In: Kultur und Gesellschaft: gemeinsamer Kongreß der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie, Zürich 1988 ; Beiträge der Forschungskomitees, Sektionen und Ad-hoc-Gruppen, S. 842-844
In Ostasien vollzog sich die dritte Demokratisierungswelle vorwiegend in Staaten, in denen das Militär in der Vergangenheit eine herausragende politische Rolle spielte. In diesem Beitrag gehen die Autoren der Frage nach, wie und mit welchen Erfolgen es demokratischen Regierungen in der Region gelungen ist, die zivile Kontrolle über die Streitkräfte zu institutionalisieren und so ihre effektive Herrschaftsgewalt zu sichern. Ausgehend von Erkenntnissen der jüngeren Demokratisierungsforschung und Militärsoziologie entwickeln die Autoren einen theoretischen Analyserahmen, der die Institutionalisierung ziviler Kontrolle als Ergebnis von strategischen Akteursentscheidungen konzeptualisiert. Die anschließende empirische Analyse zeigt, dass die demokratischen Regierungen in der Region zum Teil noch immer erhebliche Einschränkungen ihrer effektiven Herrschaftsgewalt hinnehmen müssen. Darüber hinaus sind offene Militärintervention und das Entstehen neuer Militärregime weiterhin realistische Entwicklungspfade der zivil-militärischen Beziehungen in Ostasien.
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Beantwortung der Fragestellung, inwieweit die NATOisierung Polens und Tschechiens im Bereich der zivil-militärischen Beziehungen erfolgreich war, und aufgrund welcher Akteure, Praktiken und Bedingungen die Normübernahme (nicht) erfolgte. NATOisierung wird hierbei als Sozialisationsprozess im Politikfeld Sicherheit begriffen. Konzeptioneller Ausgangspunkt für die theoriegeleiteten Fallstudien bildet die Entwicklung eines Forschungsdesigns, mittels dessen der rational-institutionalistische und der konstruktivistisch-institutionalistische Strang der internationalen Sozialisations-forschung für die Analyse der NATOisierung postkommunistischer Sicherheitspolitik nutzbar gemacht werden kann. In Kritik an der Mehrheit der Sozialisationsstudien, die die Übernahme von Normen internationaler Institutionen seitens der postkommunistischen Staaten entweder als Verhandlungs- und Anpassungsprozess strategisch handelnder Akteure oder als sozialen Lern- und normativen Überzeugungsprozess intrinsisch motivierter Akteure betrachten, argumentiert diese Studie, dass die Wahl eines komplementären Zugangs sowohl aus theoretisch-konzeptionellen als auch empirisch-phänomenologischen Erwägungen unabdingbar ist. Die hierbei zu Grunde liegende Methode der doppelten Interpretation, mittels derer der Verlauf und das Ergebnis der NATOisierung Polens und Tschechiens im Bereich der zivil-militärischen Beziehungen sowohl aus Sicht des rationalen als auch des konstruktivistischen Institutionalismus beleuchtet worden sind, hat sich als tragfähig erwiesen. In der Tat variiert die Erklärungskraft beider theoretischer Ansätze im Hinblick auf die unterschiedlichen Akteure, Phasen und/oder Kontexte des sicherheitspolitischen Sozialisationsprozesses. Wenngleich die NATO durch ihre Sozialisationspolitik den Demokratisierungsprozess Polens und Tschechiens im Politikfeld Sicherheit begünstigte, bestätigt die empirische Analyse die weit verbreitete Betrachtungsweise der 'Partnerschaft für den Frieden' als ausschließliche Erfolgsgeschichte nicht. Vielmehr war die Erweiterungs- und Sozialisationspolitik der NATO mit gravierenden (nichtintendierenden) Konsequenzen verbunden, die sich hinderlich auf die Transformation der zivil-militärischen Beziehungen postkommunistischer Staaten auswirkten. ; This study answers two central questions: Firstly, to what extent was the NATOization of Polish and Czech security policy in the field of civil-military relations successful? Secondly, which actors, practices, and conditions caused the adoptation or, prevented the adoptation of civilian-democratic control of the armed forces rnThe analysis is based on four assumptions: Firstly, NATOization is perceived as a process of international socialization in the field of security. Secondly, NATO- socialization policy has to be studied as an unsettled question which can result in both reinforcing and impeding the civil-military democratization process. Thirdly, the explanation of the Polish and Czech NATOization calls for a complementary approach integrating the rationalist and constructivist approaches of socialization theory. Finally, Poland and the Czech Republic are perceived as 'representative cases' which are especially suitable for testing the complementary research design. rnThe application of the rationalist-institutionalist and constructivist-institutionalist hypotheses to the study of Polish and Czech NATOization is based on process-tracing and the method of double interpretation. Indeed, the explanation power of rationalist and constructivist institutionalism varies with regard to different actors, phases, and contexts of Poland- and the Czech Republic- NATOization. Though NATO partially furthered both states" civil-military democratization, this study does not confirm the very widely-held assessment of the "Partnership-for-Peace" as being solely a success story. Rather, NATO- enlargement and socialization policy also had grave (non-intended) consequences which impeded the civil-military transformation process of Eastern European states.
"Die Terroranschläge des 11. Septembers katapultierten den Afghanistankonflikt in das Zentrum des Weltgeschehens. Mit dem Zusammenbruch des Taliban-Regimes im Herbst 2001 setzte eine von der internationalen Gemeinschaft initiierte Phase des politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbaus des Landes nach einem über 20 Jahre andauernden zerstörerischen Krieg ein. Jedoch mussten die Architekten des Wiederaufbaus bald erkennen, dass die Hindernisse für die Etablierung eines funktionierenden, modernen Staatswesens und einer emanzipierten Zivilgesellschaft weitaus komplexer und diffiziler waren als angenommen: Der hartnäckige und gewaltsame Widerstand der Macht habenden Eliten gegen die Wiedererrichtung eines staatlichen Gewaltmonopol gewann unter dem Schlagwort 'Warlordism' Popularität. Die Problematik des Drogenanbaus, der mit dem Kollaps der Taliban sprunghaft wieder an Bedeutung gewann, führte zudem vor Augen, dass das weitgehende Fehlen einer staatlichen Ordnung Afghanistan in ein Paradies von Bürgerkriegsökonomien, die einer Befriedung des Landes entgegenstehen, verwandelte. Das Anliegen dieses Beitrags ist es, die Komplexität von Warlordism und Bürgerkriegsökonomien in Afghanistan darzulegen. Beim Kriegsfürstentum und den Bürgerkriegsökonomien handelt es sich um ein eng miteinander verzahntes und sich gegenseitig stützendes System, das sich nicht auseinanderdividieren lässt. Es ist wichtig, auf der einen Seite auf die Verwicklung der Warlords in die Bürgerkriegsökonomien hinzuweisen, aber auch deutlich zu machen, dass das Gros der Kriegsfürsten nicht außerhalb der afghanischen Gesellschaft steht, sondern der Warlordism ein strukturelles Problem in Afghanistan darstellt. Auf Grund des Hybridcharakters von Macht- und Wirtschaftsstrukturen in Afghanistan entziehen sich die dortigen politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen unseren westlichen Kategorisierungsmustern, die häufig über eine bipolare Anordnung nicht hinauskommen." (Autorenreferat)
Der zunehmende Einfluß des Militärs auf die Regierungen insbes. der Dritten Welt wird problematisiert und in einem zweiteiligen Aufsatz dargestellt. (Der zweite Teil findet sich in gleichen Jahrgang Heft 4, S. 657-676). Der Begriff des Prätorianismus bezieht sich auf den als illegitim empfundenen Einfluß des Militärs auf die Politik. Prätorianismus kann als innergesellschaftliche Krisenerscheinung gelten bzw. als Hinweis auf das Fehlen einer allgemein akzeptierten Herrschaftsordnung. Im Zusammenhang mit Prätorianismus werden die Determinanten militärischer Machtergreifung vor allem in der zivilen Gesellschaft gesucht. Dementsprechend werden drei Erklärungsansätze besprochen, die militärische Machtergreifungen mit Merkmalen der zivilen Gesellschaft zu erklären versuchen. Dazuhin werden empirische Forschungen diskutiert, die sich auf die Erklärungsansätze beziehen lassen. Schließlich werden einige Desiderate für die empirische Prätorianismusforschung formuliert. Die einzelnen Kapitel enden mit einer Sammlung von prüfbaren Hypothesen bzw. mit Vorüberlegungen zur empirischen Prüfung. (GB)
Examines Belarus' foreign and defense security orientations since independence; structure of the armed forces, civil-military relations, ratification of the CIS Agreement on Collective Security, and other issues.