Neue Tendenzen nationalistischer Deutung der deutschen Geschichte in der bürgerlichen BRD-Histographie
In: BZG: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Band 23, Heft 3, S. 365-373
ISSN: 0005-8068
Unterschieden werden drei große Problemkomplexe: 1. Bemühungen um eine Neueinordnung und Neubewertung des Deutschen Reiches von 1871 bis 1945 in der Entwicklung der deutschen Nation, 2. eine wachsende Beschäftigung mit dem sogenannten vornationalistischen Zeitalter deutscher Geschichte (10. Jahrhundert bis 1871), 3. Auseinandersetzungen um die Konsequenzen selbständiger und gesellschaftlich gegensätzlicher Entwicklungsprozesse in der DDR und in der Bundesrepublik für den nationalen Status. Das Deutsche Reich von 1871 sei als nationaler Faktor nicht aufgegeben worden, wenn auch jetzt eine Aufbewertung des alten Reiches festzustellen sei, und zwar wegen der Mehrstaatlichkeit als einer politischen Form nationaler Existenz und auch wegen der Ausdehnung des Begriffs der deutschen Kulturnation auf Österreich ("Österreich-Lösung" für die DDR). Allerdings beginne man in der Bundesrepublik auch über eine "Binationalisierung" nachzudenken, indem eine gegensätzliche Nationsentwicklung in den beiden deutschen Staaten nicht ausgeschlossen werde, ohne daß damit unbedingt Sympathien für den Sozialismus in der DDR verbunden seien. (NW-IGW)