Die Verfasser fragen nach Chancen und Problemen der Entstehung einer europäischen Zivilgesellschaft. Der "Europäische Bürger" muss gegenwärtig als gescheitertes Konzept angesehen werden. Gründe hierfür liegen in der Ohnmacht und Sprachlosigkeit der Bürger verbunden mit mangelnder politischer Transparenz. Auf der Ebene der Wertorientierungen lässt sich zudem gegenwärtig kein konsistenter europäischer Konsens feststellen. Auch hinsichtlich einer gemeinsamen Öffentlichkeit zeigen sich Defizite, die einen transnationalen Diskurs behindern. Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zu einer europäischen Zivilgesellschaft liegt in der Komplexität des europäischen Mehrebenensystems. Das Fehlen einer gemeinsamen identitätsstiftenden Kultur auf europäischer Ebene bedingt, dass sich die Bürger der Mitgliedstaaten weiterhin überwiegend über ihre jeweilige Nationalität identifizieren. Das größte Problem der europäischen Zivilgesellschaft ist das Versagen der politischen Eliten bei der Vermittlung einer Vorstellung davon, was Europa künftig sinnvoller Weise sein soll. (ICE2)
Zahlreiche kontrovers geführte Diskussionen über das Anwachsen der Gruppe der Reichen und Debatten über freiwilliges Engagement in der Zivilgesellschaft gaben den Anstoß für diesen Band. Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive werden zwei Aspekte in den Mittelpunkt gestellt: Die sozialstrukturelle Bedeutung des Reichtums - Verteilungsfragen, Zuordnungs- und Abgrenzungsbegrifflichkeiten - sowie das zivilgesellschaftliche Engagement vermögender Personen. Besondere Aufmerksamkeit wird der freiwilligen Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, beispielsweise durch Stiftertum, und den zugrundeliegenden individuellen Handlungsmotiven gewidmet. Dabei wird neben Potenzialen und Gefahren für die Zivilgesellschaft die Legitimation von Reichtum und Ungleichheit durch Philanthropie beleuchtet. Die wissenschaftlichen Beiträge enthalten nationale wie internationale Betrachtungen und werden durch Berichte aus der philanthropischen Praxis ergänzt. Der Inhalt · Verteilung und Struktur des Reichtums · Philanthropie und Zivilgesellschaft Die Zielgruppen · SoziologInnen mit Schwerpunkt auf Sozialstrukturanalyse · WirtschaftssoziologInnen Die Herausgeber Dr. Wolfgang Lauterbach ist Professor für Sozialwissenschaftliche Bildungsforschung im Profilbereich Bildungswissenschaften an der Universität Potsdam und Leiter der Studie ViD. Dr. Michael Hartmann ist Studienleiter an der Evangelischen Akademie zu Berlin. Miriam Ströing ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Profilbereich Bildungswissenschaften an der Universität Potsdam
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Der Prozess der Einwanderung führt in Deutschland zu einer Zunahme ausländischer Einwohner. In einer demokratisch organisierten Gesellschaft ergibt sich damit ein Legitimationsproblem, auf das in Deutschland mit einer Erleichterung der Einbürgerungsbedingungen, dem kommunalen Wahlrecht für EU-Bürger und der Schaffung von Ausländerbeiräten reagiert wurde. Darüber hinaus wurden Migrantenselbstorganisationen gegründet, deren Gründungskonsens sich auf die gemeinsame nichtdeutsche Herkunft beschränkt. Ob es sich bei diesen Organisationen um Akteure der Zivilgesellschaft handelt, hängt von dem gewählten Begriff des Staatsbürgers ab. Die Verfasserin bejaht diese Frage, da das Modell der Zivilgesellschaft mit einem breiten Bürgerbegriff arbeitet. Sie sieht hier ein weiteres Anzeichen für ein Aufweichen der Einheit von Staatsangehörigkeit und politischer Bürgerschaft. Als Teil einer modernen Gesellschaft lassen sich Ausländer nicht mehr auf die Kategorie der nichtpartizipierenden Nichtmitglieder reduzieren. Die Differenzierung der Teilnahmechancen von Migranten in der Einwanderungsgesellschaft führt zu unterschiedlichsten Formen politischer Partizipation. (ICE2)
"Es wird gezeigt, dass Zivilgesellschaft zivilisatorischer Kompetenz in Form von Unternehmens-, Bürger-, Diskurs- und Alltagskultur bedarf. Das Spezifische für China ist, dass der party-state versucht, solche zivilgesellschaftlichen Strukturen top-down zu initiieren." (Autorenreferat)
Die Zivilgesellschaft gleicht einer Mutter. Sie gleicht einer Mutter, die schwanger geht mit endlosen unermeßlichen Möglichkeiten und potentiellen Energien. Sie ist außerdem die Quelle all dessen, was jegliche Reichtümer der Gesellschaft produziert. Sie ist die Grundlage von allem. Sie ist die Quelle aller neuen Gedanken und aller Schöpfungen. In diesem Zitat aus einem Artikel über die weitere Richtung der Oppositions- und Bürgerbewegung in Südkorea, der im November 1995 in der südkoreanischen Wochenzeitschrift Mal erschienen ist, drücken sich große Hoffnungen und Erwartungen gegenüber der Zivilgesellschaft aus. Die Bedeutung dieser Position wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß das Konzept der Zivilgesellschaft ursprünglich ein europäisches/westliches Konzept ist und keine Tradition in der koreanischen Gesellschaft hat.
Der Beitrag betrachtet aus soziologischer Perspektive das Phänomen des Schrumpfens der Städte und geht dabei auf die Verfassung und Mentalität lokaler Zivilgesellschaften ein. Dafür wird zunächst ein kurzer Rekurs auf die Theoriegeschichte der Zivilgesellschaft genommen. Dabei verbindet sich das Interesse für A. Gramsci mit seiner dezidiert nicht-normativen Auffassung von der Zivilgesellschaft, über die eine Verbindung zur Soziologie des Alltags gelegt ist. Schrumpfende Zivilgesellschaften werden vor allem in dem Sinne als unvollständig aufgefasst, dass soziale Positionen unbesetzt sind, mithin Lücken in der sozialen Struktur entstehen. Die Ressourcen und Potenziale dieser lokalen Gesellschaften liegen in ihren je unterschiedlichen Möglichkeiten, das Engagement ihrer Mitglieder zu aktivieren, zu sammeln und zu organisieren, neue Mitglieder aufzunehmen und einen zivilen Alltag zu organisieren. Anhand zweier Beispiele wird dies erläutert: (1) dem Arrangement zwischen dem Staat und der Zivilgesellschaft und (2) der Wirtschaft der Zivilgesellschaft. In diesen Kompetenzen unterscheiden sich die Zivilgesellschaften, so dass die Attraktivität der einen das Mismatch der anderen bedeutet wie auch umgekehrt. (ICG2)
"Opposition und Zivilgesellschaft stehen in Belarus im Konflikt mit dem Staat. Obwohl sie im vergangenen Jahrzehnt durch das Regime gesellschaftlich marginalisiert wurden, sind sie potentiell der Träger eines demokratischen Wandels." (Autorenreferat)
"In den letzten Jahren hat verstärkt eine Diskussion über den Zustand und die Zukunft moderner Gesellschaften eingesetzt. Darin ist die Bedeutung einer vitalen Zivilgesellschaft für Demokratie und Wirtschaftsentwicklung sowohl auf politischer als auch auf wissenschaftlicher Ebene immer wieder in den Vordergrund der Debatte gerückt worden. Die Autoren nutzen den von Zimmer/Hallmann (2004) aufgestellten Bezugsrahmen und diskutieren Partizipation und Engagement in freiwilligen Vereinigungen als zentralen Integrationsmechanismus innerhalb der theoretischen Ansätze von Nonprofit-Sektor, Zivilgesellschaft und Sozialkapital. Sie erweitern die Darstellung um eine Theorie, die soziales Kapital als individuelle Ressource versteht - ein Ansatz, der im Zusammenhang mit der Erklärung von sozialen Ungleichheiten in der Leistungsgesellschaft entstanden ist. Schließlich werden die wesentlichen empirischen Befunde zum bürgerschaftlichen Engagement kurz vorgestellt und die Folgen des beobachteten Strukturwandels vom alten zum neuen Ehrenamt diskutiert." (Autorenreferat)
"Am Beispiel der 'ehrenamtlichen' Betreuung von Kindern und Jugendlichen werden Aspekte der Arbeitsmarktrelevanz dieser Tätigkeiten analysiert. Gerade auf lokaler Ebene zeigt sich die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements in Bezug auf Subsidiarität, Solidarität, regionale Identität und sozialen Zusammenhalt einerseits wie auch in Richtung Zivilgesellschaft, Schwarzarbeit und Arbeitsmarkt. Man kann dem immer wieder diskutierten Mangel an adäquaten Messkonzepten des Ehrenamtes und der informellen Tätigkeiten durch differenzierte Erhebungen offensichtlich abhelfen und zumindest regional ein einigermaßen genaues Bild des ehrenamtlichen Geschehens nachzeichnen. So zeigen sich bereits bei einfachen Analysen interessante Schnittstellen zwischen Ehrenamt und Erwerbsarbeit, aber auch zu Feldern der Schwarzarbeit oder der Schattenökonomie " (Autorenreferat)
"Nach der Niederschlagung des Ungarischen Aufstands 1956 durch die sowjetische Militärmacht gab es zwar während der Regierungszeit Kadars (1956-1988) gewisse gesellschaftliche und wirtschaftliche Freiräume ('Gulasch-Kommunismus'), politische Aktivitäten wurden jedoch streng kontrolliert bzw. unterbunden. Erst in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre begann sich im Untergrund ein Protestpotential herauszubilden, das sich über die wichtigsten politischen Probleme verständigte und in Form des 'Samisdat' eine verdeckte politische Kommunikation herstellte. Den Umbruch von 1989/9O gestalteten diese politischen Initiativ- und Bürgerrechtsgruppen an führender Stelle mit. Mit der Übernahme politischer Verantwortung begann ein Prozeß der Institutionalisierung, der zwangsläufig den Charakter dieser Gruppierungen veränderte: Aus spontanen, ungebundenen Menschenrechtsgruppen entstanden Parteien mit einer festen inneren Ordnung und einer Hierarchie der Entscheidungsbefugnisse. Aus Protestgruppen mit eng definierten Forderungen (Menschenrechte, Umwelt, Partizipation etc.) wurden Organisationen, deren Programm das gesamte gesellschaftliche Spektrum und die dabei notwendigen Kompromisse abdecken mußte. Hinzu kommt, daß sie ihre eigentliche frühere Legitimation - die Einforderung von Grundrechten gegenüber der staatlichen Gewalt - mit der Schaffung des demokratisch-parlamentarischen Rechtsstaates verloren haben. In diesem Prozeß der Umorientierung stehen alle früheren Oppositionsbewegungen in Ostmitteleuropa, die nunmehr in den etablierten Regierungs- oder Oppositionsmechanismus einbezogen sind oder aber weiterhin versuchen, offene und unstrukturierte Bürgerbewegung zu bleiben, was jedoch immer schwieriger wird. Das Ziel der Aufrechterhaltung des demokratischen Rechtsstaates ist ihnen allerdings gemeinsam. Beide - Parteien wie Bürgerbewegung - müssen zugleich einen Weg finden, um mit neuen Protestformen wie Streiks oder Boykotts auf friedliche, demokratische Weise umzugehen. In Ungarn scheint dies trotz weiterhin zahlreicher Demonstrationen und Protestaktionen zu gelingen. Dies ist auch insofern wichtig, als es für die Verlierer der Marktwirtschaft Anlässe genug gibt, sich gegen Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen zu wehren. In diesem Sinne stellt die neue ungarische Zivilgesellschaft weniger ein Protest-, sondern mehr ein Korrektivpotential dar, das versucht, die politische Willensbildung innerhalb der Institutionen mit eigenen Initiativen zu kontrollieren oder zu beeinflussen. Die sich in Ungarn herausbildende Zivilgesellschaft kann im noch anhaltenden Transformationsprozeß sowohl als Ort der 'Unruhe' und Konflikte als auch als Stätte der Konsensbildung zu der weiteren demokratischen Entwicklung beitragen." (Autorenreferat)