Sammelwerksbeitrag(gedruckt)2006

Qualitative Netzwerkanalyse

In: Methoden der Politikwissenschaft: neuere qualitative und quantitative Analyseverfahren, S. 287-296

Abstract

"Netzwerkanalysen legen ihren Schwerpunkt auf die Betrachtung von Akteurskonstellationen, von denen in der Governance- und Policyforschung angenommen wird, dass sie für den politischen Prozess und die Ergebnisse von Politik wichtig sind. Als Metapher oder analytische Kategorie kennzeichnet der Begriff 'Netzwerke' das Phänomen, dass politische Prozesse nicht nur in den dafür explizit vorgesehenen Organisationen und Institutionen, sondern auch oft in zu ihnen quer liegenden (informellen) Netzwerken und/ oder Seilschaften stattfinden und die über die Grenzen des politisch-administrativen Systems hinaus gehen können. Ihnen wird daher ein eigenständiger Status als politikfeldrelevante Einheiten zugesprochen. Das Netzwerkkonzept ist vor allem deshalb attraktiv, weil es zwischen Mikro- und Makroebene angesiedelt ist und als relationale Perspektive einen Ansatz bietet, um den Mechanismen, Regeln und Bedingungen von politischen Prozessen auf die Spur zu kommen. Es eignet sich sowohl dazu, die Strukturbezogenheit der Individualebene zu beleuchten, als auch dazu, die in der Individualebene begründeten Erklärungspotenziale für die strukturelle Perspektive fruchtbar zu machen. Eine qualitative Netzwerkanalyse interessiert sich vor allem für die Entstehung, Stabilisierung und Transformation von politikfeldrelevanten Netzwerken. Andererseits kann sie insbesondere darüber Aufschluss geben, in welchem Verhältnis Netzwerke, Interaktionen und subjektive Bedeutungszuschreibungen stehen und welche Konsequenzen dies für die Formulierung von konkreten Policies hat. Sie unterscheidet sich damit von der quantitativen Netzwerkanalyse, die die Beziehungen zwischen den Netzwerkmitgliedern meist als Austauschbeziehungen konzipiert und vor allem die ressourcenförmige Ausstattung der Mitglieder der Netzwerke oder die Häufigkeit ihres Aufeinandertreffens in den Vordergrund stellt. Für die Auswertung der Daten steht der interpretativen Netzwerkanalyse prinzipiell die gesamte Palette der sinnverstehenden und -rekonstruierenden Methodiken zur Verfügung. Wie für die meisten qualitativen Verfahren gibt es hier kein festes Regelwerk, nach der die Datenanalyse abläuft. Der Begriff 'qualitative Netzwerkanalyse' ist daher als Überschrift zur Bündelung von verschiedenen methodischen Zugängen zu verstehen, die je nach Fragestellung variieren, aber alle dem interpretativen Paradigma zuzuordnen sind. Typische Fragen und Perspektiven, die den Forschungsprozess zu einem Ziel hin organisieren, sind Fragen nach der Inklusion/ Exklusion von Akteuren, nach der Dimensionalität der Beziehungen zwischen den Akteuren, auf denen die Netzwerke beruhen und schließlich Fragen nach den in den Netzwerken relevanten Deutungsmustern und daraus abzuleitenden Interaktionspotenzialen und -ergebnissen. Die grundlegende Vorstellung ist, dass Netzwerke als Individuen verbindende und so Handlung strukturierende Gebilde fungieren." (Autorenreferat)

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