Open Access BASE2020

Staatsschulden - Fluch oder Segen?

Abstract

Nach der aktuellen Prognose der Europäischen Kommission wird die durchschnittliche Schuldenquote der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Jahr 2020 auf rund 95 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Der Durchschnitt der Eurozone liegt bei 103 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit Bestehen der Europäischen Union. Besonders betroffen sind die Länder, die bereits vor der Corona-Pandemie besonders hohe Schuldenquoten aufwiesen. Die Prognosewerte betragen für Griechenland 196, Italien 159, Portugal 132 und Frankreich 117 Prozent. Für Deutschland wird mit relativ moderaten 76 Prozent gerechnet (European Commission 2020, 188). Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 wurde das Vorkrisenniveau trotz zuletzt rückläufiger Schuldenquoten noch nicht wieder erreicht. Infolgedessen muss damit gerechnet werden, dass sich die aktuelle Schuldenexplosion weitreichend und langfristig auf die Entwicklung der Wirtschaft und der öffentlichen Finanzen in Europa und weltweit auswirken wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach den Chancen und Risiken der Staatsverschuldung als Instrument der Wirtschaftspolitik. Inwiefern können "gute" Schulden zur Überwindung und "schlechte" Schulden zur Entstehung ökonomischer Krisen beitragen? Die weiteren Überlegungen sollen den Unterschied zwischen guten und schlechten Schulden verdeutlichen (Scherf 2013). Sie lassen sich kurz gefasst zu folgenden Hypothesen verdichten: (1) Das Kernproblem der Staatsverschuldung besteht nicht in einer Belastung zukünftiger Generationen. (2) Als Instrument der Konjunkturpolitik ist die Staatsverschuldung unverzichtbar. Der Staat muss konjunkturbedingte Defizite in der Rezession akzeptieren und benötigt auch einen Spielraum für den geschickten Einsatz antizyklischer Defizite. (3) Strukturelle Defizite haben negative gesamtwirtschaftliche Wirkungen. Der Staat sollte solche Defizite grundsätzlich vermeiden. Wirtschaftlich günstige Phasen der Normalauslastung oder gar der Hochkonjunktur sind rigoros für die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu nutzen.

Sprachen

Deutsch

Verlag

Gießen: Justus-Liebig-Universität Gießen, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften

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