Thesis2011

Kriegspropaganda in der Habsburgermonarchie im Zuge des Ersten Weltkriegs: eine Analyse anhand fünf ausgewählter Zeitungen

In: Diplomarbeit

Abstract

Inhaltsangabe: Einleitung: Propaganda ist zeitlos. Sie ist nicht an bestimmte Gesellschaftsformen gebunden und tritt überall dort in Erscheinung, wo es um die Durchsetzung von Machtansprüchen geht. Der Erste Weltkrieg stellt in der Geschichte der Propaganda einen wichtigen Markstein dar, da man in der Zeit zwischen 1914 und 1918 begann, die propagandistischen Techniken zu verfeinern und systematisch auszubauen. Die beiden anfangs angeführten Zitate versinnbildlichen – auch in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge – die Entwicklung von Propaganda im 20. Jahrhundert. Das erste hat seinen Ursprung am Anfang des 20. Jahrhunderts und illustriert den Beginn der sukzessiven und systematischen Verwendung von Propaganda als Mittel der Kriegsführung. Das Zweite, zum Ende des 20. Jahrhunderts angesiedelt, macht deutlich, dass sich Propaganda in ihren Ausprägungen nicht nur auf Kriegszeiten beschränkt, sondern dass auch in Friedenszeiten sowohl ihre Techniken weiter Verwendung finden als auch die Strukturen der propagandageleiteten Kommunikation weiter bestehen.' Warum eine Arbeit zum Thema Propaganda? Sinn und Zweck der Geschichtsschreibung und somit auch meines Studiums der Geschichte ist es, Vergangenes verständlich zu machen, Sinnstrukturen aufzudecken. Hierbei war und ist der Begriff der Propaganda von gesellschaftlicher Relevanz. Dies zeigt auch Thymian Bussemer auf, der sein Buch 'Propaganda: Konzepte und Theorien' mit folgendem Satz beginnt: 'Die Auseinandersetzung mit politischer Propaganda ist eines der zentralen Themen des 20. Jahrhunderts gewesen'. 1.1, Eingrenzungen: Der Titel der Arbeit beinhaltet die Begriffe 'Kriegspropaganda' und 'Habsburgermonarchie', welche schon auf eine zeitliche und räumliche Abgrenzung des Themas hindeuten. Die Beschäftigung mit einem Begriff, der in einem solch umfassenden Ausmaß gebraucht wird, wie es beim Terminus 'Propaganda' der Fall ist , verlangt eine dementsprechende Verengung des Arbeitsfeldes. Diese erfolgt zum einen durch die Fokussierung auf den Ersten Weltkrieg, da dieser in mehrerlei Hinsicht eine Zäsur darstellt. Eine Eingrenzung wird hierbei durch zwei zeitliche Eckpunkte erreicht, welche den Themenbereich auf einen ganz bestimmten zeitlichen Abschnitt begrenzen – die Ermordung des Kronprinzen und seiner Gattin (29. 06. 1914), sowie der Zeitpunkt der österreichisch-ungarischen Kapitulation (03. 11. 1918). Zum anderen schränkt der Fokus auf die Propaganda der Habsburgermonarchie den Themenkomplex in räumlicher und sozialer Hinsicht ein. 1.1.1, Erster Weltkrieg: Der Erste Weltkrieg bewirkte in politischer, wirtschaftlicher sowie kultureller Hinsicht den Zusammenbruch des 'alten Europas'.'1) politisch, da die bisherige europäische Mächtekonstellation kollabierte; 2) wirtschaftlich, da die Weltwirtschaft des 19. Jahrhunderts zusammenbrach; 3) kulturell, da durch den Krieg und die Kriegspropaganda Gemeinsamkeiten ins Abseits rückten und stattdessen Egoismus und Nationalismus in den Vordergrund traten.'Dies sind nur einige der Gründe, weshalb der Erste Weltkrieg oftmals als 'Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts' benannt wird. In Bezugnahme auf das Feld der Propaganda stellt der Erste Weltkrieg insofern einen Einschnitt in deren Entwicklung dar, als das Techniken und Mittel der Beeinflussung in einer bisher noch nicht da gewesenen Art und Weise systematisiert angewandt wurden. Dies betrifft sowohl die Qualität als auch die Quantität der Kommunikation. Technische Errungenschaften machten es möglich, ein Massenpublikum binnen kurzer Zeit anzusprechen. Eigens dafür geschaffene Institutionen beschäftigten sich mit dem Feld der Meinungslenkung. In Österreich-Ungarn wurden dazu Institutionen wie das Kriegspressequartier (KPQ) oder das Kriegsüberwachungsamt (KÜA) ins Leben gerufen. 1.1.2, Österreich-Ungarn: Dass der Fokus auf Österreich-Ungarn gelegt wurde, hat mehrere Gründe. Zum einen kommt hier persönliches Interesse ins Spiel, da sich die Thematik der Habsburgermonarchie im Laufe meines Studiums der Geschichte als für mich interessant herausstellte. Zum anderen hat die vermehrte Beschäftigung mit der Thematik gezeigt, dass die Habsburgermonarchie in Darstellungen den Ersten Weltkrieg betreffend selten als eigener Akteur vertreten ist bzw. oftmals mit dem Deutschen Reich gleichgesetzt wird.' 1.1.3, Ziele der Arbeit, Problemstellung und Literatur: Obwohl es schon zahlreiche Monographien, Studien und Aufsätze gibt, welche sich mit dem österreichisch-ungarischen Kaiserreich zur Zeit des Ersten Weltkriegs befassen , fällt der Fokus auf den Bereich der Propaganda meist spärlich aus. So gibt es Literatur zu speziellen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Aspekten der Habsburgermonarchie in der Zeit zwischen 1914 und 1918.' Was das Feld der Propaganda in der österreichisch-ungarischen Monarchie betrifft, so wurden bereits einige Arbeiten zu speziellen Aspekten dieses Themas veröffentlicht.'Was die Thematik der Propaganda in österreichisch-ungarischen Zeitungen betrifft, so finden sich dazu nur sehr wenige Werke.'Es zeigt sich somit, dass bereits eine rein quantitative Betrachtungsweise der zur Thematik verfügbaren Literatur Forschungslücken aufzeigt. Bei der analytischen Aufarbeitung der hier verwendeten Literatur wurden zudem einige Punkte offensichtlich, welche für die Beschäftigung mit dem Thema typisch erscheinen. 1. Es gibt nur sehr wenige Arbeiten, welche sich explizit mit der Propaganda im Ersten Weltkrieg auseinandersetzen. Ist dies der Fall, dann beschränkt sich die Auseinandersetzung entweder auf einen Teilaspekt von Propaganda'oder es fehlt eine genaue Begriffsbestimmung bzw. -abgrenzung.'So ist zum Beispiel in der 'Enzyklopädie Erster Weltkrieg' der Propaganda ein eigenes Kapitel'gewidmet. Dort wird zwar auf die Wirkung und Art der Propaganda eingegangen, eine Beschreibung der angewandten Techniken ist jedoch nur andeutungsweise zu finden. 2. Es gibt Arbeiten, die sich speziell mit dem Begriff der Propaganda auseinandersetzen.'Hier wird Propaganda definiert und meist nur überblicksmäßig an verschiedenen historischen Kontexten angewandt. Diese Anwendung ist'jedoch – alleine schon aus Platzgründen – meist nur sehr allgemein gehalten. 3. Der dritte Punkt, der augenscheinlich wird, ist, dass, – wie schon oben erwähnt –, Österreich-Ungarn meist ausgespart wird. Wenn von der Propaganda der Mittelmächte die Rede ist, beziehen sich die Schilderungen zum überwiegenden Teil auf das Deutsche Reich. Diese Arbeit versucht den festgestellten Aspekten Rechnung zu tragen. Es soll eine Definition von Propaganda gefunden werden, welche Propaganda vom historischen Kontext unabhängig beschreibt. Strukturen von Vergangenem sind natürlich nicht eins zu eins auf die Gegenwart übertragbar – das trifft auch auf die Strukturen von Propaganda zu –, dennoch stellen sie ein Grundgerüst dar, welches sich im Laufe der Zeit verändert und welches als Schablone genutzt werden kann, um Kontinuitäten bzw. Veränderungen aufzuzeigen. Bei diesem Unterfangen wird die Geschichte des Begriffs von Bedeutung sein. Ist der Begriff geklärt, so kann das erarbeitete Schema auf den historischen Kontext der Habsburgermonarchie im Ersten Weltkrieg angewendet werden. Damit soll ein Beitrag geleistet werden, um den in den Punkten 2. und 3. aufgezeigten Forschungslücken Rechnung zu tragen. Im Zuge dessen kommen sowohl qualitative als auch quantitative Methoden zum Einsatz. Diese Analyse kann jedoch nur fragmentarisch ausfallen. Die Arbeit ist also als Versuch zu sehen, das komplexe Phänomen der Propaganda in der Habsburgermonarchie im Ersten Weltkrieg in einen Rahmen zu kleiden. Als Objekte der Analyse wurden Tageszeitungen der Habsburgermonarchie in deutscher Sprache mit unterschiedlichen politischen Gesinnungen gewählt. Die Analyse soll mögliche Unterschiede der Berichterstattung zwischen den Tageszeitungen zu bestimmten Zeitpunkten aufzeigen. Die Zeitpunkte wurden so gewählt, dass sie einschneidende Entwicklungen im Kriegsverlauf markieren. Ebenso kann ein Längsschnitt, also der Vergleich der Berichterstattung der gewählten kriegswichtigen Zeitpunkte untereinander, aufschlussreich sein. Als Hypothese wird angenommen, dass sich in Österreich-Ungarn ab Kriegsbeginn 1914 ein Propagandaapparat herausbildete – bzw. der bereits vorhandene auf die Gegebenheiten des Krieges umstellt wurde –, mithilfe dessen es der kaiserlichen Regierung und der Militärführung mittels der Presse möglich war, Einfluss auf die Bevölkerung – im In- und Ausland – zu nehmen. Weiters wird angenommen, dass die dabei verwendeten Techniken sukzessive weiterentwickelt, verfeinert und professionalisiert wurden. Ziel soll es sein, propagandadurchsetzte Kommunikation bei den ausgewählten Medien im Untersuchungszeitraum aufzuzeigen. Der Fokus liegt also klar auf der Enttarnung der Propaganda und weniger auf dem Enttarnen der einzelnen Propagandisten/-innen. Genau diese Aspekte werden im Folgenden beleuchtet. Begonnen wird dabei mit der Begriffsklärung und Definition von Propaganda. Ich stütze mich dabei auf einen von mir verfassten, 2007 in der Online-Zeitschrift Rheton erschienenen Artikel 'Was ist Propaganda?', welcher zum Zweck dieser Arbeit weiter ausgebaut und speziell – dort, wo es notwendig erscheint – an die Thematik des Ersten Weltkrieges angepasst wurde.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: 1.Einleitung5 1.1Eingrenzungen6 1.1.1Erster Weltkrieg6 1.1.2Österreich-Ungarn7 1.1.3Ziele der Arbeit, Problemstellung und Literatur7 2.Propaganda10 2.1Begriffsgeschichte10 2.2Folgerungen16 2.3Typen des Verständnisses von Propaganda16 2.4Definitionen von Propaganda18 2.5Kommunikationsmodelle20 2.6Paradigmen der Propagandaforschung23 2.7Zusammenfassung25 3.Historischer Kontext28 3.1Zeitungen in Österreich-Ungarn zur Zeit des Ersten Weltkrieges28 3.1.1Zeitungen als Träger und Produzenten von Propaganda28 3.1.2Zeitungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts29 3.1.3Zeitungen im Krieg31 3.1.4Zugeschriebene und tatsächliche Medienwirkung32 3.2Zeitungslandschaft Österreich-Ungarns 1848-191535 3.3Die analysierten Zeitungen39 3.3.1Die Illustrierte Kronen-Zeitung (Österreichische Kronen-Zeitung)40 3.3.2Die Neue Freie Presse41 3.3.3Die Arbeiter-Zeitung43 3.3.4Die Reichspost44 3.3.5Die Wiener Zeitung45 3.4Die Situation um 191446 3.4.1Warum Krieg?46 3.4.2Die Situation Österreich-Ungarns49 3.4.3Die Presselenkung in Österreich-Ungarn50 3.4.4Zusammenfassung55 4.Entwicklung des Analyseschemas57 4.1Theoretische Annäherungen an die Analyse von Propaganda57 4.1.1Merkmale von Propaganda nach Bussemer57 4.2Eckpunkte der Analyse der Propaganda61 4.2.1Definition von Propaganda64 4.2.2Ziel und Umfang der Analyse65 5.Die Methodik67 5.1Die qualitative Inhaltsanalyse67 5.2Strukturierende Inhaltsanalyse nach Mayring68 5.2.1Die strukturierende Inhaltsanalyse im Zuge dieser Arbeit68 5.2.2Ablaufplan der Analyse69 6.Die Ergebnisaufbereitung73 6.1Die Ablehnung der Begehrnote durch Serbien: 25. Juli 191474 6.1.2Zusammenfassender Vergleich der Berichterstattungen80 6.2Der Kriegsbetritt Italiens: 23. Mai 191584 6.2.2Zusammenfassender Vergleich der Berichterstattungen91 6.3Die Brussilow-Offensive: 4. Juni 191694 6.3.2Zusammenfassender Vergleich der Berichterstattungen99 6.4Der Tod von Kaiser Franz Joseph: 21. November 1916101 6.4.2Zusammenfassender Vergleich der Berichterstattungen107 6.5Der Kriegseintritt der USA: 6. April 1917109 6.5.2Zusammenfassender Vergleich der Berichterstattungen116 6.6Zeitungsinterner Vergleich119 6.6.1Neue Freie Presse119 6.6.2Die Reichspost122 6.6.3Wiener Zeitung (Wiener Abendpost)124 6.6.4Die Arbeiter-Zeitung126 6.6.5Die Illustrierte Kronen Zeitung129 6.7Gesamtvergleich der Berichterstattungen132 6.7.1Zusammenfassung134 6.7.2Interpretation der Ergebnisse nach Rosenberger136 7.Schlussbemerkungen und Ausblick138 8.Literatur und Abbildungen142 8.1Auflistung der analysierten Zeitungsartikel146 8.2Abbildungen147 9.Anhang150Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.4, Die Situation um 1914: Nachdem in den vorigen Kapiteln die Arbeit im Hinblick auf deren Ausrichtung eingegrenzt und das verwendete Vokabular definiert wurde, fällt der Fokus der Betrachtung nun auf den Ersten Weltkrieg als solchen. Fokussiert werden zum einen die Ursachen für dessen Entstehung, da diese den historischen Hintergrund darstellen, der – wie schon im ersten Kapitel aufgezeigt – das Basisverständnis für die anschließende Analyse liefert. Zum anderen erscheint es sinnvoll auf die konkrete Situation der Habsburgermonarchie im Krieg näher einzugehen. Weiters werden die speziellen historischen Rahmenbedingungen der habsburgischen Presselandschaft ins Auge gefasst: Welche Versuche gab es, die Presse in die gewünschten Bahnen zu lenken? Welche institutionellen Rahmenbedingungen (Gesetze, Maßnahmen, Institutionen) gab es, um eine Lenkung der Presse zu ermöglichen? Zusammengefasst: Wie wurde Presselenkung – mit Fokus auf Zeitungen – betrieben? 3.4.1, Warum Krieg? Was waren die Ursachen, die zur Eskalation führten? Warum geriet das seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts bestehende europäische Mächteverhältnis in eine derartige Schieflage, dass Krieg als einzig Lösung offen blieb? Zunächst hatte es zu Beginn des Jahrhunderts eher nach zwischenstaatlicher Einigung denn nach Weltkrieg ausgesehen. Zwei Friedenskonferenzen schürten diese Hoffnung und brachten ein kodifiziertes Völkerrecht hervor. Die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung schien ihren Teil zu einer friedlichen Koexistenz beizutragen. Industrielles Wachstum, wirtschaftliche Expansion und, damit einhergehend imperialistische Ausdehnungspolitik führten zur Herausbildung einer 'Pentarchie' – was den europäischen Mächtekanon betraf. Zu den fünf Großmächten Europas gehörten England, Deutschland, Frankreich, Österreich-Ungarn und Russland. Zudem wurde der Einfluss der außereuropäischen Staaten Japan und USA im Laufe der Zeit immer bedeutender. Erfolgte die Lösung der Konflikte – welche sich zwangsläufig durch die expansiven Bestrebungen der einzelnen Staaten ergaben – bis 1914 durchwegs auf diplomatischen Wege, wobei dem Verlierer die Möglichkeit zur Wahrung des eigenen Gesichts gelassen wurde¬, so zeichnete sich schon in dieser Periode eine Verschärfung der Konflikte und eine zunehmende Frontenbildung ab. Dies mündete auf der einen Seite in der Bildung des 'Zwei- bzw. Dreibundes' (mit Italien) zwischen Deutschland und der österreichisch-ungarischen Monarchie und auf der anderen Seite in der Herausbildung der 'Entente Cordiale' zwischen England und Frankreich, zu der später noch Russland hinzukommen sollte. Die Aufspaltung in zwei Lager führte zu einem Wettrüsten aller beteiligten Parteien. Die Krisen des beginnenden 20. Jahrhundertes, seien es die Marokkokrisen, die Konflikte am Balkan oder die Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers, trugen allesamt zur Verschärfung der Situation bei. Jeder Staat hatte seine eigene Position im Machtgeflecht. Es können somit externe und interne (innenpolitische) Faktoren unterschieden werden. Erstere waren das oben schon beschriebene Bündnissystem, das Wettrüsten und der vorherrschende Imperialismus aller beteiligten Parteien. Letztere müssen staatendifferenter betrachtet werden. Allen gemeinsam waren die Konfliktpotentiale innerhalb des eigenen Herrschaftsraumes. Seien es nun, wie im Fall der Habsburgermonarchie, die Loslösungsbestrebungen einzelner Volksgruppen oder – dem generellen Zeitgeist entsprechende – Forderungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen (zum Beispiel der Arbeiter/-innenschaft): Diese aufkeimenden Konfliktpotentiale versuchte man nach außen zu verlagern. Der äußere Feind sollte die innenpolitischen Spannungen unwichtiger und zweitrangig erscheinen lassen. Zusammenfassend lassen sich nach Bernhard Rosenberger sechs Ursachen, die zu Ausbruch des Ersten Weltkrieges führten, ausmachen: 1. Internationale Ursachen: Es gab eine Anzahl an Konfliktherden in ganz Europa: Deutschland stritt mit Frankreich um das Gebiet um Elsass-Lothringen. Österreich-Ungarn und Russland kämpften um die Vormachtsstellung am Balkan und um die Gebiete des ehemaligen, nun im Zerfall begriffenen Osmanischen Reiches. Österreich-Ungarn wollte die serbischen Großmachtsbestrebungen unterbinden und seine eigene Position am Balkan sichern. 2. Militärische Gründe: Das allgemeine Wettrüsten führte zu einer Militarisierung der Politik, was die Optionen derselben weniger werden lies. Deutschland und England rüsteten zur See und ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in Frankreich, Deutschland und Russland Pläne zur Vergrößerung der Armeen umgesetzt. Das Bündnissystem bewirkte, dass sich Deutschland mehr und mehr eingekesselt fühlte und sich deshalb auf das Bündnis mit Österreich-Ungarn konzentrierte. Gerd Krumreich weist zudem auf Fehleinschätzungen die Kriegsdauer sowie die Beschaffenheit des Heeres betreffend hin, welchen die führenden Militärs dieser Zeit unterlagen. 3. Wirtschaftliche Ursachen: Die wachsenden Industrien der europäischen Staaten suchten nach Absatzmärkten und neuen Rohstoffquellen in Übersee. England bekam zunehmend wirtschaftliche Konkurrenz von Deutschland, das zur Handelsmacht aufgestiegen ist. Deutschland und Russland waren Konkurrenten was den Getreidehandel betraf. Eine Ausnahme stellte die Stahlindustrie dar, in der es starke Verflechtungen der Staaten untereinander gab. 4. Innenpolitische soziale Einflussfaktoren: Die inneren Konflikte wurden nach außen getragen. Innerhalb der österreichisch-ungarischen Monarchie vermehrten sich die Spannungen zwischen den aufkeimenden nationalen Bewegungen. Die Monarchie verstärkte ihre außenpolitischen Bestrebungen, um von den innenpolitischen Problemen Abstand zu nehmen und um das Prestige als 'Großmacht' zu bestätigen. In Deutschland versuchte man durch außenpolitische Erfolge die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen zu einen. Ein äußerer Feind bedeutete zudem mehr inneren Zusammenhalt. 5. Der Zeitgeist: Durch den vorherrschenden Imperialismus bzw. Nationalismus erschien Krieg immer mehr als legitimes Mittel der Konfliktbereinigung. Jede Nation fühlte sich anderen gegenüber überlegen. Deutschland wollte zu den anderen Großmächten aufschließen, welche ihrerseits um die angestammten Positionen rangen. 6. Individuelle Fehlentscheidungen: Die tragenden Entscheidungen können auch an Personen, welche die Entscheidungsmacht hatten, festgemacht werden. Politischen Entscheidungsträger/-innen war es vorbehalten über Krieg und Frieden zu entscheiden. Andrej Mitrovic führt die österreichisch-ungarische Beamt/-innenschaft als gewichtigen Faktor an. Laut ihm kam es zu einer Überbetonung des Konflikts mit Serbien, was in einer aggressiveren Politik dem Königreich gegenüber mündete.

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