Demokratie und Religion
In: Europa und die Civil Society: Castelgandolfo-Gespräche 1989, S. 130-153
Thematisiert wird in dem Beitrag die Macht, mit der die Französische Revolution die politischen Begriffe des Staatsbürgers und der Bürgerrechte verändert hat. Es wird gefragt, ob es die Pflicht der Kirchen und anderer religiöser Gruppen ist, demokratische Verfassungen zu unterstützen, zu befürworten und zu ermutigen. Die tiefgreifenden Veränderungen im 19. Jahrhundert werden beschrieben, um dann zu zeigen, daß es nicht die Französische Revolution war, die demokratische Ideen als erste hervorbrachte, sondern daß in den Religionskriegen in Europa die Forderung nach Toleranz und Gewissensfreiheit aufgestellt wurde. Vor diesem Hintergrund wird der Zusammenhang von Demokratie und Rechtsstaat erörtert. Im Hinblick auf das Prinzip Freiheit werden die Bestandteile des modernen Verfassungsstaates herausgearbeitet. Dabei wird auch nach den Moralgrundsätzen gefragt, ausgehend davon, daß die Religionen Einfluß auf den politischen Charakter der Gesellschaft haben. Beispielhaft an der katholischen Kirche wird gezeigt, daß sich Demokratie und Religion als höchste moralische Autorität in der Gesellschaft entgegenstehen. Auf dem Umweg über die Moral wird aber auch der Zusammenhang zwischen Religion und politischem Handeln aufgezeigt. Die Überlegungen führen zu dem Schluß, daß eine Demokratie Moralisten als Träger von Charisma mit der Fähigkeit braucht, das Volk zu inspirieren. (ICA)