen sich wissenschaftliche Perspektiven in politische, ökonomische Sichtweisen in juristische übersetzen und vice versa? Nassehi beschreibt diese Fähigkeit der Perspektivenübernahme als Translation, Transformation - als "die Kunst, mit der Eigenlogik der Funktionssysteme zu spielen und die wechselseitige Irritierbarkeit politischer Macht, ökonomischer Potenz und rechtlicher Entscheidungsgewalt zu nutzen". Er operiert an dieser Stelle argumentativ ein "tragisches Moment" heraus: Diese neuen Schlüsselkompetenzen seien zwar nicht an Herkunft und Schichtung gebunden, die Selektionskriterien für die elitären Positionen seien aber gerade über die in der gefragten Übersetzungskompetenz betonte Verstehenskomponente der Kommunikation schichtungssensibel, sodass die 'neuen' Eliten manche Tradition der 'alten' Eliten weiterführten auch jenseits von Klasse und Schicht. Armin Nassehi offeriert zwei Varianten, die "Geschichte", wie er seine forschungsprogrammatische Skizze nennt, weiterzuerzählen: eine brave, die von eifriger Schulung der Schlüsselkompetenzen erzählt, und eine "weniger brave" Version, die der Erkenntnis nicht ausweicht, dass die neuen Funktionseliten die gesellschaftliche Differenzierung nicht nur stützen, sondern sie zugleich auch unterlaufen würden - und diese Fähigkeit gezielt zur Durchsetzung eigener Interessen nutzen könnten. In diesem Sinne, spitzt Nassehi den Plot seiner "Geschichte" zu, seien die 'neuen' Eliten tatsächlich "Differenzierungsparasiten"." (Autorenreferat)
Der Autor macht zunächst auf die praxistheoretischen Gemeinsamkeiten der soziologischen Theorien von Bourdieu und Luhmann aufmerksam. Er zeigt, wie beide Theorien die üblichen Dichotomien der fachlichen Selbstbeschreibung der Soziologie unterlaufen, und stellt drei Gemeinsamkeiten heraus: Erstens gelingt es beiden Theoretikern, sich selbst, also die Soziologie als Wissenschaft, auf dem Bildschirm ihrer soziologischen Bemühungen zu entdecken; zweitens stoßen beide durch ihre praxeologische bzw. operative Theorieanlage auf das Problem der Selbstanwendung, und drittens lassen sich diese beiden praxeologischen/operativen Theorien als theoretische Emanzipationsgeschichten gegen starke Strukturtheorien lesen, die das Besondere immer schon als Reflex auf eine allgemeine Struktur begreifen. Im Falle Pierre Bourdieus ist dies die Emanzipation vom Strukturalismus eines Claude Lévi-Strauss; im Falle Niklas Luhmanns ist es die Abkehr vom Strukturfunktionalismus eines Talcott Parsons. Der Autor arbeitet vor diesem Hintergrund als entscheidenden Unterschied der beiden Soziologien heraus, dass bei Bourdieu die Logik der Praxis erheblich enger gefasst wird als bei Luhmann, da Bourdieu letztlich fast ausschließlich den sozialen Sinn als Antriebskraft gesellschaftlicher Dynamiken gelten lässt, während bei Luhmann eine breitere Anwendung unterschiedlicher Sinndimensionen zumindest theoretisch angelegt ist. (ICI2)
In: Migration in der metropolitanen Gesellschaft: zwischen Ethnisierung und globaler Neuorientierung ; Festschrift zum 60. Geburtstag für Wolf-Dietrich Bukow, S. 49-59
Der Verfasser berichtet über ein biographisches Interview mit einem deutschstämmigen Siebenbürger Sachsen, der in die Bundesrepublik Deutschland ausgewandert ist. Dieses Fallbeispiel macht deutlich, dass die Kulturalisierung nur eine vielen Praxisformen ist, deren sich die Menschen im Alltag bedienen, um Anschlussfähigkeit herzustellen. Die kulturelle Inklusion ist nur eine mögliche Form der Inklusion in einer multi-inkludierenden Welt. Die Besonderheiten des Migranten lassen sich am besten dann erfassen, wenn man ihre Lebenslage als "migrante Inklusion" begreift. Migranten erfahren Inklusion durch Funktionssysteme der Gesellschaft, aber auch durch Kommunikation außerhalb der Funktionssysteme, in einer ganz bestimmten Weise, die sich als migrante Inklusion nur empirisch, nicht aber prinzipiell von autochthonen Lebenslagen unterscheidet. (ICE2)