Thesis2009

Die DDR-Fluggesellschaft "Interflug" und deren Rolle in deutsch-deutschen Beziehungen und die Bedeutung für die Außenpolitik der DDR

Abstract

Inhaltsangabe: "Der Himmel mit seinen Luftstraßen erscheint uns ohne Grenzen oder Hindernisse. Und doch war der Luftraum innerhalb Deutschlands nahezu ein halbes Jahrhundert getrennt. […] Zwischen 1945 und 1990 gab es daher so gut wie keine Verbindung zwischen den auf dem Gebiet der zivilen Luftfahrt tätigen Menschen Deutschlands." Dieses Zitat gibt gut die Situation wieder, in der sich der zivile Luftverkehr im geteilten Deutschland zwischen 1945 und 1990 befand. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 und der Gründung beider deutscher Staaten 1949 begann auch eine Zeit der getrennten und gegeneinander ausgerichteten Außenpolitiken. Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) versuchte im Bereich der innerdeutschen Beziehungen in den Anfangsjahren so schnell wie möglich die Wiedervereinigung anzustreben. Als dieser Plan Mitte der 1950er Jahre aber aufgegeben werden musste, da die Erfolgsaussichten zu gering waren, ging man dazu über, sich als alleinigen rechtmäßigen deutschen Staat auf internationaler Bühne zu präsentieren. Dieser Alleinvertretungsanspruch prägte über fast 15 Jahre die Außenpolitik der BRD. Mit der Hallstein-Doktrin (benannt nach dem damaligen Staatssekretär im Auswärtigen Amt Walter Hallstein) von 1955 ging man noch einen Schritt weiter: es wurde allen Staaten mit den Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht, wenn diese eben solche mit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) aufnehmen sollten und den Staat damit faktisch anerkennen würden. Damit verhinderte die Bundesrepublik "bis 1972 die Aufnahme normaler diplomatischer Beziehungen der DDR zu den Ländern der westlichen Welt und zur Mehrzahl der Entwicklungsländer,…" Doch welche Reaktion zeigte darauf eigentlich die DDR selbst? Deren Außenpolitik beruhte nach Ansicht einiger Wissenschaftler bis etwa 1970 auf zwei Zielen: Einerseits wollte man eine Internationalisierung des sozialistischen Systems erreichen; Andererseits wurde auf eine Kooperation mit dem kapitalistischen Ausland abgezielt, die dem eigenen Staat den größtmöglichen Nutzen bringen sollte. Die außenpolitische Führung des ostdeutschen Staates ging dabei sehr konsequent vor. Alle Bereiche, sei es Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport, Verkehr, etc., wurden den beiden großen Hauptzielen untergeordnet. Letztendlich ging man immer davon aus, dass die Zusammenarbeit in einem bestimmten Feld später auch andere Politikbereiche beträfe und damit auch dort eine bessere zwischenstaatliche Kooperation von Nöten wäre. Der Endpunkt würde dann mit der Anerkennung der DDR durch den jeweiligen Partnerstaat erreicht sein. Natürlich lag dabei besonders das westliche, nicht-sozialistische Ausland im Zentrum der Anstrengungen. Nur durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu kapitalistischen Staaten konnte die DDR dem westdeutschen Alleinvertretungsanspruch effektiv entgegentreten und diesen aushöhlen. Auch auf dem Feld der zivilen Luftfahrt war das der Fall. Besonders hier, in einem der wohl internationalsten Bereiche des Verkehrs überhaupt, wo eine enge Zusammenarbeit zwischen einzelnen Staaten unumgänglich ist, waren die Möglichkeiten gegeben, Außenpolitik zu betreiben. Durch einen Beschluss des Ministerrates der DDR wurde am 01. Mai 1955 die 'Deutsche Lufthansa' (Ost) gegründet. Damit waren die Grundlagen zum Aufbau eines zivilen Luftverkehrs im Ostteil Deutschlands gegeben. Drei Jahre später gründete man dann aus namensrechtlichen Gründen die 'Interflug, Gesellschaft für internationalen Flugverkehr mbH'. In den folgenden Jahrzehnten bis zum Ende der DDR 1990 spielte dieses Unternehmen eine entscheidende Rolle. Dem außenstehenden Beobachter stellt sich aber auch die Frage, ob sich dessen Einfluss nur auf den Luftverkehr beschränkte, oder damit auch außenpolitische Absichten verfolgt wurden? Wie oben bereits erwähnt ist gerade die Luftfahrt ein Feld, was sich durch eine enorme Internationalisierung auszeichnet, welche gekennzeichnet ist durch ein sehr tiefgreifendes Zusammenspiel zwischen den einzelnen Partnern, in der Regel eben Staaten. Daher wäre es ja nur verständlich, diesen Verkehrsbereich auch für andere politische Ziele zu nutzen. War dies auch in der DDR der Fall, insbesondere in den Beziehungen zum nicht-sozialistischen Ausland? Wollte man damit den Alleinvertretungsanspruch und die Hallstein-Doktrin der westdeutschen Seite umgehen? Wie ging man dabei vor? Warum versuchte die DDR mit bestimmten Ländern ein Luftverkehrsabkommen zu schließen? Was waren die Intentionen eben jener Verkehrs- beziehungsweise Außenpolitik? Und welche Folgen hatte das dann auch für die deutsch-deutschen Beziehungen? Diese und eine Vielzahl weiterer Fragen versucht die hier vorliegende Arbeit zu beantworten. Gang der Untersuchung: Insgesamt gliedert sich die hier vorliegende Arbeit in sieben Kapitel. Der erste Teil gibt eine Einführung zur Thematik wieder und behandelt nebenbei den Aufbau und die Quellenlage zu dieser Problemstellung. Gerade im letzten Bereich gibt es doch einige Besonderheiten, sodass hier durchaus eine detailierte Analyse notwendig ist. Kapitel zwei geht auf allgemeine Angaben zum zivilen Luftverkehr der DDR ein. Das beinhaltet die Situation zu Beginn des Luftverkehrs der DDR bis etwa Anfang der 1960er Jahre. Weiterhin werden Konzeptionen für die Beziehungen zu nichtsozialistischen Staaten dargestellt, aber auch einfache Perspektivpläne der DDR für den Bereich der Zivilluftfahrt sind darin enthalten, sowie Ausarbeitungen über die Rolle des Flughafens Berlin-Schönefeld und Statistiken. Ohne eine solche Darstellung wäre es nur schwer möglich, die weitere Analyse der Luftverkehrsbeziehungen zu verstehen. Die darin enthaltenen Grundlagen geben schon einen ersten guten Überblick über die eigentlichen Absichten der DDR in diesem Politikbereich wieder, wenngleich sich auch jeder einzelne Problempunkt von den anderen abhebt und es auch zwischen den einzelnen Staaten große Unterschiede gibt. Im folgenden Teil werden die Luftverkehrsbeziehungen zwischen der DDR und der BRD bis etwa 1980 dargestellt. Das reicht von den anfänglichen Beziehungen der beiden deutschen Staaten in diesem Bereich, über plötzliche Politik- und Strategiewechsel bis hin zu wirtschaftlichen Problemen für die einzelnen Seiten. Es steht außer Frage, dass bei einer Analyse des DDR-Luftverkehrs im Bezug zur Außenpolitik eine Erörterung der Beziehungen zur BRD nicht fehlen darf. Für beide Staaten stand der jeweilige Gegenüber fast immer im Zentrum der politischen Arbeit. Somit ist eine Auseinandersetzung mit diesem Problemfeld unumgänglich. Ähnlich verhält es sich mit den Luftverkehrsbeziehungen zu Österreich, die im nächsten Kapitel behandelt werden. Auch hier spielte der Ost-West-Konflikt eine große Rolle. Und auch hier war der Einfluss Westdeutschlands auf die Politik der Alpenrepublik immer von großer Bedeutung. Somit ist es nicht verwunderlich, dass auch dieses Land mit in den Fokus der Arbeit gerät. Interessanterweise gab es in den Luftverkehrsbeziehungen zu Österreich immer wieder Schwankungen. Zwischen 1960 und 1970 bestand eine recht gute Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern auf diesem Gebiet. Ab etwa 1968 änderte sich die Situation unter dem wachsenden Druck der BRD wieder. Später kam es erneut zu einem Kurswechsel der österreichischen Politik. Der wechselvolle Ablauf der Beziehungen erfordert daher eine nähere Erläuterung. Das fünfte Kapitel gibt zwei ausgewählte Beispiele für die luftverkehrspolitischen Beziehungen der DDR wieder. Zum einen handelt es sich dabei um Zypern und zum anderen um Finnland. Bei beiden Ländern gibt es entscheidende Gründe für diese Wahl. Zypern war im Bereich des Luftverkehrs der erste nichtsozialistische Staat, mit dem die DDR Beziehungen anstrebte und später aufnahm. Auch die besondere politische Situation des Inselstaates hatte einen gewissen Einfluss für das Vorgehen der ostdeutschen Politik gehabt. Zypern war erst 1960 in die Unabhängigkeit entlassen worden, zwischen den verschiedenen Volksgruppen auf der Insel kam es aber immer wieder zu Unruhen. Und gerade solche politischen Geschehnisse beeinflussten oft das Handeln der DDR. Auch in den Unabhängigkeitsentwicklungen in Afrika versuchte die Staatsführung immer wieder, sich auf die Seite der neugegründeten Staaten und gegen die alten, meist nichtsozialistischen Kolonialmächte zu stellen. Somit stellte auch Zypern außenpolitisch eine große Herausforderung für die DDR dar. Anders, aber dennoch nicht uninteressant, verhält es sich mit Finnland. Schon zu Beginn der 1960er Jahre gab es in Ostdeutschland Bestrebungen zur Aufnahme eines Flugverkehrs mit Finnland. Doch besonders hier versuchte die BRD ihren großen Einfluss geltend zu machen und den nordeuropäischen Staat von etwaigen vertraglichen Regelungen mit der DDR abzuhalten. Die Gründe, mit denen die westdeutsche Führung das versuchte, sind für eine tiefgreifende Analyse der deutsch-deutschen Beziehungen durchaus von Interesse. Das vorletzte Kapitel fasst die bisherigen Ergebnisse nochmals zusammen und befasst sich mit der abschließenden Frage, ob die zivile Luftverkehrspolitik der DDR tatsächlich auch eine Außenpolitik war? Wollte man damit den eigenen Status Quo im Bereich der internationalen Beziehungen erhöhen? Oder verfolgte man doch nur rein verkehrspolitische Ziele? Im letzten Teil der Arbeit werden dann die verwendeten Quellen wiedergegeben, untergliedert in Akten, Literatur, Zeitungsartikel und Sonstiges. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Analyse der Luftverkehrspolitik der DDR sehr umfangreich ist, vor allem wenn diese im Bezug auf die außenpolitische Rolle vorgenommen wird. Es ist aber quantitativ einfach nicht möglich, sich mit den einzelnen Beziehungen zu allen Staaten zu befassen. Darunter würde auch die Qualität leiden. Daher wird sich nur mit ausgewählten Beispielen befasst, geben diese doch einen guten Überblick über das hier zu behandelnde Themenfeld. Wie oben schon erwähnt soll dabei aber nicht die Außenpolitik der DDR im Mittelpunkt stehen. Vielmehr wird sich mit den luftverkehrspolitischen Zielstellungen befasst und welche Absichten damit verfolgt wurden.

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