Open Access BASE2006

Der Einsatz multivariater statistischer Methoden zur Erarbeitung einer Betriebstypologie für den bäuerlichen Privatwald ; The application of multivariate statistical methods to derive a typology of small-scale forestry enterprises

In: https://freidok.uni-freiburg.de/data/2582

Abstract

Unter dem Einfluss des Agrarstrukturwandels reagieren gemischt land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit sehr individuellen Lösungen um neue Einkommensquellen zu erschließen. Deren Eckpunkte werden einerseits durch die Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebsteils und andererseits durch die Vergrößerung der Nutzflächen markiert. Zwischen diesen "Extremen" hat sich eine große Bandbreite von Bewirtschaftungsformen und Eigentümerzielen herausgebildet. Vor diesem Hintergrund liegt die Intention der vorliegenden Arbeit darin, Muster für verschiedene waldbäuerliche Strategien zu erkennen und darzustellen, um daraus Hinweise für die Gestaltung differenzierter forstpolitischer Instrumente der Förderung im bäuerlichen Privatwald abzuleiten. Die Datenbasis der vorliegenden Untersuchung wird durch das Testbetriebsnetz Kleinprivatwald der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg bereitgestellt. Für die Jahre 1998 bis 2002 konnten Daten von 148 konstant teilnehmenden Forstbetrieben zwischen 5 und 200 Hektar ausgewertet werden. Diese Kennzahlen lassen sich in die drei Hauptgruppen "betriebliche Strukturdaten", "Naturaldaten" und "finanzielle bzw. operative Daten" einteilen. Hierauf aufbauend greift der methodische Ansatz der Clusteranalyse den Grundgedanken einer strukturierenden Typisierung der vielfältigen Erscheinungsformen bäuerlicher Waldbewirtschaftung auf - das Ergebnis: eine Gruppierungen von Betrieben, die in wesentlichen sozialen, strukturellen und ökonomischen Charakteristika eine so weitgehende Übereinstimmung aufweisen, dass sie von anderen Gruppen unterschieden werden können. Durch dieses Verfahren konnten vier Gruppen (Cluster) identifiziert werden, die sich in der Mehrzahl der untersuchten Variablen signifikant voneinander unterscheiden. Diese Gruppen werden daraufhin im Spiegel einer soziologisch ausgerichteten Befragung zu den motivationalen Einstellungen der Waldbesitzer zusätzlich diskutiert und validiert. Zur Ergebnisdarstellung wurden die Cluster mit Kurzbezeichnungen wie "Forstprofis", "konventionell landwirtschaftliche Betriebe", "ideell interessierte Landnutzer" und "naturräumlich begünstigte Betriebe mit überdurchschnittlicher Nutzungsintensität" versehen. Für das Cluster der "Forstprofis" spielt das Einkommen aus Waldbewirtschaftung eine herausragende Rolle. Die Forderung nach Liquidität gestattet den "Forstprofis" auch bei schlechter Holzmarktlage keine Einschlagszurückhaltung. Sie haben ihre Bestände in den letzten 40 Jahren vermehrt mit Mischbaumarten verjüngt. Die "konventionell landwirtschaftlichen Betriebe" verfügen über das Potenzial, um als landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe bestehen zu können. Mit dem höchsten Anteil forstlicher Eigenarbeit weisen sie eine günstige Kostenstruktur auf. Das waldbauliche Verhalten dieses Clusters ist eher konservativ. Das Kollektiv der "ideell interessierten Landnutzer" zeigt eine hohe Bereitschaft zur Abwanderung aus dem primären Sektor. Sie verfügen nur über beschränkte Einschlagskapazitäten und weisen eine ungünstige Ertrags- und Kostenstruktur auf. Durch die - noch vorhandene - hohe emotionale Verbundenheit mit ihrem Waldbesitz bestehen für dieses Cluster - noch - gute Beratungsmöglichkeiten für die Umsetzung von Maßnahmen des naturnahen Waldumbaus. Das Cluster der "naturräumlich begünstigten Betriebe mit überdurchschnittlicher Nutzungsintensität" findet gute Wuchs- und Bewirtschaftungsbedingungen sowohl im land- wie auch im forstwirtschaftlichen Betriebsteil vor. Auf "Hochleistungsstandorten" erbringt die Baumart Fichte hohe Erträge und bleibt auch unter den verjüngten Baumarten die Nummer eins. Die familiären Arbeitskapazitäten konnten die "Begünstigten" ihren hohen zufälligen und planmäßigen Nutzungen entsprechend anpassen. Eine Gegenüberstellung der durch die Clusteranalyse ermittelten Gruppen mit verschiedenen univariaten Typisierungen bestätigt die Ausgangshypothese, dass der Einsatz multivariater statistischer Methoden ein Bild der bäuerlichen Waldwirtschaft zeichnen kann, das der Vielfalt an Erscheinungsformen und den veränderten Rahmenbedingungen besser Rechnung trägt als univariate Typisierungen. Eine grundsätzliche Folgerung hieraus lautet, dass forstliche Förderung effizienter sein kann, wenn sie sich noch mehr als bisher an den spezifischen Erfordernissen ihrer Zielgruppen orientiert. Diese lassen sich nicht durch einzelne Merkmale wie Betriebsgröße, -form oder regionale Zugehörigkeit bestimmen. Auf Basis der identifizierten Cluster werden abschließend differenzierte Entwicklungsmöglichkeiten von aktuell existierenden Instrumentarien forstlicher Förderung aufgezeigt. ; Under the impact of the ongoing agrarian structural transformation process, the mixed farm forest enterprises reacted with very individual solutions in order to develop new sources of income. The extent of these solutions is marked by abandonment of the agricultural part of the farm on the one hand and by expansion of the production area on the other. A large spread of management techniques and owner's objectives has established itself in-between these two "extremes". Against this background, the objective of this study lies in identifying and describing patterns of various farm-forest strategies, in order to derive information about the design of differentiated forest policy promotion instruments in smale-scale private forestry. The data base of the present research is provided by the Small-Scale Forestry Accountancy Network of the Forest Research Institute of Baden-Württemberg. For the years 1998 to 2002, data was evaluated from 148 consistently participating forest enterprises managing between 5 and 200 ha of timberland. These data can be divided into the three main groups of "structural data of enterprise", "natural data", and "financial or operational data respectively". Based on these groups, the methodical approach of a cluster analysis takes up the basic idea of a structuring classification of the varied appearances of farm-forest management. The analysis establishes groups of enterprises that show such large similarities in essential social, structural, and economic characteristics so as to be distinguishable from other groups. In this way, the present study identifies the Clusters of "forest professionals", "conventional agricultural farms", "idealistically interested land users" and "geographically favoured enterprises with above average utilisation intensity". These groups are then discussed and validated through an independent interview about the motivational attitudes of the forest owners. Income derived from forestry plays an important role for the "forest professionals" cluster. The requirement of financial liquidity does not allow the "forest professionals" to restrain their timber harvests during poor timber market conditions. In the last 40 years, they have increasingly regenerated their stands with mixed species. The "conventional agricultural farms" have the potential to subsist as farms whose primary income is derived from agriculture. Having the highest proportion of active forestry work, they show a favourable cost structure. The silvicultural behaviour of this cluster is rather conservative by comparison. The collective of the "idealistically interested land users" shows a high willingness to drift away from the primary income sector (agriculture and forestry). The "idealists" have limited timber harvest capacities as well as an unfavourable yield and cost structure. Good consulting opportunities for the implementation of close-to-nature forest conversion measures still exist for this cluster because of the owner's remaining strong emotional ties to their forest property. The cluster of the "geographically favoured enterprises with above average utilisation intensity" displays good growing and management conditions both in the agricultural as well as the forestry parts of the enterprise. Norway spruce provides high yields and remains the number one regenerated tree species on "high performance sites". The "favoured enterprises" were able to adapt the family's labour capacity in correspondence with their high levels of incidental and planned timber harvests. A comparison of the cluster analysis groups with various univariate classifications confirms the initial hypothesis that the application of multivariate statistical methods can paint a picture of farm-forest management that better accounts for the diversity of appearances and the changing general conditions than univariate classifications. A fundamental conclusion derived from this is that the promotion of forestry can be more efficient, if it is more closely oriented towards the target groups than before. These target groups in turn can no longer be solely classified along such characteristics as enterprise size, enterprise type, or regional affiliation. For this reason, differentiated development potentials of currently existing instruments of forestry promotion are shown in conclusion.

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