Themen: Selbstbild der Deutschen und Fremdbild von den Juden (semantische Differentiale); Verhaltensintentionen im Bereich des wirtschaftlichen Antisemitismus, wie z. B. keine Geschäfte mit Juden; Einschätzung der Bedeutung von Juden in der Finanz- und Geschäftswelt sowie im kulturellen Bereich; Informationsquellen über die heutigen Juden in der Bundesrepublik und ihre Geschichte; Einschätzung der allgemeinen Haltung der Bevölkerung gegenüber den Juden und Einschätzung der Mitschuld der Juden an ihrem Schicksal; Fragen zum arabisch-israelischen Krieg von 1973 und persönliche Sympathieverteilung; Beurteilung der Nahostpolitik der Bundesregierung; Ortsgröße.
Skalen: Anomie, antidemokratische Tendenzen; religiöse und säkulare antisemitische Vorstellungen sowie völkischer Rassismus.
Das Projekt untersucht (a) wie die inszenierten globalen politischen Medienereignisse (d.h. die globalen Klimagipfel) produziert werden und (b) welche diskursiven Effekte diese Ereignisse auf nationale Klimadebatten in den Medien von fünf führenden demokratischen Ländern weltweit haben, nämlich die USA, Deutschland, Indien, Südafrika und Brasilien.
I. Formale und allgemeine inhaltbezogene Kategorien 1. Formale Variablen: Artikel-ID; Coder-ID; Titel (Hauptüberschrift des Artikels); Veröffentlichungsdatum; Medium (Zeitung, Zeitschrift oder News-Website, in der der Artikel veröffentlicht wurde); Länge des Artikels; Format des Artikels (faktenbasierter Artikel, Meinungsbasierter Artikel, Interview, Presseschau, eigenständiges visuelles Bild als eigenständiger Artikel, Brief an den Redakteur u.a.); Platzierung des Artikels (Vorderseite Artikel oder Cover Geschichte, Artikel in der Zeitung und Zeitschrift auf der Titelseite, Artikel in der Zeitung und Zeitschrift ohne Referenz auf der Titelseite); Abschnitt der Zeitung, Zeitschrift und Nachrichten-Website; Autor des Artikels.
2. Inhaltsvariablen: Artikelauslöser (institutionelle Ereignisse, unvorhergesehene (ungeplante) Ereignisse, kommunikative Ereignisse, sonstiges Ereignis); Bezugnahme auf UN-Klimakonferenzen (COPs); Bezugnahme auf Länder; internationale / transnationale institutionelle Bezugnahme.
II. Visuelle Ebene 1. Formale Variablen: Visuelles Bild vorhanden; Foto vorhanden; Anzahl der visuellen Bilder; Anzahl der Fotos; visuelle Bild-ID, Art des visuellen Bildes (Foto, Fotomontage, Diagramm, Karte oder Tisch, Karikatur / Karikatur, offizielles Logo der UN-Klimakonferenz (COP) , thematische Vignette durch Zeitung oder Zeitschrift); Quelle des visuellen Bildes. 2. Visuelle Gestaltung (wenn das visuelle Bild ein Foto oder eine Fotomontage ist): denotative Ebene: institutionelle Bezugnahme auf dem Foto dargestellt; Inhalt des Fotos: Stadtlandschaft, Naturlandschaft (Wälder, Berge und / oder See, Pflanzen und / oder Wiese), Ozean und / oder Ozeanküste, Schnee, Eis, Gletscher, Wüste oder Steppe, Eisbär, andere Tiere , Transport oder konventioneller Verkehr, Landwirtschaft, konventionelle Energieerzeugung, grüne Technologie, andere Industrie / Technologie, PR Stunt-Installation; Person (en), die auf dem Foto abgebildet sind: politischer Akteur, NGO-Vertreter, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, Prominente, Polizei / Sicherheitspersonal, gewöhnliche Bürger, andere Art von Person; Herkunft der dargestellten Person; Aktivität der dargestellten Person (z. B. symbolische Aktivität, Demonstration und andere Form des Protestes usw.); Ort der dargestellten Szene.
Stilistische Ebene: Kamerawinkel, Distanz / Feldgröße des Fotos.
III. Erzählung: 1. Erzählende Merkmale: narrativ (Dramatisierung, Emotionen, narrative Personalisierung, Fiktionalisierung, stilistische Verzierung); Erzählgenre: Gesamtthema (Alltagsgeschäft, Misserfolg nach dem Kampf, Triumph über Widrigkeiten, Kampf um Schicksal oder Planet oder Zivilisation, politischer oder sozialer Konflikt); Ton (fatalistisch, optimistisch, unentschlossen, neutral, leidenschaftlich, pessimistisch); erwartetes Ergebnis; kein vorstellbares Ergebnis. 2. Charakter Spezifikation: Charakter als Opfer: Erzählung Rolle: Opfer vorhanden; Opfer-Typ; Name des Opfers; Opfermaßnahme; Charakter als Bösewicht: Erzählende Rolle: Verbrecher vorhanden; Verbrecherart; Name des Verbrechers; Charakter als Held: Erzählung Rolle: Held vorhanden; Heldentyp; Name des Helds; Heldenaktion; Summe aller Akteure in dem Artikel; Summe der NGO-Vertreter, Politiker, Repräsentanten, internationalen Organisationen, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, Journalisten, Bürger und anderen Akteure.
IV Akteur-Aussage-Ebene Akteur: Akteur-Aussage-ID; Name des Akteurs; Art des Akteurs; Amt des Akteurs; Herkunft des Akteurs; Art des Angebots; Prominenz der Aussage des Akteurs; Art von ´Wir´ Bezug; Rahmen: Verleugnung der Realität der globalen Erwärmung; Verweigerung des problematischen Charakters / Dringlichkeit des Handelns; zentraler Aspekt der Problemdefinition: Erhöhung der Temperatur, Extremwetter, schmelzendes Eis oder Gletscher / steigender Meeresspiegel, wirtschaftliche Chancen durch globale Erwärmung, wirtschaftliche Schwierigkeiten und Härten durch globale Erwärmung, andere gesellschaftliche Konsequenzen; kausale Zuordnung (Situationen oder Prozesse, die der Akteur als Ursache der globalen Erwärmung bezeichnet): natürliche Ursachen; Anthropogene Ursachen (Verbrennung fossiler Brennstoffe / Treibhausgasemissionen, Abholzung, kollidierende nationale Interessen, andere Ursachen, Länder, die für die Bewältigung der globalen Erwärmung verantwortlich sind); Zustimmung oder Ablehnung zu: es sollten keine Maßnahmen ergriffen werden, saubere Energie, Wiederaufforstung, Abholzung vermeiden), Anpassungsmaßnahmen: Anpassung an die landwirtschaftliche Produktion, Anpassung des politischen Prozesses: Übernahme eines neuen rechtsverbindlichen, allumfassenden Vertrages über Emissionskürzungen, stärkere Fokussierung auf lokale Anstrengungen / Akteure vor Ort, andere Maßnahmen: finanzielle Unterstützung für benachteiligte Länder, Verantwortungsbewusstsein für die Lösung des Problems.
EUCROSS untersucht die Beziehung zwischen den vielfältigen Aktivitäten von Einwohnern der EU (Bürger im eigenen Land, mobile EU Bürger, Bürger aus Drittstaaten) über nationale Grenzen hinweg, sowie die Ausprägung kollektiver Identitäten.
Themen: 1. Grenzüberschreitende Praktiken: Regionen und Länder, mit denen der Befragte vertraut ist; Gründe für diese Vertrautheit (Arbeit, Studium, Familie, Partnerbeziehung, Freunde, Freizeit, Urlaub, andere); Motivation für die Entscheidung, sich im Land niederzulassen; Jemals in einem anderen Land für drei oder mehr aufeinander folgende Monate gelebt vor Erreichen des 18. Lebensjahres und jeweilige Länder; Jahr oder Zeitraum, in dem der Befragte in diesem Land lebte; Land sowie Jahr oder Zeitraum des längsten Aufenthalts; Anzahl der besuchten Länder für Auslandsreisen; Bereitschaft, in das Land der Geburt zurückzukehren zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Lebensbedingungen; Teilnahme an einem internationalen Austauschprogramm, das von der Europäischen Union finanziert wurde; eigene Kinder im Schulalter sollten einige Monate in einem anderen Land verbringen; Anzahl der Auslandsreisen mit mindestens einer Übernachtung in den letzten 24 Monaten; besuchte Länder; Hauptgründe für diese Reisen; Anteil der Familienmitglieder, Schwiegereltern und Freunde, die ursprünglich aus anderen Ländern stammen (Migranten: aus dem Land der Geburt, aus dem Land des Wohnsitzes, aus anderen Ländern); Anteil der Familienmitglieder, Schwiegereltern oder Freunde, die außerhalb des Landes leben und Herkunft dieser Personen; Häufigkeit der Kommunikation mit Familienmitgliedern, Schwiegereltern oder im Ausland lebenden Freunden; Kommunikationswege; Amtssprache des Landes ist die Muttersprache des Befragten; Muttersprache; primär gesprochene Sprache im Haushalt des Befragten; jemals andere Sprachen neben der Muttersprache und der Amtssprache im Land gelernt; Fremdsprachenkompetenz; Fremdsprache, die der Befragte am besten spricht; Prozentsatz aller erhaltenen privaten und geschäftlichen Mitteilungen aus dem Ausland; Aktivität in einer Organisation oder Gruppe, die auf andere Länder oder Kulturen ausgerichtet ist; Häufigkeit von Geldüberweisungen ins Ausland aus anderen Gründen als dem Kauf von Waren oder Dienstleistungen; Empfänger des Geldes (Verhältnis zum Befragten); Befragter erhielt Geld von jemandem, der in einem anderen Land lebt; Beziehung zu diesen Personen; Befragter oder sein Partner besitzt Eigentum im Land des Wohnsitzes oder in einem anderen Land; Land des Eigentums; Kauf von Waren oder Dienstleistungen von Verkäufern oder Anbietern im Ausland und deren Geschäftssitz (Land); Häufigkeit der Rezeption von Sportarten in den Medien; Rezeption von Sport auf nationaler Ebene oder in einem anderen Land; Häufigkeit des Empfangs von TV-Inhalten in anderen Sprachen (nicht synchronisiert) als die offizielle Landessprache oder die Muttersprache; präferierte Musikarten; präferierte fremde Küche; Lebenszufriedenheit.
2. Europäische Identifizierung und kosmopolitische Werte: Identifizierung als Bürger der Stadt des Wohnsitzes, der Region, des Landes, Europas, der Welt); Identität (nur regionale, regionale und europäische, europäische und regionale, nur europäische, Geburtsland usw.); Assoziation mit dem Begriff Europa (der europäische Kontinent, die Europäische Union, eine gemeinsame europäische Kultur und Geschichte, die christliche Religion, keine); Teilnahme an den letzten Wahlen zum Europäischen Parlaments im Juni 2009 (nicht im türkischen Fragebogen enthalten) und bei den letzten nationalen Wahlen im Land; Wahrnehmung der Flagge der Europäischen Union oder eines Bildes der Flagge während der letzten sieben Tage und Gelegenheit (z.B. Fahne als solche, Piktogramm auf Pass, Ausweis, Führerschein usw., Links-Rechts-Selbst-Selbsteinstufung; gute Sache für eine Gesellschaft, die sich aus Menschen aus verschiedenen ethnischen Gruppen, Religionen und Kulturen zusammensetzt; steigende Verbreitung von ausländischen Filmen, Musik und Büchern schadet der nationalen und lokalen Kultur; Wichtigkeit ausgewählter Ziele der Europäischen Union (Solidarität zwischen den Völkern in der EU, Demokratie und Menschenrechte in den einzelnen EU-Ländern, wirtschaftliche Stabilität in den einzelnen EU-Ländern, das Recht, in jedem Land der EU zu arbeiten, eine gemeinsame Währung); die EU sollte keine neuen Mitgliedstaaten akzeptieren; EU-Institutionen sollten einige ihrer Entscheidungsbefugnisse zurück übertragen auf ihre Mitgliedsstaaten; Meinung zum Beitritt ausgewählter Länder zur Europäischen Union (Türkei, Kroatien, Ukraine, Norwegen sowie retrospektiv: Finnland, Griechenland, Polen und Bulgarien); finanzielle Unterstützung im Falle einer Naturkatastrophe im regionalen Verwaltungsbezirk (nur die jeweilige Verwaltung der Landesregion versus das Land als Ganzes); finanzielle Unterstützung im Falle einer Naturkatastrophe eines anderen EU-Mitgliedsstaates (nur durch das jeweilige Land versus durch alle EU-Mitgliedsstaaten); Meinung zu nationalen staatlichen Hilfsfonds, um EU-Ländern zu helfen, die Schwierigkeiten bei der Rückzahlung ihrer Schulden haben; Meinung im Falle der Auflösung der Europäischen Union (Bedauern, Gleichgültigkeit, Erleichterung).
Migranten zusätzlich: Selbsteinschätzung der Sprachkenntnisse zum Zeitpunkt der Einwanderung und jetzt; erfahrene Diskriminierung wegen der Geburt in einem anderen Land.
Demographie: Geschlecht; Alter (Geburtsjahr); Staatsbürgerschaften; Geburtsland; Jahr der Übersiedlung; Familienstand; Partner; Partner lebt im Umfrageland; Land des Wohnsitzes des Partners; höchster Bildungsstand; Beschäftigungsstatus oder aktuelle Situation; jemals erwerbstätig; Hauptberuf; Name oder Titel des Hauptberufs; Häufigkeit der beruflichen Interaktion mit Menschen im Ausland (z. B. Geschäftspartnern, Klienten, Kollegen); nationale Staatsbürgerschaft von Vater und Mutter bei ihrer Geburt; höchstes Bildungsniveau der Eltern; als der Befragte 14 Jahre alt war: Elternteil, der am meisten zum Haushaltseinkommen beitrug; Vater / Mutter war Angestellter, selbständig oder arbeitete nicht; Name oder Titel des Hauptberufs von Vater / Mutter; finanzielle Situation des Haushaltes, als der Befragte 14 Jahre alt war; Partner: Geschlecht des Partners; Jahr des Beziehungsbeginns; nationale Staatsbürgerschaft des Partners bei seiner Geburt; höchstes Bildungsniveau des Partners; Beschäftigungsstatus oder aktuelle Situation des Partners; Erwerbstätigkeit des Partners in der Vergangenheit; Partner ist / war Angestellter, selbständig oder arbeitete für das Unternehmen seiner Familie; Name oder Titel des Hauptberufs des Partners; derzeitige finanzielle Situation des Haushalts.
Zusätzlich verkodet wurde: Eindeutige Nummer; Internationale Standardklassifikation der Berufe (ISCO 2008); Internationaler sozioökonomischer Index des beruflichen Status (ISEI, nach Ganzeboom); Stichprobengruppe.
Die vorliegende Datensammlung dokumentiert die Entwicklung des Arbeitskampfes in den wichtigsten allgemeinen Daten zu Streiks und Aussperrungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts aus wissenschaftlichen Publikationen, der Streikstatistik der Freien Gewerkschaften und der amtlichen Statistik in Form von tabellarischen Übersichten.
Unter "Arbeitskampf" wird allgemein diejenige Gruppe von sozialen Konflikten verstanden, die aus den Rechts- und Sozialformen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse herzuleiten ist und die Erhaltung oder Verbesserung der Arbeits- und Daseinsverhältnisse erstrebt. Arbeitskämpfe als spezifische Form sozialer Konflikte werden von den Arbeitnehmern eingesetzt als Mittel zur Durchsetzung höherer Löhne, kürzerer Arbeitszeiten, größere Sicherheit der Arbeitsplätze, zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und anderes mehr. Streik und Aussperrung zählen zu den wichtigsten Formen des Arbeitskampfes. Der Streik ist die befristete kollektive Arbeitsniederlegung von Lohn- und Gehaltsabhängigen zur Durchsetzung geforderter Arbeits- und Einkommensverhältnisse. Als Aussperrung bezeichnet man die vorübergehende Freistellung von Arbeitnehmern von der Arbeitspflicht durch einen Arbeitgeber in einem Arbeitskampf ohne Fortzahlung des Arbeitslohnes. Sie ist somit typischerweise die Antwort der Arbeitgeberseite auf einen Streik. Beide Kampfformen haben eine Reihe von Gemeinsamkeiten: Korrespondenz der gegeneinander gerichteten Interessen und Ziele, die vergleichbare Auswirkung der Mittel, die beide zu befristeten Produktionsunterbrechungen führen sowie die im konkreten Fall häufig enge, z. T. nur willkürlich zu trennende Verknüpfung von Streik und Aussperrung. Das Ausmaß und die Formen von Streiks sind sehr stark geprägt durch die Organisationsform der Streikenden, durch die Streikursache, den Streikgegenstand sowie der Streikziele. Formkategorien des Arbeitskampfes sind Dauer (z.B. als "Zahl der verlorenen Arbeitstage", als Summe der entfallenen Arbeitstage), Beteiligung (Zahl der pro Streik und Aussperrung durchschnittlich Betroffenen), Intensität (durchschnittliche Ausfalltage pro Streik und Aussperrung; Quotient aus Summe der Ausfalltage und Gesamtzahl der Arbeitskämpfe) und Häufigkeit der Arbeitskämpfe (gemessen durch drei Indikatoren: Zahl der Fälle bzw. der betroffenen Betriebe, der Beteiligten und der Ausfalltage jeweils in der Zeiteinheit).
Das Bedürfnis nach einer möglichst umfassenden Kenntnis der Arbeitskämpfe stand schon hinter den ersten systematischen Streikstatistiken von Gewerkschaften (um sie effektiver führen zu können) und dem Staat (um sie effektiver kontrollieren zu können), die im letzten Jahrzehnt des 19, Jahrhunderts einsetzten, das quantitative Material zur Geschichte der Arbeitskämpfe reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Alle Streikdaten für die ersten Jahrzehnte sind dass Ergebnis nachträglicher Fallsammlungen. Sie bleiben unvermeidbar mit einer Reihe von systematischen Fehlern behaftet. So erfassen sie nur einen Teil der Arbeitskämpfe, verfügen (a) über nur wenige Kategorien, die (b) in aller Regel lückenhaft besetzt sind. Sie erfassen (v) nur einen Teil der Arbeitskämpfe in einer (d) durch die Überlieferung strukturierten und damit wenig repräsentativen Auswahl. Hauptquelle ist die zeitgenössische Publizistik, die größere Streiks und Aussperrungen mit öffentlicher Resonanz häufiger bemerkt haben wird als kleine und entlegene Konflikte. Die fortlaufende, systematische Erfassung des Arbeitskampfes nach vorgegebenen Kategorien beginnt 1890 mit der Streikstatistik der Generalkommission der Freie Gewerkschaften. Da sie nur über Bewegungen berichtet, an denen Gewerkschaftsmitglieder beteiligt waren, spiegelt diese Statistik nicht nur die Entwicklung der Arbeitskämpfe, sondern auch den Einfluss und die wechselnde Stärke der Organisation wider. Die amtliche Streikstatistik beginnt 1899. Während die Generalkommission der freien Gewerkschaften nur die Streiks zählte, an denen Mitglieder ihrer eigenen Fachverbände beteiligt waren, zählte die amtliche Streikstatistik grundsätzlich alle Streiks. Die amtliche Statistik erfuhr vor allem deshalb heftige Kritik, weil sie auf den Meldungen der Ortspolizeibehörden aufbaute, die sich ihrerseits auf die Mitteilungen der Unternehmerschaft stützten.
Die Reform der Arbeitskampfstatistik 1923 brachte bei den Erhebungsmethoden einige Verbesserungen. Als Folge des Gesetzes über die Arbeitsnachweise kommt es zur Reorganisation. An die Stelle der Polizeibehörden treten seit 1923 die Arbeitsnachweisämter als Träger der Erhebungen. Arbeitgeber und Gewerkschaften waren nun diejenigen, die die Basisdaten der Arbeitskampfstatistik ermittelten und an die Behörden weiterleiteten. Die Weimarer Republik dokumentierte die Zahlen über Aussperrungen und Streiks sehr präzise; die Fehlerquoten bewegten sich in den Spannbreiten akzeptabler Größen. Die Reichsstatistik der Arbeitskämpfe endet im Frühjahr 1933. "Seit April haben Arbeitskämpfe nicht mehr stattgefunden", schließt der letzte Bericht, der noch einmal die Hauptergebnisse von 1899 – 1933 zusammenstellt. Die Arbeitskampfstatistik für die Bundesrepublik Deutschland beginnt 1949. Alle amtlichen Angaben über Arbeitskämpfe enthalten nur Streiks und Aussperrungen, an denen mindestens 10 Arbeitnehmer beteiligt waren, die mindestens einen Tag dauerten oder insgesamt einen Verlust von mehr als 100 Arbeitstagen verursacht haben. Arbeitsämter und Statistisches Bundesamt erheben die Konfliktdaten nicht selbst; sie registrieren und bearbeiten nur die Arbeitskämpfe, die ihnen zur Meldung verpflichteten Unternehmen und die dazu berechtigten Gewerkschaften anzeigen.
Datentabellen im Recherche- und Downloadsystem HISTAT (Thema: Erwerbstätigkeit):
A. Arbeitskämpfe in Deutschland, 1848 bis 1890
A.01 Arbeitskämpfe in Deutschland 1948, 1869, 1871-1882, 1884-1890 (1848-1890) A.02 An den Streiks oder Aussperrungen beteiligte Arbeitnehmer, Summe der Streiktage, Streikergebnisse (1871-1875) A.03 Produktionssektorale Verteilung der Streiks, Gewerbezweige mit den meisten Streiks (1871-1875) A.04 Regionale Verteilung der Streiks nach Staaten und Provinzen (1871-1875) A.05 Städte mit mehr als 15 Arbeitskämpfen in den Jahren 1871 bis 1875 (1871-1875) A.06 Streikbeteiligung in Maximalziffern (1871-1875)
B. Streiks und Aussperrungen, 1890 bis 1933
B.01 Streiks, Aussperrungen und "kampflose Bewegungen", nach der Statistik der Freien Gewerkschaften, 1890 bis 1913) B.02 Streiks und Aussperrungen insgesamt, nach der amtlichen Streikstatistik (1913-1932) B.03a Wirtschaftliche Streiks, nach der amtlichen Streikstatistik (1899-1932) B.03b Wirtschaftliche Aussperrungen, nach der amtlichen Streikstatistik (1899-1932) B.03c Politische Streiks, nach der amtlichen Streikstatistik (1918-1923) B.04 Streiks in ausgewählten Branchen (amtl. Statistik): Beteiligte Arbeitnehmer (1913-1932) B.05 Streiks nach der amtlichen Streikstatistik (nach Stat. Bundesamt 1972) (1899-1971) B.06 Aussperrungen in Deutschland (1900-1976)
C. Formwandel von Streik und Aussperrung in Deutschland, 1864-1975
C.01 Durchschnittliche Beteiligung, Dauer, verlorene Arbeitstage, Intensität von Streiks und Aussperrungen (1848-1975) C.02 Häufigkeit der Arbeitskämpfe im produzierenden Gewerbe (1899-1975) C.03 Durchschnittliche Betriebsgröße bestreikter Betriebe und im produzierenden Gewerbe, gewerkschaftlicher Organisationsgrad (1890-1975) C.04 Organisationsgrad Streikender und Ausgesperrter (1900-1917) C.05 Kampfparität: Formkategorien von Streiks und Aussperrung (1899-1975)
D. Streiks und Aussperrungen in der Bundesrepublik Deutschland seit 1949
D.01 Übersicht zu Streiks und Aussperrungen: Beteiligte Arbeitnehmer, ausgefallene Arbeitstage, nach der amtlichen Statistik (1951-2005) D.02 Übersicht: Streiks und Aussperrungen, Vergleich der amtlichen Statistik mit berichtigten Arbeitskampfzahlen (1949-1980)
E. Arbeitskämpfe nach Wirtschaftszweigen, amtliche Statistik 1950 bis 1997
E.01 Betroffene bzw. beteiligte Betriebe nach Wirtschaftszweigen (1950-1997) E.02 Durchschnittlich beteiligte bzw. betroffene Arbeitnehmer nach Wirtschaftszweigen (1950-1997) E.03 Verlorene Arbeitstage nach Wirtschaftszweigen (1950-1997)
Ziel der Arbeit ist eine empirische Überprüfung der historischen Rolle der deutschen Eisenbahnen anhand von neuen, quantitativen Daten zur Verkehrsentwicklung Deutschlands. Dabei wurde sowohl neues als auch zum Teil altes, vergessenes Quellenmaterial erschlossen und systematisch zusammengestellt.
Im Rahmen der Führungssektoranalyse wird in der Untersuchung aus der Sicht des Eisenbahnbereichs der Mechanismus eines Industrialisierungsprozesses am Beispiel Deutschlands betrachtet. Die der Führungssektoranalyse zugrunde liegenden wachstumstheoretischen Vorstellungen werden als das geeignete analytische Gerüst angesehen, um die Systematik zur Erfassung und Präsentation des quantitativen Datenmaterials über den deutschen Eisenbahnsektor abzuleiten. Die Auswahl quantifizierender Variablen orientiert sich dabei an einer begrenzten Erfassung des Sektors zugunsten der Fakten, die eine Überprüfung wachstumstheoretischer Hypothesen ermöglichen und die deutsche Industrielle Revolution als von Sektoren getragenen Wachstumsprozess erklären.
"Oberstes Ziel ist - in einer Synthese von ökonomischer Theorie und Geschichte - einerseits, den Historikern aufgrund der aus ökonomischer Theorie gewonnenen expliziten Fragestellungen und Hypothesen zusätzliche Erkenntnisse über den Verlauf der Industriellen Revolution in Deutschland zu vermitteln; andererseits, nationalökonomischen Theoretikern aufgrund der Analyse eines historischen Wachstumsprozesses mit der Überprüfung ökonomischer Theorien eine Revidierung mancher nicht empirisch abgesicherter Hypothesen nahe zulegen" (Fremdling (1985), S. 1).
Durch die Verbindung von den aus der ökonomischen Theorie gewonnenen expliziten Fragestellungen und Hypothesen mit den systematisch zusammengestellten Daten untersucht die Studie den Beitrag des Eisenbahnsektors zur Industrialisierung Deutschlands, so z. B. die anfängliche Bedeutung des Personenverkehrs, die gewaltige Expansion des Netzes in den 1840er Jahren, die starken Auswirkungen auf die Eisenindustrie. Ein Ergebnis ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass der Beitrag des Eisenbahnbaus zur Entwicklung der Schwerindustrie nach der Schätzung von Rainer Fremdling für Deutschland weit größer gewesen ist als für Großbritannien oder die U.S.A. Die Studie stellt auch die wichtige Frage nach der Rolle des Staates in der deutschen Industrialisierung neu. So wird gezeigt, dass militärische Erwägungen eine relativ unbedeutende Rolle beim Ausbau des Netzes spielten und dass der Staat zu Anfang wohl eher ein hemmender Faktor bei der Gründung der Eisenbahnen gewesen ist.
Wichtige Schlussfolgerungen der Untersuchung von Fremdling sind u.a.: (a) Die deutsche Industrielle Revolution muss als Wachstumsprozess nach dem Entwicklungsmuster des "Unbalanced Growth" mit der Eisenbahn als primärer Wachstumssektor gesehen werden. (b) In Deutschland war die Innovation Eisenbahn "bahnbrechend" für das Wirtschaftswachstum im 19. Jahrhundert.
Themen:
Verzeichnis der Tabellen in der GESIS-ZA-Onlinedatenbank HISTAT:
01. Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten des Outputs deutscher Eisenbahnen (1841-1913) 02. Der Personen- und Güterverkehr auf deutschen und preußischen Eisenbahnen (1840-1879) 03. Der Güterverkehr auf deutschen Eisenbahnen (1880-1913) 04. Der Personenverkehr auf deutschen Eisenbahnen (1880-1913) 05. Die Einnahmen aus dem Personen- und Güterverkehr auf deutschen und preußischen Eisenbahnen (1840-1879) 06. Anteil der Beschäftigten des Eisenbahnsektors (Bau und Betrieb) an denen der Gesamtwirtschaft und im Vergleich zu denen anderer Sektoren in Deutschland (1849-1879) 07. Die Arbeitskräfte und ihr Einkommen beim Eisenbahnbetrieb in Deutschland (1840-1879) 08. Die Arbeitskräfte und ihr Einkommen beim Eisenbahnbetrieb in Preußen (1840-1879) 09. Anteil der Wertschöpfung des Eisenbahnsektors an der Gesamtwirtschaft und im Vergleich zu der des Gewerbes in Deutschland (1850-1879) 10. Die Wertschöpfung deutscher und preußischer Eisenbahnen in laufenden Preisen (1840-1879) 11. Der Kapitalstock zu Anschaffungspreisen (verwendetes Anlagekapital) deutscher und preußischer Eisenbahnen (1840-1879) 12. Der Kapitalstock zu Anschaffungspreisen (verwendetes Anlagekapital) und die Arbeitskräfte beim Eisenbahnbetrieb in Deutschland (1880-1913) 13. Anteil des Kapitalstocks zu Anschaffungspreisen des Eisenbahnsektors an dem der Gesamtwirtschaft und im Vergleich zu dem des Gewerbes (1850-1913) 14. Die Nettoinvestitionen in laufenden Preisen deutscher und preußischer Eisenbahnen (1841-1879) 14. Die Nettoinvestitionen (Verausgabung) in laufenden Preisen deutscher und preußischer Eisenbahnen (1841-1879) 16. Anteil der Nettoinvestitionen des Eisenbahnsektors an denen der Gesamtwirtschaft und im Vergleich zu denen des Gewerbes in Deutschland (1851-1879) 17. Produktivität, Output und Input deutscher Eisenbahnen (1840-1879) 18. Kapitalkoeffizient; Kapitalintensität, Arbeitsproduktivität und Kapitalproduktivität deutscher Eisenbahnen (1840-1879) 19. Output und Kapitalstock deutscher Eisenbahnen in Preisen von 1879 (1840-1879) 20. Die Streckenlänge deutscher und preußischer Eisenbahnen (1835-1879) 21. Die Lokomotiven der preußischen Eisenbahnen (1840-1879) 22. Personen- und Güterwagen der preußischen Eisenbahnen (1844-1879) 23. Der durchschnittliche Transportpreis pro Personen- bzw. Tonnenkilometer auf deutschen und preußischen Eisenbahnen (1840-1879) 24. Der Kohlentransport auf preußischen Eisenbahnen (1857-1872) 25. Die Durchschnittseinnahme für Steinkohlen pro Tonnenkilometer (1850-1877) 27. Roheisenverbrauch für Eisenbahnneubauten und Roheisenproduktion Deutschlands (1840-1863) 26. Herkunftsländer der 1853 auf den preußischen Eisenbahnen in Betrieb befindlichen Lokomotiven (1838-1853) 27. Roheisenverbrauch für Eisenbahnneubauten und Roheisenproduktion Deutschlands (1840-1863) 28. Der Güterverkehr auf Binnenschiffen und Eisenbahnen in Deutschland (1840-1910) 29. Jahreslöhne der beim Eisenbahnbau Beschäftigten in Deutschland (1840-1879) 30. Lohnsumme und Zahl der Arbeitskräfte beim Eisenbahnbau in Deutschland (1841-1879) 31a. Staatliche Unterstützung der preußischen Privateisenbahnen (1837-1848) 31b. Staatliche Unterstützung der preußischen Privateisenbahnen (1837-1848) 32. Die Durchschnittsdividende preußischer Privatbahngesellschaften, deutscher Kreditbanken, Bergwerks- und Hüttenbetriebe und Baumwollindustriebetriebe (1840-1879) 33. Die Einnahmen und Ausgaben deutscher und preußischer Eisenbahnen (1840-1879) 34. Einnahmen, Ausgaben, laufender Überschuss und Verzinsung des verwendeten Anlagekapitals deutscher Eisenbahnen (1880-1913) 35. Das Kapitaleinkommen deutscher und preußischer Eisenbahnen in laufenden Preisen (1840-1879) 36. Die Verzinsung des verwendeten Anlagekapitals deutscher und preußischer Eisenbahnen und preußischer Staatsanleihen (1840-1879) 37. Die Verzinsung des verwendeten Anlagekapitals der vollständig eröffneten deutschen Eisenbahnen und der preußischen Staatsanleihen (1840-1850) 38. Die Wachstumsraten der Kapitalrendite, der Nettoinvestitionen und des jährlich zusätzlich konzessionierten Anlagekapitals preußischer Eisenbahnen (1841-1878) 39. Die Einnahmen aus dem Personenverkehr im Verhältnis zu den Einnahmen aus dem Personen- und Güterverkehr (1840-1875) 40. Festbesoldete und ihr Einkommen beim Eisenbahnbetrieb in Preußen (1851-1879) 41. Festbesoldete und ihr Einkommen beim Eisenbahnbetrieb in Deutschland (1851-1874) 42. Tagelöhner und ihr Einkommen beim Eisenbahnbetrieb in Preußen (1851-1879) 43. Tagelöhner und ihr Einkommen beim Eisenbahnbetrieb in Deutschland (1851-1874)
Anhangstabellen: A.1 Nachfrage nach Eisen durch die Eisenbahn (in Roheisen-Äquivalenten) in Deutschland (1840-1859) A.2 Die Herkunft der Eisenbahnschienen der preußischen Eisenbahn (1843-1863) A.3 Deutschlands Anteile an den englischen Eisenexporte (1830-1869) A.4 Der englische Eisenexport zu den deutschen Staaten, Jahresdurchschnitte in metrischen Tonnen (1830-1869) A.5 Input-Output-Verhältnisse zwischen ausgewählten Sektoren (Koeffizienten in Prozent des Verbrauchs), Deutschland, Zollverein oder Preußen (1840-1869)
Der Hansische Wirtschaftsraum ist definiert als der Raum zwischen England und Flandern im Westen und Westrußland im Osten, zwischen den skandinavischen Ländern im Norden und dem mitteldeutschen Raum im Süden, in dem das Gros der Hansekaufleute wirtschaftliche Interessen verfolgte.
(1) Das Verbundprojekt ´Wirtschaftliche Wechsellagen im hansischen Wirtschaftsraum 1300-1800´:
"Das Forschungsprojekt ´Wirtschaftliche Wechsellagen im hansischen Wirtschaftsraum 1300-1800´ wurde von der Volkswagen-Stiftung im Rahmen ihres Förderungsschwerpunktes ´Forschungen zur frühneuzeitlichen Geschichte: Das Alte Reich im europäischen Kontext´ gefördert. Es handelt sich um ein internationales Verbundprojekt mit Zentrum an der ´Forschungsstelle für Geschichte der Hanse und des Ostseeraums´ am Amt für Kultur der Hansestadt Lübeck. 35 WissenschaftlerInnen aus zehn europäischen Ländern und aus Kanada sind an diesem Forschungsprojekt beteiligt. (…)
Als wirtschaftliche Wechsellagen bezeichnet man die langfristigen Schwankungen ökonomischer Variablen wie z.B. die Bevölkerungsgröße, den Ertrag der Landwirtschaft und das Preisniveau. Durch die Schwankungen dieser Variablen veränderte sich deren Verhältnis zueinander, wodurch es zu einer Strukturveränderung der Wirtschaft kam. Im vorindustriellen, ´malthusianischen´ Zeitalter entstanden Auf- und Abschwünge durch das sich beständig verändernde Verhältnis von Produktion (vor allem im Agrarsektor) und Bevölkerungsentwicklung. (…)
Ziele des Projekts: Das Projekt will für den hansischen Wirtschaftsraum die intertemporalen Bezüge seiner wirtschaftlichen Struktur und ihre Veränderungen in ihren regionalen und 'internationalen' Bezügen anhand historisch-ökonomischer Zeitreihen verfolgen. I. Die Erfassung ökonomisch historischer Zeitreihen aus dem hansischen Wirtschaftsraum aus dem Zeitraum zwischen 1300 und 1800 (…), die ausführliche Kommentierung der Originaldaten sowie die Gold- und Silberäquivalente der relevanten Rechengeldsysteme zur Umrechnung der Nominaldaten. II. Statistische Analysen der Zeitreihen im Hinblick auf Konjunktur und Wechsellagen. Ökonomisch-historische Zeitreihen werden als sichtbare Indikatoren wirtschaftlicher Prozesse gesehen. (…) Um diese Wechsellagen und Konjunkturen zu identifizieren, werden die herangezogenen Zeitreihen einer empirisch-statistischen Deskription unterzogen, (…). Erkenntnisziel ist die Zusammensetzung vorindustrieller Zeitreihen und die Klärung der Fragen, ob periodische Zyklen festgestellt werden können und ob diese Perioden - nach Raum und Zeit und Datenart verglichen - gleich- oder gegenläufig waren. (…) III. Interpretationen dieser Zeitreihen unter ausgewählten historischen Fragestellungen. Mit Hilfe der Verlaufsformen der Zeitreihen soll vor allem ermittelt werden, welche Zeiträume gleicher und welche Zeiträume unterschiedlicher langfristiger konjunktureller Entwicklung es (bezogen auf vergleichbare Zeitreihen) im hansischen Wirtschaftsraum gab und in welchen Regionen diese gleich- und andersartigen Verläufe vorkamen. Auf dieser Grundlage sollen 'international' einheitliche Prozesse und regionale Entwicklungs- und Konjunkturmuster, möglicherweise auch Kausalbeziehungen zwischen diesen Zeitreihen ermittelt werden. In der modernen Wirtschaftsgeschichte spricht man dabei vom Interdependenzprinzip, das die gegenseitigen Einflüsse unterschiedlicher Regionen behandelt, und vom Homogenitätsprinzip, das Regionen (oder kleinere räumliche Einheiten) ähnlicher Struktur untersucht. IV. Vergleich der erzielten Ergebnisse mit vorliegenden Agrarpreisreihen, um den Zusammenhang zwischen der agrarischen Produktion als der zentralen wachstumsbestimmenden Größe der vorindustriellen Zeit und den Produktionskurven gewerblicher Güter und den Handels- und Investionsgüterkonjunkturen festzustellen.
Zentrale Regionen: Bis zum März 1997 sind rund 400 Zeitreihen erfaßt worden. In räumlicher Hinsicht bildeten sich drei zentrale Regionen heraus, die a) durch eine relativ dichte Überlieferung von Zeitreihen aus den anderen Regionen des Untersuchungsraumes hervorragen und b) sich aufgrund ihrer wirtschaftlichen Struktur voneinander unterschieden: 1. der niederländisch-englische Raum, gekennzeichnet durch eine dichte Gewerbelandschaft, die auf den Export von Tuchen, anderen Geweben sowie Metallfabrikaten ausgerichtet war; 2. der Bereich der wendischen Hansestädte (Hamburg, Lübeck, Lüneburg, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald; einbezogen wird hier auch Stade), der primär vom Zwischenhandel geprägt war und nur wenig eigene Exportproduktion aufwies; 3. der preußisch/polnisch-livländische Raum, gekennzeichnet durch den Export von land- und waldwirtschaftlichen Rohstoffen und Halbfertigfabrikaten, die vor allem in die Zentren des Westens, nach beiden Niederlanden und nach England gingen. (…) Da die genaue Kenntnis der lokalen und regionalen Verhältnisse Voraussetzung zur Deskription einer Zeitreihe und zur Bestimmung ihrer Indikatorqualität ist, werden die einzelnen Zeitreihen von HistorikerInnen bearbeitet, die mit den jeweiligen lokalen und regionalen Verhältnissen bestens vertraut sind. Daher reicht die geographische Spannweite der Mitarbeiter von Gent und London im Westen bis nach Tallinn und Moskau im Osten, von Stockholm und Visby im Norden bis nach Leipzig im Süden.
Funktionen: Nach ihrer Funktion werden die Zeitreihen in die vier folgenden Kategorien gegliedert: - landwirtschaftliche Produktion und Bergbau (Sektor 1), - gewerbliche Produktion (Sektor 2), - Handel und Dienstleistung (Sektor 3) - und in Preisreihen. Pro Kategorie sind folgende Zeitreihen erhoben worden. Sektor 1: 50 Zeitreihen (Salz-, Silber-, Kupfer- und Bleiproduktion, Roherzförderung, Erträge der Bergwerke, Belegschaftszahlen; zeitlicher Schwerpunkt: spätes 16. Jahrhundert bis 1800) Sektor 2: 20 Zeitreihen (Tuch-, Bier-, Essig- und Münzproduktion) Sektor 3: 300 Zeitreihen (landesherrliche und städtische Zolleinnahmen unterschiedlicher Differenzierung, städtische Steuern auf den Verkauf unterschiedlicher Güter, Akziseeinnahmen unterschiedlicher Differenzierung, Wareneinfuhr und -ausfuhr, Warenumsätze, Schiffsfrequenzen, Geleitsgebühren, städtische Immobilien- und Rentenmärkte, Löhne u.v.a.m.). Preisreihen: 70 Zeitreihen (Tuche, Mieten, Lebensmittel wie Getreide, Butter, Ochsen, Heringe u.a.m., andere Verbrauchsgüter wie Feuerholz und Talg)." Gekürzter Auszug aus: Hammel-Kiesow, Rolf (1997): Wirtschaftliche Wechsellagen im hansischen Wirtschaftsraum 1300-1800. Ein internationales Projekt an der Forschungsstelle für Geschichte der Hanse und des Ostseeraumes der Hansestadt Lübeck. Arbeitsgemeinschaft außeruniversitärer historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland e.V., http://www.ahf-muenchen.de/ Forschungsberichte/Berichte/HammelKiesow.shtml.
(2) Teilprojekt: Quantitative Untersuchungen über den frühneuzeitlichen Bergbau in Skandinavien, 1623-1958., Studienleiter: Björn Ivar Berg
Die Studie umfasst insgesamt 49 Zeitreihen aus dem Zeitraum zwischen 1623 und 1844, für das Bergwerk in Kongsberg bis 1958. Ihrer Funktion nach handelt es sich um Zeitreihen aus dem Sektor 1: landwirtschaftliche Produktion und Bergbau.
Auflistung und Beschreibung der einzelnen Zeitreihen nach dem Schema Reihe_ID: Titel der Reihe (Zeitraum von – bis) Beschreibung:
Reihe Z001:
Silberproduktion beim Kongsberg Silberbergwerk, 1623-1958
Die Angaben betreffen Feinsilber, d.h. 100 % Ag oder rein metallisches Silber. "Feinsilber" war kein faktisches Produkt, aber ein Rechnungswert, der durch Analysen aus dem Brandsilber, dem Endprodukt des Hüttenprozesses, berechnet wurde. Mit Ausnahme von einer Periode in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde bis kurz nach 1800 fast alles Brandsilber zur Ausmünzung geliefert, seit 1628 in die königliche Münze in Christiania (Oslo), die 1686 nach Kongsberg übersiedelte, und die noch im Betrieb ist (2007). Etwas Silber in der Statistik kam auch vom silberhaltigen Hüttenkupfer, das auch in der Hütte in Kongsberg erzeugt wurde, und meistens zur Münze ging. Nicht alles Silber wurde geschmolzen und in den Feinsilberangaben eingeschlossen. Einzelne besonders schöne oder interessante Mineralienstücken – oft krystalliertes gediegenes Silber in Form von Drahtsilber u. dgl. – wurden in der Hütte zur Seite genommen und als Handsteine zu Besuchern, Königen usw. verkauft oder geschenkt. Der Silberinhalt der einzelnen Stücke wurde ggf. nach gewissen Regeln geschätzt, als Grundlage für die Festlegung des Verkaufspreises. In den hier publizierten Angaben ist Feinsilber sowohl von Brandsilber, Hüttenkupfer und Handsteinen eingeschlossen, so weit Daten davon bekannt sind. Früher habe ich fast identische Angaben für die Zeit bis 1805 präsentiert und kommentiert (Berg 1988). Deichman, der auch Produktionsziffer von Röros publizierte (vgl. Z233), gibt die Quellen für seine Angaben nicht an. Entsprechende Listen befinden sich in seinem Privatarchiv (Deichmanske Bibliotek Oslo, fol. 45). Vielleicht basierte er sich wenigstens z. T. auf ziemlich leicht zugänglichen Angaben in den Hauptrechnungen des Silberbergwerk. Diese sogenannten Bergkassenrechnungen sind für die Zeit nach 1694 noch im Werksarchiv erhalten, zusammen mit verschiedenen anderen Rechnungen, die zurück bis zum Anfang des Bergbaus 1623 reichen. Eine parallelle und ausfüllende Serie mit Bergkassenrechnungen ist im Archiv der Rentekammer erhalten (im Werksarchiv fehlen bis 1761 12 Jahre, danach bis 1800 ist nur 1799 vorhanden). Die Basis für die Angaben in den Bergkassenrechnungen sind die monatlichen Produktionsrechnungen der Silberhütte in Kongsberg, die sog. Schmelzbücher, die zurück bis zum Anfang der Verhüttung des Kongsberger Silbers erhalten sind (1624), zwar auch nicht lückenlos. Hier sind die verschiedenen metallurgischen Prozesse in Einzelnheiten von Tag zu Tag dokumentiert, mit den abschliessenden Feinbrennungen des Silbers, wie auch Analysen vom Feinsilberinhalt der Brandsilberstücke. Angaben sowohl über Brandsilber als Feinsilber für die einzelnen Monaten sind danach in den jährlichen Bergkassenrechnungen eingeschlossen und summiert. Dazu wurde auch silberhaltiges Kupfer als Nebenprodukt verhüttet, und der Feinsilberinhalt im "Hüttenkupfer" ist als Ergänzung zu den monatlichen "Silberposten" auch in den Bergkassenrechnungen angegeben. Ich habe die Bergkassenrechnungen von 1711 und 1712 und von 12 Jahren in der Periode 1736-1757 untersucht. Die Angaben von Deichman stimmen für alle diese Jahre völlig übereins mit den Angaben in den Bergkassenrechnungen. Eine Besonderheit muss jedoch genannt werden. Deichmans Angaben sind in Mark – Lot – Quentchen – Ort gegeben. Dass ist auch der Fall in den Bergkassenrechungen 1711 und 1712, aber die Angaben in den von mir bekannten Schmelzbüchern und Bergkassenrechnungen um die Mitte des 18. Jahrhunderts sind in Mark - Lot – Grän, wie auch bei Thaarup für die Zeit nach 1772. Vielleicht nutzte trotzdem Deichman andere Quellen als diese Rechnungen? Ich habe auch Akten von einer mehr unsicheren Periode untersucht, nämlich 1673 bis 1687. Von 1673 bis 1683 war das Silberbergwerk im Privatbesitz von Heinrich Müller, danach erfolgte die endliche Übernahme vom dänisch-norwegischen Staat und eine Reorganisierung des Betriebs nach einer Krise im Anfang und in der Mitte der 1680er Jahren (in der Periode 1628 bis 1661 war das Werk auch privat, aber der König war damals einen Grossgewerke). Produktionsangaben sind in den Bergzehnterechnungen der Rentekammer für die Jahren 1680 bis 1687 gegeben. Diese Zahlen sind insgesamt etwa 1225 Mark oder 3,2 % geringer als die Angaben von Deichman, die trotzdem hier ungeändert publiziert werden, als wir nicht feststellen können, ob seine Datengrundlage besser war als die Alternative. (Die jährlichen Abweichungen variierten stark, ausschlaggebend war das Jahr 1685 mit 986 Mark höher bei Deichman.) Münzrechnungen von den Jahren 1673 und 1678-1679 stimmen besser übereins mit den Angaben von Deichman, die insgesamt für diese drei Jahren nur 0,5 % höher sind. Mit Ausnahme von einer dreissigjährigen Periode in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts (1763-94) wurde fast alles Silber (und Hüttenkupfer) zu Vermünzung abgeliefert, worüber fast lückenlose Rechnungen vorhanden sind (Rentekammeret, vgl. Rönning 1986: 211ff und passim). Über den Handsteinhandel wurden besondere Rechnungen gemacht, und die jährlichen Summen des davon berechneten Feinsilberinhalts sind für viele Jahre – aber nicht für alle – in den Bergkassenrechnungen und danach in den statistischen Publikationen gegeben. Bei Deichman (1777) und nach ihm Thaarup (1794) fehlen Angaben über Handsteine für die Periode 1673-1693 und für Einzelnjahre (1699, 1703, 1708, 1716, 1718, 1719 – vielleicht wurden in diesen Jahren keine Handsteine verkauft), und entsprechende Angaben haben wir für die Periode nach Thaarups Publikation (d.h. nach 1792) nicht bearbeitet vorhanden. Nach den zugänglichen Angaben war der gesamte Feinsilberinhalt in den Handsteinen 1624-1792 etwa 1320 kg oder 0,26 % der gesamten Produktion. (Die Bergzehntrechnungen 1680-1687 geben auch Daten über Handsteine, die bei Deichman fehlen, mit insgesamt 97,7 Mark Feinsilber, 0,25 % der Gesamtproduktion nach diesen Angaben. Deichmans Angaben sind aber hier angegeben, ohne diese Daten über Handsteine.) Nicht alles Silber von Handsteinen ist in den Produktionsangaben gekommen. Z.B. bekam der König Friedrich V. bei seinem Besuch in Kongsberg 1749 viele Handsteine mit insgesamt über 26 Mark Feinsilber, und sein Oberhoffmarschall von Moltke bekam auch einige mit über 4 Mark, ohne dass dieses Silber in den Produktionsangaben kam. Bei der Produktionsstatistik ergibt sich eine Unregelmässigkeit in der Periode etwa von 1730 bis 1770, als ein Bergwerk bei Konnerud nahe an die Stadt Drammen, 40 km von Kongsberg, betrieben wurde. Dieses kleines Bergwerk produzierte Silber, Blei und Kupfer, und musste laut seinen Privilegien das Hauptprodukt Silber zur Bergkasse in Kongsberg zu festgesetzten Preisen abgeben, und damit kam das Silber in den königlichen Bergkassenrechnungen. Nach Untersuchungen in einigen Bergkassenrechnungen kann nun festgestellt werden, dass dieses Silber in den Gesamtangaben eingeschlossen ist, die als unsere Datengrundlage dienen. Nach zeitgenössischen Angaben war die Silberproduktion von Konnerud von 1736 bis 1770 insgesamt 29 565 Mark 11 Lot oder 6915 Kilogramm, d.h. dass die eigentliche Produktion bei Kongsberg in dieser Periode von den Konnerud-Lieferungen in unserer Statistik mit 3,5 % erhöht worden ist. Die Zahlen variierten natürlich von Jahr zu Jahr. Unter vier untersuchten Jahren war die grösste Erhöhung der Silberproduktion durch das Konnerud-Silber 9,2 % (1739), die kleinste 1,8 % (1751). Auch Silber von einigen andere privaten Gruben in der Gegend wurde in den Bergkassenrechnungen eingeschlossen. Wir kennen nicht die genauen Zahlen von Metall von diesen Gruben, sie waren aber unbedeutend und die Quantitäten mussen offenbar sehr klein gewesen sein. Im grossen und ganzen können wir feststellen, dass die hier publizierten Angaben ziemlich zuverlässig für die allgemeine Entwicklung der Produktion in Kongsberg bis 1805 sind. Die Angaben sind zwar nicht 100 % sicher für alle Jahre, besonders sind einige Jahre im 17. Jahrhundert etwas unsicher. Aber im 18. Jahrhundert haben Stichproben von den offiziellen Produktionszahlen in den Archiven die Angaben in der statistischen Literatur völlig bestätigt. Für eine Periode zeigte es sich zwar, dass nicht nur Silber von Kongsberg darin berechnet war. Nach der offiziellen Stillegung des Silberbergwerks 1805 wurden doch eine Grube, einige Pochwerke und die Silberhütte weiter vom Staat in kleinem Masstab betrieben. Die Hütte bearbeitete auch Erze aus einigen privaten Silbergruben. Die Produktionszahlen von allen diesen Betrieben sind gesamt aufgegeben, als getrennte Angaben noch nicht vorhanden sind. Nach der Wiederaufnahme des Silberbergwerks 1816 (offiziell, aber tatsächlich im Juli 1815) sind bis 1877 die offenbar gut bearbeiteten Angaben von dem Direktor des Silberbergwerks C. F. Andresen (1879) benutzt. Für diese Zeit gibt es auch andere publizierte Reihen z. B. in den Berichten von verschiedenen Untersuchungskommisionen, die z.T. abweichende Angaben erzeigen. Jährliche Produktionsdaten sind auch in den Jahresberichten des Silberbergwerks ab 1837 veröffentlicht. Ab 1879 sind statistische Angaben im Standardwerk zur Geschichte des Silberbergwerks von K. Moen (1967) benutzt. Diese Angaben sind gegen ältere statistische Angaben im Archiv des Bergwerksmuseums Kongsberg und andere Angaben z.B. von Kommissionen kontrolliert. Die Angaben basieren sich alle auf die Jahresberichte, doch sind sie unabhängig von einander ekstrahiert. Bei fehlender Übereinstimmung und in anderen Zweifelfällen sind Moens Angaben gegen die Jahresberichte kontrolliert und ggf. korrigiert. Es handelt sich in beiden Fällen um rechnungsführte Produktion. Für einzelne Jahre gibt es ziemlich grosse Abweichungen gegenüber der tatsächlichen, physischen Produktion. Solche Übertragungen von Teilen der Produktion von Jahr zu Jahr gründeten sich besonders auf Rücksichten zum Etat. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im frühen 20. Jahrhundert wurde wiederum Erze von privaten Silbergruben in der Kongsberger Silberhütte verhüttet. Das davon stammende Silber ist diesmal nicht in den Angaben von Silber aus den eigenen Gruben des Silberbergwerks eingeschlossen. Angaben von Silber aus verkauften Handsteinen ist ab 1816 doch nicht eingeschlossen. Zur Bergbaugeschichte Kongsbergs: Nach einigen kurzfristigen Versuchen mit Bergbau im 15. und 16. Jahrhundert, begann der Bergbau auf Silber in Kongsberg im Oktober 1623, und die Verhüttung das nächste Jahr. Die überlieferten Produktionsangaben fangen dann an, und laufen fast lückenlos bis zum letzten Silberschmelzen am 13. Februar 1958. Der Verlauf der Produktion in der ersten Betriebsperiode 1623-1805 zeigt deutliche Phasen, die teilweis typisch für Bergbau sind, teilweis aber eigenartig. In groben Zügen folgt der Verlauf eine allgemeine Entwicklung solcher Wirtschaftszweige, mit einer langdauernden Steigerung der Produktion bis zu einer Kulmination (1768), gefolgt von einem ernsthaften Fall. Diese allgemeine Tendenz ist doch von zwei Niedergangsphasen oder sogar Krisenphasen unterbrochen, damit man auch sagen könnte, das der typische "Wachstum-Krisen-Verlauf" sich dreimal wiederholt, aber jedesmal auf einer höheren Ebene:
Bei der Interpretation dieser langen Phasen ist es wie immer schwierig den Einfluss allgemeiner Faktoren von speziellen und lokalitätsbedingten Ursachskomplexen klar zu unterscheiden. Für Silber als Münzmetall darf man vielleicht mehr als bei anderen Waren annehmen, dass Preisschwankungen nicht jedenfalls für kurzfristige Änderungen ausschlaggebend waren, obwohl man auch Silberwerte gegenüber allgemeine Preisänderungen relativisiern muss, und in einer längeren Perspektive muss man die Wirkung relativer Preisänderungen auch von Edelmetall berücksichtigen. Bei einem Bergbaubetrieb wie zu Kongsberg waren abere "innere Faktoren" wie technische Änderungen und die Struktur der Grubenbetriebe zu jeden Zeiten grossen Änderungen unterworfen, die ausschlaggebend für die Produktionsentwicklung waren. Besonders wichtig war die Einführung des Pulverschiessens im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert, wobei die primäre Arbeitsoperation der Erzgewinnung eine weit mehr expansionsfähige Basis gegeben wurde, was vor allem die grosse Ausdehnung der Tätigkeit und der Produktion nach 1732 ermöglichte. Technische und lagerstättliche Faktoren waren auch zentral beim Niedergang der Produktion nach 1768, als viele von den wichtigsten Gruben eine Tiefe von 300-400 erreichten (die Tiefste 550 m, senkrecht vom Tage gemessen), wo die Wasserhaltung und die Erzförderung mit Wasserrad sehr schwierig war und eine weitere Verfolgung der Erzgänge in die Tiefe verhinderten. Die Lage wurde noch schlimmer als viele von den Erzgängen seinen Reichtum von Silber in etwa solchen Tiefen verloren. In der letzten Betriebsperiode 1816-1958 ist die Entwicklung mehr unregelmässig. Seit den späten 1820er Jahren wurden sehr reiche Silbervorkommen in der Königs Grube entdeckt, die für viele ergiebige Jahre sorgten. Die Produktion überstieg 1833 mit 9329 kg den früheren Maximum aus 1768 (8261 kg), obwohl die Anzahl von Arbeitern auf nur etwa ein Zehntel (ca. 400 gegen ca. 4000 um 1770) reduziert war, und wesentliche technische Änderungen nicht eingeführt waren. Nach grossartigen Innovationen und Investitionen kurz nach der Jahrhundertwende 1900 (Elektrizität, Bohrmaschinen, Benzinlokomotive u.s.w.) konnte die Produktion nochmals erweitert werden und reichte seinen Gipfel im Betriebsjahr 1915/16 mit fast 13 000 kg (d.h. rechnungsführte Produktion, die tatsächliche Produktion kulminierte 1914/15 mit 15 617 kg). Bisher hat die offizielle Geschichtschreibung mit einer Gesamtzahl für die Produktion von ca. 1 347 800 kg gerechnet (Moen 1967: 428), gewöhnlich abgerundet zu 1 350 Tonnen. Das wird sich kaum nach diesen neuen Untersuchungen ändern. Insgesamt ist beim Kongsberger Silberbergwerk nach den hier publizierten Produktionszahlen 1 352 206 kg Feinsilber (100 % Ag) produziert. Subtrahiert man davon die oben genannten angenommenen 6 915 kg aus Konnerud, bleibt eine Eigenproduktion von 1 345 291 kg Silber. Dazu kommen nicht eingeschlossene Mengen von privaten Silbergruben im alten Revier des Silberbergwerks nach 1816, die auch in der staatlichen Silberhütte verhüttet wurden. Die Verteiling zwischen staatlichen und privaten Betrieben von der in der Periode 1806-1815 insgesamt produzierten Menge von 9 008 kg Silber, die in unseren Angaben völlig eingeschlossen ist, bleibt unklar. Auf der anderen Seite fehlen Angaben von Silber in Handsteinen für die ganze Zeit nach 1792. Rechnen wir dass auch weiter wie vorher der Anteil des Silbers in Handsteinen sich auf 0,26 % beträgt, gäbe dass eine zusätzliche Menge von etwa 2 167 kg Silber. Dazu kommen in Prinzip unkalkulierbare Mengen von Silber, dass zu jeder Zeit gestohlen wurde.
Reihe Z002:
Verbrauch von Talch (Unschlitt) beim Kongsberg Silberbergwerk, 1686-1805
Talch oder Unschlitt wurde zur Beleuchtung in offenen Lampen benutzt. Das Silberbergwerk kaufte Talch wie andere Materialiensorten zum grossen Teil von Kaufleuten in Drammen, Christiania (Oslo) und anderen Städten. Einzelne Bauern konnten auch kleinere Quanta gelegentlich verkaufen, als sie bei den Märkten in der Bergstadt eintrafen, besonders am Sommermarkt. Im 18. Jahrhundert wurden grosse Lieferungen von den Bauern im westlichen Teil Norwegens organisiert. Die Bauern brachten das Talch auf Saumrossen über die Hochgebirgsebene Hardangervidda, wo auch Vieh und andere Waren zum Markt in der Bergstadt transportiert wurden. Die Entwicklung der Lieferungen von Talch zeigt deutliche Wachstums- und Niedergangsphasen:
1) 1686-1724 (38 Jahre): Wachstum – 3,5-mal Verdoppelung der Lieferung. Erweiterung des Bergbaus, aber nicht im gleichen Masstab. Vermutlich bessere Organisierung der Lieferungen. 2) 1724-1728 (4 Jahre): Starker Fall – Likviditätsprobleme und daher vermutlich Wegfall des Zutrauens unter den Lieferanten. 3) 1728-1749 (21 Jahre): Wachstum bis etwa zum früheren Gipfel. 4) 1749-1756 (7 Jahre): Starker Fall – schwierig zu interpretieren, der Umfang des Bergbaus hält sich ziemlich stabil, und es ist eigentlich keine Krise wie in den 1720er Jahren. 5) 1756-1770 (14 Jahre): Wachstum, die früheren Maximalwerten werden aber nicht überschritten. Der Bergbau expandierte in dieser Periode bis zur Kulmination um 1770. 6) 1770-1800 (30 Jahre): Gradueller Niedergang, mit Plateauphase inzwischen. Krise und Einschränkung des Bergbaus, der Bedarf an Talch wird weniger.
Als Alternative zu Talchlampen kamen im 18. Jahrhundert Fackel, die mehr oder weniger mutwillig – wegen der Brandgefahr – von der Leitung zugelassen wurden, aber nur auf brandsicheren Stellen. Als die Anzahl von Bergarbeitern in den zwei letzten Dritteln des Jahrhunderts weit über die früheren Zahlen anstieg, musste man offenbar mehr und mehr nach Fackeln greifen, weil man nicht Talch genug für alle beschaffen konnten, wie es aus der Statistik ziemlich klar lesbar ist.
Reihe Z003:
Verbrauch von Schiesspulver (Schwarzpulver) beim Kongsberger Silberbergwerk, 1659-1805
Angaben über Verbrauch von Schiesspulver sind in verschiedenen Rechnungen geführt. Seit Mitte der 1680er Jahre haben wir leicht zugängliche Angaben in den besonders geführten Materialienrechnungen (vgl. die Anmerkungen zu Z002). Als die Einführung und die spätere Nutzung von Schiesspulver zentrale Thema in der technikgeschichtlichen Forschung über Bergbau in Kongsberg sind, hat der Verfasser das Verbrauch von Schiesspulver auch vor 1683 in den Rechnungen nachgeforscht. Meistens mussten die Angaben aus den monatlichen Schichtmeisterrechnungen Grube für Grube ausgeholt werden (vgl. Berg 1994/1998 mit vollständigen Quellenangaben). Die Gewinnung von Erz und Gestein ist eine Hauptoperation im Bergbau, und technische Änderungen in diesem Gebiet sind bedeutende Faktoren in der Entwicklung der ganzen Montanindustrie (wie später Dynamit, Bohrmaschinen). Pulverschiessen im Bergbau ist in Europa seit 1617 (Le Thillot, Frankreich) bekannt, diese wichtige neue Gewinnungstechnik hat sich aber nicht überall schnell etabliert. Wie Christoph Bartels gezeigt hat, wurde das Pulverschiessen am Harz relativ schnell nach seiner Einführung 1632 die dominierende Gewinnungstechnik, mit grossen Wirkungen für den Aufschwung des Bergbaus. Es waren mehrere hemmende Faktoren in der allgemeinen Rezeption dieser Technik. Das Sprengen selbst war destruktiv und gefährlich sowohl für die Menschen als für die Grubenanlagen und musste kontrolliert werden. Die Herstellung von Bohrlöchern durch Böhrer von Schmiedeeisen war arbeitsintensiv und schwierig, besonders im festen Gestein wie gewöhnlich z.B. zu Kongsberg. Die Grubenräume waren teilweis sehr eng, besonders bei Bergbau auf schmalen Erzgängen wie zu Kongsberg, eine besonders nachteilige Bedingung für die frühe Sprengtechnik hier. Die Alternative Gewinnungstechnik, das Feuersetzen, wurde im grossen Masstab hier benutzt und wurde lange offenbar vorgezogen. Handarbeit mit Schlegel und Bergeisen kam auch vor, wurde aber im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts aufgegeben. In Norwegen planierte man Versuche mit Pulverschiessen schon im 1643, nach eingehenden Forschungen der Quellenmaterial lässt sich doch keine Realisierung dieser Pläne nachweisen. Die erste belegte Schiessarbeit in Norwegen ist 1655 bei einer kleinen Kupfergrube in Westnorwegen (Kvinnherad) nachgewiesen. Schiesspulver wurde in Kongsberg nachweislich erstmals 1659 benutzt, bei einer Sprengarbeit übertage, danach nur versuchsweise auch untertage in den folgenden zwei Jahrzehnten. 1681 versuchte die Leitung die neue Sprengtechnik auf eine festere Basis zu organisieren, es war aber nicht sehr erfolgreich. Die spätere Entwicklung zeigt auch wiederholte Versuche auf Expansion dieser Technik, gefolgt von Rückschlägen. Seit etwa 1713 war es immer schwieriger dem expandierenden Bergbau mit grösseren Mengen von Holz zum Feuersetzen zu versorgen, und immer mehrere Arbeiten mussten mit Pulverschiessen belegt werden. Die Sprengmethode war auch mehr sicher geworden, nachdem Lettenbesatz statt Schiesspflöcke von Holz 1711 eingeführt wurde. Der Bergbau expandierte bis 1724, danach folgte eine Krise. 1732-33 kam eine neue Betriebsleitung aus Deutschland, und Erweiterung des Pulverschiessens auf Kosten des Feuersetzens war ein Programm dieser neuen Beamten. Schlegel- und Eisenarbeit wurde zu dieser Zeit fast völlig aufgegeben. Eine Pulvermühle wurde 1734 gegründet, damit das Bergwerk sich selbst mit Schiesspulver versorgen konnte. Das Schmiedewesen wurde umorganisiert und das Feuersetzen praktisch verdrängt von vertikalen Arbeiten wie Gesenke und Strossen, und zu horizontalen Arbeiten wie Feldörten, Querschlägen und Stollen allein hingewiesen. Zu solchen Arbeiten wurde Feuersetzen z.T. bis 1890 benutzt, es verlor nur endlich im Wettbewerb mit der Sprengarbeit, nachdem Dynamit in den Jahren nach 1872 Schiesspulver ersätzte. Das Verbrauch von Schiesspulver kulminierte gleichzeitig mit der Anzahl von Arbeitern beim Silberbergwerk (4000 in 1770). Ein sehr starker Fall traf in den wenigen Jahren von 1778 bis 1783 ein – eine Halbierung in nur fünf Jahren. Das war ein Ergebnis einer Sparkampagne unter der Leitung eines dafür besonders eingesätzten Bedienten, des "Oberschiessers". Dazu wurden 1776 Beladung mit Räumnadel anstatt ausgebohrter Schiessröhre eingeführt. Die Einsparungen wurden doch schliesslich von der Leitung als übertrieben beurteilt. Viele Sprenglöcher waren so schwach mit Schiesspulver beladen, dass sie beim Abschiessen versagten und kein oder wenig Gestein lossprengten. Die schwere Arbeit mit dem Bohren war dann vergeblich gemacht. Nach Aufgebung der extremen Sparkampagne zeigt die Kurve über das Schiesspulververbrauch einen mehr stabilen Verlauf. (Berg 1994/1998)
Reihe Z004:
Verbrauch von Eisen (Schmiedeeisen) beim Kongsberger Silberbergwerk, 1686-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Eisen war einer der wichtigsten Materialien im Bergbau, und die Bergwerke waren grosse Abnehmer der Eisenproduktion in der frühen Neuzeit. Eisen wurde bei Werkzeugen zur Gewinnung von Erz und Gestein im grossen Masstab eingesetzt, und der tägliche Verschleiss bei der Bearbeitung des festen Gesteins war gross. Bergeisen und Bergböhrer mussten jeden Tag wieder zur Schmiede. Obwohl Holz und Stein die wichtigste Baumaterialien waren, wurde auch viel Eisen zu Bauzwecken in den Gruben und am Tage benutzt, zu Nagel, Beschläge usw. Besonders bei den grossen Maschinenanlagen wurden viel Eisen benutzt (Wasserradtechnik, Wasserkunst/Pumpenwerke, Kehrräder zur Schachtförderung von Erz und Gestein, usw.) Der Verlauf des Eisenverbrauchs folgt eine allgemeine Entwicklung: Zunächst relativ langsames Wachstum bis etwa 1712, danach ziemlich schnelles Wachstum bis 1724. Diese Entwicklung fällt mit der Erweiterung des Pulverschiessens zusammen und es ist zu vermuten, dass ein Verbrauch von weit mehr Bohreisen als vorher in dieser Entwicklung ausschlaggebend war. Dasselbe trifft zu nach 1732, es wurde aber in den folgenden zwei Jahrzehnten auch sehr viele neue Maschinen gebaut, die auch viel Eisen benötigten. Mit Ausnahme von ausserordentlichen Auslieferungen von Eisen 1737, wurde den Gipfel des Eisenverbrauchs schon 1750 erriecht – d.h. schon 20 Jahre vor der Kulmination des Betriebs. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist diese Kurve weit mehr stabil als andere Materialienkurven. Die fehlende Kulmination diese Kurve in den Jahren um 1770 kann vielleicht durch fehlende Investitionen in Maschinanlagen usw. erklärt werden.
Reihe Z005:
Verbrauch von Stahl beim Kongsberger Silberbergwerk, 1683-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Stahl war zu diesen Zeiten ziemlich kompliziert herzustellen und daher sehr teuer im Vergleich mit Schmiedeeisen. Stahl wurde darum nur zu besonderen kleinen Teilen von Werkzeugen, Beschlägen usw. benutzt, die für Verschleiss sehr ausgesetzt waren. Z.B. wurden Kronen oder Bohrköpfe von Stahl zu Bohrstangen von Schmiedeeisen geschweisst, Stahl wurde in Lager für rotierende Wellen eingelegt, zu Spitzen in Bergeisen usw. Das Verhältnis zwischen Eisen und Stahl ist durch die ganze Periode im Durchsnitt 25:1. Der Verlauf der Kurve für Stahl folgt in grossen Zügen die Kurve für Eisen, auch für Stahl kulminierten die Auslieferungen weit vor der Betriebskulmination 1770 (Gipfel 1759). Eine Abweichung gegenüber der Kurve für Eisen ist der Niedergang nach 1781, der allerdings die übrige Krisenzeichen und der Kontraktion des Betriebs dieser Zeit im allgemeinen folgt.
Reihe Z006:
Verbrauch von Salpeter beim Kongsberger Silberbergwerk, 1735-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Salpeter war das Hauptmaterial zur Produktion von Schiesspulver, das seit 1734 mit der Gründung der Pulvermühle beim Silberbergwerk in Kongsberg erzeugt wurde. Die Kurve folgt logisch die Kurve des Schiesspulvers (vgl. Z003). Salpeter musste überwiegend aus dem Ausland durch Kaufleute gekauft werden.
Reihe Z007:
Verbrauch von Schwefel beim Kongsberger Silberbergwerk, 1723-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Schwefel wurde beim Anzünden von Sprenglöchern benutzt. Es ist vielleicht zufällig dass die ersten – kleinen – Angaben gerade in 1723 auftauchen. Wichtig wurde Schefel vor allem als Rohmaterial zur Produktion von Schiesspulver, das seit 1734 mit der Gründung der Pulvermühle beim Silberbergwerk in Kongsberg erzeugt wurde. Die Kurve folgt logisch die Kurve des Schiesspulvers und des Salpeters (vgl. Z003, Z006).
Reihe Z008:
Verbrauch von Schwefeldraht beim Kongsberger Silberbergwerk, 1749-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Schwefeldraht wurde beim Anzünden von Sprenglöchern benutzt. Die Entwicklung ist einen Indikator für die Anzahl von Sprenglöchern – mehr als z.B. für die Menge von Schiesspulver, als die durchschnittliche Beladung von Löchern sich freilich ändern konnte. Die Kurve ist seit etwa 1762 nicht sehr abweichend von der Kurve über Schiesspulververbrauch, und danach von den über Salpeter und Schwefel (vgl. Z003, Z006, Z007). Aber der Anfang der Kurve zeigt etwas besonderes, mit der Kulmination der ganzen Kurve schon 1750, mit einem folgenden starken Rückgang bis 1762. Diese Entwicklung ist nicht beim Schiesspulververbrauch zu spüren. Diese Tatsache zeugt wahrscheinlich von einer Umgestaltung des Bergbaus, mit Aufgebung des Tiefbaus und Erweiterung des Bergbaus in tagenahen Bauen, die sehr weit waren und daher förderten weniger Löcher per Kubikmeter, aber offenbar mehr Schiesspulver per Loch.
Reihe Z009:
Verbrauch von Schiesspapier beim Kongsberger Silberbergwerk, 1686-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Schiesspapier wurde beim Anzünden von Sprenglöchern benutzt. Das Papier wurde mit nassem Schiesspulver eingeschmiert und getrocknet. Es wurde oben ins Loch gesteckt, mit einem Faden von Schwefeldraht dazu befestigt. Die Entwicklung ist wie die Kurve für Schwefeldraht (vgl. Z009) ein Indikator für die Anzahl von Sprenglöchern. Der Verlauf ist vergleichbar mit der Kurve für Schwefeldraht, mit der Kulmination der ganzen Kurve in 1750, und mit einem darauf folgenden starken Rückgang. Dieser Rückgang bestätigt die Annahme bei Z008, die auf Basis der Umgestaltung des Bergbaus gegeben wurde.
Reihe Z010:
Verbrauch von Hanfseil (Förderseil) beim Kongsberger Silberbergwerk, 1730-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Hanfseil wurde als Förderseil in den Schächten benutzt, zunächst nur bei Haspeln, später auch bei den Kehrrädern – den dobbelt beschaufelten Wasserrädern. Gerade diese technische Entwicklung prägt vor allem dem Verlauf der Kurve. Bis zur Mitte der 1760er Jahren ist der Verbrauch von Hanfseil ziemlich stabil und sehr gering im Vergleich mit der folgenden Entwicklung, mit etwa einer vierfacher Verdoppelung in nur vier Jahren 1765-69 und mit einer späteren Verdoppelung nur von einem Jahr bis zum anderen 1776-77. Die vier benutzten Fördereinrichtungen in Kongsberg waren Haspel (seit dem Anfang 1623), Pferdegöpel (seit 1670), Kehrrad (seit 1727) und Trittrad (seit 1753). Die zwei kräftigeren Maschinen nutzten ursprünglich Eisenketten als Förderseil. Der Pferdegöpel wurde nur bis zu einer Tiefe von etwa 200 m benutzt. Als der Bergbau Schachttiefen von etwa 300 Meter erreichte, wurden die Eisenketten zu schwer und zerbrachen. Hanfseile wurden in Slovakien benutzt, Lederseile in Schweden. Sowohl Hanf als Leder waren am Harz um 1750 versucht, aber mit schlechten Ergebnissen. Drahtseile wurden erst im 19. Jahrhundert eingeführt. Versuche mit Hanfseilen bei Kehrrädern in Kongsberg kennen wir von den Jahren um 1770. Offenbar begannen sie etwa 1766-67. Der Durchbruch kam aber erst zehn Jahre später, nachdem der neue Oberberghauptmann seit 1775, Jörgen Hiort, eine erneute Konzentration um des Tiefbaus als einen wichtigen Punkt in seinem Krisenbewältungungsprogramm festlegte. Gleichzeitig konnte man Lieferungen von einer neuen Reperbahn in Christiania (Oslo) sichern. Tritträder wurden abgeschafft. Die Kurve folgt nicht dem allgemeinen Rückgang des Betriebs gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Der Bergbau wurde grösserteils in die Tiefe fortgesetzt, und der Bedarf an Hanfseil in den Hauptgruben wurde damit eher grösser mit der Zeit. Der Maximalverbrauch wurde dann so spät als 1795 mit fast 20 Tonnen erreicht.
Reihe Z011:
Verbrauch von Leder beim Kongsberger Silberbergwerk, 1770-1805
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Leder wurde vor allem als Ventilmaterial in den Saug- und Hebepumpen in den Grubenschächten benutzt. Leder wurde in verschiedenen Qualitäten und Formen eingekauft, gewöhnlich von Kaufleuten und zu dieser Periode nach Auktion. Die drei ausgelieferten Qualitäten beim Anfang der Periode waren Puntleder, Pumpenscheiben und "Tuggen", die zwei letzten Typen waren mehr oder wenig fertig bearbeitete Pumpenventilen und wurden in Anzahl und nicht nach Gewicht gerechnet. Dazu kommt seit 1774 sogenanntes "geschmiertes" Leder, das in Haute gerechnet wurde. In den hier publizierten Angaben ist seit 1770 nur Puntleder gegeben, das in Schalpfund gerechnet wurde, samt seit 1774 auch sogenanntes "norwegisches" Leder, und seit 1786 auch "aluniertes" Leder. Die Gesamtzahlen für die Periode verteilt sich in folgender Weise:
Die Kurve folgt wie die Kurve für Hanfseil nicht dem starken allgemeinen Rückgang des Betriebs gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Zwar wurden einige Gruben stillgelegt, andere aber wurden immer tiefer. Einschränkungen von der Belegschaft erfolgten vor allem in der Erzaufbereitung durch Innovation – Einführung der "ungarischen Pochmethode". Der Bergbau wurde grösserteils in die Tiefe fortgesetzt. Das Maximum der Kurve wurde 1793 erreicht, d.h. etwa gleichzeitig mit dem Maximum des Hanfseilverbrauchs (1795).
Reihe Z012:
Einkäufe von Blei beim Kongsberger Silberbergwerk, 1684-1813
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Blei wurde in der Verhüttungsprozess benutzt. Die Kurve zeigt sehr grosse jährliche Schwankungen, als Blei teilweis in grösseren Parteien eingekauft wurde, und die Einkäufe nach Gelegenheit gemacht werden mussten. Einige Jahren wurde überhaupt kein Blei eingekauft. Das Blei wurde meistens nach Auktion von Kaufleuten in Norwegen eingekauft, die es vermutlich zum grossen Teil von England beschafften, obwohl wir keine sichere Auskünfte darüber haben. Viele grosse norwegische Kaufhäuser hatten engen Beziehungen zu England wegen des Holzhandels. Von 1748 bis 1791 das Blei als "englisches Blei" bezeichnet (danach aber neue Hand in den Rechnungen!). Nur wenig Blei wurde in Norwegen produziert, in der Periode etwa 1730 bis 1770 bei Konnerud (Drammen), dieses Bergwerk lieferte aber nachweisbar nur kleinere Parteien in den Jahren 1739, 1740 und 1742. Die Kurve folgt aus natürlichen Gründen in grossen Zügen der Produktionskurve von Silber (vgl. Z001). Das Maximum wurde aber schon 1735 mit etwa 330 Schalpfund ( 165.000 kg) erreicht. In den Jahren 1728 bis 1737 war Fabricius in Kopenhagen der dominierende Lieferant. Diese Zeit um 1730 zeigt deutliche Abweichungen im Verhältnis zwischen Blei und Silber, die unter den Kommentaren zum Verbrauch (Z229) weiter diskutiert wird.
Reihe Z029:
Verbrauch von Blei beim Kongsberger Silberbergwerk, 1686-1815
Zur Quellenlage, vgl. die Anmerkungen über die Materialienrechnungen zu Z002. Blei wurde im Verhüttungsprozess benutzt. Daher folgt die Kurve in grossen Zügen die Produktionskurve von Silber (vgl. Z001). Im Durchschnitt wurde in der Periode 1687 bis 1800, als die Daten vollständig vorliegen, eine relative Menge von 14,5 Kilogramm Blei per Kilogramm erzeugtes Feinsilber im Hüttenprozess verbraucht – obwohl vieles Blei in der Form von Bleiglätte und Herdblei im Prozess wiederverbraucht wurde. Das Verhältnis zwischen Blei und Silber war aber nicht konstant. Einige Jahren und Perioden zeigen grosse Abweichungen. Besonders hoch (über 20 kg per kg Silber) war der relative Bleiverbrauch in Einzelnjahren wie 1688, 1713, 1715, 1796 und 1797, und vor allem in der Periode 1724 bis 1737. Das Jahr 1734 erreichte der Bleiverbrauch fast genau dieselbe Höhe als bei der Kulmination der Silberproduktion 1768 (223.794 bzw. 224.175 Schalpfund), obwohl im erstgenannten Jahr nur 55% der Silberproduktion in 1768 erzeugt wurde. Diese Abweichungen sind schwer zu erklären, vielleicht liegt es an metallurgische Besonderheiten in diesen Jahren, die wir nicht kennen. Es mag sein, dass die Erzgrundlage in der Periode um 1730 etwas besonders war, aber es ist nicht wahrscheinlich. In jedem Fall ist es als eine Hypothese anzunehmen, dass die folgenden grossen Einsparungen im relativen Bleiverbrauch auf metallurgische Rationalisierungs¬massnahmen zurückzuführen seien. Diese Zeit stellt sich dann nach diesen quantitativen Analysen als eine interessante Untersuchungsperiode für künftige Forschung mit dem Hüttenwesen als Thema vor.
Reihe Z232:
Falun, Rohkupferproduktion in Schiffspfund Berggewicht, 1546/1568-1810
Rohkupfer ist das Produkt der vielen meist privaten Kupferhütten bei Falun, die mit Erz vom "Grossen Kupferberg" versorgt wurden. Man schätzt den Metallinhalt des Rohkupfers zu etwa 90% Cu. Seit dem frühen 17. Jahrhundert wurde das meiste Rohkupfer in Garhütten ausserhalb Falun raffiniert, und grosse Anteile der Produktion wurde exportiert. Vieles Kupfer wurde auch einheimisch abgesetzt, besonders zur Münzung. Seit 1546 sollte alles erzeugtes Rohkupfer beim Waage in Falun unter Aufsicht eines Beamten eingewogen werden, als Grundlage für neue Produktionsabgaben. Das Rohkupfer wurde in Schiffspfund Berggewicht gewogen, dieses Mass war etwas grösser als das Stockholmer Handelsgewicht, um Gewichtreduktionen bei Raffinierung und Transport zu berücksichtigen. Genaue Umrechnungswerte für die ganze Periode kann man nicht geben. Der Bergbau in Falun geht weit zurück, er ist urkundlich belegt seit dem Anfang unserer Untersuchungs¬periode (1288), zu welcher Zeit Bergbau und Verhüttung ordentlich organisiert wurden. Vermutlich wurde Kupfer schon Jahrhunderte früher gewonnen. Produktionsangaben sind vom Mittelalter unbekannt. Nur einige Angaben von lübischen Pfundzollisten 1368-69 und 1492-96 geben Andeutungen über die Grösse des Kupferausfuhrs, zum ersten Zeitpunkt etwa 500 bis 800 Schiffspfund, in den 1490er Jahren etwa 2000 Schiffspfund, die Jahren sind doch vermutlich nicht repräsentativ. Lübeck war Zentrum für den Kupferexport bis zu etwa den 1620er Jahren, als der Kupferhandel nach Westen verlegt wurde (Hamburg, Amsterdam). Nur seit 1546 gibt es ziemlich zuverlässige Produktionsangaben. Die Produktion war damals unbedeutend. Ein Produktionsanstieg kam im letzten Teil des 16. Jahrhunderts, und wieder im Anfang des 17. Jahrhunderts. Dann ging vermutlich das meiste Exportkupfer nach Spanien, der 1599-1626 zu praktisch reiner Kupferausmünzung übergangen war. Grosse Finanzierungskosten des schwedischen Staats als Kriegsbüsse zu Dänemark nach 1613 wurden teilweis mit Kupferexport gedeckt. Die anstiegende Produktion von Falun, mit seiner Kulmination um die Mitte und im zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, füllte eine Lücke die von reduzierter Produktion des Mansfelder und des ungarischen Kupfers seit dem letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts gebildet war. Später kam Kupfer von Japan und von anderen Quellen, aber im 17. Jahrhundert hatte das schwedische Kupfer weitgehend einen grossen Einfluss auf den europäischen Kupfermarkt, obwohl es diskutiert ist, welche Rolle es eigentlich spielte. Schweden war ohne Zweifel der grösste Kupferproduzent in Europa, und Falun war ganz dominierend in Schweden, niemals mit unter 90 % der Gesamtproduktion. In der schwedischen Wirtschaft war zwar immer die Eisenerzeugung wichtiger, im 16. Jahrhundert auch der Silberbergbau. Besonders im 17. Jahrhundert war doch die Kupferproduktion von internationaler Bedeutung und wichtig für die Finanzierung der schwedischen Staatsmacht, gerade bei der Etablierung Schwedens als Grossmacht während und im Gefolge des Dreissigjährigen Krieges. Der Kausalzusammenhang zwischen Politik und Wirtschaft ist nicht eindeutig. Gewiss ist, dass der Staat die Expansion der Kupfererzeugung in der ersten Hälfte des Jahrhunderts durch verschiedene Massnahmen förderte. Bergbau und Hüttenwesen wurden 1637 unter der Aufsicht und Leitung des staatlichen "Bergskollegium" (etwa eines Oberbergamts) gestellt. Technische Änderungen trugen auch zur Expansion bei, besonders in der Metallurgie. Das Rohkupfer wurde jetzt weiter raffiniert zu Garkupfer durch Etablierung von besonderen Garhütten, eine neue Messingindustrie wurde auch gegründet. Wichtig für die Produktion war immer die innere Entwicklung des Bergbaus. Das Kupfervorkommen in Falun ist stark raumlich konzentriert. Die Erzgewinnung ging vor in ziemlich naheliegenden Abbauräumen, die einander mit der Zeit teilweis verbunden wurden, teilweis durch grössere oder mindere Brüche, die schliesslich eine grosse Pinge bildeten. Die Geschichte des Bergbaus im 17. Jahrhundert ist stark von solchen Pingenbrüchen bestimmt, und das endliche Zusammenbruch von drei naheliegenden Pingen zu einem grossen in 1687 markierte auch das Ende der grossen Produktionsepoche. Die reichsten Erzparteien waren aber auch dann zu Ende. Nach einem starken Niedergang der Produktion etwa von 1690 bis 1720, hält sich die Produktion ziemlich stabil weiter durch das 18. Jahrhundert. Obwohl die Preise wie immer bei Kupfer zu Zeiten stark variierten, haben diese Änderungen wahrscheinlich wenig zu den Produktionsschwankungen beigeträgt. Der Bergbau war im ganzen 18. Jahrhundert schwierig, und stand unter grosser Aufmerksamkeit von den leitenden Bergbehörden und von hervorragenden Technikern wie Christopher Polhem, der das Maschinenwesen bei der Grube stark innovierte. Der Tiefpunkt der Produktion kam am Ende der 1760er Jahren, vor allem nicht wegen Erzmangels aber wegen äusserer wirtschaftichen Umständen, vor allem der allgemeine Preisentwicklung. In den letzten Jahren des Jahrhunderts erreichten die Bergleute das Ende des grossen Kupferkiesvorkommens. Als es schon einige Jahre lang sich eingeengt hatte, fiel die Produktion stark seit 1793. Die Zeit um 1800 markiert daher auch für Falun eine natürliche Zäsur in der Geschichte des Bergbaus.
Reihe Z233:
Röros, Kupferproduktion in Schiff-, Lis- und Schalpfund, 1646-1844
Das Kupferbergwerk in Röros wurde 1644 gegründet und war seit 1646 in regelmässiger Produktion. Seit diesem Jahr liegen Produktionsangaben vor, doch für die ersten sechs Jahren nur als Gesamtzahlen für zwei dreijährige Perioden. Seit 1652 laufen dann die Angaben jährlich, obwohl die Angaben für die ersten 6-7 Jahrzehnte etwas unsicher sind. Mit Kupfer ist hier fast vollständig das gewöhnliche Endprodukt Garkupfer gemeint, d. h. nicht 100% rein metallisch Kupfer, aber viel reiner als z. B. das Rohkupfer von Falun (vgl. Z232). Nur geringe Mengen von Kupferblech wurden auch zu Zeiten erzeugt. Der Verlauf der Kurve ist von kurzfristigen und längerfristigen Schwankungen geprägt. Mit Ausnahme von einem Jahr 1671 kam die Produktion erst nach 1686 über 1000 Schiffspfund. Eine Krise kam um 1680 wegen Kriegshandlungen, als die Schweden 1678 og wieder 1679 Röros besetzten und das Werk zerstörten. Wie bei Kongsberg, wurde das Kupferbergwerk in der Mitte bzw. am Ende der 1680er Jahren neu organisiert, eine Grundlage für die spätere Expansion. Seit dann waren meisten der Besitzer und die führenden Kräften Bürger in Trondheim. Ein Bergamt für die mittelnorwegischen Bergwerken wurde 1689 in Trondheim gegründet. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts war Röros das grösste Kupferbergwerk in Norwegen. Seit dann und im fast ganzen 18. Jahrhundert war Röros ein sehr gutes Geschäft für die Besitzer und durch den Produktionsabgaben auch für den dänisch-norwegischen Staat. Von 1711 bis 1720 war wieder Krieg in Skandinavien, und Kriegshandlungen 1718 zerstörten nochmals den Betrieb für viele Jahre, wie es in den Produktionsangaben lesbar ist. Nachdem die alten Vorkommen zum Teil ausgeschöpft wurden, fand man 1708 "Neue Storwartz", die Hauptgrube der nächsten zwei Jahrhunderte. Zwei andere wichtige Vorkommen wurden 1723 (Christianus Sextus) und 1735 (Königs Grube) entdeckt, diese Gruben waren auch wichtig für die weitere Expansion. Nachdem Pulverschiessen bei der Erzgewinnung schon seit 1657 benutzt war, wurde die neue Technik auch hier – wie zu Kongsberg (vgl. Z003) – nach etwa 1730 die dominierende Gewinnungstechnik, und die einheimische Produktion von Schiesspulver wurde gestärkt. Erzgewinnung durch Feuersetzen wurde mehr selten, und diese Technik wurde weniger benutzt als in Kongsberg. Holz war im Gebirgsgebiet um Röros schwierieger zu beschaffen und die zugänglichen Wälder im Revier mussten wegen des grossen Bedarfs an Holzkohle zu den Kupferhütten so viel wie möglich zum Köhlerei reserviert werden. Nach 1746 kam eine Periode mit Rückgang der Produktion, wahrscheinlich meistens von vorübergehenden Schwankungen des Erzlagers verursacht. Überschwammungen 1755 und 1760 trugen auch dazu bei. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts waren viele Schürfer im Revier tätig, und neue Vorkommen wurden entdeckt. Investitionen in Maschinen wurden auch gemacht, wie auch Massnahmen zur Verbesserung der Metallurgie. Die Produktion kulminierte 1774, sie fiel später bis zur früheren Lage im Anfang der 1790er Jahren, und stieg dann wieder ziemlich hoch. Zu diesen Kriegszeiten war es ein Hochkonjunktur, der gunstig auf diesen Zweig der Wirtschaft wirkte, bis Dänemark-Norwegen 1807 selbst in den Krieg hereingezogen wurde und die englische Blokade grosse Schwierigkeiten für den Handel schaffte. Es fällt auf, das die Produktionskurve in grossen Zügen ziemlich gut vergleichbar mit der Kurve von Silberproduktion in Kongsberg ist, mit einigen Ausnahmen (vgl. Z001). Bei diesen zwei grössten Bergwerke Norwegens stieg die Produktion schwach durch das 17. Jahrhundert, abgebrochen von Krisenerscheinungen um etwa 1680, gefolgt von einer stärkeren Expansion bis zu einer Blütezeit im frühen 18. Jahrhundert, abgebrochen von einer Krise in den Jahren etwa um 1720-1730, gefolgt von einer noch stärkeren Expansion bis zur Kulmination der Produktion bei beiden Bergwerken um 1770. Der folgende Rückgang wurde nur bei Röros von einem neuen Anstieg gegen die Jahrhundertwende abgebrochen, Kongsberg aber stürzte noch weiter ab.
Der an der Universität Bonn lehrende Nationalökonom Arthur Spiethoff zählte zu den bedeutendsten Forschern auf dem Gebiet der Konjunkturtheorie. Umfassend dargestellt hat er seine Theorie im Artikel "Krisen", der 1923 im Handwörterbuch der Staatswissenschaften erschien (Spiethoff, A.: Artikel "Krisen", in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4.A., Bd. 6, Jena 1925, S. 8-91). Einer der ältesten wirtschaftstheoretischen Problemkreise befasst sich mit der Krise, jener " … Spanne Zeit, in der sich unter plötzlichen, heftigen Erscheinungen die Umwandlung eines krankhaften wirtschaftlichen Zustandes entscheidet" (Spiethoff, a.a..O., S. 8). Das Wirtschaftsleben der Krise erlahmt, Kredite werden Not leidend oder gekündigt, Bankrotte häufen sich. Es folgt eine allgemeine Stockung der Geschäfte, das Preisniveau fällt, Produktionsfaktoren werden freigesetzt, Arbeitskräfte finden keine neue Beschäftigung, die allgemeine Stimmung ist getrübt. Konkrete Erfahrungen dieser Art nahmen mit dem Übergang der nationalen Wirtschaften in West- und Mitteleuropa von der vor- zur frühkapitalistischen Produktionsweise zu und so liegt es auf der Hand, dass in Zeiten einer ohnehin knappen Versorgungsdecke, wie in den Anfängen der Industrialisierung noch typisch, schon kleine allgemeine wirtschaftliche Störungen eine schwere Beeinträchtigung der Wohlfahrt breiter Bevölkerungskreise und im Gefolge, der öffentlichen Ordnung bedeuten konnten. Aber der Gedanke, dass es sich dabei um ein besonderes Phänomen industrialisierter Produktionsprozesse handeln könnte, war erst auf dieser Basis gewachsener Erfahrungen formulierbar und tauchte deshalb als eigenständige wirtschaftstheoretische Fragestellung auch erst nach der Herausbildung der wesentlichsten klassisch-liberalen ökonomischen Grundsätze durch Adam Smith auf. In den der Veröffentlichung seines "Wealth of Nations" folgenden Jahrzehnten entstanden die verschiedensten Krisenhypothesen, herausgefordert durch das immer wiederkehrende Paradoxon allgemeinen wirtschaftlichen Aktivitätsverlustes trotz wachsenden Bedarfs. Als Höhepunkt und gleichzeitige Überwindung des auf die Krise fokussierten Theorieabschnitts kann Arthur Spiethoffs Artikel "Krisen" gelten. Dabei handelt es sich um das Konzentrat aus einem umfangreichen Werk (verwirklicht erst 30 Jahre später: Spiethoff, A., 1955: Die wirtschaftlichen Wechsellagen. Aufschwung, Krise, Stockung. Band I. Erklärende Beschreibung. Tübingen/Zürich: J.C.B. Mohr). Der Artikel beginnt mit einer Beschreibung historischer Krisen, diskutiert verschiedene Krisenerklärungen und leitet schließlich in eine Theorie der "wirtschaftlichen Wechsellagen" über, die die Krise aus der bislang vorherrschenden isolierenden Betrachtung löst, sie als Teil eines zusammenhängenden Wirtschaftsprozesses darstellt und damit der Krisenforschung eine Wende zur ganzheitlichen Analyse des zyklisch gedachten Konjunkturverlaufes gibt: "Das 'Normale' ist weder Aufschwung, noch Stockung, noch, was gar nicht in Frage kommt, Krise. Das Normale der freien, geldwirtschaftlichen Marktverfassung ist der Kreislauf der Wechsellagen" (Spiethoff, a.a.O., S. 82). In diesem häufig zitierten Artikel fanden so ziemlich alle Richtungen, die die Konjunkturtheorie Anfang dieses Jahrhunderts ausbildete, und die in der Konjunktur- und Krisendebatte zur Zeit der Deflationskrise von Bedeutung waren, Material und Hinweise zur vertiefenden Fragestellung, an kaum einer anderen Stelle wird eine solche Fülle von Beobachtungen und konjunkturrelevanten Fakten präsentiert und auf ihre Bedeutung für die Krisenerscheinung hin untersucht. In seiner Konjunkturtheorie vereinigten sich die Gedanken Juglars über die Periodizität der Konjunkturschwankungen mit der Verarbeitung bedeutender Mengen empirischen Datenmaterials. In seinem Artikel "Krisen" beschrieb er die Bewegungen der deutschen Wirtschaft im Zeitraum von 1822 bis 1913 und lieferte dabei nicht nur eine Längsschnitt-, sondern auch eine Querschnittsanalyse. Spiethoff war der Ansicht, dass allenfalls die Preise der Grundstoffe und Investitionsgüter (Güter des mittelbaren Verbrauchs) eine leidlich gute Übereinstimmung mit dem Wechsellagenrhythmus vor dem 1. Weltkrieg aufweisen, hingegen nicht die Preise der Konsumgüter. "aus der Gesamtpreisbewegung (Allgemeines Preisniveau) Deutschlands die Wechsellagen abzulesen, dürfte schwerlich möglich sein". Neben einigen Kapitalmarktindikatoren war der Konjunkturindikator Spiethoffs der Eisenverbrauch (Summe von Eisenerzeugung und Einfuhren abzüglich der Ausfuhren). Mit Hilfe des Eisenverbrauchs suchte Spiethoff die für den Konjunkturverlauf seiner Meinung nach beherrschende Größe, die Schwankungen der Investitionsaktivität, zu erfassen, die man seinerseits nicht messen konnte. (Spiethoff, a.a.O., 83) Grundgedanke von Spiethoffs Theorie der Konjunkturbewegungen (in seinem Sprachgebrauch: "Wechsellagen") ist, dass die Bewegungen der Wirtschaft durch zyklische Veränderungen im Verhältnis von Kapitalbedarf und Kapitalversorgung bestimmt werden. Dabei sind sogenannte "Ertragsgüter" – Produktionsmittel und Investitionsgüter – entscheidend für die Konjunkturbewegung (Schlüsselrolle der Investitionstätigkeit für die Erklärung des Konjunkturgeschehens). Der wichtigste Bestandteil der Spiethoffschen "Ertragsgüter" ist Eisen, weshalb sein Verbrauch zu den wichtigsten Merkmalen innerhalb des von Spiethoff konzipierten "Musterkreislaufes der wirtschaftlichen Wechsellagen" gehört. Der Aufschwung entsteht durch Verstärkung der Kapitalanlage, die Stockung wird herbeigeführt durch die Übererzeugung, die notgedrungen ausbrechen muss, wenn die Produktion der Anlagegüter das Maß der zu ihrem Ankauf verfügbaren Kapitalien überschreitet. Die Krise steht außerhalb dieses Kreislaufes, denn der Aufschwung kann auch unmittelbar in die Stockung übergehen. Mit den in den zwanziger Jahren öfters propagierten Gedanken einer "konjunkturlosen Wirtschaft" konnte Spiethoff sich nicht anfreunden. Mit der Ansicht, dass die weitgehende Ausschaltung von Konjunkturschwankungen nicht wünschenswert sei, standen er und Schumpeter weitgehend allein. Eine Sonderstellung in Spiethoffs System besaß hingegen die Wirtschaftskrise: sie war für ihn weder ein unentrinnbares Schicksal noch eigneten ihr die Vorzüge einer "normalen" Depression. Die Krise bedeutete den Ausnahmezustand. Sein Resümee: Gibt es keine Konjunkturschwankungen mehr, so ist es auch mit wirtschaftlicher Machtentfaltung und stürmischer Reichtumsvermehrung vorbei. Sollten sie einmal verschwinden, dann wäre eine neue Stufe der geschichtlichen Entwicklung erreicht (Spiethoff, Artikel "Krisen", S. 85f).
Komprimiert zeigt Spiethoffs Krisentheorie folgende Struktur: Ursächlich für die Dynamik des Wirtschaftsprozesses sind (1) das unbändige Erwerbsstreben, d.h. die seelische Grunddisposition des dynamischen, kapitalistischen Unternehmers zu wirtschaftlicher Expansion, sowie eine sich sprunghaft und unkalkulierbar entwickelnde technisch-organisatorische Produktivkraft, die gemeinsam in jedem Aufschwung dahin tendieren, die Erzeugung der mittelbaren Verbrauchsgüter über die durch die Nachfrage gesetzten Grenzen auszudehnen (Überzeugung). Jedoch muss als Voraussetzung für eine derartige, disproportionale Fehlentwicklung (2) eine freie, geldwirtschaftliche Marktverfassung gegeben sein, weil nur in einer solchen – im Unterschied zur naturalwirtschaftlichen Tauschorganisation – das Preissystem als Kommunikator der realen Marktverhältnisse auf den Märkten versagen kann. Die effektive Auslösung zur Trendwende am jeweiligen Ende einer wirtschaftlichen Entwicklungsrichtung wird dann (3) im Hochschwung durch die Aufzehrung des Sparkapitals, also vom Mangel an Kaufkraft (Erwerbskapital) erzwungen, während sie (4) in der Stockung eines willkürlichen Anstoßes (der unternehmerischen Initiative) bedarf. Als Struktureigenheit der kapitalistischen Produktionsweise tritt (5) eine ungleichmäßige Einkommensverteilung hinzu, die im Aufschwung die Anlage von Sparkapital in Erwerbsgütern über das einer gleichmäßigen Wirtschaftsentwicklung förderliche Maß hinaus begünstigt, im Aufschwung dagegen Kaufkraft in liquide Anlagen (Geldtitel) lenkt, also vom Gütermarkt zurückhält und auf diese Weise pro-zyklisch wirkt. Seine Erklärung der wirtschaftlichen Wechsellagen gilt als ein Prototyp der warenwirtschaftlichen Konjunkturtheorien, die sich durch Betonung disproportionaler Entwicklungen bestimmter quantitativer wirtschaftlicher Größen zueinander auszeichnen und damit den Konjunkturverlauf als Phasenfolge konkreter Stadien solcher Disproportionalitäten beschreiben. In der Herleitung der Ursachen erweist sich aber Spiethoffs Theorie trotz ihres mono¬kausalen Argumentationsaufbaus auf der Überproduktionsthese weder einseitig nur an quantitative Wechselbeziehungen gebunden noch ideologisch fixiert. Im Gegenteil, infolge ihrer weiten Per¬spektive, die psychologische, sozio - ökonomische und monetäre Kriterien mit erfasst, liefert sie auch anderen Erklärungsansätzen hilfreiche Stichworte als Referenz, so dass der hier besprochene, gleichermaßen faktenreiche wie theoretisch eindrucksvolle Beitrag nicht nur unter deutschsprachigen Konjunkturforschern als ein Höhepunkt in der Geschichte des Faches gilt. Dogmenhistorisch gesehen ist Spiethoffs Bedeutung damit aber noch nicht erschöpft, denn häufig erkennt man in der komplexen Struktur des konjunkturtheoretischen Ideengefüges der 20er und 30er Jahre isolierend fortgeführte Linien seines Denkens, woran sich die zentrale Position seines Konjunkturkonzepts im Schnittpunkt der methodischen, wirtschaftsphilosophischen und ideologischen Strömungen seiner Zeit erweist. Dieser vielfältigen Verbundenheit mit unterschiedlichen Sichtweisen und z. T. auch divergierenden methodischen Ansatzpunkten, bei Wahrung eines eigenständigen Standpunktes, ist wohl ebenso wie der profunden Aufbereitung wirtschaftshistorischen Materials die breite Aufnahme und Diskussion seiner Thesen zu danken.
Verzeichnis der Datentabellen (Recherche- und Downloadsystem HISTAT): A. Kapital- und Geldmarkt A.0 Leitmerkmale der deutschen wirtschaftlichen Wechsellagen (1837-1937) A.1 Gründing Deutscher Aktiengesellschaften (1871-1937) A.2 Wertpapierausgabe in Deutschland - Kurswert in Millionen Mark (1883-1938) A.3 Ausweise von 24 Deutschen Notenbanken in Mark deutscher Währung (1847-1875) A.4 Hoch- und Tiefstände der deutschen Notenbank-Ausweise in Millionen Mark (1847-1875) A.5 Hoch- und Tiefstände der deutschen Notenbank-Ausweise in Millionen Mark (1847-1937) A.6 Hoch- und Tiefstände der Ausweise der Bank von England in Millionen Pfund Sterling (1800-1937) A.7 Hoch- und Tiefständer der Ausweise der Bank von Frankreich in Millionen Francs (1800-1937) A.8 Bilanzausweise deutscher Kreditbanken am Jahresschuss in Millionen Mark (1883-1936) A.9 Hoch- und Tiefstand des Kurses der Staatsanleihen in England, Frankreich und Deutschland (1800-1937) A.10 Jährlicher Hoch- und Tiefstand der Bank und Börsen-Wechselzinssätze in England, Frankreich und Deutschland (1800-1936)
B. Güterverbrauch B.1 Verbrauch von Rohstoffen der Ertragsgüter in Deutschland (1837-1937) B.2 Ein- und Ausfuhr von Rohstoffen der Ertragsgüter und das Verhältnis von deren Verbrauch und Erzeugung in Deutschland (1837-1937) B.3 Verbrauch von Nahrungsmittel erster Bedürfnisklasse in Deutschland (1837-1937) B.4 Verbrauch von Nahrungsmitteln zweiter Bedürfnisklasse und Aufwandsnahrungsmitteln in Deutschland (1837-1937) B.5 Verbrauch von Reiz- und Genussmitteln in Deutschland (1837-1937) B.6 Verbrauch von Faserstoffwaren in Deutschland (1837-1935) B.7 Ein- und Ausfuhr von Faserstoffen/Faserstoffwaren u. das Verhältnis von deren Verbrauch u. Erzeugung (1837-1935)
C. Gütererzeugung C.1 Erzeugung von technischen Erzeugungsmitteln in Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika (1837-1937) C.2 Erzeugung von Nahrungsmitteln erster und zweiter Bedürfnisklasse in Deutschland, England, Vereinigte Staaten von Amerika (1837-1937) C.3 Erzeugung von Nahrungsmitteln erster und zweiter Bedürfnisklasse in Frankreich in Millionen Tonnen (1815-1937) C.4 Erzeugung von Genussmitteln in Deutschland (1861-1937) C.5 Erzeugung von Schafwolle, Spinn- und Webwaren aus Wolle, Baumwolle und Seide in Deutschland (1837-1935)
D. Deutsche Preise 1847 bis 1939 D.1 Preise der Rohstoffe der Ertragsgüter in Deutschland (1847-1913) D.2 Preise der Rohstoffe, die in Gebrauchsgüter verschiedener Art oder zum Teil in Ertragsgüter übergehen (1847-1913) D.3 Preise der Nahrungsmittel erster Bedürfnisklasse (1847-1913) D.4 Preise der Güter des elementaren Gebrauchs (1847-1913) D.5 Preise der Nahrungsmittel zweiter Bedürfnisklasse (1847-1913) D.6 Preise der Güter des feineren Gebrauchs in Deutschland (1847-1913) D.7 Preise der Aufwand-Esswaren (1847-1913) D.8 Preise der Reiz- und Genussmittel in Deutschland (1847-1913) D.9 Preise der Güter des Aufwandgebrauches (1847-1913) D.10 Preise der landwirtschaftlichen Futter- und Düngemittel (1847-1913) D.11 Zusammenhang der deutschen Preistafeln 1 bis 10 (1847-1913)
E. Deutscher Preisindex 1889 bis 1939 (Gehlhoff-Index) E.1 Basistabelle: Gehlhoff Index Deutsche Preise (1889-1939) E.2 Ergebnistabelle: Gehlhoff Index Deutsche Preise (1889-1939)
Zeitreihen sind online downloadbar über HISTAT (www.histat.gesis.org).