Jugoslawien: Zunehmende Arbeitslosigkeit
In: Osteuropa, Band 33, Heft 7
ISSN: 0030-6428, 0030-6428
In: Osteuropa, Band 33, Heft 7
ISSN: 0030-6428, 0030-6428
In: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg, Heft 2, S. 23-27
In: Zukunft: die Diskussionszeitschrift für Politik, Gesellschaft und Kultur, Heft 7-8, S. 14-16
ISSN: 0044-5452
In: DIW-Wochenbericht, Band 74, Heft 6, S. 73-79
"Die Verteilung der Lohneinkommen in Deutschland ist im Zeitverlauf keineswegs starr. Vielmehr sind die Unterschiede bei den Stundenlöhnen besonders in den letzen Jahren deutlich gewachsen. Dies gilt vor allem für Ostdeutschland. Überdurchschnittlich zugenommen haben die Verdienstunterschiede unter den Arbeitnehmern, die einen geringeren als den mittleren Lohn erhielten. In dieser Gruppe ist die Lohndifferenzierung inzwischen ebenso groß wie bei den Arbeitnehmern mit Verdiensten oberhalb des mittleren Lohns. Trotz der verstärkten Lohnspreizung im unteren Bereich fällt es Geringqualifizierten in Deutschland immer noch schwerer, eine Beschäftigung zu finden, als in den meisten anderen entwickelten Ländern. Ob allerdings eine weitere Spreizung der niedrigen Löhne - begleitet von einer Senkung der Sozialleistungen - tatsächlich das Problem der hohen Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter beheben würde, ist sehr fraglich. Denn bei Personen mit mittlerer Qualifikation weist Deutschland innerhalb der EU ebenfalls eine überdurchschnittliche Erwerbslosenquote auf. Es besteht offenbar ein generelles Beschäftigungsproblem, das nur durch ein höheres gesamtwirtschaftliches Wachstum deutlich gemildert werden kann." (Autorenreferat, IAB-Doku)
In: DIW-Wochenbericht: Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Band 74, Heft 6, S. 73-79
ISSN: 1860-8787
World Affairs Online
In: Rote Revue, Band 85, Heft 4, S. 8-13
In: Bundesarbeitsblatt: Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht, Band 2, S. 10-12
ISSN: 0007-5868
"Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat Ende 1996 ihren Geschäftsbericht 1995 vorgelegt. Wie schon in den Vorjahren zu beobachten war, nehmen die Belastungen weiter zu. So hat sich die Relation der Zahl der Pflichtversicherten zu der der Versorgungsrentenberechtigten von 2,52 : 1 (1992) über 2,39 : 1 (1994) auf 2,24 : 1 (1995) verschlechtert. Das Umlageaufkommen von 3,8 Milliarden DM (Steigerung von 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr) hat zusammen mit den Kapitalerträgen von rd. 1,2 Milliarden DM wiederum nicht ausgereicht, um die laufenden Aufwendungen des Kalenderjahres in Höhe von 5,3 Milliarden DM abzudecken. Infolgedessen sind Rücklagen in Höhe von 324 Millionen DM aufgelöst worden. Die Kapitalanlagen betragen nunmehr noch knapp 13 Milliarden DM." (Autorenreferat, IAB-Doku)
In: Bundesarbeitsblatt: Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht, Heft 2, S. 10-12
ISSN: 0007-5868
"Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat Ende 1996 ihren Geschäftsbericht 1995 vorgelegt. Wie schon in den Vorjahren zu beobachten war, nehmen die Belastungen weiter zu. So hat sich die Relation der Zahl der Pflichtversicherten zu der der Versorgungsrentenberechtigten von 2,52 : 1 (1992) über 2,39 : 1 (1994) auf 2,24 : 1 (1995) verschlechtert. Das Umlageaufkommen von 3,8 Milliarden DM (Steigerung von 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr) hat zusammen mit den Kapitalerträgen von rd. 1,2 Milliarden DM wiederum nicht ausgereicht, um die laufenden Aufwendungen des Kalenderjahres in Höhe von 5,3 Milliarden DM abzudecken. Infolgedessen sind Rücklagen in Höhe von 324 Millionen DM aufgelöst worden. Die Kapitalanlagen betragen nunmehr noch knapp 13 Milliarden DM." (Autorenreferat, IAB-Doku)
In: Bundesarbeitsblatt: Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht, Heft 1, S. 25-27
ISSN: 0007-5868
Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick zum Gechäftsbericht 1995 der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. (IAB)
In: Bundesarbeitsblatt: Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht, Band 1, S. 25-27
ISSN: 0007-5868
Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick zum Gechäftsbericht 1995 der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder. (IAB)
In Großbritannien war die Konjunktur im Jahr 2000 kräftig nach oben gerichtet. Getragen wurde diese Entwicklung von der Expansion des Dienstleistungssektors. Das reale Bruttoinlandsprodukt nahm um 3% zu. Auf dem Arbeitsmarkt blieb die Lage weiterhin angespannt, die Arbeitslosenquote ging im Durchschnitt des Jahres auf 5,6% zurück. Die Konsumentenpreise lagen im Jahresdurchschnitt um 0,8% über dem Niveau von 1999. 2001 dürfte sich das reale Bruttoinlandsprodukt nur noch um gut 2% erhöhen. Die Konsumentenpreise dürften im Schnitt des Jahres um ungefähr 1 1/4 % steigen, die Arbeitslosenquote liegt bei etwa 5 1/4 %. Im Jahr 2002 wird sich die Konjunktur voraussichtlich erholen, das BIP um rund 2 1/2 % expandieren und die Arbeitslosenquote auf dem Niveau des Vorjahres verharren.
BASE
In: Archiv für Kommunalwissenschaften: AFK ; Grundlagen, Konzepte, Beispiele, Band 34, Heft 1, S. 182-183
ISSN: 0003-9209
In: SZ texte, 4
World Affairs Online
Blog: www.jmwiarda.de Blog Feed
Der Wissenschaftsratsvorsitzende Wolfgang Wick zu überdrehten Transfererwartungen der Politik, verlorengegangenen Differenzierungen im deutschen Wissenschaftssystem, drohendem Kontrolldruck nach der Fraunhofer-Affäre – und neuen Aufgaben für den Wissenschaftsrat.
Wolfgang Wick, Professor für Neurologie und als Neuroonkologe am Heidelberger Universitätsklinikum, ist seit Februar 2023 Vorsitzender der
Wissenschaftsrats (WR). Foto: Svea Pietschmann.
Herr Wick, die Ampel-Parteien haben sich in der Haushaltskrise geeinigt, der BMBF-Haushalt soll glimpflich davonkommen. Ein Zeichen,
dass die Bundesregierung Bildung und Wissenschaft auch in schwierigen Zeiten die Treue hält?
Das wünsche ich mir sehr. Die BAföG-Strukturreform muss kommen, die Investitionen in Innovation und Hochtechnologie müssen aufrechterhalten werden, der Sanierungsstau im Hochschulbau muss endlich
aufgelöst werden – um nur einige Beispiele zu nennen. Sparen bei Forschung und Innovation würde die Zukunftschancen, die uns die Wissenschaft eröffnet und die wir gerade jetzt so dringend
brauchen, verspielen.
Das scheint seit der Pandemie zum Geschäftsmodell der Wissenschaft geworden zu sein: die immensen Heilserwartungen, die Gesellschaft und Politik ihr entgegenbringen, auch noch bestärken,
weil sie nur dann noch auf das nötige Geld hoffen kann?
Das Wecken solcher Erwartungen ist immer ein zweischneidiges Schwert. In der Pandemie hat die Wissenschaft einen großen Zuwachs an Bedeutung und Vertrauen erlebt. Das führte dazu, dass der
Anspruch nach kurzfristigen Antworten und Problemlösungen immer größer wurde. Wenn dann aber an Kochrezepte erinnernde Handlungsvorschläge gefordert werden, geraten Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler in Verlegenheit, weil sie diese aus der Logik der Wissenschaft heraus nicht liefern können. Das sehen wir als Wissenschaftsrat kritisch. Wir glauben, dass Wissenschaftler dann am
effektivsten und am wirksamsten sind, wenn sie als Wissenschaftler argumentieren, und es deutlich sagen, sobald sie sich als Staatsbürger äußern.
Die Versuchungen, die Rollen nicht deutlich zu trennen, sind groß, wenn die Politik doch genau die schnellen Lösungen will.
Wir müssen der Politik gegenüber klar kommunizieren, dass sie zum Beispiel bei der Bewältigung der Klimakrise kaum schnelle Antworten erwarten kann, wenn sie die dafür zuständigen
wissenschaftlichen Disziplinen über Jahre hinweg nur unzureichend gefördert hat. Legt sie jetzt im Zusammenhang mit der Energiewende umfangreiche Programme auf, ist das sehr zu begrüßen,
allerdings lautet die Botschaft an die Politik: Die wissenschaftlichen Resultate werden erst in einigen Jahren zu sehen sein.
"Was wir seit einer Weile sehen, ist eine Politik, die getrieben wirkt, die sich zu stark fokussiert auf fast schon beliebige Transfererwartungen, die sie dann
noch in jede wissenschaftspolitische Debatte hineinprojiziert."
Lautet nicht die eigentlich wichtige Botschaft: Vergesst die Grundlagenforschung jetzt nicht?
Wissenschaftsfinanzierung hat immer zwei Dimensionen. Die eine ist auf die kurzfristige Lösung von Problemen ausgerichtet, oft verbunden mit der Idee des Transfers von Forschungsergebnissen in
die wirtschaftliche Anwendung hinein. Diese Dimension passt gut zu den kurzatmigen Zyklen der Politik, darum drehen sich die Ressortforschung und große Teile der Programmforschung – vollkommen
legitim. Mehr noch: Mit der entsprechenden Aufrichtigkeit, und damit meine ich vor allem verbunden mit einer langfristigen Finanzierung, lassen sich so die drängenden gesellschaftlichen
Herausforderungen sehr zielgerichtet bearbeiten. Mindestens genauso wichtig aber ist das, was Sie Grundlagenforschung nennen. Und deren Förderung ist für viele Wissenschaftler deutlich
attraktiver, weil sie die Chance auf unerwartete Erkenntnisse in einem Ökosystem eröffnet, in dem sich die Forschung entlang der Neugier der Forschenden frei entwickeln kann. Was wir aber
tatsächlich seit einer Weile sehen, ist eine Politik, die getrieben wirkt, die sich zu stark fokussiert auf fast schon beliebige Transfererwartungen, die sie dann noch in jede
wissenschaftspolitische Debatte hineinprojiziert. Ich gebe zu, darauf reagiere ich zunehmend allergisch.
Wie erklären Sie sich das?
Wir haben uns in unserem Wissenschaftssystem von einer sauberen Differenzierung der unterschiedlichen Akteure verabschiedet. Wissenschaftstransfer ist für die Fraunhofer-Gesellschaft grundlegend,
in Teilen auch für die Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft, wobei das Modell der Großforschungseinrichtungen schon komplexer angelegt ist zwischen Grundlagenforschung, Anwendung und dem Erarbeiten
wissenschaftlicher Lösungen für die Gesellschaft. Die Max-Planck-Gesellschaft und die Universitäten hingegen haben nicht den Anspruch, vor allem anwendbare Wissensprodukte zu erarbeiten.
Max-Planck steht für den Spitzenbereich der Grundlagenforschung, die Hochschulen für die Lehre, Spitzenforschung und die darunterliegenden Grundlagen und erst dann dort, wo es sich wirklich
anbietet und in Kooperation mit anderen, für die Anwendung. Es ist fast schon zu einem Klischee geworden, dass auf guter Forschung immer auch Anwendung und Transfer draufstehen muss.
Welche Folgen hat das?
Durch den Fokus auf Anwendungsnähe und hippe Themen werden wir als Wissenschaftler gedrängt oder lassen uns drängen, unser Heil in immer neuen Finanztöpfen zu suchen. Das bindet Kapazitäten, die
woanders fehlen. Genau diese Schieflage, diese Verschiebung von den Grund-zu den Drittmitteln in den vergangenen 20 Jahren, haben wir im Wissenschaftsrat thematisiert in unserem Papier zur
Forschungsfinanzierung an deutschen Hochschulen.
Diesen Erwartungen des Hippen, des Schnellen, von Kochrezepten und politisch gängigen Handlungsanweisungen muss sich auch der Wissenschaftsrat in seiner Arbeit stellen. Sie haben selbst
zu Ihrem Amtsantritt Anfang des Jahres gesagt, es gehe darum, auch im wissenschaftspolitischen Tagesgeschäft aktiver Akzente zu setzen.
Was ich sagen will ist, dass wir da stärker, sichtbarer und teilweise klarer in die Öffentlichkeit hineinkommunizieren sollten, wo wir uns mit unseren Beschlüssen positioniert haben.
Gelingt das schon besser?
Mit unseren Empfehlungen zur Geschlechterforschung beispielsweise haben wir zur Versachlichung beigetragen, und es hat eine intensive Debatte dazu gegeben.
Was es beim Thema Gender aber eigentlich immer gibt.
Es ist ein Beispiel, wo wir so Akzente setzen konnte, wie ich es mir vorstelle.
"Insgesamt sehe ich nicht, dass es schon regelmäßig
eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Papiere
des Wissenschaftsrats gibt."
Ihre Empfehlungen zur Lehramtsausbildung im Fach Mathematik haben sowohl öffentliche Aufmerksamkeit erhalten als auch die Fachdebatte stark beeinflusst, siehe das Gutachten der Ständigen
Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz zur Zukunft der Lehrerbildung.
Was zeigt, dass wir in der Lage sind, wissenschaftsgeleitet und fundiert und gleichzeitig pointiert Stellung zu beziehen.
Die SWK hat sich in einer zentralen Frage allerdings anders positioniert. Während der Wissenschaftsrat den Ausbau der dualen Lehrerbildung empfiehlt, lehnt die Kommission diese mit
deutlichen Worten ab.
So deutlich finde ich das bei näherem Hinsehen gar nicht. Aber das ist für mich ohnehin gar nicht so entscheidend. Wichtig ist, dass zwei Gremien von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in
wissenschaftsgeleiteten Beratungsverfahren klare Empfehlungen formuliert haben und die Politik jetzt ein wissenschaftlich fundiertes Angebot an Möglichkeiten hat, aus denen sie auswählen kann.
Inhaltlich halte ich den Vorschlag des Wissenschaftsrats, den Vorbereitungsdienst in die universitäre Ausbildungsphase zu integrieren, für gangbar und sinnvoll. Was mir aber trotz der Beispiele
Geschlechterforschung und Lehrerbildung wichtig ist festzuhalten: Insgesamt sehe ich nicht, dass es schon regelmäßig eine breite gesellschaftliche Diskussion über unsere Papiere gibt. Das hängt
natürlich, wie Sie sagen, auch vom Thema ab, und oft ist es auch nicht nötig. Insgesamt aber sollten wir noch weiter an unserem Profil als Beratungsgremium arbeiten.
Was meinen Sie damit?
Was man von uns als Wissenschaftsrat erwarten kann, sind Lösungsvorschläge für Probleme, von denen wir sehen, dass sie in zehn, 15 oder 20 Jahren dramatisch werden. Worin wir gleichzeitig besser
werden können: dass wir uns auf der Grundlage unserer langfristigen Empfehlungen häufiger auch tagesaktuell in Debatten einbringen und unseren Themen dadurch eine größere Beachtung verschaffen.
Im Sinne eines Think Tanks gerade bei Herausforderungen, die sich so dynamisch entwickeln, dass einmal verfasste Empfehlungen allzu schnell überholt wären.
Ein Beispiel bitte.
Wir haben uns als Wissenschaftsrat bislang nicht zur jüngsten Entwicklung der generativen KI geäußert. Wir sind von deren Geschwindigkeit genauso überrascht worden wie andere Fachleute auch.
Generative KI mit Anwendungen wie ChatGPT ist ein Gamechanger und entwickelt sich mit einer unglaublichen Dynamik. Wir überlegen deshalb, wie wir ein kontinuierliches Monitoring neuer
KI-Entwicklungen und ihrer Auswirkungen auf die Qualität und Kommunikation von Wissenschaft leisten können, auf Lehre, Forschung, auf Begutachtungsprozesse. Das Ziel ist es, als Wissenschaftsrat
auch zu tagesaktuellen Fragen Stellung zu beziehen und Hinweise zu geben. Um noch wirksamer zu werden, müssen wir mit der Politik aber zusätzlich über eine konkrete Erweiterung unserer
Kompetenzen sprechen.
"Hauptsache, es entsteht mehr Transparenz. Die wirkt oft besser als jeder erhobene moralische Zeigefinger."
Derzeit ist der Wissenschaftsrat als Gremium zwischen Wissenschaft und Politik für die Politikberatung, für die Evaluierung von Wissenschaftseinrichtungen, für die Priorisierung beim
Hochschulforschungsbau und für die Akkreditierung privater Hochschulen zuständig. Sie wollen mehr?
Ich wünsche mir, dass der Wissenschaftsrat künftig die Ressourcen und den Auftrag bekommt, um seine Empfehlungen mehr als bislang nachzuverfolgen. Im Oktober haben wir unser Papier zur
wissenschaftlichen Qualifizierung in den Gesundheitsfachberufen beschlossen. Mit dem Ergebnis haben wir einen echten Punkt gesetzt. Vermutlich werden bei dem Thema schon die unterschiedlichen
Interessengruppen nicht lockerlassen, damit etwas passiert. Bei anderen Themen aber bräuchte es das Nachfassen dringender. Setzen die Länder die Empfehlungen zur Forschungsfinanzierung um? Was
folgt aus unseren Vorschlägen zur Digitalisierung der Hochschulen oder der Medizin? Bund und Länder könnten uns beauftragen, im Sinne eines langfristigen Controllings nach vorher definierten
Kriterien zu dokumentieren, welche politischen Handlungen jeweils aus unseren Empfehlungen gefolgt sind – und wo sich auch nach zwei, fünf oder sieben Jahren wenig oder nichts getan hat. Ich will
keinen Verwaltungs-Wasserkopf generieren. Das kann man je nach Thema auch stichprobenartig machen. Hauptsache, es entsteht mehr Transparenz. Die wirkt oft besser als jeder erhobene moralische
Zeigefinger.
Manches Mal wäre der erhobene Zeigefinger der Wissenschaft aber angebracht gewesen. Bei Fraunhofer zeichnete sich über einen langen Zeitraum ab, dass es dort ein mutmaßliches
Fehlverhalten bis hin zum Missbrauch von Steuergeldern in der Führungsetage gegeben haben könnte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit vielen Monaten. Das Schweigen der Chefs der anderen großen
Wissenschaftsorganisationen in Deutschland angesichts der schleppend verlaufenden Aufklärung war indes ohrenbetäubend. Hätte sich die Allianz der Wissenschaftsorganisationen, zu der Sie gehören,
nicht positionieren müssen? Der entstandene Imageschaden betrifft das gesamte Wissenschaftssystem.
Da ich seit Februar 2023 selbst Mitglied im Fraunhofer-Senat bin, kann ich mich über Einzelheiten nicht äußern. Klar ist: Das mutmaßliche Fehlverhalten einzelner muss aufgeklärt werden, auch hier
gilt die eben genannte Transparenz. Es darf aber nicht reflexhaft zur weiteren Verschärfung bürokratischer Vorgaben führen, die uns ohnehin stark einschränken, etwa bei der Beantragung von
Forschungsförderung und der Berichterstattung während und nach der Forschung. All die Berichtspflichten und Kontrollmechanismen zum Umgang mit staatlichen Mitteln haben schon jetzt viel mit einem
grundsätzlichen Misstrauen gegenüber der Wissenschaft zu tun. Sie führen zu einer eklatanten Überlastung und zu einer Fehlsteuerung von Ressourcen.
"Es macht etwas mit einer Organisation
und mit der Wissenschaft insgesamt,
wenn die Glaubwürdigkeit in Frage steht."
Der Senat als wichtiges Aufsichtsgremium hat auch nicht gerade die Aufklärung vorangetrieben, und die Senatsvorsitzende hat Ex-Präsident Reimund Neugebauer noch auf einer großen Tagung
ihres Verbands als Keynote-Speaker empfangen, als Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) angesichts drastischer Rechnungshof-Vorwürfe gegen das Fraunhofer-Präsidium bereits
dessen Rücktritt forderte.
Die Vorwürfe laufen darauf hinaus, dass ein System möglicherweise gedehnt oder überdehnt worden ist. Das werden Sie auch durch zusätzliche Regeln nicht verhindern können. Aber eines will ich an
dieser Stelle doch deutlich und unabhängig von einem konkreten Fall sagen: Wir alle, die wir in der Wissenschaft, in Universitäten und Forschungsinstituten Führungsverantwortung tragen, genießen
ein großes Privileg, weil wir aufgrund der Autonomie von Wissenschaft frei und wirkungsvoll agieren können. Dieses Privileg beruht, wie in der Politik auch, auf einer demokratischen Legitimation,
die Integrität, das Einhalten von Spielregeln und die Akzeptanz einer Bezahlung weit unterhalb der Niveaus erfordert, wie diese bei Wirtschaftskonzernen üblich ist. Es macht etwas mit einer
Organisation und mit der Wissenschaft insgesamt, wenn die Glaubwürdigkeit in Frage steht.
Aber genau deshalb wäre es so wichtig gewesen, wenn sich die Wissenschafts-Spitzen klarer positioniert hätten. Jetzt läuft es – nur leicht übertrieben – darauf hinaus, dass sich
Mitarbeiter von Fraunhofer und anderswo für den Kauf jeder Keksdose für die Bewirtung von Gästen rechtfertigen müssen – weil Präsidiumsmitglieder unter anderem mit zunehmender Häufigkeit in
Fünf-Sterne-Hotels genächtigt, zu teure Dienstwagen gehabt und vierstellige Bewirtungen von BMBF-Führungspersonal vorgenommen haben sollen.
Offen gesagt erlebe ich ausgesprochen selten Saus und Braus im deutschen Wissenschaftssystem, schon gar nicht im Wissenschaftsrat. Wir sind ein Gremium, dessen Mitglieder alle im Ehrenamt
arbeiten. Und wenn eine Arbeitsgruppe bei uns in Köln arbeitet, bewirten wir sie in der Kantine. Wir sollten aber differenzieren: Die meisten Fehler im Umgang mit Geldern sind Fehler, bei denen
sich jemand vertan hat. Wenn jemand aber wirklich das System missbrauchen will, wird er davon nicht wegen kleinteiliger Berichtspflichten absehen. Die entscheidende Frage für mich lautet:
Schaffen wir es, durch unsere überbordende Drittmittelüberwachung deren Verausgabung zu beschleunigen, zielgerichteter, sachgerechter zu machen und die Projektqualität zu verbessern? Ja oder
nein? Und wenn die Antwort nein ist, sollten wir es lassen.
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