Open Access BASE2016

Der Weg in die Nullzinspolitik der EZB: Muss die Geldpolitik so bleiben, oder gibt es einen Ausweg?

Abstract

[Der Hintergrund] Wenn man verstehen will, wie es zu der europäischen Geldpolitik der Niedrigzinsen gekommen ist, muss man sehr weit zurückgehen, nämlich bis zu der Idee, eine gemeinsame Währung in Europa zu schaffen: den Euro. Es ist heute schon fast vergessen, dass in der Kreationsphase des Euro mehr als 100 deutsche Volkswirte mit einer Unterschriftensammlung davor gewarnt hatten, den Euro ohne eine zugleich oder sogar zuvor einzusetzende europäische Finanzpolitik beginnen zu lassen. Nationale Finanzpolitik und nationale Geldpolitik können zusammen passen und für jede Nation je eigene Ziele verfechten; aber unterschiedliche nationale Finanzpolitiken und eine gemeinsame Währung kommen notwendiger Weise in Konflikt; sie passen nicht zueinander. Diese Warnung wurde jedoch nicht beachtet. Politisch vordringlicher war damals die Idee, dass mit der Einführung des Euro ein erster und überaus sichtbarer Schritt in Richtung auf ein einiges Europa unternommen werden konnte. Das hatte Priorität gegenüber den Bedenken vieler Ökonomen. So wurde der Euro ohne irgendeine auch nur näherungsweise zwischen den Nationen koordinierte Finanzpolitik eingeführt. Tatsächlich wurden in Europa seit Beginn des Euro unterschiedliche Finanzpolitiken verfolgt, deren Problematik aber viele Jahre der Öffentlichkeit mehr oder weniger verborgen blieb und eigentlich erst seit 2012 in vollem Umfang erfasst wurde – am schärfsten durch das Buch von Hans-Werner Sinn: "Die Target-Falle. Gefahren für unser Geld und unsere Kinder". Dargestellt wurde die überaus hohe öffentliche Verschuldung in den südeuropäischen Ländern und die erzwungenen ungewöhnlich hohen Targetguthaben in den Notenbanken der nordeuropäischen Länder, wobei Deutschland am stärksten betroffen ist. Sinn spricht deshalb von einer Target-Falle, weil die hohen Guthaben Deutschlands bei einer eintretenden Währungskrise wertlos sind. Darüber hinaus hatte die eigenständige Finanzpolitik mit einer hohen und stetigen Neu-verschuldung der öffentlichen Haushalte in den südeuropäischen Ländern die Geldpolitik der EZB zu Ausgleichsreaktionen gezwungen. Um zu verstehen, warum die EZB Schritt für Schritt in die neuartige Zentralbankpolitik des leichten Geldes bis hin zur Nullzinspolitik hineingezogen wurde, muss man schon in die Vergangenheit zurückgehen; nur so kann man die Not der Geld-politik in der Gegenwart angemessen würdigen.

Themen

Sprachen

Deutsch

Verlag

Köln: Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo Köln)

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