Kultursoziologische Perspektiven in der Gewaltforschung
In: Kultivierungen von Gewalt: Beiträge zur Soziologie von Gewalt und Ordnung, S. 9-40
Die drei Hauptströmungen der soziologischen Gewaltforschung (strukturorientierte Erklärungsansätze, interaktionistische bzw. konstruktivistische Ansätze sowie anthropologische oder machtsoziologisch orientierte Perspektiven) setzen sich an zentralen Stellen mit dem Verhältnis von Gewalt und Kultur auseinander. Dennoch gerät die kulturelle Dimension dabei jeweils nur verkürzt oder unvollständig in den Blick, wie die Autoren in ihrem Einleitungsbeitrag zu zeigen versuchen. Sie beleuchten die Art und Weise, wie die drei wesentlichen Denkstile der Gewaltforschung mit dem Problem des Verhältnisses von Gewalt und Kultur umgehen und plädieren insgesamt für eine stärker kultursoziologische Analyse von Gewalt. Denn ein kultursoziologisch reflektierter Ansatz könnte auch unerwartete Handlungslogiken der Gewalt nachvollziehen, die das instrumentalistische Standardmodell der Gewaltforschung kaum erfasst. Darüber hinaus kann in vielen Fällen besser erklärt werden, wie ein Handeln, das scheinbar durch die Freisetzung einer reinen Zweckrationalität entsteht, überhaupt erst möglich wird. Die Autoren geben ferner einen kurzen Überblick über die Beiträge des Sammelbandes, die auf einer Arbeitstagung der Sektion "Kultursoziologie" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) im Dezember 2000 in Berlin beruhen. (ICI2)