Durch Recht oder Symbolik zur Versöhnung?: ein Vergleich der Versöhnungswirkung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und politischer Entschuldigungen im ehemaligen Jugoslawien
In: Die Friedens-Warte: Journal of International Peace and Organization, Band 86, Heft 1/2, S. 131-154
ISSN: 0340-0255
"Juristische Prozesse und politische Entschuldigungen stellen unterschiedliche Wege der Aufarbeitung von Kriegsverbrechen dar. Während Kriegsverbrechertribunale individuelle Täter bestrafen und so stereotype Schuldzuweisungen zwischen den Konfliktparteien durchbrechen, wirken politische Entschuldigungen gerade durch die symbolische Annahme kollektiver Verantwortung für Verbrechen. Doch wie sehen diese theoretischen Annahmen in der Realität aus? Der Artikel analysiert die politische Versöhnungsleistung beider Ansätze anhand der öffentlichen Rezeption der Aufarbeitung zu den serbischen Kriegsverbrechen in Vukovar und Srebrenica. Dabei wird aufgezeigt, dass (1) mithilfe beider Instrumente die kollektive Verantwortung für Verbrechen auf einzelne Personen abgeschoben wird. Zudem (2) werden Unterschiede in der Versöhnungsleistung deutlich: Während die juristische Aufarbeitung die faktische Aufklärung der rechtlich verhandelten Verbrechen fördert, sind serbische Entschuldigungen trotz ihres scheinbar strategischen Einsatzes und ihrer relativierenden sprachlichen Muster dann erfolgreich, wenn die Adressaten der Entschuldigung ein pragmatisches Interesse an einer Annäherung besitzen. Somit zeigt der Artikel sowohl die komplementären als auch die unterschiedlichen Versöhnungseffekte beider Ansätze in ihrer praktischen Umsetzung auf." (Autorenreferat)