Der "Green Deal" bietet die Möglichkeit, Klima-, Energie-, Industrie- und Technologiepolitik strategisch zusammenzudenken. Gleichzeitig muss für einen Übergangszeitraum die Versorgung mit fossilen Brennstoffen weiter gewährleistet sein.
Deutschlands Energiesouveränität wird durch die US-Sanktionen gegen die Gaspipeline Nord Stream 2 beschnitten. Damit rücken Fragen der strategischen Handlungsfähigkeit in der Energiepolitik in den Fokus, die bisher in Deutschland kaum diskutiert werden. Die Auseinandersetzung mit strategischen Interessen, Handlungsmaximen und Gestaltungsoptionen wird immer wichtiger angesichts der fundamentalen Umbrüche in der internationalen Politik, insbesondere der strategischen Rivalität zwischen China und den USA. Chinas Industrie- und Konnektivitätspolitik, die Rolle der USA auf den Energiemärkten und die Energietransformation verändern die globale Energielandschaft und die Machtverhältnisse rasant. Die Corona-Pandemie beschleunigt und vertieft die Trends zusätzlich. Deshalb tut es not, Fragen der Energiesouveränität in die politische Debatte darüber zu integrieren, wie eine nachhaltige und resiliente Energieversorgung ausgerichtet werden sollte. Nicht zuletzt gilt es, den Zusammenhalt in der Europäischen Union (EU) zu stärken.
Unter dem Eindruck der Krise um die Ukraine, der damit verbundenen Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Russland sowie der Sanktionen des Westens wird häufig übersehen, dass sich schon vor 2014 die Streitpunkte zwischen Russland und der EU beim Erdgashandel mehrten. Sie resultierten vor allem aus der Umsetzung des Dritten Binnenmarktpaketes für Energie. Denn die Regulierung des EU-Gasmarktes stellt ein Instrument der Kommission dar, mit dem die Marktmacht von Gazprom beschnitten werden kann. Dabei wurde auch aus politischen Motiven regulatorisch immer wieder nachjustiert. Momentan bildet die Krise um die Ukraine die (vielleicht entscheidende) Folie für die Neugestaltung: Während die EU-Kommission den Transit durch die Ukraine bewahren will, möchte Russland das Land umgehen. Dabei bedarf es vor allem des politischen Willens von beiden Seiten, um tragfähige Lösungen zu finden.
Unter dem Eindruck der Krise um die Ukraine, der damit verbundenen Verschlechterung der bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Russland sowie der Sanktionen des Westens wird häufig übersehen, dass sich schon vor 2014 die Streitpunkte zwischen Russland und der EU beim Erdgashandel mehrten. Sie resultierten vor allem aus der Umsetzung des Dritten Binnenmarktpaketes für Energie. Denn die Regulierung des EU-Gasmarktes stellt ein Instrument der Kommission dar, mit dem die Marktmacht von Gazprom beschnitten werden kann. Dabei wurde auch aus politischen Motiven regulatorisch immer wieder nachjustiert. Momentan bildet die Krise um die Ukraine die (vielleicht entscheidende) Folie für die Neugestaltung: Während die EU-Kommission den Transit durch die Ukraine bewahren will, möchte Russland das Land umgehen. Dabei bedarf es vor allem des politischen Willens von beiden Seiten, um tragfähige Lösungen zu finden.
Russland bleibt zumindest auf mittlere Sicht das Rückgrat der Energieversorgung in Europa. Zwar existieren Puffer, sollten Lieferungen über die Ukraine ausfallen, doch ansonsten bestehen kurzfristig nur wenig Alternativen. Mittel- bis langfristig hat Europa aber Möglichkeiten zu diversifizieren. Damit wachsen auch außenpolitische Handlungsspielräume. Es gibt starke wechselseitige Abhängigkeiten und die ökonomische Vernunft gebietet es eigentlich, den politischen Konflikt nicht auf die Wirtschafts- und die Energiebeziehungen zu verlagern. Andernfalls zöge dies für beide Seiten massive ökonomische Nachteile nach sich. (SWP-Aktuell)
Die amerikanische Schieferrevolution hat tiefgreifende Folgen für die globalen Energiemärkte. Sie lässt die USA zum Selbstversorger werden, zugleich verschieben sich die Handelsströme von Öl und Gas stärker in den pazifischen Raum. Dabei bleibt der Persische Golf aber das Rückgrat der Weltölmärkte. Verflüssigtes Erdgas (LNG) aus der Region wiederum ist strategisch bedeutsam für einen globalen LNG-Markt und trägt dazu bei, die Energieversorgung auch in Europa zu diversifizieren. Dank zunehmender Energiesicherheit gewinnen die USA an Handlungsoptionen in ihrer Politik gegenüber den Golfstaaten. Bei den dortigen Regimen herrscht große Verunsicherung, denn sie befürchten ohnehin, dass die Amerikaner sich aus der Region zurückziehen werden. Ein solcher Schritt zeichnet sich bislang zwar nicht ab, doch Europa muss sich auf eine stärkere Lastenteilung mit den USA einstellen, insbesondere was die Sicherung seiner Energieströme vom Persischen Golf angeht. Die Entwicklungen auf den Energiemärkten haben nur langfristig und im Zusammenwirken mit politischen Faktoren das Potential, die Stabilität der arabischen Golfstaaten zu erschüttern. Kurz- und mittelfristig müssen diese Länder ihre eigene Energieversorgung sicherstellen und Exporte gewährleisten. Mit dieser Herausforderung sind sie zu einem schwierigen Zeitpunkt konfrontiert. Ihr bisheriges sozio-ökonomisches Entwicklungsmodell lässt sich in Zukunft jedenfalls nicht einfach fortschreiben. Die geopolitischen Unwägbarkeiten in der Golfregion und die damit verbundenen Lieferrisiken bieten gute Gründe für die deutsche Energiewende. Zugleich erfordert die neue Energie-Landkarte mehr internationalen Dialog und verstärkte Kooperation. Ein Ansatz dafür wären unter anderem Energie-Partnerschaften mit den Golfstaaten. (SWP-Studien) ; Kirsten Westphal; Marco Overhaus; Guido Steinberg
At least in the medium term Russia will remain the backbone of Europe's energy supply. While the European Union possesses enough storage capacity to bridge a temporary interruption of gas supplies routed through Ukraine, it has precious few other immediate alternatives. In the medium to long term, however, Europe has diversification options that would also expand its foreign policy leeway. Overall, strong reciprocal dependencies and economic rationality should mitigate against allowing the political conflict to spread into economic and energy relations. Otherwise both sides will suffer massive economic harm. (SWP Comments)
The United States is bucking the global energy trend, with a real prospect of becoming largely independent of fossil fuel imports, while major European consumers, China and India are preparing for increasing dependency. The global energy landscape is changing rapidly and profoundly, with trade flows shifting and security of supply issues re-shaping. At the same time, national energy paths increasingly diverge even within the OECD. Access to unconventional energy gives the United States a global competitive advantage, with far-reaching repercussions for economic and geopolitical structures. Russia – once an indispensable energy power – and the OPEC producers must adapt to a new market situation and enormous uncertainties about how the new world map for energy will fit together.
The shale-gas boom in the United States is accelerating drastic change in global energy markets. But the consequences are not nearly as clear as current scenarios suggest. Nor is it clear that the extraction of unconventional deposits in the United States will be profitable in the long run, nor whether a similar boom can be repeated elsewhere. Russia's model of a regional, network-based supply of natural gas is under pressure, but could hold Its ground. It will do so in particular, if the European Union is not able, as hoped, to fall back on a large global supply of cheap liquid petroleum for the diversification of Its energy Imports, but instead falls behind vis-a-vis the growth markets in Asia, the direction where energy trading will shift. Adapted from the source document.
Der Fracking-Boom in den USA beschleunigt die Umbrüche auf den globalen Energiemärkten. Doch die Folgen sind bei weitem nicht so klar, wie es gängige Szenarien suggerieren. Weder ist klar, ob die Förderung aus unkonventionellen Lagerstätten durch Fracking in den USA auf Dauer rentabel ist, noch ob sich ein ähnlicher Boom andernorts wiederholen lässt. Russlands Modell einer regionalen, leitungsgebundenen Erdgasversorgung ist unter Druck, könnte sich aber behaupten - insbesondere dann, wenn die EU nicht, wie erhofft, zur Diversifizierung ihrer Energieimporte auf ein großes, weltweites Angebot an billigem Flüssiggas zurückgreifen kann, sondern gegenüber den Wachstumsmärkten in Asien, wohin sich der Energiehandel verlagern wird, ins Hintertreffen gerät. (Osteuropa (Berlin) / SWP)