Kosmopolitismus in einem Land
In: Transnationale Gerechtigkeit und Demokratie, S. 311-339
Abstract
Der Beitrag nimmt eine kritische Bestandsaufnahme gegenwärtiger Modelle des Kosmopolitismus vor, die sich ausschließlich auf globale Ordnungsbildung konzentrieren. Im Gegenzug erinnert er an Merkmale der philosophischen Diskussion der Aufklärung, die unter Kosmopolitismus die politische Öffnung von Nationalstaaten für die Ansprüche von Fremden verstand. "Kosmopolitismus in einem Land" meint die Mitwirkung von Nichtmitgliedern an der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung: ein politischer Aktivismus, der formell oder informell einen weiteren, potenziell universellen "demos" inkludiert. Den Wurzeln dieses Gedankens geht der Verfasser in Benthams kosmopolitischer Vertragstheorie und in Kants Weltbürgerrecht nach. Die Mitwirkung Fremder kann nationalstaatlichen Demokratien epistemische Vorteile bringen, aber auch zu einer gerechteren Repräsentation der Interessen von Nicht-Staatsangehörigen führen. Im Unterschied zu supranationalen Gemeinwesen mit kosmopolitischen Zügen wie der EU betont der "Kosmopolitismus in einem Land" die Durchlässigkeit von Außengrenzen, nicht die Irrelevanz von Innengrenzen. Die resultierende Vielzahl überlappender Weltbürgergemeinschaften bilden jeweils transnationale Öffentlichkeiten aus, deren institutionelle harte Kerne die jeweiligen Einzelstaaten sind. (ICE2)
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