Statt die fruchtlosen Debatten über die Erweiterung oder Ergänzung ihres Aufgabenbereichs fortzusetzen, sollte sich die Vergleichende Literaturwissenschaft auf die Zeit ihrer Entstehung besinnen, da sie sich (vor allem in Frankreich) parallel zur Philosophie und den Sozialwissenschaften entwickelte. Emile Durkheims Einladung an Gustave Lanson, einen Vortrag zum Thema 'L'Histoire littéraire et la sociologie' (1904) an der Ecole des Hautes Etudes zu halten, hatte damals eine symbolische Bedeutung, die heute im sozialwissenschaftlichen Kontext aktualisiert werden könnte. Denn nur eine Vergleichende Literaturwissenschaft, die Anschluß an die sozialwissenschaftlichen Debatten der Vergangenheit und der Gegenwart sucht, kann hoffen, eine theoretische Dynamik zu entfalten, die sie für ihre Gesprächspartner in den Sozialwissenschaften interessant werden läßt. Zu diesen Gesprächspartnern gehören vor allem die anderen Komparatistiken, die von Philologen bisher kaum beachtet wurden: die Vergleichende Soziologie, Semiotik, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Rechtswissenschaft. Von ihnen, ihren Problemen und Lösungsvorschlägen, kann die literarische Komparatistik einiges lernen. Zugleich kann sie in bestimmten Fällen den Sozialwissenschaftlern helfen, ihre Probleme zu lösen und neue Probleme zu erkennen.
For over 40 years the Institute for Comparative Literature at the University of Innsbruck has focused in its teaching and research work on taking stock of the concept of intermediality and the complex relations that exist between literature and other art forms such as painting, architecture, dance, music, photography, film, performance art and digital art. Students of comparative literature studying in Innsbruck have gained insights into this field through the diverse and innovative lectures held by Klaus Zerinschek, to whom this anthology is dedicated. All of the articles were written by scholars of comparative literature or philologists active in the field of comparative literature. They address theoretical concepts of intermediality, use such concepts to carry out practical analyses of concrete artistic phenomena, or incorporate concepts of intermediality into their own artistic work. This broad range of approaches to intermediality from the perspective of comparative literature studies is also reflected in the individual contributions to this anthology. In some, literary works or the individual literary components of an intermedial hybrid form create the foundation for analysis, while other articles focus on the narrative qualities of audiovisual and/or iconic media such as dance, performance art and film. A number of contributions looking at the development of new models of intermedial theory combine approaches from the fields of culture, literature and media theory and apply them to intermedial phenomena. As a whole, the articles brought together in this anthology are impressive evidence of the kaleidoscopic diversity of research into comparative literature and intermediality. - Intermedialität und das komplexe Relationsgeflecht zwischen Literatur und anderen Kunstformen, wie Malerei, Architektur, Tanz, Musik, Fotografie, Film, Performance-Art und digitaler Kunst, zählen seit nunmehr 40 Jahren zu den zentralen Lehr- und Forschungsschwerpunkten der Vergleichenden Literaturwissenschaft in Innsbruck. Den Innsbrucker Studierenden wurde dieser Schwerpunkt vor allem in den innovativen und breit gefächerten Lehrveranstaltungen von Klaus Zerinschek vermittelt, dem dieser Band gewidmet ist. Alle Beiträge in diesem Band stammen von Komparatist_innen oder komparatistisch arbeitenden Philolog_innen, die sich mit theoretischen Intermedialitätskonzepten beschäftigen, sie zur praktischen Analyse konkreter künstlerischer Phänomene nutzen oder sie in die eigene künstlerische Arbeit einfließen lassen. Diese unterschiedliche und vielfältige Auseinandersetzung mit medialen Verschränkungen aus komparatistischer Perspektive spiegelt sich auch in den Beiträgen dieses Bandes wider: So bilden in einigen Beiträgen literarische Werke oder die literarischen Teilkomponenten einer intermedialen Hybridform die Basis für die wissenschaftliche Analyse, während wiederum in anderen Fällen die narrativen Qualitäten audio-visueller und/oder ikonischer Medien wie Tanz, Performance-Art und Film in den Blick genommen werden. In manchen, auf die Entwicklung neuer, intermedialitätstheoretischer Modelle ausgerichteten Beiträgen werden hingegen kultur-, literatur- und medientheoretische Ansätze auf komparatistische Weise verknüpft und auf intermediale Phänomene angewendet. In ihrer Gesamtheit zeugen die in diesem Band versammelten Beiträge somit eindrücklich von der kaleidoskopischen Vielfalt des komparatistisch-intermedialen Forschungsfeldes.
In den Einzelphilologien hat die feministische bzw. gender-orientierte Literaturwissenschaft längst Fuß gefaßt (auch wenn sie auch dort mitnichten wissenschaftlicher Standard für alle ist). Warum also ist die Komparatistik - nicht nur, aber ganz besonders in Deutschland - im Vergleich zu vielen anderen Kulturwissenschaften in dieser Hinsicht so konservativ, obwohl sie doch das Selbstbild hat, weltoffen, progressiv und als Literaturwissenschaft auch politisch relevant zu sein? Welche Berührungspunkte gibt es zwischen feministischer Literaturwissenschaft bzw. 'Gender/Queer Studies' einerseits und der Komparatistik andererseits? Welche Konsequenzen hätte die Berücksichtigung von Gender als zentrale Analysekategorie (vgl. Hof 1995) in Theorie und Praxis des Faches Komparatistik?
In: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht: The Rabel journal of comparative and international private law, Band 74, Heft 2, S. 251
Vergleichende Würdigung von Basis-Theorien der Medienund Kommunikationswissenschaft. Ein historischer Abriss von den 50er (Kritische Theorie) bis in die 90er Jahre (Konstruktivismus, Cultural Studies) des 20. Jahrhunderts verweist auf historisch bedingten Kontexte von Theorieentwicklung. Darüber hinaus liefern Basistheorien aber auch paradigmatische Orientierungen, die durch die "Überstülpung" quasi binärer Codes (destruktivanalytisch versus präskriptiv-normativ, affirmativ versus kritisch, optimistisch versus pessimistisch, theorieimmanent versus empiriefähig, realistisch versus konstruktivistisch, akteursorientiert versus systemorientiert) "durchdekliniert" und auf medienspezifische Fragestellungen hin (Subjekt und/ oder System, Technik und/ oder Inhalt, Selektion und/ oder Konstruktion, Wirkung und/ oder Nutzung, Entdifferenzierung und/ oder Ausdifferenzierung) konkretisiert werden. Im Anschluss an eine übersichtsartige Strukturierung der Theorien in einem "Theorien-Raum der Medienwissenschaft" wird der Gebrauch von Polaritäten, Dichotomien und Dualitäten innerhalb einzelner Theorien verglichen. Die Perspektive der Theorieentwicklung geht in Richtung einer neuartigen sozio-medien-kulturellen integrativen Theorie, einer sozialwissenschaftlichen "theory of everything". (RG)
In: Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften: ZSE ; der öffentliche Sektor im internationalen Vergleich = Journal for comparative government and European policy, Band 4, Heft 3