Thesis2008

Der Beitrag der Frau zum literarischen Leben in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

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Abstract

Inhaltsangabe: Eine männlich dominierte Gesellschaft – und als solche möchte ich auch die heutige (noch) bezeichnen – hat keine geschlechtsneutrale Literaturgeschichte, -wissenschaft und –Kritik. Ihre Ansichten und Interessen sichert sie sich mittels literarischen Rangvorstellungen und Wertungen. Ergo ist ihrem Literaturkanon und den Kriterien, die den Zugang hiezu ermöglichen, zunächst und bis auf weiteres zu misstrauen. Um die Literatur von Frauen angemessen und möglichst wertfrei beurteilen zu können, ist es unumgänglich, die Bedingungen zu studieren, unter denen sie geschrieben haben und unter denen sie gelesen wurden. Man muss die Bildungs- und Sozialgeschichte ebenso berücksichtigen wie die Struktur des literarischen Lebens. So hatten es die in dieser Arbeit besprochenen Frauen (Dichterinnen) in den Institutionen des literarischen Lebens fast ausschließlich mit Männern zu tun, die 'selbstherrlich' nach ihren' Maßstäben entschieden, ob ein Werk überhaupt gedruckt, verlegt und tradiert wurde. "In den vergangenen Jahrhunderten gab es eine umfangreiche literarische Produktion von Frauen, über die in Literaturgeschichten nur wenig nachzulesen ist. Verantwortlich dafür sind zunächst die bestehenden Herrschaftsverhältnisse im gesellschaftlichen Ganzen. Literaturgeschichte ist ein Teil der Geschichte des gesellschaftlichen Ganzen, und so wie diese als Geschichte einer männlich strukturierten Gesellschaft die Beiträge der Frauen nicht objektiv darstellt, so auch nicht die Literaturgeschichte." Wie Recht die Schreiberin dieser Zeilen hat, wurde mir klar, als ich mich erstmals ernsthaft mit dem Thema dieser Arbeit auseinanderzusetzen begann. Wäre ich nach den herkömmlichen Literaturlexika und –geschichten gegangen, das heißt, hätte ich nur die Dichterinnen bearbeitet und besprochen, die dort namentlich erwähnt werden – geschweige den behandelt – könnte diese Arbeit nach wenigen Seiten beendet sein. Bettina von Arnim, Annette von Droste-Hülshoff und eventuell Karoline von Günderode blieben mir zur Auseinandersetzung. Von der männlichen Eitelkeit oder Ignoranz der Literaturgeschichtsschreiber unter den Tisch gekehrt oder erst gar nicht hervorgeholt werden so bedeutende Frauen wie Rahel Varnhagen, Caroline Schlegel-Schelling, Dorothea Veit-Schlegel, Malwida von Meysenbug, Ida von Reinsberg-Düringsfeld, Louise von Plönnies, Louise Aston, Louise Dittmar, Louise Otto-Peters oder Ida Gräfin von Hahn-Hahn. Erst in den Letzten Monaten und Jahren sind uns einige Werke der zuletzt erwähnten Schriftstellerinnen dank einiger Verlage wie Fischer, dtv, Insel-Verlag und Luchterhand wieder zugänglich. Spät aber doch erfahren so diese Frauen die ihnen schon längst zustehende Beachtung und Ehrung. Wie sehr die Dichterinnen zu ihrer Zeit verachtet wurden, beweist uns Georg Gottfried Gervinus, der als Vater der deutschen Literaturgeschichtsschreibung gilt. Er war der Ansicht, dass Kreativität und Genie Männersache seien – nachzulesen im V. Band seines Werkes. Nach biologisch und auch ökonomisch gültigem Gesetz, so meinte Gervinus, fällt Frauen die passive und Männern die aktive Rolle zu. Für die Literatur bedeutet das also, dass Frauen die geborenen Leserinnen sind, während Männer zum Schreiben prädestiniert waren und sind. Ganz so unrichtig war Gervinus' Schluss nicht, jedoch verhinderte vor allem die gesellschaftlich fixierte Rolle der Frau, ihre Einzwängung in Haus und Familie eine eigenständige schöpferische Leistung. Die gesellschaftliche Rolleneinteilung, die damals ausdrücklich mit moralischen Gründen gerechtfertigt wurde, war in Wahrheit ein wohldurchdachter ideologischer Schachzug zur Sicherung bestehender Herrschaftsstrukturen. "Die Erwartungen gegenüber Literatur waren mit einer Vorstellung vom Künstler verbunden, wie sie bereits Goethe und Schiller in ihrem Schema über den Dilettantismus zum Ausdruck brachten. Der eigentliche Künstler hat demnach folgende Voraussetzungen zu erfüllen: 1. Beruf und Profession, 2. Ausübung der Kunst nach Wissenschaft, 3. schulgerechte Folge und Steigerung und 4. Anschluß an eine Kunst und Künstlerwelt." Es ist beinahe selbstverständlich, dass Frauen jener Zeit diese Erwartungen aufgrund ihrer gesellschaftlich fixierten Rolle kaum erfüllen konnten, es sei denn, dass sie die Rolle verletzten. Gang der Untersuchung: Diese Einleitung abschließen soll der Hinweis, dass die vorliegende Arbeit in drei Teile geteilt ist, nämlich in 'die Dichterinnen der Romantik', Annette von Droste- Hülshoff', die sich schwer einer Literaturepoche zuschreiben lässt - manche zählen sie zur Romantik, manche zum Biedermeier und wieder andere nennen sie Heimatdichterin -, und in 'die Dichterinnen im deutschen Vormärz'.

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