Aufsatz(elektronisch)2019

Die affirmative Sabotage der Aufklärung: Die postkoloniale Zwickmühle

In: Zeitschrift für Politik: ZfP ; Organ der Hochschule für Politik München, Band 66, Heft 2, S. 183-198

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Abstract

Anstatt auf eine historische Ära oder ein geographisches Gebiet beschränkt zu sein, überdauert das intellektuelle und politische Erbe der Aufklärung bis in unsere Zeit. Jedes Mal, wenn wir Themen wie Menschenrechtsverletzungen und die Untergrabung der Demokratie, der Anstieg des Autoritarismus, die Notlage von Flüchtlingen und Staatenlosen, die Zerstörung des Ökosystems oder normative Dilemmas hinsichtlich künstlicher Intelligenz debattieren, positionieren wir uns nämlich mit Bezug auf die Aufklärung, die wichtige intellektuelle, moralische und politische Ressourcen für das kritische Denken liefert. Allerdings, wie von Wissenschaftler*innen der postkolonialen Studien und Holocauststudien dargelegt, hat das Versprechen, Freiheit durch den Gebrauch der Vernunft zu erreichen, ironischerweise zu einer Beherrschung durch die Vernunft selbst geführt. Im Zuge des Fortschritts und der Emanzipation hat die Aufklärung auch Kolonialismus, Sklaverei, Genozide und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gebracht. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den widersprüchlichen Konsequenzen der Aufklärung für die postkoloniale Welt. Es soll versucht werden, die Rolle der Aufklärung im Dekolonisierungsprozess konzeptionell zu repositionieren, anstatt die Aufklärung einfach polemisch abzulehnen, wenngleich die Aufklärung selbst dekolonisiert werden muss. Dies ist nicht einfach die Aufgabe, das Erbe der Aufklärung und des Kolonialismus zu annullieren; es ist stattdessen das schwierigere Vorhaben, die »Früchte« der Aufklärung durch und für die postkoloniale Welt zurückzugewinnen und zu rekonfigurieren.

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