Open Access BASE2012

Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am 7.Mai 2012: Zu den Gesetzentwürfen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zu dem Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (BT-Drucksache 17/9046), zu dem Vertrag vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (BT-Drucksache 17/9045), zur Finanzierung der deutschen Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (BT-Drucksache 17/9048), zur Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes (BT-Drucksache 17/9049)

Abstract

Der Fiskalpakt und der ESM-Vertrag sind zur Überwindung der Krise nicht zielführend. Kurzfristig dürfte der Fiskalpakt das Vertrauen in die Stabilität des Euroraums schwächen, da seine Umsetzung die Konjunktur dämpft. Das strukturelle Defizit ist zudem nicht eindeutig zu messen und eine darauf gerichtete Fiskalpolitik wirkt tendenziell prozyklisch. Die im Fiskalpakt implizit festgeschriebene langfristige Schuldenstandsquote von rund 30 Prozent hat keine ökonomische Rechtfertigung. Auch der ESM wird die Lage nicht beruhigen. Er ist vom Volumen her zu gering und einzelne Regelungen, wie die Ausstattung von Staatsanleihen mit Umschuldungsklauseln, würden Renditedifferentiale am Markt für Staatsanleihen zementieren. Künftige Krisen können beide Vertragswerke nicht verhindern, da sie zu eng auf die Verschuldung des Staates gerichtet sind. Eine erfolgreiche Strategie zur Überwindung der Krise im Euroraum muss Konsolidierung, Wachstum und den Abbau der Leistungsbilanzungleichgewichte verbinden. Von herausragender Bedeutung ist es gegenwärtig, das Vertrauen wiederherzustellen, beispielsweise, indem die Regierungen mittels eines Schuldentilgungsfonds Garantien für Staatsanleihen übernehmen. Dann werden sich die Krisensymptome des hohen Refinanzierungsbedarfs der Banken in den Krisenländern und der immens gestiegenen TARGET2-Salden zwischen den nationalen Zentralbanken des Eurosystems zurückbilden, so dass die Geldpolitik eine expansive Wirkung entfalten kann, die den restriktiven Impulsen der fiskalischen Konsolidierungspolitik entgegenwirkt. ; The fiscal compact and the ESM treaty will not be able to play a role in overcoming the current crisis in the euro area nor in preventing future crises. In the short run, the fiscal compact is likely to reduce confidence in the stability of the euro area as its implementation dampens economic activity. Furthermore, the structural deficit cannot be measured with accuracy and focusing on it tends to make fiscal policy pro-cyclical. Implicitly, the fiscal compact codifies a long-term debt ratio of around 30 % which lacks economic justification. The ESM does not have sufficient means to inspire confidence and certain regulations in the ESM treaty, such as collective action clauses, reinforce the yield differentials in the euro area. To overcome the current crisis, fiscal consolidation must be combined with a growth strategy and measures to reduce current account imbalances in the euro area. It is of utmost importance to regain the confidence of market participants, for example, by establishing a jointly guaranteed debt redemption fund. Once confidence is regained, the crisis symptoms of high central bank borrowing by banks in the crisis countries and enormous TARGET2-balances will abate and monetary policy can be effectively expansionary, thus counteracting the restrictive effects of fiscal consolidation.

Themen

Sprachen

Deutsch

Verlag

Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK)

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