Der Beitrag diskutiert zunächst die für eine historisch-soziologische Analyse von Parametern der Religiosität und Kirchlichkeit vorhandenen quantitativen Daten. Dazu gehört auch eine kritische Betrachtung der Kontextbedingungen, in denen diese Daten als Ausweis kirchenorganisatorischen Erfolgs entstanden sind, und damit zugleich eine Kritik ihrer Verlässlichkeit und Aussagekraft. In einem zweiten Schritt werden die für Deutschland vorliegenden Daten zu zentralen Parametern für den Zeitraum von 1900 bis 1960 vorgestellt und in ihrer Signifikanz analysiert. Neben Unterschieden zwischen Katholiken und Protestanten wird vor allem in zeitlicher Hinsicht die innere Aushöhlung konfessioneller Milieus bereits vor 1945 betont, also schon vor den weithin als Zeit beschleunigten religiösen Wandels angesehenen 1960er Jahren. In einem dritten Schritt werden diese empirischen Befunde dann auf Fragen der historischen und soziologischen Forschungsdiskussion bezogen, die um Konfessionalisierung und Säkularisierung als zentrale Kategorien kreist. Daraus leitet sich ein Plädoyer für eine modifizierte und differenzierte Form des Säkularisierungskonzepts ab, eine These die auch im vergleichenden Blick auf Entwicklungen in anderen Ländern Westeuropas erörtert wird.
Der Verfasser geht davon aus, dass gerade die Unordnung und begriffliche Unschärfe von Beschreibungen ein wesentliches Moment ihrer historischen Genealogie und ihrer sozialhistorischen Relevanz ausmachen. Soziologische Gesellschaftsbeschreibungen sind erstens angereichert mit und geprägt durch Ergebnisse empirischer Untersuchungen, Surveys und anderer Daten, deren implizite und explizite Vorannahmen, Befunde und Leitfragen dann in Texte einfließen, deren spezifischer Zugriff niemals allein durch die theoretischen Vorgaben bestimmt wird. Zum anderen ist es in historischer Perspektive auch relevant zu verstehen, in welcher Weise popularisierte und notwendig vergröberte Formen soziologischen Wissens in die gesellschaftliche Selbstbeschreibung der Massenmedien und in andere Repräsentationsformen einfließen. Während sich in theoriegeschichtlicher Perspektive eine Tendenz zu zunehmend komplexer und selbstreflexiver angelegten Beschreibungen ausmachen lässt, ist dies in sozialhistorischer Perspektive alles andere als ausgemacht. Hier können und müssen gerade auch jene Texte Relevanz beanspruchen, die mit oft bestenfalls proto-soziologisch anmutender Terminologie operieren, aber trotzdem in eindringlicher Weise als charakteristisch empfundene Perspektiven auf eine bestimmte gesellschaftliche Formation eröffnet haben. Für eine umfassende Geschichte der von der Soziologie vorgelegten Selbstbeschreibungen im 20. Jahrhundert fehlen systematische Vorarbeiten beinahe völlig. Deshalb werden im Beitrag nur einige Aspekte einer solchen noch zu schreibenden Geschichte angesprochen. (ICF2)
Im Jahr 1963 veröffentlichte der Religionssoziologe Thomas Luckmann ein nur 83 Druckseiten langes Buch mit dem eher unscheinbaren Titel "Das Problem der Religion in der modernen Gesellschaft". Das schmale Bändchen war zunächst einmal ein Eingriff in eine aktuelle und kontrovers beurteilte Praxis: die Nutzung religions- und kirchensoziologischer Erhebungen und Daten als "Hilfswissenschaft", deren "Probleme", so Luckmann, "von den institutionellen Interessen religiöser Organisationen bestimmt" würden. Damit spielte Luckmann, der selbst empirische Erhebungen zur religiösen Praxis in protestantischen Gemeinden durchgeführt hatte, auf den engen "positivistischen" methodischen Rahmen vieler pastoralsoziologischer Untersuchungen an, die von katholischen wie protestantischen Bistümern seit Anfang der 1950er-Jahre durchgeführt worden waren. Solche Studien erhoben zum Beispiel Sozialdaten von Kirchenbesuchern oder Imagewerte verschiedener pastoraler Dienstleistungen, um den Bistumsleitungen Anhaltspunkte für die Neuordnung seelsorglicher Angebote zu liefern. Doch für Luckmann verfielen diese empirischen Erhebungen nicht nur wegen der kurzschlüssigen kirchlichen Verwertungsinteressen und ihrer Fokussierung auf klar operationalisierbare, durch Teilnahme am Ritual definierte Formen des Religiösen der Kritik. Problematisch erschien ihm mehr noch die damit verbundene Einschreibung in ein Säkularisierungsparadigma, das ganz eindimensional an der "zurückgehenden Reichweite der Kirchen" orientiert war.
The article examines posters produced by the peace movements in the Federal Republic of Germany during the Cold War, with an analytical focus on the transformation of the iconography of peace in modernity. Was it possible to develop an independent, positive depiction of peace in the context of protests for peace and disarmament? Despite its name, the pictorial self-representation of the campaign 'Fight against Nuclear Death' in the late 1950s did not draw on the theme of pending nuclear mass death. The large-scale protest movement in the 1980s against NATO's 1979 'double-track' decision contrasted female peacefulness with masculine aggression in an emotionally charged pictorial symbolism. At the same time this symbolism marked a break with the pacifist iconographic tradition that had focused on the victims of war. Instead, the movement presented itself with images of demonstrating crowds, as an anticipation of its peaceful ends. Drawing on the concept of asymmetrical communicative 'codes' that has been developed in sociological systems theory, the article argues that the iconography of peace in peace movement posters could not develop a genuinely positive vision of peace, since the code of protest can articulate the designation value 'peace' only in conjunction with the rejection value 'war'.