Das von Fritz Schütze in den 1970er Jahren vorgestellte Erhebungsinstrument des narrativen Interviews gehört mittlerweile in der Bundesrepublik im Bereich der qualitativen Sozialforschung und insbesondere in der Biographieforschung zu einem der bekanntesten Verfahren. Thematisch sind diesem Verfahren kaum Grenzen gesetzt; so sind im Bereich der Pflegewissenschaften Interviews zu Fragestellungen aus dem pflegerisch-therapeutischen Be-reich ebenso wie aus dem Umfeld der Gesundheitspolitik bzw. des Gesundheitsmanagements vorstellbar. Neben sozialwissenschaftlichen Interviews wird diese Form der Gesprächsführung darüber hinaus mittlerweile auch in Beratungs- und Therapiekontexten eingesetzt (vgl. Loch & Schulze 2002; Rosenthal).
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"Extremistische Narrative orientieren sich an ideologischen Grundaussagen, konzentrieren sich jedoch gleichzeitig auf konkrete Bezüge. Eine mögliche Gegensteuerung scheint in der Entwicklung von Gegen-Narrativen zu liegen. Diese greifen jedoch nur, wenn sie aus dem gleichen kulturellen Ursprung entwickelt werden." (Autorenreferat)
In der sozialwissenschaftlichen Biographieforschung herrscht ein Interesse am Lebenszyklus von Altersgruppen einer Gesellschaft (=Kohorten) und von Personengruppen (= sozialen Aggregaten) mit bestimmten gemeinsamen sozialen Merkmalen (z. B. Frauen der Unterschicht) vor. Es ist klar, dass mit diesem Konzept nicht das erfasst wird, was der individuelle Biographieträger als sein persönliches Lebensschicksal erfährt. Nun kann man aber nicht davon ausgehen, dass für die soziologische Theoriebildung all das irrelevant ist, was mit individuellem Lebensschicksal zu tun hat. Negative Ereignisverkettungen wie Arbeitslos-Werden, Alkoholiker-Werden, Psychiatrischer-Patient-Werden sind nicht jenseits des Umstandes begreifbar, dass sie die Identität des Biographieträgers zentral angreifen und gerade unter dem Aspekt des persönlichen Schicksals wirksam sind. Vieles, manchmal alles, hängt davon ab, wie der Biographieträger die negative Ereignisverkettung erfährt und wie er sie theoretisch verarbeitet. Der Autor vertritt in dem vorliegenden Beitrag die These, dass es sinnvoll sei, die Frage nach Prozessstrukturen des individuellen Lebenslaufs zu stellen und davon auszugehen, dass es elementare Formen dieser Prozessstrukturen gibt, die im Prinzip in allen Lebensabläufen anzutreffen sind. Darüber hinaus nimmt er an, dass es systematische Kombinationen derartiger elementarer Prozessstrukturen gibt, die als Typen von Lebensschicksalen gesellschaftliche Relevanz besitzen. Zunächst geht es um die Technik des autobiographisch-narrativen Interviews und Schritte der Auswertung autobiographischer Stegreiferzählungen. Im Anschluss daran skizziert der Autor eine Einzelfallanalyse, die eine der elementaren Prozessstrukturen des Lebensablaufs und die entsprechende biographietheoretische Kategorie der Verlaufskurve illustrieren soll. Zugleich wird mit dieser Skizze plausibiliert, dass die sozialwissenschaftliche Auswertung narrativer Interviews drei unterschiedliche Stoßrichtungen haben kann. Erstens kann es um die Herausarbeitung elementarer Prozessstrukturen des Lebensablaufs gehen. Zweitens kann ein spezieller sozialer Prozess in seiner Auswirkung auf den Lebensablauf im Zentrum des sozialwissenschaftlichen Analyseinteresses stehen. Drittens kann schließlich auf der Grundlage der Erhebung, Transkription und Analyse einer autobiographischen Stegreiferzählung eine biographische Beratung mit dem Betroffenen stattfinden. (ICD)
Narrationen – ob als Filme, Fernsehserien, Romane oder Computerspiele – ermöglichen es uns, in andere Welten einzutauchen und die Perspektiven der Figuren einzunehmen. Inwiefern diese Erfahrungen die Überzeugungen, Einstellungen, Intention und Verhalten der Rezipienten beeinflussen, untersucht das Forschungsfeld der narrativen Persuasion. Dieser Band stellt die zentralen kommunikationswissenschaftlichen Ansätze und Modelle zur Erklärung narrativer Persuasion vor, erläutert das typische methodische Vorgehen und gibt einen systematischen Überblick über den Forschungsstand. Abschließend werden kritische theoretische und methodische Aspekte diskutiert und aktuelle Entwicklungen im Forschungsfeld skizziert.Das Buch eignet sich für Studierende und Lehrende der Kommunikationswissenschaft und für andere Interessierte als Einführung, Nachschlage- oder Überblickswerk zu zentralen Konzepten, Prozessen und Befunden narrativer Persuasion.
Das narrative Interview stellt seit langem ein beliebtes und wichtiges Instrument in der qualitativen Sozialforschung dar. Gabriele LUCIUS-HOENE und Arnulf DEPPERMANN verbinden das narrative Interview in diesem Band mit dem Konzept der narrativen Identität: Autobiographisches Erzählen wird so als Nährboden aufgefasst, auf dem Identitätskonstruktionen entstehen und zugleich dargestellt werden. Aufgrund der Fülle und Vielfalt auch neuerer identitätsorientierter Forschungsfragen legen die Autoren in diesem Band ein methodisch reflektiertes und flexibles Auswertungsinstrumentarium vor, das speziell auf solche Fragen ausgerichtet ist. Hierbei beziehen sie Erkenntnisse aus der Erzähl- und Gesprächsforschung sowie der diskursiven Psychologie mit ein. In der Form eines Arbeitsbuchs stellen sie forschungspraktische Fragen und analytische Verfahren zusammen und wenden sich damit in erster Linie an qualitativ Forschende, die sich für Identitätsarbeit in verbaler Interaktion interessieren. In gleichem Maße nützlich erscheint es aber auch für alle, die eine reflektierte Zusammenstellung von Forschungsergebnissen aus verschiedenen diskursiven Disziplinen suchen.
"With the concept of a 'master narrative', the cultural turn prodded contemporary historians to become more self-reflexive about their contribution to larger interpretations. Taking a critical look at the dominant explanations of the German past, this essay argues that the national narrative failed with the atrocities of World War Two, while the communist story was discredited by the overthrow of the SED-regime. But West German Gesellschaftsgeschichte also appeared increasingly outdated, since it was reluctant to admit new impulses like everyday history. However, the rising pretenders to grand narrative status were only partially successful, since the Holocaust fixation could not explain post-war recivilization, gender history provided only a partial view, Europeanization tended to legitimize the EU and global history was too encompassing to explain the German past. Instead of narrowing into another master narrative, the new plurality should be seen as an opportunity for a multi-vocal approach to the past, that ought to analyze how of multiple stories are entangled." (author's abstract)
Der vorgestellte Arbeitsschwerpunkt der Autorin ergibt sich aus der Erarbeitung eines psychologischen Phänomenbereichs – der subjektiven Erfahrung von chronischer Krankheit und Behinderung, insbesondere von Hirnschädigung – mit Hilfe eines spezifischen methodischen Zugangs, dem autobiographischen narrativen Interview. Im Mittelpunkt der Nutzung und der methodischen Weiterentwicklungen des Ansatzes steht die Frage nach der "narrativen Identität" und ihrem empirischen Niederschlag in den generierten Erzähltexten. Narrative Identität wird hierbei als situierte, pragmatisch bestimmte, autoepistemische und interaktiv gestaltete Leistung im Forschungskontext auf dem Hintergrund kulturell vermittelter Erzähltraditionen verstanden. Es wird ein systematischer Analyseansatz erarbeitet, der interaktive und kontextuelle Aspekte des Interviews wie rhetorische und Positionierungsstrategien des Erzählens berücksichtigt. Ebenso wird der Frage nach der häufig zitierten "narrativen Bewältigung" von Krankheit und Behinderung nachgegangen. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist den autobiographischen Erzählungen von Partnern zum Problemfeld Behinderung und die Verschränkung von Identität und Alterität im Vergleich der entstandenen Erzähltexte gewidmet. Die Arbeit läßt sich somit im Überschneidungsbereich von autobiographischer Erzähl-, Identitäts- und Bewältigungsforschung im Rahmen einer qualitativen Methodologie verorten.
Traumatische Kindheitserfahrungen können zur Ausbildung von Dissoziation als Reparaturmechanismus und infolgedessen zu fragmentierten Erinnerungen führen. In narrativen Interviews zeigen sich diese Fragmentierungen als Spuren im Ausdrucksfeld der Sprache. In diesem Beitrag wird anhand von Fallbeispielen aufgezeigt, wie sich Dissoziationen als Folge von Traumatisierungen in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart sprachlich ausdrücken können und welche unterstützenden Möglichkeiten Interviewer/innen in Forschungssituationen haben. Denn erst das Erkennen von traumatisch bedingten Inkonsistenzen ermöglicht das Verstehen von Lebensgeschichten traumatisierter Menschen jenseits von kollektiv wirksamen Tabuisierungen. Auf diese Weise vermeiden Forscher/innen die Reproduktion von gesellschaftlich relevanten Schweigegeboten bzw. Verleugnungsprozessen im wissenschaftlichen Kontext.
The cultural history of German migration society is still unwritten, even though, since the 1960s, numerous interactions and aesthetic negotiations have taken place in literature, film, and in societal debates and theories that have driven the transformation of the political system. This volume opens up an unexpected perspective on informal relations and potentials that have so far received little attention.
Audionarratology is a new 'postclassical' narratology that explores interfaces of sound, voice, music and narrative in different media and across disciplinary boundaries. Drawing on sound studies and transmedial narratology, audionarratology combines concepts from both while also offering fresh insights. Sound studies investigate sound in its various manifestations from disciplinary angles as varied as anthropology, history, sociology, acoustics, articulatory phonetics, musicology or sound psychology. Still, a specifically narrative focus is often missing. Narratology has broadened its scope to look at narratives from transdisciplinary and transmedial perspectives. However, there is a bias towards visual or audio-visual media such as comics and graphic novels, film, TV, hyperfiction and pictorial art. The aim of this book is to foreground the oral and aural sides of storytelling, asking how sound, voice and music support narrative structure or even assume narrative functions in their own right. It brings together cutting-edge research on forms of sound narration hitherto neglected in narratology: radio plays, audiobooks, audio guides, mobile phone theatre, performance poetry, concept albums, digital stories, computer games, songs.
Die Bedeutung des narrativen Diskurses für die sprachliche Verfassung von Identität wird erörtert. Dabei werden zwei Argumentationsstränge entfaltet. Zum einen wird dem Erzählen im Unterschied zu anderen Diskurstätigkeiten des alltäglichen Sprechens eine privilegierte Rolle der Ordnungsstiftung zugeschrieben. Diese gesonderte Stellung wird damit begründet, dass im Erzählen Relationen zwischen einer temporalen, einer räumlichen und einer personalen Ordnung hergestellt werden, die in anderen Diskurstätigkeiten nicht vorhanden sind. In einer Art Gegenzug wird dann jedoch diese Sonderstellung des Erzählens weitgehend relativiert und zurückgenommen, und zwar insofern, als den kontextuellen Bedingungen, unter denen erzählt wird, eine weit wesentlichere Rolle in der Sinnstiftung zukommt. Abschließend wird versucht, aus dem Verhältnis der beiden Argumentationsstränge den Begriff der Identität erzähl- und diskurstheoretisch neu zu verorten.