Open Access BASE2019

Vom "bäuerlichen Familienbetrieb" zum KMU : eine Chance für den Standort Schweiz

Abstract

Die vorliegende Untersuchung geht folgenden Forschungsfragen nach: Worin unterscheiden sich Familienunternehmen in der Schweizer Landwirtschaft von Familienunternehmen in anderen Branchen und welches sind die Gemeinsamkeiten? Was können landwirtschaftliche Familienunternehmen von Familienunternehmen in anderen Branchen lernen? Welche alternativen Unternehmensformen gibt es und wie könnten diese die landwirtschaftliche Unternehmenslandschaft und deren Innovations- und Zukunftsfähigkeit bereichern. Nicht nur die Schweizer Landwirtschaft, sondern die Landwirtschaften der meisten Länder bestehen mehrheitlich aus Familienunternehmen. Was für die Landwirtschaft gilt, trifft auch für die anderen Branchen zu. Familienunternehmen sind die global und in der Schweiz häufigste Unternehmensform. Eine grundsätzliche Herausforderung in der Familienunternehmensforschung ist allerdings, dass es keine einheitliche Definition von Familienunternehmen gibt, auch in der Schweiz gibt es kein einheitliches Grundverständnis und aus rechtlicher Perspektive fehlt eine Legaldefinition für Familiengesellschaften. Ein robustes Ergebnis verschiedener Studien ist, dass der Anteil an Familienunternehmen mit zunehmender Unternehmensgrösse kleiner wird. Dies gilt auch in der Schweiz, wo die typische Familienunternehmung ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) ist. Zwei Drittel der KMU sind Kleinstbetriebe mit weniger als 2 Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Die landwirtschaftlichen Unternehmen unterscheiden sich von anderen Branchen deshalb nicht primär durch den sehr hohen Anteil von Kleinstunternehmen, sondern durch den sehr grossen Anteil von 88 % Einzelunternehmen. Auch wenn die Einzelunternehmung eine denkbare Rechtsform ist, braucht es für ein Familienunternehmen gemäss Kunz (2018, S. 449) mindestens zwei Personen. Hier besteht ein Spannungsfeld zwischen der Selbstwahrnehmung als Familienunternehmung und der Rechtsform der Einzelunternehmung. Die zentralen Unterschiede zwischen nicht-landwirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Unternehmen in der Schweiz betreffen nicht die Strukturen, Vorzüge und Risiken, sondern die politischen Zielvorstellungen, wie ein «bäuerlicher Familienbetrieb» auszusehen hat. Als Konsequenz der Agrarpolitik sind landwirtschaftliche Unternehmen dem Markt weniger ausgesetzt. Sie erhalten direkte Einkommenszahlungen und substanzielle Investitionsbeiträge und verfügen darüber hinaus über Sonderrechte, etwa im Boden-, Erb- und Steuerrecht oder in der Raumplanung. Die Analyse schliesst mit zwei hauptsächlichen Folgerungen: 1. Die Schweizer Agrarpolitik hat dazu geführt, dass sich landwirtschaftliche KMU immer weiter von KMU in anderen Branchen entfernt haben. 2. Die Fixierung auf das Leitbild «bäuerlicher Familienbetrieb» hat die Entwicklung innovativer und experimenteller Unternehmensformen in der Landwirtschaft behindert.

Languages

German

Publisher

Schweizerische Gesellschaft für Agrarwirtschaft und Agrarsoziologie

DOI

10.21256/zhaw-20537

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