"Unter dem Stichwort 'Recht auf die Stadt' konstituieren sich weltweit neue städtische Protestbewegungen. Der Autor fragt nach den Ursprüngen und Inhalten des populären Slogans. Anhand zahlreicher Beispiele insbesondere aus Hamburg und Berlin zeigt er, wie Aufwertungsprozesse in der 'unternehmerischen Stadt' äußerst unterschiedliche soziale Gruppen zum Protest bewegen - von den Marginalisierten bis hin zum 'Aufstand der Mittelklasse'." (Autorenreferat)
Seit mehr als zehn Jahren wird in Städten weltweit über die "Kreative Stadt" debattiert. Doch können Städte Kreativität fördern? Aus einer stadtsoziologischen Perspektive wird zunächst gefragt, welche Möglichkeiten die Stadt zur Entfaltung von Kreativität bietet. Das Verhältnis von Kreativität und Stadt wird als eine Wechselwirkung konzipiert, bei der Städte besondere Gelegenheitsstrukturen und Möglichkeitsräume für die Entstehung und Bewertung von Kreativität darstellen können, die mit Anthony Giddens Strukturationstheorie als Regeln und Ressourcen interpretiert und in den Interaktionen, Beziehungen und Institutionen verortet werden, die mit und zwischen Kreativtätigen in Städten entstehen. Aus einer Governanceperspektive wird dann gefragt, welche sozialen und soziopolitischen Arrangements sich zur Koordination von Kreativität in Städten herausbilden. Im Fokus der empirisch-analytischen Untersuchung stehen horizontale Kooperationsformen wie Netzwerke und Steuerungskreise von kreativwirtschaftlichen und öffentlichen Akteuren deren Ziel die Unterstützung der kreativwirtschaftlichen Branchen ist. Diese Governancestrukturen werden als intermediäre Strukturen betrachtet, die für die Beförderung von Kreativität wesentliche Koordinations- und Vermittlungsleistungen erbringen können. In einem explorativen, multimethodischen, qualitativen Fallstudienansatz werden jeweils zwei Governancearrangements in Berlin und London untersucht. Allen gemeinsam ist, dass sie eher symbolische Funktionen erfüllen, die Kooperationsbereitschaft anzeigen als Abstimmungs- und Aushandlungsprozesse und die Erarbeitung gemeinsamer Problemdefinitionen und Lösungsansätze. Trotz intensiver "Kreative Stadt" - Diskussionen bildet "Kreativität als Ressource der Stadtentwicklung" noch kein Deutungsrahmen, mit dem sich politische Mehrheiten für gezielte Strategien in den Städten mobilisieren lassen. ; In the last decade, creativity has been promoted as the new key resource of urban development. From a governance perspective, the empirical-analytical inquiry focuses on the question how the 'creative city' has been translated into new governance processes and how creativity can be governed in cities. The empirical research draws on four governance arrangements between creative industries stakeholders and public bodies in Berlin and London and is based on an embedded multi-case-study-design with different qualitative methods such as interviews, content analysis and participant observation. These unfolding governance arrangements share objectively several productive features for success and policy innovation in that particular policy field: they combine a diversity of new actors and stakeholders in open and inclusive designs, exhibit passion and endurance of key actors, display a common interest and are matched by supportive, new strategic objectives from the two urban governments. Nevertheless, they also miss several features: a common frame of reference for defining a problem and for integrating disparate knowledge between all stakeholders, no prior cooperation experiences, hardly any financial resources, and eventually, a rather opportunistic and week commitment by urban governments. As in many other cities, the idea of a 'creative city' was rather used a 'rhetorical device' by urban politics to refashion existing policies instead of appropriate policy-making that supports cultural production in its multifaceted ways.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 3517-3527
"Wirths Definitionskriterien für Städte - Größe, Dichte und Heterogenität - prägten das wissenschaftliche Verständnis von Stadtentwicklung in der zweiten Hälfte des 20. Jh. Dabei war Bevölkerungswachstum durch Arbeitsmigration die 'normale' Entwicklungsdynamik, mit der diese Kriterien erfüllt wurden. Wachstum war so nicht nur in der Alltagswahrnehmung sondern auch in der Stadtforschung ein konstitutives Element des Stadtentwicklungs-Begriffs. Seit 2000 wird in Deutschland von einem Paradigmenwechsel in der Stadtentwicklung gesprochen. Dieser Paradigmenwechsel, aufgefasst als Prozess der Transformation von Deutungsmustern soll im Zentrum des Vortrags stehen, pointiert in der Frage, inwieweit das Schrumpfen von Städten die Deutungen von Stadtentwicklung so weit erschüttern kann, dass es zu Veränderungen kommt. Zur Beantwortung werden Ergebnisse einer Fallstudie vorgestellt, in der erstmals Deutungsmuster herausgearbeitet wurden, wie Stadtentwicklung von den Akteuren vor Ort vorbewusst konzipiert wird. Auf dem Hintergrund der verschiedenen Deutungsmuster wird der Schrumpfungsprozess teils als Fehlentwicklung, teils als Verlust zentraler Entwicklungsressourcen, teils als Bedrohung der Lebenswelt, neutral als neuer Entwicklungsmodus oder als positive Entwicklung gelesen. Mit Hilfe von Theorien zur Transformation von Deutungsmustern (Geertz, Sahlins, Oevermann, Schwab-Trapp) wurden die Befunde interpretiert. Wesentliches Ergebnis ist eine hegemoniale Denkfigur, die die Verfasserin als Modell eines sich selbst antreibenden Kreislaufs aus Wirtschaftswachstum und Stadtgestaltung bezeichne. Diese Denkfigur erfährt durch die Auseinandersetzung mit dem Schrumpfungsprozess Irritationen, die auf mögliche Veränderungen verweisen. Die Frage nach der Transformation von Deutungsmustern - und damit nach einem Paradigmenwechsel im soziologischen Sinne - kann mit ja beantwortet werden. Die Richtung des Wandels kann thesenhaft als Wandel innerhalb der Diskursgemeinschaft der Planungspraktiker charakterisiert werden. Diese Diskursgemeinschaft gibt - nach einem kurzen Rollback, dem Versuch der Reparatur des Kreislaufmodells - Teile dieser Vorstellung zugunsten von Deutungen auf, in denen Stadtentwicklung als interdependenter Prozess betrachtet wird, also den wechselseitigen Abhängigkeiten von wirtschaftlichen, baulich-kulturellen, ökologischen und sozialen Entwicklungen der Stadt Aufmerksamkeit widmet." (Autorenreferat)
In dem Beitrag werden die Wohn- und Lebensverhältnisse in den rasch expandierenden Siedlungsagglomerationen der englischen Industriegebiete untersucht und die Probleme beschrieben, die sich den Sozialreformen durch die Entstehung von Industrieballungsräumen stellten. Für die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts werden vor allem drei Gefahren festgestellt: die Furcht vor der unheimlichen Menschenrasse, die sich in den Städten sammelte; die Gefahr von Epidemien; sinkende Produktivität. Dann wird vor allem das Abfallproblem erläutert. Damit im Zusammenhang wird die Gesundheitsvorsorge gesehen. Die Entwicklung einer Gesundheitsgesetzgebung wird skizziert. Ein weiterer Aspekt der Lebensbedingungen wird in der Gas- und Wasserversorgung gesehen und damit einhergehend die Verschärfung des Abwasserproblems. Die Entstehung von Slums wird beschrieben. Die Schwierigkeiten von Stadtsanierung werden in diesem Kontext erörtert, denn Konzeptionen zu Funktion und Gestalt der Stadt gab es nicht. Die Darstellung kommt zu dem Ergebnis, daß in den 1830er Jahren zwar die Arbeitsbedingungen verbessert wurden, bei den Lebensbedingungen Fortschritte aber nur sehr viel langsamer erzielt werden konnten. (KW)
Vorwort des Herausgebers: Das vorliegende Büchlein ist Resultat der Arbeit einer studentischen Gruppe an der Universität Potsdam. Sie übernahm im Rahmen des Seminars 'Bürgerkommune und Bürgerhaushalt', das im Wintersemester 2006/07 und im Sommersemester 2007 durchgeführt worden ist, die Aufgabe, eine aktivierende Bürgerbefragung in Rathenow durchzuführen. Der Auftrag dazu kommt vom Bürgermeister der Stadt, Ronald Seeger, und vom Projektleiter, Jens Hubald. Wir danken beiden für die freundliche Aufnahme und die Unterstützung, die wir erfahren haben. Die neun Studenten der Rathenower Gruppe möchte ich besonders loben: sie haben für wenig Geld engagiert und zuverlässig gearbeitet. Die Umfragen – die Imagebefragung, die aktivierende Bürgerbefragung und die Experteninterviews – sind kein Selbstzweck. Sie dienen den Arbeitsgruppen als Auftrag und Material für einen Prozess, den Jens Hubald in seinem Beitrag vorstellt. Dieser Prozess wird getragen von einer 'Stadt der Bürgerschaft' (den Aktiven) und soll zu einer erneuerten Stadt der Bürgerschaft unter heutigen Bedingungen hinführen. Der Weg vom Stadtforum zum Forum der Stadt ist das Ziel, innerhalb dessen Ergebnisse zum Wohl der Stadt und seiner Bürger erreicht werden sollen. Das vorliegende Büchlein ist ein kleiner Baustein im Leitbildprozess 'Rathenow 2020', der am 13. September mit einer ersten Stadtforums-Sitzung beginnen wird. Dieser Prozess wird für alle Teilnehmer und die Stadt aufschlussreich sein. Er könnte auch ein Beispiel für andere Kommunen werden. Diese müssen heute ihre eigenen Wege finden und zugleich kooperativer werden – interkommunal, regional und europäisch. Dafür benötigen sie allerdings auch Spielräume und Unterstützung. Die Kommunen und Städte dürfen nicht länger im toten Winkel der großen Politik liegen. Sie sind vielmehr Orte genuin bürgerschaftlicher Politik und Schulen der Demokratie. Wenn hier die Bürger wegbleiben oder demotiviert werden, entstehen gefährliche Leerstellen. Solchen Leerstellen kann nur gemeinsames ziviles Handeln begegnen, mit einer Handlungszuversicht, die auf einer realistischen Situationseinschätzung beruht. Beides ist in Rathenow vorhanden. Wir Potsdamer wünschen dem neuen Stadtforum und der Stadt Rathenow eine gedeihliche Entwicklung. Heinz Kleger Potsdam, Juli 2007
Nach einer Begriffsbestimmung von Gewalt setzt sich der Autor mit der Kernfrage "Wie lässt sich die Gewalt reduzieren oder neutralisieren, damit überhaupt ein soziales Leben möglich wird?" auseinander. Die Beantwortung umfasst vier soziologische Theorien: Die 'klassische' bzw. funktionalistische Soziologie besagt, dass die Gewalt im Zentrum der menschlichen Natur steht und es die Aufgabe der Sozialisation und der sozialen Kontrolle ist, diese Zerstörungskräfte zu eliminieren. Hobbes behauptet, dass ein gesellschaftliches Leben nur möglich ist, wenn jeder einen Teil seiner eigenen Gewalt zugunsten einer größeren Gewalt, der des Souveräns, aufgibt. Andere Erklärungsansätze wiederum verstehen Gewalt als eine rationale Basis des Handelns, ein Mittel zur Umsetzung gewisser Ziele. Eine vierte Sichtweise spricht von einer "gerechten Gewalt, die auf die ungerechte Gewalt, die Unterdrückung oder die Missachtung des Akteurs reagiert". Diese vier Erklärungen finden sich in allen Analysen zur Jugendgewalt: "Das gewalttätige Verhalten der jungen Stadtbewohner rührt her von der Krise der Erziehung, der mangelnden Legitimität der Autorität, der kriminellen Wirtschaft und schließlich von dem Aufstand der Jugend gegen die ihnen gegenüber begangene Ungerechtigkeit." Im Anschluss beleuchtet der Autor den gesellschaftlichen Umgang mit der Jugendgewalt in Form der tolerierten Abweichung und der sozialen Kontrolle sowohl in den traditionellen Gesellschaften der Dörfer als auch in den modernen Städten. In einem weiteren Schritt wird das Ausmaß der Jugendgewalt in den Städten näher beleuchtet, indem die Abläufe von Aufständen und die durch Wut geprägten Beweggründe der jugendlichen Akteure beschrieben werden. Die Jugendgewalt zeigt sich zudem in "einer Art der Inbesitznahme des Stadtteils als autonome Enklave" und der dortigen kriminellen Bildung von Banden. An den Fallbeispielen eines nordafrikanischen Jugendlichen und jungen Skinheads zeichnet der Autor zudem unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen den Übergang von der sozialen Gewalt hin zur politischen Gewalt nach. Die Darstellung der Bedeutungsvielfalt der Jugendgewalt schließt mit einer Analyse der Gewalttätigkeiten in der Schule. (ICG).
Eric Pfromm beschäftigt sich mit der Frage, was eine lebenswerte Stadt ist und wie sie gestaltet sein bzw. werden muss, um dem sich stetig wandelnden, globalisierten und flexibilisierten Leben gerecht zu werden. Die Konzeptualisierung eines solchen Lebensraums fängt seiner Meinung nach beim Planen und Bauen von Wohnraum in der Stadt an und mündet im Designen von öffentlichem Stadtraum. Dies wird Stadtplaner sowie Designer vor immense Herausforderungen stellen.