In: Soziale Ungleichheit, kulturelle Unterschiede: Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München. Teilbd. 1 und 2, p. 68-69
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 843-857
"Im Zusammenhang mit der sozialwissenschaftlichen Thematisierung und Problematisierung ökonomischer Globalisierung und ihrer Folgen - hier als Globalisierungsdiskurs bezeichnet - wird zum einen Bezug genommen auf Prozesse, Mechanismen, kulturelle Stile und Innovationen, mit Hilfe derer bisher bestehende internationale Trennlinien und Ungleichheiten (auch Ungleichzeitigkeiten) überwunden oder zumindest verringert werden. Zum anderen werden verschiedene Dimensionen sozialer, nationaler, politischer, ethnischer, ökonomischer, technologischer und räumlicher Ungleichheit zum Globalisierungsprozeß in Beziehung gesetzt - insbesondere zu seinen wahrgenommenen oder behaupteten Folgen - und Thesen aufgestellt, die die Verstärkung alter bzw. die Entstehung neuer Ungleichheiten postulieren. In den verschiedenen Beiträgen hierzu heben die Diskursteilnehmer jeweils bestimmte Formen der Ungleichheit hervor und entwickeln eine themenspezifische Ungleichheitssemantik. Je nach politischer Ausrichtung werden solche Ungleichheitssemantiken auch implizit oder explizit zum Transport politischer Interessen genutzt. Die Diskussion über die Auswirkung des Globalisierungsprozesses auf verschiedene Dimensionen von Ungleichheit ist dadurch gekennzeichnet, daß a) unpräzise Konzepte von Globalisierung verwendet werden, wobei Ursachen und Folgen sowie ökonomische und nicht-ökonomische Tatbestände unzulässig vermengt werden, b) Widersprüche zwischen den behaupteten Folgen zu erkennen sind und c) insbesondere Unsicherheiten und widersprüchliche Aussagen über die räumlichen Implikationen (Regional-, Stadtentwicklung, Standortwahl von Unternehmen) existieren. In dieser Hinsicht ist nach der deutschen Vereinigung in den neuen Bundesländern ein 'Globalisierungslabor' entstanden, in dem sich zukünftige Entwicklungen deutlicher als im Westen abzeichnen." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 603-617
"Dörfer waren gerade wegen vermuteter Besonderheiten der Lebensverhältnisse immer wieder Thema soziologischer Forschung. Auf Basis der dritten Folge einer in zwanzigjährigen Abständen durchgeführten interdisziplinären Untersuchung in zehn identischen Dörfern in Westdeutschland und vier erstmals in die Untersuchungsabfolge einbezogenen ostdeutschen Dörfern wird der Wandel der ländlichen Lebensverhältnisse analysiert. Ausgehend von der Wanderungsentwicklung als einem zentralen Indikator für die Gleichwertigkeit bzw. Ungleichwertigkeit von Lebensverhältnissen zeichnet sich eine Polarisierung ab zwischen einer dynamischen Entwicklung der Dörfer zu neuen Lebensformen und der - auf den Nordosten der neuen Bundesländer konzentrierten - Auflösung von Dörfern als Siedlungsgebilde. Im Zentrum des Wandels der Lebensformen steht die Entwicklung der ländlichen Räume zu wichtigen Stützen des Wirtschaftsstandorts Deutschland, begleitet von tiefgreifenden Veränderungen der dörflichen Sozialstruktur, die u.a. zur doppelten, faktischen und sozialen, Auflösung der vordem bildprägenden Verbindung von Dorf und Landwirtschaft führen. Der soziale Wandel kumuliert im Umbruch des Dorfes von einem wie fraglos vorgegebenen sozialen Raum zu von individuellen Wahlmöglichkeiten bestimmten sozialen Beziehungen. Im Ergebnis macht der soziale Wandel Dorf für Teilgruppen der Bevölkerung - anders als 'Stadtluft macht frei' - zum Ort der Freiheit. Die Gefahr der - (modernen) Wüstungen gleichenden - Auflösung von Dörfern im Nordosten der neuen Bundesländer geht auf säkulare, die DDR einschließende, Prozesse zurück. Der regionale Charakter der Auflösungs- und Abwanderungsgefahr wirft über die damit einhergehenden wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen hinaus die Frage nach der weiteren Entwicklungen dieser Räume auf." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 618-632
"Die Demokratisierung politischer Institutionen und die Pluralisierung des kulturellen Lebens nach 1989 haben sich auf die Potenzen der nachhaltigen Entwicklung in Bulgarien positiv ausgewirkt. Der wirtschaftliche Verfall hat aber andere Voraussetzungen solcher Entwicklung unterminiert. Die meisten früheren Abweichungen vom Ideal der Nachhaltigkeit wurden im Verlauf des Transformationsprozesses nicht beseitigt, sondern verstärkt. Die gelähmten Investitionsaktivitäten und technologische Innovationen sind die wichtigsten Störfaktoren. Die Arbeitslosigkeit und die Verarmung breiter Schichten, die kulturelle Konzentration auf Überlebungsstrategien und die Kriminalität zählen auch dazu. Wegen der verschleppten und oft mißlungenen landwirtschaftlichen Reformen konnte die Hoffnung auf eine rasche Belebung der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe nicht erreicht werden. Die Produktionsgenossenschaften auf dem Lande kämpfen um Überleben. Die ländliche Bevölkerung ist durch eine stärkere Unzufriedenheit mit den Zwischenresultaten der verlaufenden Transformation geprägt. Unter solchen Bedingungen können die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung kaum das Handeln leiten.In den Städten ist die niedrigere Umweltbelastung eine positive Entwicklung. Sie wurde aber vor allem durch die Verringerung der Produktion verursacht. Die fortschrittlichen und umweltfreundlichen Industriezweige wie die Elektronik sind am schwersten von der Wirtschaftskrise betroffen. Die partielle Belebung der Industrie ist durch die Auslastung der Metallurgie und der schweren Chemie erzielt, die die Umwelt stark belasten. Es fehlt an einer nationalen Strategie für Umstrukturierung der Wirtschaft nach den Marktprinzipien aber auch nach den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung Der Ausweg aus der fortdauernden Krisensituation, die unter anderem auch eine schwerwiegende Krise der Nachhaltigkeit darstellt, verlangt vor allem eine Stärkung der demokratischen Staatlichkeit." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 582-594
"Mit den für Westdeutschland repräsentativen Landjugendumfragen von 1955, 1969 und 1980 steht vergleichbares Material für Struktur-, Verhaltens- und Meinungsänderungen der 17 bis 28jährigen über eine Zeitspanne von 25 Jahren zur Verfügung. Während der Berichtszeit haben die konservativen Kategorien ab und die änderungspositiven Kategorien zugenommen. Dadurch ergaben sich Differenzierungen auf der kulturellen, hierarchischen, funktionalen und sozialen Ebene; grundlegend ist die berufliche Differenzierung. Besonders bedeutsam für die Integration ist die Zunahme der 'Langzeitjugendlichen' infolge des späteren Eintritts in das Erwerbsleben. Der Grad der Integration bzw. Desintegration wird auf den Dimensionen der kulturellen, normativen, kommunikativen, funktionalen und sozialen Integration untersucht. Unter Bezug auf Emile Durkheims Prinzipien der mechanischen und organischen Solidarität wird festgestellt, daß die auf dem Lande stattfindende soziale Differenzierung weder die Integration der einzelnen Individuen noch den Zusammenhalt im Dorf fördert, sondern eher lockernd auf das dörfliche Sozialgefüge wirkt, denn infolge der funktionalen Dislozierung im ländlichen Raum kann sich kein örtlicher Zusammenhang aufgrund gegenseitiger Abhängigkeiten bilden wie in einer Stadt mittlerer Größe. Die verbindenden Kräfte kommen im Dorf in erster Linie aus den intermediären Gruppen, namentlich den Vereinen, und der noch vorhandenen Bereitschaft vieler Dorfbewohner, sich trotz mancherlei Schwierigkeiten für ihr Dorf einzusetzen." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 324-342
"Der Terminus 'Hausfamilie' ist bisher nicht in der mit Haushalten und Familien beschäftigten sozialwissenschaftlichen Forschung präsent. Gemeint sind zwei oder mehr scheinbar selbständige Privathaushalte (vorwiegend im ländlichen Raum), die von Mitgliedern desselben Familienverbandes bewohnt werden und 'unter einem Dach' lokalisiert sind. Z. B.: Ein verheiratetes Paar um die 50 (er Facharbeiter in der Automobilindustrie, sie Verwaltungsangestellte) lebt zusammen mit dem noch minderjährigen, ledigen Sohn (17, Auszubildender) in der Hauptwohnung eines Einfamilienhauses. In der Einliegerwohnung im Souterrain residieren die Eltern des Ehemannes (beide um 75 und Rentner), das Appartment im Dachgeschoß wird von einer Tochter (23, Bankangestellte) mit Ihrem Lebensgefährten (25, Elektriker) bewohnt. Hausfamilien scheinen vor dem Hintergrund modernisierungs- und individualisierungstheoretischer Ansätze auf den ersten Blick ebenso eine anachronistische Erscheinung zu sein, wie angesichts der bekannten Haushaltsstrukturverschiebungen und des Wandels familialer Lebensformen. Sie stellen jedoch aufgrund der großen räumlichen - und wie sich zeigen wird: sozialen - Nähe der Teilfamilien eine Sonderform ländlichen Familienlebens dar, deren quantitative Bedeutung und deren Funktionen bei der Organisation familialer Unterstützungsnetzwerke nicht zu unterschätzen sind. Der Frage nach dem quantitativen und qualitativen Stellenwert von Hausfamilien soll mit dem Vortrag nachgegangen werden, wobei ich mich auf die Daten einer regionalen Studie stütze, in der das Konzept 'Hausfamilie' erstmals umgesetzt und operationalisiert wurde. Im Rahmen einer computergestützten telefonischen Befragung haben wir im Herbst 1995 3.318 Mitglieder von 582 Hausfamilien untersucht. An diesen Daten sollen die Zusammensetzung, die interne Vernetzung und die Funktionen von Hausfamilien verdeutlicht werden." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 941-951
"Trotz aller Krisen der Moderne bewegen sich die meisten von uns ja keineswegs panisch durch den Alltag. Und das liegt offensichtlich nicht daran, daß die statistische Lebenserwartung in modernisierten modernen Gesellschaften - allen nuklearen, genetischen und ökologischen Katastrophen zum Trotz - noch immer ansteigt, sondern an sehr viel intimeren Konstellationen. In der Regel haben wir ja durchaus das Gefühl, Organisatoren unseres Lebenslaufs zu sein. Selbst wenn die Dinge anders verlaufen, als wir uns gewünscht oder vorgestellt hatten, nehmen wir Korrekturen unserer Lebensplanung gewöhnlich unter dem Eindruck persönlicher Autonomie vor. Dieser intuitiven Einstellung zum Leben scheint auch die Tatsache nichts anhaben zu können, daß unsere sozialen Praxen, die entscheidenden Gesellungs- und Vergemeinschaftungsformen, unsere Arbeits- und Konsumgewohnheiten, unser gesamter Lebensstil sich drastisch geändert haben. Auch die unübersehbaren Individualisierungsprozesse, denen wir ausgesetzt sind, modifizieren unsere biographischen Grunddispositionen nur sehr allmählich. Die Hintergrundgewißheit einer relativen 'inneren Dauer' des persönlichen Lebens auch angesichts spürbarer sozialer Veränderungen ist eine theoretische Herausforderung für soziologische Modernisierungstheorien. Ihre systematische Rekonstruktion könnte zeigen, daß die Prägungen dramatischer sozialer Wandlungsprozesse nicht als neuartige inputs, sondern eher als überraschende intakes zu interpretieren sind. Langfristig wirkende Modernisierungen müssen vor allem als Synergieeffekte individueller Modernisierungsprozesse begriffen werden. Sie schließen an biographische Konstruktionen sozialer Akteure an. Diese gemäßigt konstruktivistische Lesart gesellschaftlicher Modernisierung soll in dem angekündigten Vortrag an Fallbeispielen plausibilisiert und knapp theoretisch begründet werden." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 861-875
"Der Beitrag interessiert sich für die Irritationen, die in den Gesellschaftswissenschaften im allgemeinen und in der Soziologie im besonderen durch die unerwartete Zunahme von ethnischen Spannungen in jüngster Zeit ausgelöst worden sind. Erkennbar ist dies an der Intensität mit der insbesondere die Soziologie lange geltende und selbstverständliche Grundbegrifflichkeiten in Zweifel zieht und neu diskutiert. Die Soziologie ist wieder reflexiver geworden. Mit den Folgen dieser Selbstbefragung wird sich der Vortrag in zwei Schritten befassen. Erstens wird gezeigt, weshalb und wie dieser 'Ethnic Revival' die moderne Konzeption von 'Gesellschaft' in Frage gestellt hat. Von Bedeutung ist dabei die Skepsis, die erneut und diesmal unabweislich der Modernisierungstheorie entgegengebracht wird. Die Vorstellung einer linearen Entwicklung der sozialen Integration von der traditionalen 'Gemeinschaft' zur modernen 'Gesellschaft' ist nicht mehr haltbar. Im zweiten Schritt wird versucht, einige Möglichkeiten zu skizzieren, wie sich die Soziologie ihre Grundfrage nach der sozialen Integration neu vorlegen könnte. Nicht, indem sie auf Begriffe wie 'Gemeinschaft' und 'Gesellschaft' verzichtet, sondern indem sie sie aus dem Modernisierungskorsett befreit und in ein neues dialektisches Spannungsverhältnis setzt. Das wird nichts anderes bedeuten, als eine Einladung an die Soziologie, sich zu historisieren. Zu erklären gilt es nicht nur die aktuelle, sondern die diskontinuierlich wiederkehrende Ethnisierung des Politischen." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 451-463
"Psychologischen Untersuchungen zufolge leiden zehn Prozent der Bevölkerung unter Agoraphobien, also Angst vor offenen und in geschlossenen Räumen - fast ausschließlich Frauen. Ausgehend von der Annahme, daß Krankheiten von Frauen gesellschaftliche Problemlagen reflektieren (Turner), deuten die weitverbreiteten Phobien auf eine Vielzahl von Problemen in der Organisation und Verteilung des sozialen Raums in westlichen Gesellschaften hin. Von dem skeptischen Blick auf den Cyberspace, über nationalstaatliche oder stadtpolitische Entwicklungen bis hin zu den alltäglichen Kämpfen um Grenzziehung und Grenzüberschreitung, Verteidigung des Körperraums sowie des persönlichen Raums lassen sich eine Vielzahl von Kämpfen um Raum benennen. Diese finden im Geschlechterverhältnis ihr zentrales Austragungsfeld und im Frauenkörper verschleiert Ausdruck. Soziologische Theorien und Untersuchungen fokussieren ihren Blick jedoch stark auf die Zeit und kaum auf den Raum. Implizit und z.T. explizit läßt sich in vielen Ansätze die Annahme finden, daß diese Epoche durch eine konsequente Verzeitlichung geprägt ist. Mit Blick auf neue Kommunikationstechnologien und Mobilitätsanforderungen wird eine Auflösung der Raumbezüge unterstellt. Ein solcher Blick negiert nicht nur die Alltagswelt vieler Frauen, er trägt auch zu einer Tabuisierung der Probleme mit Raum bei. Häufig soll mit der Annahme einer 'Enträumlichung sozialen Verhaltens' der starre und unbewegliche Raum überwunden werden, der 'herumlungert, während die Zeit unentwegt fortschreitet" (Massey). Es soll der territoriale Raumbezug, der immer auch Mittel zur Herrschaftssicherung ist, verabschiedet werden. Statt jedoch den Raum als Gesamtkonstruktion abzulehnen, was theoretisch kaum haltbar ist, muß m.A.n. der mechanistische Raumbegriff durch ein feministisches Raumverständnis ersetzt werden, in dem Raum als konstituiert verstanden wird. Subjektivität und Strukturen, Bewegung und Machtverhältnisse sind der Stoff, aus dem Räume gemacht werden." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 73-93
"Die Ausdifferenzierung von Wirtschaft und politischen Institutionen hat sich durch die Entwicklung der internationalen Kapitalmärkte verstärkt. Gleichzeitig geschieht eine Integration durch Globalisierung. Die Verselbständigung der Märkte und der Versuch politische Beschlüsse zu dominieren bedroht die Demokratie. Im westlichen Kapitalismus stehen sich heute die neoliberale Gestaltung und die soziale Marktwirtschaft gegenüber. Ihre charakteristische Merkmale werden erstens analysiert. Die neoliberale Marktwirtschaft wird eher als extrem individualistisch gesehen. Die soziale Marktwirtschaft setzt durch ihre Betonung der Wertrationalität Grenzen für die instrumentelle Vernunft. Zweitens werden die ideologischen Hintergründe der Theorien, auf die sich die Vertreter der beiden Varianten stützen, analysiert. In diesem ideologiekritischen Unternehmen werden fünf Dimensionen von methodologischer und ontologischer Art hervorgehoben: 1. methodologischer Individualismus kontra Holismus; 2. politischer Individualismus kontra Kommunitarianismus; 3. strategisches soziales Handeln kontra kommunikatives; 4. zweckrationelles Verhalten kontra wertrationelles; 5. utilitaristische Moral kontra Gerechtigkeit und Gleichheit als moralische Ziele. Diese fünf Dimensionen bilden ein Gerüst für die Theoriebildung, die Weber und Marx mit der heutigen Entwicklung verbindet." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 271-282
"Ungleichgewichte in der Verteilung von Vertrauen führen zu Integrationsprobleme im Handeln von Unternehmen. Dabei liegen die Dinge komplizierter, als man nach konventionellem soziologischem Wissen annehmen würde. Am Beispiel von Innovationsstörungen läßt sich klarmachen: So sehr einerseits Vertrauensmangel den gemeinsamen Nenner dieser Störungen bilden, so sehr variieren doch andererseits die konkreten Wirkungszusammenhänge von Fall zu Fall. Einmal resultiert die Innovationsstörung allem Anschein nach aus einem Schwund von Vertrauen und der dadurch bedingten stärkeren Neigung zu Risikoaversion. Das andere Mal zeichnet sich dagegen die Schwierigkeit ab, daß überstabile Bindungen an vertraute Netze die Risikobereitschaft einschnüren. Dieser Differenzierungsbedarf erscheint einigermaßen überraschend. Er soll im Vortrag ausgeführt, genauer begründet und begrifflich schärfer gefaßt werden. Drei Varianten des Problems 'Vertrauen als Voraussetzung und Schranke von Innovationshandeln' werden dabei behandelt werden: a) Innovation durch Abbau von Risikoaversionen mittels vertrauensstiftender Maßnahmen im Unternehmen; b) Innovation durch Ausgleich von Vertrauensschwund mittels neuer Verträge zwischen den Arbeitsmarktparteien; c) Innovation durch Abbau von Lernblockaden mittels Unternehmenskooperation außerhalb vertrauter Netzwerke. Die Überlegungen gehen vom deutschen Fall aus, diskutieren diesen jedoch in komparativer Perspektive." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 750-763
"In der alten Bundesrepublik haben die industriellen Beziehungen jahrzehntelang eine herausragende Scharnierfunktion zwischen System- und Sozialintegration wahrgenommen. Die aktuelle Debatte um intensivierte Globalisierung schürt Zweifel, ob diese Funktion und ihr institutioneller Rahmen in Zukunft noch Bestand haben können. Nach einer verbreiteten Deutung begünstigt ökonomische Gloablisierung Kapitalismen, in denen kollektivvertraglich geregelte Lenkungssysteme traditionell geringer entwickelt sind. Als Konsequenzen für den 'rheinischen Kapitalismus' deutscher Prägung werden genannt: Aufzehrung sozialstaatlicher Regulierungskapazität, Druck auf kollektive Verhandlungssysteme, schwindende Integrationskraft intermediärer Organisationen und eine neuartige Heterogenisierung der Gesellschaft mit demokratiegefährdenden Potentialen. In Auseinandersetzung mit solchen Auflösungsszenarien formuliert der Beitrag eine andere These: Danach handelt es sich bei der Ausweitung transnationaler Untemehmensaktivitäten um riskante Strategien, deren Gelingen - auch - von kompatiblen Formen der Interessenvertretung und Regulierung abhängt. Transnationale Unternehmensnetzwerke bleiben letztlich auf eine Einbettung ihrer Aktivitäten in ortsgebundene Interaktionszusammenhänge angewiesen. Das spricht für einen neuartigen Regulationsbedarf, der innerhalb der bestehenden institutionellen Konfiguration jedoch kaum zu befriedigen ist. Es kommt zu einer anomischen Konstellation: Dem sich durchsetzenden neuen Muster internationaler Arbeitsteilung fehlt das 'regulierende soziale Band', eine kompatible Regulationsweise mit geeigneten Institutionen und kompromissfähigen Akteuren." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 971-984
"Frauen gelten als Akteurinnen des sozialen Wandels im Geschlechterverhältnis, doch individuelle Modernisierungsprozesse im weiblichen Lebenslauf stehen unter der Verdikt der Vernachlässigung von Familie. Individualisierung gilt als gesellschaftlich gerahmt durch die Gliederung des Lebenslaufs in einer Phase `vorberuflicher Qualifizierung mit anschließender arbeitsmarktlicher und nacherwerblicher Phase, 'Geschlecht' als Produzent einer männlichen und einer weiblichen Normalbiographie. Zu fragen ist nach der Gestaltungsmacht von Familie als Institution im gesellschaftlichen Regulierungssystem des Lebenslauts. Ausgehend von der These, daß der moderne Lebenslauf durch die Verknüpfung zweier Regime strukturiert ist - zum einen das des individuellen Bildungs- und Erwerbsverlaufs, zum anderen das der Paarbeziehung -, behandelt dieser Beitrag Fragen der Anschlüsse und Vernetzungen zwischen den entsprechenden lebenslaufgestaltenden Institutionen und den dahinter verdeckten bzw. in sie inkorporierten Geschlechterverhältnissen. Unter dem hier gewählten Blickwinkel erscheint 'Familie' weder als Surplus-Institution des Erwachsenenverlaufs, noch als nur für das weibliche Leben relevantes Teilsystem, sondern als eine der Säulen im Verbundsystem der Institutionen, wenn auch mit 'vergessener' bzw. subjektivistisch verkürzter Perzeption der an Familie gebundenen 'Counter-Effekte' in der Biographie. Hieraus resultieren strukturell angelegte Spannungsverhältnisse, die der Anerkenntnis in der Theoretisierung von Prozessen individueller Modemisierung und sozialem Wandel bedürfen." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Dresden 1996, p. 389-401