Sammelwerksbeitrag(gedruckt)1992

Richterrecht statt Politik: zur zwangsweisen Wahrnehmung politischer Aufgaben durch die Justiz

In: Warum versagt unsere Politik?: Leistungsgrenzen politischer Institutionen in Deutschland, S. 71-80

Abstract

Richter übernehmen durch ihre Rechtsprechung in zunehmendem Maße Aufgaben, die eigentlich von der Legislativen bewältigt werden sollten. Ergebnis ist eine Politisierung der Justiz. Zwar gilt in der Verfassungstheorie das Prinzip der Gewaltenteilung. In der Verfassungswirklichkeit jedoch wendet die rechtsprechende Gewalt nicht nur Recht an, sondern schafft auch Recht. Beispiele aus dem Arbeits-, Zivil- und Strafrecht werden angeführt. Die Ursachen dafür, daß der Gesetzgeber seine rechtschaffenden Aufgaben nicht oder nur zögerlich wahrnimmt, werden zum einen in fehlendem parlamentarischem Konsens gesehen, um die für das Zustandekommen neuer Gesetze notwendigen Mehrheiten zusammenzubringen. Zum anderen werden hierfür soziale Entwicklungen verantwortlich gemacht, die dem starren und auf Dauer angelegten Gesetzesrecht vorauseilen. Letzten Endes wird die Entwicklung vom liberalen zum sozialen Rechtsstaat als Erklärung dafür angeführt, daß Richter zunehmend politische Entscheidungen fällen müssen. Ob die beschriebene Entwicklung umkehrbar ist oder umgekehrt werden sollte, wird offengelassen. Allerdings wird den Richtern eine besondere politische und gesellschaftliche Verantwortung zugewiesen. Die Lösung sieht der Autor in einer Beschränkung des Richters auf die Rolle eines "Ergänzungsgesetzgebers". (HA)

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