"Die fortschreitende Ausweitung der Bürger-Staat-Beziehung auf den digitalen Raum ist weder ein Allheilmittel gegen Politikverdrossenheit noch ein Angriff auf das demokratische System. Demokratie wird ergänzt durch E-Demokratie, Regieren durch E-Government, Bürgerbeteiligung durch E-Partizipation." (Autorenreferat)
Christen wie Moslems nehmen umfängliche wechselseitige Feind- und Gottkonstruktionen vor. Die damit verbundene Realpolitik erschöpft sich in Machtpolitik und Gewalt, sodass die Integration der Moslems in westliche Gesellschaften nicht gelingen kann. Da die Demokratie nicht ein beliebiges Organisationsprinzip der Politik darstellt sondern sie die Übertragung der sozialen Existenz in die Sphäre des gemeinsamen Regulierungsbedarfs von Gesellschaften vollzieht, ist es wichtig, die demokratische Lebensform als einen Weg zur Integration zu betrachten. Es wird die Frage ins Zentrum gerückt, ob und wie die Demokratie als Lebensform wieder gedacht werden kann, die des nicht-metaphysischen Bezugs zur Religion nicht entbehrt, sondern diesen gerade voraussetzt. Hier greift der Verfasser auf den späten Heidegger und sein "Geviert-Denken" zurück. So wird ein nicht-metaphysisches Verständnis des Religiösen freigelegt und damit die Dimension des Politischen gewonnen, die der Realpolitik fehlt, nämlich die des Sittlich-Moralischen. Sie findet ihren Grund in der Erfahrung des Religiösen. Bei der Berücksichtigung dieser Dimension braucht künftig nicht mehr darüber geredet werden, dass die politische und soziale Integration von Moslems in westliche Gesellschaften erfolgen müsse, sie erfolgt. Ohne die als Anspruch erfahrenen Tugenden ist Demokratie als Lebensform nicht praktizierbar; Gewaltenteilung, Pluralismus, Herrschaft des Rechts reichen für das Funktionieren der Demokratie als Lebensform noch nicht aus. In diesem Zusammenhang wird die Notwendigkeit der Bildung betont. (ICE2).
Robert Michels, Max Weber und Joseph A. Schumpeter gelten als Klassiker der elitenzentrierten Demokratietheorie. Ihre demokratietheoretischen Überlegungen und, damit verbunden, ihre krisendiagnostischen Einsichten richten sich dabei vor allem auf die Frage nach dem "rechten" Verhältnis von Demokratie und politischer Führung. Der Beitrag nimmt einen Vergleich der drei Führungskonzeptionen vor. Nach einigen knappen Bemerkungen zur politiktheoretischen Diskussion über das Spannungsverhältnis von Demokratie und Führung werden die Führungskonzeptionen von Michels, Schumpeter und Weber zunächst gesondert voneinander skizziert, um sie dann abschließend mit Blick auf die Relationierung von politischem Führertum, Demokratie und Bürokratie zu vergleichen. Die drei Autoren werden damit in einen gemeinsamen demokratietheoretischen Diskussionszusammenhang gestellt. (ICB2)
Demokratie in der Moderne bedeutet immer auch repräsentative Demokratie, und deren Repräsentationsprozesse setzen Kommunikation voraus. Begriff und Funktion von "Repräsentation" werden erläutert. Die historische Entwicklung zum repräsentativen Demokratieverständnis des demokratischen Verfassungsstaates wird skizziert. Die große Spannbreite des Repräsentationsbegriffs wird an verschiedenen Repräsentationstheorien und politiktheoretischen Deutungen, z.B. des politisch verantwortlichen Handelns, verdeutlicht. Die intensive Kommunikation zwischen Wählern und Gewählten erfordert ein starkes institutionelles Arrangement, dessen Merkmale benannt werden. Insgesamt müssen in einer repräsentativen Demokratie die Integrationskraft, Leistungsfähigkeit und Akzeptanz ihrer Institutionen immer wieder neu überprüft und begründet werden. (prf)
Der Begriff "Mediendemokratie" vereinigt zwei Begriffe - "Medien" und "Demokratie" - die zueinander in einem Spannungsverhältnis stehen. "Nach Meinung der Skeptiker gehört die Demokratie zu den Sorgenkindern, die unter dem schlechten Einfluss veränderter Kommunikationsverhältnisse leiden könnten. Die Demokratie gilt anderen wiederum, etwa unter Verweis auf die ungeheuren Möglichkeiten des Internet, als Nutznießer einer neuen Qualität öffentlicher Kommunikation." Wissenschaft hat die Aufgabe, diesen Diskurs normativ zu strukturieren. Wissenschaft und hier vor allem Medien- und Kommunikationswissenschaft muss sich auch als Innovationsforschung verstehen, die technologische, sozioökonomische und soziokulturelle Umbrüche begleitet. In diesem Sinne versteht Medienrechtswissenschaft ihren Gegenstand als "innovationsbezogenes Recht, also ein Recht, das das Neue regeln möchte, bevor es überhaupt bekannt oder gar schon Wirklichkeit geworden ist." Recht und Politik müssen ihre Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, um die alten Ideale demokratischer Offenheit in die neue Mediengesellschaft zu retten. Unter dieser Prämisse beschäftigt sich der Beitrag mit der Schutzbedürftigkeit in der Mediendemokratie, den Legitimationsfaktoren in der Demokratie, den Legitimationsproblemen traditioneller und neuer Medien, dem Steuerungsbedarf durch das Recht und der Freiheitssicherung durch Zugangsgerechtigkeit. (RG)
Der Autor skizziert die Grundzüge und Besonderheiten des so genannten "Berlusconismus" und geht auf dessen Bedeutung für das politische System in Italien ein. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Mediendemokratie all'italiana die Parteiendemokratie nicht ersetzt hat, sondern dass es zu einer neuartigen Symbiose gekommen ist. Insbesondere der Fernsehpopulismus Berlusconis stößt dabei an seine Grenzen. Insofern erweisen sich die Argumente derjenigen, die im In- und Ausland den Berlusconismus als "Mediendiktatur" interpretiert haben, die auf direktem Wege zu einer Demontage der Demokratie führe, als nicht überzeugend. Wirklich in Gefahr ist die Demokratie, wenn die institutionellen Grundregeln beschädigt werden, wenn also die Gesetze, die erlassen werden, systematische Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit aufwerfen; wenn eine strukturelle Anomalie hinsichtlich der demokratischen Repräsentation gegeben ist (etwa mit Blick auf die sogenannte "Mehrheitsdiktatur" im Parlament) und wenn das Angebot des öffentlichen Fernsehens missbräuchlich zum Nutzen der Siegerseite verändert wird. Auch wenn man in Italien diesen drei Punkten bereits nahe gekommen ist, haben sich die Demokratie und ihre Institutionen zumindest bis zum heutigen Tage als sehr solide erwiesen, und zwar paradoxerweise auch und gerade aufgrund der neuen Dynamik der Parteiendemokratie. Der Kampf zwischen Medienpopulismus und Demokratie ist noch nicht entschieden. (ICI2)
'In den letzten Jahren sind Fragen zu Demokratie und Demokratiequalität in Österreich wesentliche Themen der innenpolitischen sowie politikwissenschaftlichen Diskussion geworden. Das Buch analysiert einige ausgewählte Politikbereiche bezüglich ihrer Demokratiequalität: politischen Wechsel und Wettbewerb, Parlamentarismus, politische Partizipation, Auswirkungen des EU-Beitritts, Geschlechterdemokratie und politische Erwachsenenbildung. Es werden jeweils folgende vier systematische Fragestellungen behandelt: 1. Wie werden Demokratie und die (theoretischen) Kriterien für Demokratiequalität definiert? 2. Wie sind Zustand und historische Entwicklung von Demokratie und Demokratiequalität beschaffen und wie sind sie gemäß den Kriterien für Demokratiequalität zu bewerten? 3. Welche aktuellen Reformen und/oder Veränderungstendenzen von Demokratie und Demokratiequalität zeichnen sich ab? 4. Was sind mögliche beziehungsweise wünschenswerte (längerfristige) Entwicklungsperspektiven von Demokratie und Demokratiequalität - auch vor dem Hintergrund der Kriterien für Demokratiequalität? Das Buch schließt mit einem 'Do- it- yourself-Audit' sowie Reflexionen zur Demokratiequalität.' (Autorenreferat). Inhaltsverzeichnis: Christian Schaller/ David F.J. Campbell: Einleitung: Warum wir dieses Buch geschrieben haben - Sein Aufbau im Überblick (11-17); David F. J. Campbell: Zur Demokratiequalität von politischem Wechsel, Wettbewerb und politischem System in Österreich (19-46); Hubert Sickinger: Zur Demokratiequalität des österreichischen Parlamentarismus (47-67); Christian Schaller: Zur Demokratiequalität politischer Partizipation (69-87); Christine Neuhold: Die Auswirkungen des EU-Beitritts auf die Demokratiequalität Österreichs - ein Analyseversuch anhand ausgewählter Aspekte (89-112): Karin Liebhart: Gleichberechtigte Partizipation oder strukturelle Ausgrenzung? Genderpolitische Aspekte der Demokratiequalität Österreichs (114-132); Margit Leuthold: Zur Bedeutung von politischer Erwachsenenbildung für Demokratie und Demokratiequalität in Österreich (133-152); David F. J. Campbell/ Christian Schaller: 'Do-it-yourself-Audit' von Demokratie und Demokratiequalität in Österreich (157-169); Christian Schaller: Reflexionen zur Diskussion über Demokratiequalität (171-175).
Nach "Gegen Wahlen" legt Van Reybrouck erneut eine streitbare Schrift vor, die Demokratie und Regierungsbeteiligung für alle fordert: auch und gerade für diejenigen, die in medialen und gesellschaftlichen Debatten oft nicht zu Wort kommen und sich deshalb fatalerweise Parteien zuwenden, die populistisch den Nationalismus und rechtsradikale Bewegungen stärken. Van Reybroucks Plädoyer dagegen: Populismus nicht fürchten, sondern zur Stärkung der Demokratie nutzen! (Verlagstext)
"Alle lateinamerikanischen Demokratien sind Präsidialdemokratien. Von Juan Linz wurde Mitte der 1980er Jahre eine Debatte über die Risiken und Nachteile dieses Demokratietypus angestoßen, die nachfolgend Ausgangspunkt für eine Vielzahl empirischer Studien war. Die Grundlinien der Debatte werden hier nachgezeichnet und die bisherigen Forschungsergebnisse dargestellt und interpretiert. Die von Linz artikulierten Befürchtungen haben sich in der politischen Praxis nur teilweise bestätigt. Die in empirischen Studien nachgewiesene größere Instabilität von Präsidialdemokratien im Vergleich mit parlamentarischen Demokratien hat möglicherweise andere Ursachen als die aus der Argumentation von Linz abgeleiteten Faktoren. Die von Linz herausgearbeiteten Grundcharakteristika von Präsidialdemokratien, die auf die Gewaltentrennung als Strukturierungsprinzip zurückzuführen sind, werden in vielen lateinamerikanischen Demokratien von anderen institutionellen Mechanismen, die zu einer Gewaltenverschränkung führen, überlagert und neutralisiert." (Autorenreferat)
In: Revue juridique et politique: indépendance et coopération ; organe de l'Institut de Droit ; organe de l'Institut International de Droit d'Expression Français, Band 51, Heft 2, S. 162-172
Der Autor beschäftigt sich aus eher theoretischer Perspektive mit Problemen afrikanischer Staatsbildung, Staatlichkeit und Demokratie und thematisiert das Problem, daß Demokratie zwar eine wichtige Bedingung für Entwicklung sei, allein aber nicht ausreiche, um eine entsprechende Transformation zu erreichen. (DÜI-Kör)
Auf der Basis von drei 1984 und 1985 erschienen Arbeiten über die 1983er Verfassungsreform in der RSA wird die Frage diskutiert, ob die Reform, verglichen mit dem Zustand vorher, einen Weg zu mehr Demokratie bedeutet oder nicht. Ein besonderes Schwergewicht liegt auf der Frage, welche Aussichten der heute vieldiskutierten und für Südafrika vorgeschlagenen sogenannten Konkordanz-Demokratie beizumessen sind. (DÜI-Hlb)
Die klassische Frage des politischen Denkens nach einer legitimen politischen Ordnung kann nach Jürgen Habermas nur durch einen Diskursbegriff der Demokratie, der die Komplexität moderner Gesellschaften erfasst, beantwortet werden. In seinem politiktheoretischen Hauptwerk "Faktizität und Geltung" gibt Habermas eine Antwort auf diese Frage, indem er an die große, von Rousseau und Kant geprägte vernunftrechtliche Tradition anschließt. Bei seiner Untersuchung der Demokratie als Praxis vernünftiger Selbstbestimmung erhebt Habermas nicht nur den Anspruch, eine sozialwissenschaftliche und eine philosophisch-normative Perspektive zum Zusammenhang von Recht, Demokratie und Sozialstaat miteinander zu verbinden, sondern auch den alten Gegensatz zwischen liberalen und republikanischen Auffassungen von einer legitimen politischen Ordnung dadurch zu überwinden, dass der unauflösliche Zusammenhang von Menschenrechten und Volkssouveränität mit diskurstheoretischen Mitteln aufgezeigt wird. Die vorliegende Einführung in das Werk von Jürgen Habermas behandelt u.a. den öffentlichen Gebrauch der Vernunft, die Rolle des Rechts zwischen Faktizität und Geltung, das Wesen der deliberativen Demokratie sowie die Paradigmen des Rechts in der Zivilgesellschaft. Ferner werden die Rezeption und die Kontroversen zum Werk in der soziologischen Forschung skizziert. (ICI2)
In Anlehnung an die französischen Demokratietheoretiker Claude Lefort und Marcel Gauchet und durch Kritik an der kommunitaristischen und liberalen Position, die die Zukunft der westlichen Demokratien unmittelbar mit den Chancen der Kultivierung eines ethischen Konsensus verknüpft, verwirft der Autor das Konzept des Konsensus und vertritt die These, daß der Konflikt allein die Kraft zur politischen Integration der modernen pluralen Gesellschaften entwickelt. Nach seiner Meinung sind die zeitgenössischen westlichen Demokratien gekennzeichnet durch eine dramatische Auflösung ihres sinnhaften Netzwerks, das nicht mehr als "Anknüpfungspunkt einer organischen Totalität taugt". Nicht durch eine konfliktbegrenzende Kraft eines vorgegebenen Grundkonsensus, sondern erst im Prozeß des Konfliktaustrags bildet sich ein Bewußtsein eines "gemeinsam geteilten gesellschaftlichen Raumes" heraus. Die Demokratie als Projekt einer Gesellschaft integriert sich demnach "einzig in der institutionalisierten Anerkennung ihrer normativen Desintegration" und im derzeitigen nachtotalitären Zeitalter "ist die anerkannte Zerrissenheit allen Sinns zur eigentlichen Qualität der gesellschaftlichen Existenz geworden". Politische Macht kann in der modernen Demokratie nicht mehr verkörpert werden und befindet sich in keinem privilegierten Besitz, denn die Form ihrer Ausübung ist zu einer öffentlichen Streitsache geworden. (ICE)
Unter dem Grundgesetz wurde Demokratie nicht mehr nur als politischer, sondern auch als verfassungsrechtlicher Begriff konzipiert und auch vom Bundesverfassungsgericht gehandhabt. Im Sachverzeichnis der Entscheidungen des französischen Conseil constitutionnel befindet sich dagegen kein Eintrag "Demokratie" und die französische Literatur hat bis jetzt noch keinen tauglichen juristischen Begriff der Demokratie entwickelt. Im ersten Teil des Aufsatzes wird die Entwicklung des juristischen Demokratiebegriffs in Deutschland dargestellt. Im zweiten Teil werden anhand des Werks Ernst-Wolfgang Böckenfördes die philosophischen und theoretischen Bedingungen einer rechtlichen Konstruktion der Demokratie erörtert. Zum Schluss sind einige Probleme im französischen Staatsrecht erwähnt, die sich aus dem Mangel einer verfassungsrechtlichen Demokratietheorie ergeben.