Kriegsangst als politischer Ratgeber: die Friedensbewegung - Sammelbecken erschreckter Betroffenheit oder Teil einer Kulturrevolution?
In: Mit Kriegsgefahren leben: Bedrohtsein, Bedrohungsgefühle und friedenspolitisches Engagement, S. 60-91
Abstract
Der Verfasser widmet sich der Frage nach der politischen Funktion von (Kriegs-)Angst. Nach einführenden, analytischen Betrachtungen der gegenwärtigen, politisch akzentuierten Diskussionen über Kriegsangst sowie nach differenzierten Überlegungen zur Sozio- und Psychodynamik der Angst und zur Problematik menschlicher Todesangst kommt der Verfasser zu dem Schluß, daß allein die öffentliche Thematisierung subjektiv erlebter Angst und Ohnmacht kein vielversprechender Weg ist, die (sicherheits-)politischen Verhältnisse zu ändern. Die Friedensbewegung habe demgegenüber nur Aussicht auf eine längerfristige Existenz und politische Wirkung, wenn an die Seite emotionaler Betroffenheit hohe kognitive Anstrengungen treten. Erst der bewußte Umgang mit gesellschaftlichen Problemen ermögliche den Fortgang jener begrüßenswerten kulturrevolutionären Veränderungen, an deren Anfängen auch die Friedensbewegung mitwirkte. Ziel dieser kulturrevolutionären Prozesse sei es, durch die kollektive, vernünftige Analyse und Kritik objektiver, gesellschaftlicher und subjektiver Strukturen zu einer gemeinsamen politischen Praxis zu gelangen, in der das Element der Verständigung gegenüber dem heute dominierenden "Exekutieren des technischen, strategischen und bürokratischen Beherrschens" ausgebaut und kultiviert werde. (TR)
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