In dem Beitrag werden auf theoretischer Ebene Probleme der politischen Steuerung diskutiert. Nach einigen Überlegungen zum Begriff der Steuerung, der auch im Kontext der Kybernetik betrachtet wird, wird Steuerung als eine Differenzminderung identifiziert. Zur Diskussion gestellt wird der Unterschied von Industrie- und Entwicklungsländern, auch der von Zentralbanken und Regierungen. Es wird begründet, warum eine Theorie der Steuerung notwendig ist. Das Versagen der Handlungstheorie in diesem Kontext wird aufgezeigt. Die Überlegungen führen, wie betont wird, nicht zu einem negativen Urteil über Steuerung, sie plädieren vielmehr für begriffliche Präzisierungen der Aussagen. (KW)
Der Beitrag setzt sich mit Luhmanns Aussagen zur politischen Steuerung auseinander und diskutiert vor diesem Hintergrund das Verhältnis von politischer Steuerung und politischen Institutionen. Die Verbindung zwischen der Theorie der politischen Steuerung und der Systemtheorie wird herausgestellt. Ausgehend von einer Kritik an Luhmann wird festgestellt, daß politische Steuerung als Chance der zielstrebigen Selbstveränderung des Gemeinwesens sich ohne Rückgriff auf Subjekte politischen Handelns nicht konzipieren läßt. Es wird deutlich, daß die bisherigen Ansätze eher zu einer Theorie des universellen Steuerungsversagens führen, denn zu einer Theorie der politischen Steuerung. Es wird kritisiert, daß die Probleme der politischen Steuerung ausschließlich im Kontext der Theorie funktional differenzierter Kommunikationssysteme abgehandelt werden. Als Zentralproblem einer Theorie der politischen Steuerung wird schließlich der unterschiedliche Grad kollektiver Handlungsfähigkeit der Akteure im politischen System herausgestellt. (KW)
Der in zahlreichen Disziplinen zu beobachtende metatheoretische Diskurs über Grenzen und Möglichkeiten der Formulierung "wahrer" Aussagen über "Wirklichkeit" ist in der Politikwissenschaft kaum produktiv gemacht worden. Sie vermeidet weitgehend theoretische und methodologische Erörterungen über den Charakter ihrer Realitätsbeschreibungen und steht so in der permanenten Gefahr, einem naiven Empirismus zu verfallen. Theoreme der Komplementarität und der epistemologische "linguistic turn" zahlreicher Geistes- und Sozialwissenschaften sind allenfalls als Marginalien in die politikwissenschaftliche Diskussion eingeflossen. Vor allem der erkenntnistheoretische Konstruktivismus hat die Bedeutung des Beobachters für jede Beobachtung herausgearbeitet. Den meisten Politikwissenschaftlern scheinen Reflexionen dieser Art jedoch unwichtig zu sein. Dieses erkenntnistheoretische Defizit manifestiert sich insbesondere im die Disziplin konstituierenden Bereich der politischen Steuerung. Deshalb wird ... anhand der epistemologischen Diskussion über den erkenntnistheoretischen Konstruktivismus die Kontur einer konstruktivistischen Politikwissenschaft entworfen und in ihren Implikationen auf das Problem der Beobachtung politischer Steuerung skizziert. (Zeitschrift für Politik / FUB)
Nach mehrjähriger Arbeit an komplexen Politikvergleichen und induktiver Theoriebildung hält der Autor eine deduktive Klärung der Funktionsweise jener vielfältig strukturierten Verhandlungssysteme, die den Prozeß der Politikformulierung und Politikimplementierung in allen westlichen Ländern immer mehr zu dominieren scheinen, für ein wichtiges Desiderat der theorieorientierten vergleichenden Politikforschung. Dieser Aufsatz ist ein erster Schritt auf diesem Wege. Einleitend wird zunächst der Versuch unternommen, den Begriff der "Pathologien politischer Steuerung" näher zu bestimmen. Zugleich wird gezeigt, daß die eigentliche Gegenposition hierzu von der neueren, "autopoietischen" Systemtheorie Luhmanns eingenommen wird. Vor diesem Hintergrund wird dann die Steuerbarkeit und Steuerungsfähigkeit funktionaler Teilsysteme erörtert. Im weiteren wird die Ausbildung von Verhandlungssystemen untersucht. Im nächsten Schritt wird die Anwendbarkeit spieltheoretischer Analysen überprüft. In den beiden letzten Abschnitten wird auf die Steuerungspathologien in Verhandlungssystemen und die Regelung von Verteilungskonflikten eingegangen. Die Überlegungen enden mit der Feststellung: In welchen Bereichen, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang die hier theoretisch abgeleiteten Hypothesen tatsächlich gelten, ist Sache der weiteren empirischen und vergleichenden Forschung. (RW)
In: Die Verwaltung des politischen Systems: neuere systemtheoretische Zugriffe auf ein altes Thema ; mit einem Gesamtverzeichnis der Veröffentlichungen Niklas Luhmanns 1958-1992, S. 53-64
Wie für kein anderes sozietales Subsystem hat sich für die Politik die traditionelle Frage gestellt, ob sie nicht gegenüber den anderen Funktionsbereichen (Wirtschaft, Wissenschaft, Familie etc.) eine übergeordnete Stellung einnimmt. In konventioneller Terminologie geht es um das "Primat der Politik in der Gesellschaft" und insbesondere um die Möglichkeiten politischer Intervention in das "autonome", "freigesetzte" und "dezentral gesteuerte" Subsystem der Wirtschaft. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, welche Stellung die Luhmannsche Systemtheorie diesem Problem gegenüber bezieht. Luhmanns Thesen zur Politik und sein "Steuerungspessimismus" sind nach Meinung des Autors mißverstanden, wenn der Politik jegliche Steuerungswirkung abgestritten wird. Politik ist bei Luhmann durchaus Steuerung, aber "Steuerung in der Gesellschaft", nicht - privilegierte - "Steuerung der Gesellschaft". Dieser Sachverhalt trifft die Erfahrungen von Politikern wie auch die Beobachtungen der Politikwissenschaftler. (pmb)
Der vorliegende Beitrag behandelt folgende Frage: "Was bedeutet die Tatsache, daß die moderne Gesellschaft eine Organisationsgesellschaft ist, für die politische Gesellschaftssteuerung?" Es gibt hier eine Ambivalenz: einerseits werden Verbände als Verursacher von "ungovernability" gebrandmarkt, andererseits gelten sie als unverzichtbare Bestandteile des "governance"-Mechanismus in modernen Gesellschaften. Dies Problem wird am Beispiel des Systems der wissenschaftlichen Forschung und der darauf gerichteten Forschungspolitik erläutert. Ziel ist "die Konstruktion eines generellen und integrativen heuristischen Interpretationsrahmens für eine im einzelnen noch unbestimmte Vielzahl von Teilaspekten der Thematik". Das Ergebnis lautet: Eine partielle "Verselbständigung der gesellschaftlichen Teilsysteme wird gerade auch durch die dort angesiedelten formalen Organisationen, die ansonsten die politische Steuerbarkeit der Teilsysteme erst ermöglichen, getragen. Diese unauflösbare Ambivalenz der Handlungsfähigkeit formaler Organisationen für die politische Gesellschaftssteuerung ist eines der prägenden... Momente gesellschaftlicher Entwicklung in der Moderne." (psz)
Thema einer Theorie der politischen Steuerung sind die Verhandlungsprozesse zwischen politischen und gesellschaftlichen Akteuren, organisierter Selbstregelung, Marktprozessen und spontaner Strukturbildung. Im Rahmen einer Skizze zur "Genese einer Theorie politischer Steuerung" weist die Autorin auf einen Paradigmenwechsel in der Steuerungstheorie hin, der vor allem durch zwei Theoriestränge eingeleitet wurde: Zum einen durch empirische Policy-Analysen, speziell Untersuchungen zur Steuerung in einzelnen Politiksektoren, und zum anderen durch systemtheoretische Überlegungen zum Thema Steuerung. In beiden Richtungen stand nicht mehr das präsumptive Steuerungssubjekt und damit die Frage der Steuerungsfähigkeit, sondern das Steuerungsobjekt und damit die Frage der Steuerbarkeit im Zentrum des Interesses. Wichtige Beiträge zu dieser Perspektivenänderung gingen von der Implementationsforschung und der Verbändeforschung aus. Im Kontext dieser Theorieentwicklung werden einige Tendenzen der "Entstaatlichung" skizziert, wird auf die gesellschaftstheoretische Einbettung der Steuerungsproblematik hingewiesen und der Rolle des Staates bei der gesellschaftlichen Modernisierung nachgegangen. Von der überholten Gleichsetzung von politischem Steuerungshandeln und Gesellschaftssteuerung, so das Fazit, ist Abschied zu nehmen. Das politische Steuerungshandeln ist nur ein sozialer Teilprozeß, der mit vielen anderen Teilprozessen interferiert und so zum sozialen Wandel beiträgt, ohne ihn lenken zu können. (ICD)