When speaking of multinormativity, a range of different regulatory regimes and, beyond this, diverse worlds of rules are envisaged. One can only get a hold of these complex phenomena if one looks at them from the perspective of different disciplines and is open to devote oneself to the different languages and vocabularies of these disciplines. Therefore, it is quite plausible to speak of multiple "languages of normativity" when describing and analysing multinormativity. The article attempts this.
Das Buch wendet sich gegen die Verengung der (deutschen) Rechtswissenschaft auf das staatliche Recht, eine Perspektivenverengung, die in der Entstehung des territorial organisierten Nationalstaates ihre Erklärung findet, eines Staatstyps, in dessen Staatsverständnis das Recht nur als staatliches Recht gedacht werden konnte. Was hingegen gegenwärtig – und im Prozess der Globalisierung weiter zunehmend – beobachtet werden kann, ist ein Prozess der graduellen Entkopplung von Staat und Recht, der unvermeidlich eine Pluralisierung rechtlicher Regelungen zur Folge hat. Diesem Befund muss sich eine anschlussfähig bleiben wollende Rechtswissenschaft stellen, und zwar durch eine Erweiterung ihres Horizonts zu einer weiter ausgreifenden Regelungswissenschaft, um die zunehmend größer werdende "Variety of Rules" angemessen erfassen zu können. Staatliches Recht ist aus dieser Perspektive zwar nach wie vor ein besonders wichtiger und zentraler Typus von Recht, aber nicht mehr der einzige. Wenn sich dies so verhält, dann ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die folgenden drei Bereiche genauer zu examinieren: 1. die Vielfalt der Normenordnungen, insbesondere nicht-staatlicher Art, wie standards, oder codes of conduct; 2. die Vielfalt der Normproduzenten, von der staatlichen Gesetzgebung bis zu transnationalen Regulierungsnetzwerken; 3. schließlich die Pluralität von Normdurchsetzungsregimen, von der staatlichen Justiz über die Sportgerichtsbarkeit bis zur Ausübung informalen sozialen Drucks (z.B. political correctness). Diese Pluralitätsbefunde führen unausweichlich zu dem Folgeproblem einer Neubestimmung des Rechtsbegriffs und der Frage, welche Typen von Recht sinnvollerweise zu unterscheiden sind. ; The book positions itself against the narrowing focus of (the German) jurisprudence on state law. This is a narrowing, which find its explication in the development of the territorially organised nation state, a type of state in whose understanding of state(hood) law can only be thought of as state law. However, what can be observed – even more so as a result of the process of globalisation – is a process of a gradual decoupling of state and law, which inevitably entails a pluralisation of legal regulations. Jurisprudence has to react to this, if it wants to remain relevant. This can happen through a broadening of its horizon towards a more far-reaching "science of regulation", in order to grasp the increasing "Variety of Rules" adequately. State law remains an important and central type of law, yet it is no longer the sole type. If that is the case, it becomes necessary to analyse the following three spheres: (1) the plurality of normative orders, especially those of non-state character; (2) the plurality of norm producers, from state legislature to transnational networks of regulation; (3) finally, the plurality of norm enforcement regimes, from states' judiciaries via the judiciary of (international) sport to the exercise of social pressure (e. g. political correctness). Those findings of plurality inevitably lead to the follow-up problem of a redefinition of the concept of law and to the question, which types of law/norms can be identified meaningfully.
In: Handbuch Föderalismus - Föderalismus als demokratische Rechtsordnung und Rechtskultur in Deutschland, Europa und der Welt: Bd. 1, Grundlagen des Föderalismus und der deutsche Bundesstaat, S. 223-250
Der Zentralbegriff von Governance ist der der Regelungsstruktur, der sowohl in den Rechts- wie in den Sozialwissenschaften Verwendung findet und als Brücke zwischen diesen bei den disziplinären Diskursen zu fungieren vermag. Im Mittelpunkt des Konzepts der Regelungsstrukturen stehen nicht einzelne Rechtsvorschriften oder Fragen guter Gesetzgebung. Vielmehr kann man Regelungsstrukturen als aufgabenbezogene institutionell Arrangements bezeichnen, die die für die Regelung eines bestimmten Sachverhaltes wichtigsten Regulierungsinstanzen, Maßstäbe, Formen und Instrumente umfassen, sodass das Regelungsstruktur-Konzept als analytischer Rahmen dient, innerhalb dessen die Wirkungszusammenhänge zwischen Handlungsmaßstäben, Akteuren Instrumenten thematisierbar werden. In diesem Sinne wird im Beitrag der Governance-Ansatz als einen analytischen Rahmen für den Blick auf den Föderalismus. Der Letztere wird als ein spezifisch aufgabenbezogenes institutionelles Arrangement definiert. Die Perspektive der Regelungsstrukturen schärft die Wahrnehmung für das Zusammenspiel von gesellschaftlicher Selbstregelung und staatlicher Steuerung. Regelungsstrukturen erbringen soweit nicht nur Koordinationsleistungen, sondern verkoppeln die unterschiedlichen Handlungslogiken staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, indem Strukturen geschaffen werden, innerhalb derer der Staat die private Leistungserbringung im Interesse des Gemeinwohls reguliert und überwacht (Regulierungsverantwortung), zum anderen durch Rahmenvorgaben selbstregulative Potentiale von Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichzeitig freisetzt und kanalisiert. (ICB2)
Der Beitrag widmet sich dem Thema "Zwischen Freiheit und Bevormundung" zunächst seitens des Konzeptes von Richard H. Thaler und Cass Sunstein, das als libertärer Paternalismus bezeichnet wird und in dem Buch "Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt" 2009 veröffentlich wurde. Der Beitrag nähert sich diesem Konzept aus governancetheoretischer Perspektive. Dabei wird ein Blick auf das klassische politische Instrumentarium geworfen sowie auf neuere Variationen dieses Themas. Betrachtet werden hier bezüglich von Governance und Politikinstrumenten: Pierre Lascoumes, Patrick Le Galés und Claus Offe. Im letzten Abschnitt erfolgt eine Analyse der Bewirkungsdimension staatlicher Steuerung. (ICB2)
Der Beitrag versucht, verschiedene Perspektiven auf das Phänomen des Verfassungswandels zusammenzuführen und einen interdisziplinären Dialog anzustoßen. Der Gegenstand des Verfassungswandels soll also nicht primär aus juristisch-verfassungsrechtlicher Perspektive behandelt werden, sondern unter Einbeziehung anderer disziplinärer Diskurse, in denen diese nicht nur "hinzugedacht", sondern mitgedacht und in das Gesamtbild integriert werden. Dazu werden "drei Scheinwerfer" ausgesucht, mit deren Hilfe es gelingen soll, disziplinäre Diskurse aufeinander zu beziehen und füreinander fruchtbar zu machen. Der erste Scheinwerfer beleuchtet Verfassung als Prozess. Hiermit wird vor allem die politikwissenschaftliche Perspektive integriert. Der zweite Scheinwerfer verknüpft die Diskussion über den Verfassungswandel mit dem allgemeinen Diskurs über den Wandel von Staatlichkeit. Der dritte Scheinwerfer schließlich versucht das Thema des Verfassungswandels in den Kontext einer rechtswissenschaftlichen Innovationsforschung zu stellen. (ICB2)
Die Erbringung bestimmter Dienstleistungen und Güter wie etwa Sicherheit und Infrastruktur, die wir klassischerweise vom Staat und seiner Verwaltung erwarten, erfolgt heute regelmäßig kooperativ und arbeitsteilig. Soweit dabei nicht-staatliche Akteure als "Provider of Statehood" auf die Bühne treten, ist der Staat – vermeintlich paradoxerweise – nicht mehr der alleinige Garant für das Gelingen gemeinwohlförderlicher Staatlichkeit. Der Beitrag analysiert diese "Ko-Produktion von Staatlichkeit" als ein bereits historisch bewährtes Modell zur Bereistellung bestimmter Governance-Produkte und fragt nach der Beschaffenheit der nicht-staatlichen Akteure. Desweiteren untersucht er, welche vor allem als Regelungsstrukturen verstandenen Governancemodi zur Organisation des Zusammenwirkens von privaten und staatlichen Akteuren in Frage kommen. Hier werden Beleihung und Konzession als überkommene, aber wandelbare rechtliche Gußformen diskutiert und das Phänomen der Public Private Partnerships beleuchtet. Schließlich werden verschiedene Theorieangebote aus Politik-, Verwaltungs- und Rechtswissenschaft auf Ihre Eignung für die Konstellationen arbeitsteiliger Staatlichkeitsproduktion hin untersucht.