Wenn Tradition auf einmal mehr bedeutet: einige Beobachtungen zu biographischen Prozessen der Auseinandersetzung mit Religion
In: Migration und Traditionsbildung, S. 76-90
Abstract
Der Beitrag untersucht das Phänomen, daß Jugendliche oder Erwachsene sich ohne die Möglichkeit des Bezugs auf familiale Traditionalität plötzlich freiwillig und in voller Unabhängigkeit von Sektenrekrutierung in einer neuen Weise religiös und traditionsbewußt orientieren. In der Fallstudie wird diese Fragestellung noch besonders zugespitzt, weil es zugleich um eine Gender-Problematik geht, insofern Mädchen oder Frauen, die sich für eine Traditionalisierung entscheiden, sich freiwillig in eine Situation der Ungleichheit der Geschlechter begeben. Es erweist sich, daß Mangel an Traditionswissen biographisch als Verlust von Wahlmöglichkeit rekapituliert wird. Auf diese Weise wird die Paradoxie erklärbar, daß in der Umgebung eines laizistisch-liberal orientierten Elternhauses, wo kein "verpflanztes" traditionales Milieu mehr vorhanden ist, die Tradition orthodoxer religiöser Orientierung neu gebildet wird. (pre)
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