ZusammenfassungMethoden der künstlichen Intelligenz haben sich in den letzten Jahren zu essenziellen Bestandteilen fast aller Bereiche von Wissenschaft und Technik entwickelt. Dies gilt auch für die Hydrologie: Vielschichtige neuronale Netzwerke – auch bekannt als Modelle des Deep Learning – ermöglichen hier Vorhersagen von Niederschlagsabflussmengen in zuvor unerreichter Präzision.Dieser Beitrag beleuchtet das Potenzial von Deep Learning für wasserwirtschaftliche Anwendungen. Der erste Teil des Artikels zeigt, wie sogenannte Long Short-Term Memory-Netzwerke – eine spezifisch für Zeitreihen entwickelte Methode des Deep Learnings – für die Niederschlags-Abfluss-Modellierung verwendet werden, und wie diese für eine Reihe hydrologischer Probleme bessere Ergebnisse als jedes andere bekannte hydrologische Modell erzielen. Der zweite Teil demonstriert wesentliche Eigenschaften der Long Short-Term Memory-Netzwerke. Zum einen zeigen wir, dass diese Netzwerke beliebige Daten verarbeiten können. Dies erlaubt es, mögliche synergetische Effekte aus unterschiedlichen meteorologischen Datensätzen zu extrahieren und damit die Modellgüte zu verbessern. Zum anderen stellen wir dar, wie relevante hydrologische Prozesse (wie z. B. das Akkumulieren und Schmelzen von Schnee) innerhalb der Modelle abgebildet werden, ohne dass diese spezifisch darauf trainiert wurden.
In: Discussion Papers / Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Forschungsschwerpunkt Arbeitsmarkt und Beschäftigung, Abteilung Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigung, Band 01-206
"'Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft'. Mit diesen Worten setzte Bundeskanzler Gerhard Schröder im April dieses Jahres eine heiße Debatte über 'faule Arbeitslose' in Gang, die bereits einige historische Vorläufer hatte. Der Beitrag untersucht zuerst, ob die verschiedenen Debatten einem wiederkehrenden Muster folgen, wobei die Höhe der Arbeitslosigkeit, das Meinungsbild der Bevölkerung über Arbeitslose, anstehende oder vorangegangene Wahlen sowie die Höhe der verhängten Sperrzeiten Untersuchungsgegenstand waren. Anschließend werden Sanktionspraktiken aus verschiedenen Ländern gegenübergestellt und die Frage diskutiert, welche Lehren für die Bundesrepublik gezogen werden können. Es zeigt sich, dass die Sanktionspraxis in der Bundesrepublik als eher streng und wenig flexibel zu charakterisieren ist. Die aktuell diskutierte erneute Verschärfung von Zumutbarkeitsregelungen und Sperrzeiten erscheint daher nicht als geeignete Strategie. Der Beitrag plädiert stattdessen für größere Flexibilität in der Sanktionspraxis, für eine weitere Dezentralisierung der Arbeitsmarktpolitik sowie für erweiterte Entscheidungsspielräume der Arbeitslosen und der Beschäftigten selber." (Autorenreferat)
Europa erlebt derzeit die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. Die EU hat erstmals die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz aktiviert. Demnach können die Geflüchteten aus der Ukraine ihr Aufnahmeland selbst wählen, dort arbeiten und Leistungen erhalten. Auch wenn die Zahl der Flüchtenden Sorgen bereitet, sollte die EU an diesem offenen Ansatz festhalten und auf die Vorteile zurückgreifen, die die sozialen Bindungen der Geflüchteten und das große zivilgesellschaftliche Engagement bieten. EU-weite Verteilungsquoten wären im Vergleich zur selbstbestimmten Mobilität die schlechtere Lösung: Die Fluchtbewegung kann bewältigt werden, wenn die Potentiale der Selbstverteilung in der EU und in den Mitgliedsländern genutzt werden, sich alle EU-Mitgliedstaaten finanziell an der Aufnahme beteiligen und die Aufnahmeländer jetzt schon die Voraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt schaffen. (Autorenreferat)
Der vorliegende Beitrag untersucht auf der Grundlage von Längsschnittdaten der deutschen LifE-Studie die kurz- und längerfristige Übertragung Ausländer ablehnender Einstellungen von Eltern auf deren Kinder im Alter von 16 und von 35 Jahren. Zusätzlich werden Annahmen zur moderierenden Wirkung der familialen Kontextfaktoren 'politischer Austausch mit den Eltern' und 'Qualität der Beziehung zu den Eltern' überprüft. Longitudinale Strukturmodelle mit direkt erhobenen Eltern- und Kinddaten erlauben durch Kontrolle der sozialen Schicht die Modellierung echter Transmissionseffekte. Die Ergebnisse bestätigen sowohl kurz- wie längerfristige Elternwirkungen. Letztere zeigen sich allerdings nur in Bezug auf männliche Kinder. Das Geschlecht des Kindes erweist sich auch bezogen auf die moderierende Wirkung des politischen Austauschs mit den Eltern im Jugendalter als relevant: Kurzfristig erhöht dieser, allerdings nur der Tendenz nach, den elterlichen Einfluss auf Kinder beiderlei Geschlechts, längerfristig zeigt sich ein ausgeprägter Schereneffekt: Der Einfluss auf männliche Kinder nimmt zu, auf weibliche Kinder nimmt er ab. Eine gute Elternbeziehung im Jugendalter führt nur längerfristig, d.h. nach der Jugendzeit, zu einer Erhöhung der elterlichen Transmissionskraft. (DIPF/Orig.) ; Based on longitudinal data of the German LifE-Study, this article investigates short- and long-term parental transmission of hostile attitudes towards foreigners onto their children at age 16 and 35. Potential moderating effects of two context factors are being examined: the political exchange between parent and adolescent, and the quality of the parent-child relationship during adolescence. Longitudinal structure models based on data directly collected from parent and child, along with the verification of their social background, allow for the modeling of 'real' transmission effects. The results provide evidence for short-term as well as long-term parental impact. The latter, however, only applies to male children. The child's sex also proves to be relevant for the moderating effect of the political exchange between parent and adolescent. In a short-term perspective, political exchange tends to increase the parental influence on children of both sexes. However, in a longer perspective, there is a gender-related divergence: Political exchange increases the parental impact on male children, while it decreases the impact on female children. A positive parent-child relationship during adolescence strengthens the parents' transmission power only in the long run, i.e. after adolescence. (DIPF/Orig.)
"In dieser Arbeit wird den verschiedenen Thesen, die das Wahlverhalten in Ostdeutschland begründen, nachgegangen. Der Einbezug der politischen Kultur scheint als Erweiterung des sozialpsychologischen Ansatzes notwendig, um das Wählerverhalten in den neuen Bundesländern angemessen zu modellieren. Für die Analyse der Parteiaffinitäten werden die in den ersten beiden Kapiteln ausgearbeiteten Deutungen zu empirisch überprüfbaren Hypothesen verdichtet und anhand der im empirischen Teil der Arbeit aufgestellten Regressionsmodelle getestet." (Autorenreferat)
Das primäre Fibromyalgie-Syndrom stellt ein relevantes gesundheitspolitisches und oft unterschätztes Problemfeld in der Allgemeinbevölkerung dar. Untersucht werden soll in der vorliegenden Pilotstudie mit dem Titel "Störungsspezifische psychodynamische Kurzzeitpsychotherapie von Patienten mit primärem Fibromyalgie-Syndrom" inwiefern eine multidiziplinäre Therapieform, die psychodynamische Behandlungsprinzipien beinhaltet, einer rein hausärztlichen Therapieform überlegen ist. Dazu wurden Daten von Patientinnen, die innerhalb der Fibromyalgie-Sprechstunde der Universitätsklinik Freiburg rekrutiert wurden, über einen Zeitraum von 24 Wochen erhoben, ausgewertet und verglichen. Die Hausarztgruppe wurde im Rahmen von vier Terminen über die multimodalen Behandlungsprinzipien eines Selbsthilfeprogramms beraten und aufgeklärt. Als Schwerpunkte sind hier sportliche Aktivierung, medikamentöse Einstellung, Lokalbehandlungen sowie Entspannungsverfahren zu nennen. Die Interventionsgruppe erhielt auf dieser Grundlage zudem eine 24-stündige manualisierte störungsspezifische Kurzzeitpsychotherapie. Untersucht wurden Veränderungen bezüglich des seelischen Allgemeinbefindens, der Depressivität, der Schmerzsymptomatik und der damit einhergehenden Funktionalität. Signifikant besserte sich in beiden Gruppen im Verlauf der Therapie der Gesamtscore des SCL-27a, der so genannte globale Belastungsindex. Auch die Werte der Depressivität, gemessen mit dem Depressionsmodul des PHQ-D, besserten sich, wenn auch nicht signifikant. Die Effektivität beider Therapieansätze lässt sich damit bestätigen und doch scheinen die kleinen Stichprobenumfänge nicht auszureichen, um Unterschiede in den Gruppen darstellen zu können. Keine bedeutenden Veränderungen konnte dagegen die Auswertung zeigen, deren Daten sich auf Schmerz, Funktionalität und Beschwerdesymptomatik bezogen. Gründe hierfür sind ebenfalls die kleine Stichprobengröße, die kurze Dauer der Intervention und das selektierte schwerkranke Patientenklientel. Des Weiteren kann die Umsetzung des Selbsthilfeprogramms in der Interventionsgruppe durch verschiedene Faktoren optimiert und somit der Qualität der hausärztlichen Betreuung angepasst werden, in der Absicht, die Therapieeffekte der verschiedenen Ansätze zu summieren. Wichtig erscheint es vor allem, die Therapiemotivation der Patienten zu verbessern sowie das Krankheitsverständnis und damit den Zugang zur multimodalen Therapie zu fördern. Die Durchführung von Langzeitkatamnesen nach sechs und zwölf Monaten ist zudem sinnvoll. ; The primary fibromyalgia displays a relevant and often underestimated problem of the health care policy in the general population. The intent of this pilot study is to analyse in what way a multidisciplinary therapy, which includes psychodynamic treatment strategies, predominates a therapy of a general practitioner. Therefore we collected and evaluated data from female patients, upraised in fibromyalgia consultation hours in the University Hospital of Freiburg over a period of 24 weeks. The group supported by the general practitioner have been clarified about the multimodal therapy principles of the self-help-program within 4 terms. This group was focusing on physical training, medical treatment, local treatment like massage and relaxation techniques. The intervention group achieved in addition to this multimodal therapy a 24 hour disturbance-specifically short term psychotherapy. We analysed differences in mental condition, depressivity, pain and accordingly functionality. Results: The total score of SCL-27a, a so called global severity index, improved significantly in both groups. Values of depressive mood, measured by depression module of PHQ, enhanced as well - not quite significant. The effectiveness of both therapy strategies proved to be true, but the small sample size appeared insufficient to show significant varieties between the groups. Relating to pain, functionality and disorders data displayed no definite differences. Again the small sample size, the short duration of intervention and the selected pool of critically ill patients are given as the reasons for these results. Furthermore the realisation of the self-help-program can be optimised in intention to summarize the effects of several therapy principles. Above all, improving the therapy motivation and the awareness of illness is important to support patients to make use of multimodal therapy. In addition measurements after a period of 6 and 12 month seem to be wise.
Psychotherapeutische Interventionen erlangen in der Bundeswehr auch in Hinblick auf die ansteigende Einsatzbelastung der Soldaten zunehmende Bedeutung. Während bei einsatzbedingten Störungen wie bei der posttraumatischen Belastungsreaktion weiterhin gemäß ICD-10 und DSM-IVR das Trauma als solches ursächlich zu sehen ist, so ist trotz allem auch die hohe Korrelation von komorbiden Störungen wie Persönlichkeits-, Angst- oder Zwangsstörungen ein Indiz für den steigenden Bedarf an psychotherapeutischer Behandlungskapazität und –kompetenz. Während selbst neuere Studien den Schwerpunkt auf die Behandlung von einsatzbedingten Störungen setzen, befasste sich die vorliegende Untersuchung mit der Wirksamkeit einer tiefenpsychologisch fundierten Kurzgruppenpsychotherapie bei Bundeswehrsoldaten mit nichteinsatzbedingten Störungen. Dabei wurden 103 Teilnehmer an dem stationären geschlossenen Gruppensetting prospektiv evaluiert. Als nichtrandomisierte Kontrollgruppe dienten Wartelistenpatienten. Vor und nach der fünfwöchigen Therapie wurden die Teilnehmer mit der SCL-90-R, dem MMPI-K sowie dem Beschwerde- und Verhaltensfragebogen (BFB und VFB) getestet, bei 42,5% wurde eine 36-Monats-Katamnese mit dem BFB und dem VFB durchgeführt. Im Ergebnis kam es in allen relevanten Skalen der SCL-90-R und des MMPI-K nach Therapie zu signifikanten Verbesserungen gegenüber den Ausgangswerten. Die Kontrollgruppe, die sogenannte Warteliste, zeigte keine signifikanten Veränderungen. Bei Soldaten mit einer belastungsreaktiven Erkrankung (ICD10: F43) waren keine Wirksamkeitsunterschiede zu den anderen Diagnosegruppen feststellbar. Auch bei den Skalen BFB und VFB kam es nach Therapie zu signifikanten Verbesserungen gegenüber dem Ausgangswert. In der Katamnese blieb der Effekt im BFB und VFB weiterhin stabil. Prädiktoren der Symptomverbesserung waren der initiale Schweregrad der Symptomatik sowie das Lebensalter. Der Dienstgrad, die Dauer der Verpflichtungszeit, die psychiatrische Diagnose zu Therapiebeginn, das Bestehen einer Partnerschaft sowie ...
Gegenstand und Ziel: Alkoholabhängigkeit ist ein Problem von hoher gesundheitlicher und sozialer Relevanz. Über den Einfluss von persönlichen Wertorientierungen von Soldaten auf Schweregrad und Verlauf von Suchterkrankungen ist bislang wenig bekannt. Gegenstand der Betrachtung ist ein potenzieller Zusammenhang von Wertorientierung und Ausprägung einer Alkoholkrankheit im militärischen Umfeld. Material und Methoden: Es wurden 48 Bundeswehrsoldaten mit Alkoholabhängigkeit im Rahmen eines dreiwöchigen Motivations-/Therapieprogramms (Qualifizierter Entzug) untersucht. Dazu wurde die Skala zur Erfassung des Schweregrads der Alkoholabhängigkeit (SESA), der Kurzfragebogen zur Abstinenzzuversicht (KAZ) und bzgl. ihrer Werteorientierungen der Portrait Values Questionnaire (PVQ) nach Schwartz benutzt. Die Untersuchungen erfolgten jeweils zu Beginn und am Ende der Therapie. Ergebnisse: Zum Beginn der Therapie war der Wertetyp Hedonismus war signifikant positiv, Stimulation negativ mit der Schwere der Alkoholabhängigkeit assoziiert. Im Verlauf des Qualifizierten Entzuges erhöhte sich die Abstinenzzuversicht signifikant. Tradition beeinflusste das Therapieergebnis positiv. Schlussfolgerungen: Wertorientierungen sollten in der Diagnostik und Therapie des Alkoholabhängigkeitssyndroms stärker berücksichtigt werden. Allgemeiner Wertwandel und das besondere berufliche / militärische Umfeld sind dabei in der Betrachtung mit einzuschließen. ; Summary: Objective: Alcohol-related disorders are of substantial relevance in the civil as well as military population. Little is known about the impact of personal values of soldiers on severity and outcome of addictive disorders. A potential association of value orientations with the severity of alcohol dependence in a military background was tested. Material and methods: 48 German soldiers with alcohol dependence were evaluated before and after a three-weeks´ inpatient psychotherapy for addiction with the Severity Scale of Alcohol Dependence (SESA), the Short Scale for Confidence in ...