Die Erfordernisse der intergenerationellen und der internationalen Gerechtigkeit scheinen zu konfligieren. Der Aufsatz diskutiert dieses Problem und entwickelt eine Lösung dafür. Nach einer Kritik an verschiedenen Begründungen in der Literatur wird eine vollständig (d.h. sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht) universalistische prioritaristische Wohlfahrtsethik entwickelt und auf der Grundlage unseres Mitgefühls begründet. Zunächst wird dazu ein Kriterium für moralische Bewertungen vorgeschlagen, gefolgt von einer Konzeption moralischer Pflichten, die sich auf sozial verbindliche Normen stützt und ein Streben nach moralischer Effizienz (im Sinne eines größtmöglichen moralischen Ertrags für einen gegebenen Aufwand) verlangt. Schließlich werden diese Ideen dazu verwendet, um die Prioritäten zwischen verschiedenen großen sozialen Aufgaben zu bestimmen. Es zeigt sich, dass Konflikte zwischen der zeitlichen und der räumlichen Dimension der Gerechtigkeit in der Praxis weniger verbreitet sind, als zunächst angenommen.
Abstract: The concept of international law underlying the Versailles Peace Treaty is marked by a complex and ambivalent combination of references to just peace and the use of the legal form. This article analyses the concept of law and the use of legal techniques and institutions in the Paris settlement, and connects it to various contemporaneous strands of 'legalism' and to the transformation from (classical) nineteenth-century to (modern) twentieth-century international law. In a second step, the article turns to how the ambivalent legalism in the Versailles Peace Treaty impacted on the respective case law of the Permanent Court and how this case law connects to 'modern' approaches to international law. While, in substance, the cases involving the Versailles Peace Treaty raised issues of both post-war settlement and international organisation, in doctrinal terms, the Court tentatively developed a concept of international law that squares with modern approaches. This can be demonstrated by examination of the case law, which contributed to the law of international organisations, redefined sovereignty, and developed the humanitarian dimension of international law.
Die G20-Staaten haben sich verpflichtet, den Geschlechterunterschied in der Erwerbstätigenquote deutlich zu verringern. Alle G20-Staaten, auch Indien, werden dies kaum schaffen. Denn die Disparität ist nicht Folge formaler Defizite, sondern informellen Normen und Werthaltungen geschuldet. Um dies zu ändern, braucht es Zeit und ganzheitlichere Lösungsansätze auf nationaler wie internationaler Ebene. Geschlechtergerechtigkeit wird beim G20-Gipfel als zentrales Anliegen der deutschen Präsidentschaft stärker in den Fokus rücken. Bislang wurde das Thema nachrangig behandelt. Eine Zäsur stellt die Brisbane-Erklärung 2014 dar, in der sich die G20-Staaten verpflichten, die Lücke bei der Erwerbsbeteiligung zwischen Männern und Frauen bis zum Jahr 2025 um 25 Prozent zu reduzieren. Die Frauenerwerbsquote stagniert jedoch in einigen Ländern oder ist – wie in Indien – sogar rückläufig. Weder wirtschaftliches Wachstum und gesetzliche Vorgaben, noch Bildung von Frauen haben die Lage verbessert. Es stellt sich daher die Frage, wie das genannte Ziel erreicht werden soll. Die Regierung Modi hat eine neue Strategie entwickelt, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen, u.a. durch die Ansiedlung von Textil- und anderen verarbeitenden Industrien, die Förderung von Selbstständigkeit und beruflicher Qualifizierung. Es bleibt fraglich, ob die Maßnahmen zielführend sind, ob Niedriglohn-Jobs in der Textilindustrie wirklich zu guten Jobs führen und ob Frauen so mehr gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Teilhabe gewinnen. Notwendig ist insbesondere ein Wandel diskriminierender Werthaltungen. Die G20-Staaten sind sich zumindest verbal einig, dass Geschlechtergerechtigkeit elementar für nachhaltiges und sozial gerechtes Wirtschaftswachstum ist. Die Erhöhung der Frauenerwerbsquote ist dabei nur als ein Schritt in die richtige Richtung zu sehen. Deutschland sollte sich im Rahmen seiner G20-Präsidentschaft für ganzheitlichere Politikmaßnahmen einsetzen. Die EU und die G20 könnten Indien durch Öffnung von Märkten und im Einwerben von Direktinvestitionen unterstützen, um notwendige Arbeitsplätze zu schaffen.
Die Strafverfolgung der Piraterie ist auch drei Jahre nach Beginn der internationalen Marineoperationen am Horn von Afrika ein ungelöstes Problem. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oft wird das Fehlen eines entsprechenden nationalen Piraterierechts als Grund genannt. Fehlender politischer Wille ist der Hauptgrund für einen Verzicht auf Strafverfolgung. Die Verfahren gegen mutmaßliche Piraten sind teuer und langwierig und stellen eine erhebliche logistische Belastung für den anklagenden Staat dar. Die Lasten und Risiken der Strafverfolgung der Piraterie werden von den Staaten nicht altruistisch auf sich genommen, sondern nur, wenn die eigenen Interessen unmittelbar betroffen sind. Die gegenwärtig verfolgte Strategie, das Problem der Strafverfolgung der Piraterie vor Somalia durch Überstellungen in Drittstaaten zu lösen, könnte für die überstellenden Staaten zu einem juristischen Bumerang werden. Art. 105 des Seerechtsübereinkommens stellt keine Grundlage für eine Gerichtsbarkeit von Drittstaaten dar. Eine möglicherweise früher völkergewohnheitsrechtlich bestehende unbeschränkte universelle Gerichtsbarkeit ist jedenfalls spätestens seit der Kodifikation durch das Übereinkommen über die Hohe See und das Seerechtsübereinkommen untergegangen. Ferner stellt sich auch die Frage nach der nationalrechtlichen Strafbefugnis der Drittstaaten. Hiervon unabhängig werden Überstellungen in Drittstaaten, wie die Kündigung des Übernahmeabkommens durch Kenia zeigt, immer nur eine kurzfristige Verschiebung des Problems bedeuten Bereits zu Beginn der Operation ATALANTA hat es national und international Forderungen nach einem internationalen Gerichtshof für Piraterie gegeben. Denkbare Modelle für ein international(-isiert)es Piraterie-Gericht für Somalia wären ein extraterritoriales somalisches Gericht in einem sicheren Drittstaat, spezialisierte Kammern innerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit Somalias oder regionaler Staaten, ein regionales Tribunal auf multilateraler Basis, ein internationales Tribunal auf bilateraler Basis oder ein ad hoc Tribunal auf Grundlager einer Resolution des UN-Sicherheitsrates nach Kapitel VII UNC. Letzteres ist vor dem Hintergrund zeitlicher und fachlicher Anforderungen an ein internatio¬nal(-isiert)es Gericht die einzig realistische Alternative. Trotz der hohen Fallzahlen macht die Piraterie vor Somalia aber nur etwa die Hälfte aller Fälle aus. Das Beispiel Somalia zeigt, dass jederzeit irgendwo auf der Welt neue Brennpunkte der Piraterie entstehen können. Auch in Asien nimmt die Piraterie trotz anfänglicher Erfolge bei deren Bekämpfung wieder zu. Das Beispiel Somalia zeigt auch, wie schwer sich die Staaten mit der Strafverfolgung der Piraterie tun. Es läge daher im Interesse der Schifffahrtsnationen über ein ad hoc Tribunal für Somalia hinaus eine ständige Einrichtung zu schaffen, die bei Bedarf unverzüglich die Strafverfolgung aufnehmen kann, wenn ein Staat nicht willens oder in der Lage dazu ist. Hierfür bietet sich die Einrichtung einer Abteilung für Piraterie am Internationalen Seegerichtshof an. Für eine effektive Bekämpfung und Strafverfolgung der Piraterie darf die Reform hier aber nicht stehenbleiben. Insbesondere muss die begriffliche Erfassung strafbarer Handlungen durch Einbeziehung der Küstengewässer erweitert und die Durchlässigkeit der Gewässerzonen durch die Einführung eines Rechts der umgekehrten Nacheile verbessert werden. Daneben müssen das Finanzieren und Organisieren von Piraterie und die Absicht, Piraterie zu begehen, unter Strafe gestellt werden. Die Deklarierung zur völkerrechtlichen Straftat und die Einführung einer Strafverpflichtung sind keine Garantie gegen Straflosigkeit, können aber dazu beitragen, dass sich die Staaten einer Strafverfolgung der Piraterie stärker als bisher verpflichtet fühlen. Mit einem Strafgewaltsgerichtshof gibt es auch eine "kleine Lösung". Dieser könnte die Zuständigkeit zur Strafverfolgung einem der beteiligten Staaten verbindlich zuweisen. ; Three years after the international navy operations have begun at the Horn of Africa; criminal prosecution of piracy is still an unsolved problem. For that there are various reasons. Often it is justified by a missing corresponding international piracy law. A missing political will is the main reason to forbear criminal prosecution. The procedures against alleged pirates are expensive and long-winded and are a considerable logistical burden for the indicting country. The countries do not carry the burdens and risks of a piracy criminal prosecution out of altruistic interest, but only if the own interest are directly affected. The current pursued strategy to solve the problem of piracy criminal prosecution of Somalia by extraditing to a third country could become a judicial boomerang for the extraditing country. Article 105 of UNCLOS does not constitute a basis for jurisdiction of third countries. A possibly unlimited universal jurisdiction of an earlier customary existing international law has certainly gone down ever since the codification of the Convention on the High Seas and UNCLOS. Additionally the question regarding the national legal power to impose sanctions by third countries arises. Regardless of which, an extradition to third countries only imply a short-term remedy for the problem, as the termination of the transfer agreement of Kenya shows. Already at the beginning of the operation ATALANTA there were national and international demands of an International Court of Justice for piracy. Possible models for an international or internationalized piracy court for Somalia could be an extraterritorial Somali court in a safe third country, specialized chambers within Somalia's national jurisdiction or regional country, a regional tribunal on a multilateral base, an international tribunal on a bilateral basis or an ad hoc tribunal based on a resolution of the UN Security Council according to chapter VII UNC. The latter is the only realistic alternative in context of timely and specialized requirements of an international (internationalized) court. Despite the high number of cases, piracy of Somalia only consist of about half of all cases. The example Somalia shows that at any time and anywhere in the world, new piracy burning points can establish. The cases in Asia are again increasing despite the initial success. The example Somalia also shows how difficult it is for the countries to prosecute pirates. Therefore it would be of great interest to the shipping nations to establish additionally to an ad hoc tribunal for Somalia, a constant authority, which when needed can start prosecution immediately when a country is not willing or able to. Here it would be useful to establish a department for piracy at the International Tribunal for the Law of the Sea. In order to enable an effective fight against piracy and criminal prosecution, the reform cannot not stop here. Especially the used terms of criminal acts has to be extended by including the coastal waters and the permeability of the water zones has to be improved by introducing the right of reversed pursuit. In addition to that, piracy financing and organization and the intention to commit piracy must impose penalties. A declaration of international criminal acts and introduction of a prosecution obligation however can contribute to the countries feeling more obligated towards piracy prosecution, stronger than before. However a penal power tribunal offers a "small solution". This could assign bindingly one of the concerned countries the jurisdiction of prosecution.
In: Papers / Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsschwerpunkt Technik - Arbeit - Umwelt, Forschungsprofessur Umweltpolitik, Band 00-403
"Aufbauend auf einer bestimmten Anzahl allgemeiner, weitgehend akzeptierter Kriterien von Verteilungsgerechtigkeit (distributive justice) werden in diesem Beitrag Vorschläge zur gerechten Verteilung grenzüberschreitender, gemeinsamer Ressourcen untersucht. Insbesondere geht es den Autoren um die Entwicklung eines fairen Verteilungsmechanismus, der den Kriterien der Neidfreiheit, der individuellen Rationalität, der Ressourcen- und Populationsmonotonität und des sogenannten Stand-alone-Nutzens entspricht. Angewandt auf die internationale Klimapolitik ergibt sich, daß der Süden (die Entwicklungsländer) für die Kosten der Reduzierung seiner Treibhausgase seitens des Nordens (der Industrieländer) voll kompensiert werden sollte - wenn es um die globale Umsetzung des Effizienzgedankens geht." (Autorenreferat)
Titelblatt, Danksagung und Inhaltsverzeichnis 1\. Einleitung 4 2\. Internationale Gerechtigkeit 17 2.1 Was ist Gerechtigkeit? 17 2.2 Was ist Verteilungsgerechtigkeit? 23 2.3 Gerechtigkeitstheorien 26 3\. John Rawls 34 3.1 Eine Theorie der Gerechtigkeit34 3.2 Die Idee des politischen Liberalismus49 3.3 The Law of Peoples51 3.4 Zusammenfassung: John Rawls und globale Gerechtigkeit67 4\. Kosmopolitismus 75 4.1 Thomas Pogge81 4.2 Charles Beitz101 4.3 Brian Barry128 4.4 Zusammenfassung139 5\. John Rawls Gerechtigkeitstheorie und kosmopolitische Theorien: Vor- und Nachteile einer Realisierung 152 5.1 Anwendungsvoraussetzungen 152 6\. Die Realisierbarkeit globaler Gerechtigkeitstheorien in der gegenwärtigen Weltordnung 183 6.1 Das Verhältnis von Theorie und Praxis 183 6.2 Die Bedeutung internationaler Gerechtigkeit 186 6.3 Struktur des internationalen Systems 201 6.4 Internationale Akteure 207 7\. Schluss 230 Literatur 249 ; Die internationalen Beziehungen sind weitgehend bestimmt durch spezielle Interessen der einzelnen außenpolitischen Akteure. Gerechtigkeitsfragen spielen in den politischen Strategien eher eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist die Gerechtigkeit vor allem in den internationalen Beziehungen von hoher Bedeutung. Die gerechte Verteilung von Menschenrechten, von lebensnotwendigen Grundgütern und sozialem Wohlstand trägt wesentlich zur Stabilität in den internationalen Beziehungen bei. Können Interessenkonflikte, die allein aufgrund ungerechter Verteilungen basieren, vermieden werden, so ist mit einer stabilen internationalen Ordnung zu rechnen. Den Bürgern gerechter Gesellschaften ist ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben ermöglicht, dass sie auf der Grundlage der gerechten und sicheren Lebensverhältnisse führen können. Als John Rawls 1971 seine "Theorie der Gerechtigkeit" erstmals veröffentlichte, war diese auf eine geschlossene, nationale Gesellschaft zugeschnitten. Im Laufe der Jahre entwickelte Rawls seine Gerechtigkeitstheorie jedoch fort. Er dachte zunehmend auch über internationale ...
Dieses neue Hintergrundpapier gibt zunächst einen Überblick über zentrale Begriffe der Debatte wie Gerechtigkeit, Versöhnung etc.. Anschließend werden drei Formen des Umgangs mit Vergangenheitsaufarbeitung vorgestellt: Vergessen & Verdrängen, strafrechtliche Aufarbeitung und Wahrheitskommissionen. Sie werden jeweils von historischen Beispielen illustriert: Ruanda, Deutschland und Südafrika. Die Frage, mit der sich das Papier befasst, lautet: Wie kann belastete Vergangenheit am besten aufgearbeitet werden? Und kann es ein "zu viel" oder "zu wenig" an Transitional Justice geben?