Politisches Theater nach 1945
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Heft 42, S. 16-22
ISSN: 2194-3621
Ein politisches Theater irritiert eingespielte, automatisierte Rezeptionsformen, es bricht mit Erwartungen und stellt vorhandene Normalitäten in Frage. Die Wirklichkeit unmöglich zu machen bzw. ihre Gewaltförmigkeit und ihre Ausschlüsse sichtbar, und umgekehrt das Unmögliche als utopischen Horizont aufscheinen zu lassen - so lautete das Programm des politischen Theaters nach 1945, wie die Autorin in ihrem Beitrag näher zeigt. Sie stellt drei verschiedene Spielarten des politischen Theaters nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor: die "Theaterrevolution" auf den Westbühnen der 1960er Jahre, das DDR-Theater mit Bertolt Brechts Konzept des "eingreifenden Denkens" sowie die Bemühungen um ein repolitisiertes Theater. Die historische Skizze der Autorin verdeutlicht, dass ein politisches Theater vor allem den Auftrag hat, die Norm zu stören, zu unterbrechen und die gewaltvollen Ausgrenzungen sichtbar zu machen, welche die Normalität erst produzieren. Ein politisches Theater zielt letztlich auf das Unmögliche, zum Beispiel auf die Utopie einer solidarischen Gesellschaft, die zunehmend in unerreichbare Ferne zu rücken droht. (ICI2)