Open Access BASE1975

Anatomie einer Krise: Zur Situation der öffentlichen Finanzen und zu den konjunkturellen Wirkungen öffentlicher Haushalte in der Bundesrepublik

Abstract

Selbst unter optimistischen Annahmen über die Sozialproduktsentwicklung ist 1975 in der Bundesrepublik mit einem Defizit von mindestens 55 Mrd. DM zu rechnen. Am Vollbeschäftigungs- Budgetkonzept gemessen ist es jedoch zu vier Fünfteln auf rezessionsbedingte Einnahmeausfälle zurückzuführen. Auf fast 70 Mrd. DM lassen sich die expansiven Multiplikatoreffekte nach dem Konzept des Konjunkturgerechten Haushalts für 1975 schätzen. Sie sind etwa halb so groß wie die bereinigte rechnerische Nachfragelücke, die sich aus den Schwächetendenzen der privaten Nachfrage ergibt, und damit nur bedingt konjunkturgerecht. Es ist darüber hinaus zu befürchten, daß die Länder, insbesondere aber auch die Gemeinden - wie 1966/67 - unter dem Einfluß rückläufiger Steuereinnahmen ihre Ausgaben prozyklisch gekürzt haben und noch laufend kürzen. Dies könnte Ausgabensenkungen bis zu 13 Mrd. DM zur Folge haben. Entsprechend niedriger wären dann die expansiven Effekte und damit auch der Auslastungsgrad des Produktionspotentials. Soweit ein neues Konjunkturprogramm lediglich diese prozyklischen Ausgabenkürzungen wieder kompensiert, bestehen bei der absehbaren Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage keine finanzierungspolitischen Bedenken und auch kaum Konflikte mit dem Ziel der Preisstabilität. Voraussetzung ist allerdings, daß die Bundesbank und die haushaltspolitischen Instanzen eng kooperieren und daß die Programme schnell beschlossen sowie zügig durchgeführt werden. Im Rahmen einer Modellrechnung läßt sich zeigen, daß unter realistischen Annahmen die Haushaltsdefizite zwar 1976 noch steigen, bis 1980 aber absolut zurückgehen oder sogar wieder einem Einnahmenüberschuß Platz machen. Nur bei extrem ungünstigen Annahmen käme 1980 ein Defizit von über 100 Mrd. DM zustande. Die Haushaltspolitik behält Spielraum selbst für Steuersenkungen.

Themen

Sprachen

Deutsch

Verlag

Kiel: Institut für Weltwirtschaft (IfW); Kiel, Hamburg: ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft

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