Determinants of the labour market institutions in post-socialist economies
In: Communist and post-communist studies: an international interdisciplinary journal, Band 48, Heft 2-3, S. 97-112
ISSN: 0967-067X
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In: Communist and post-communist studies: an international interdisciplinary journal, Band 48, Heft 2-3, S. 97-112
ISSN: 0967-067X
World Affairs Online
Der 'Avantgardefilm' – ein vielfach gebrauchter Begriff um innovative Kunstströmungen zu verorten, die ihrer Zeit voraus sind. Der 'Avantgardefilm'– ein vielfach missbrauchter Begriff um bestimmte Kunstwerke zu nobilitieren und von anderen Werken abzuheben. Dieses theoretische Korsett bricht Gabriele Jutz mit ihrer nun veröffentlichten Habilitationsschrift Cinéma brut. Eine alternative Genealogie der Filmavantgarde auf und kreiert mit äußerster Präzision einen neuartigen Blickwinkel im verhärteten 'Avantgardefilm-Diskurs'. Zum Einstieg rekapituliert Jutz die bis dato dominanten Avantgardetheorien des "Purismus", deren Programm es ist die 'Reinheit' des Mediums Film in Abgrenzung zu anderen Künsten als wichtigstes Kriterium zu etablieren. Angefangen bei den historischen Filmavantgarden der 1920er Jahre, wie dem anti-literarischen 'cinéma pur' und dem auf Abstraktion ausgerichteten 'absoluten Film', die sich radikal von der damals im Film vorherrschenden literarisch-theatralen Tradition abgrenzten, verfolgt sie den Diskurs weiter über die US-amerikanische Avantgarde nach 1945 bis in die Gegenwart. Hierbei liegt ein besonderes Augenmerk auf dem in den 1960er von P. Adam Sitney propagierten 'structural film'. In diesem, auf die Prinzipien der von Clement Greenberg formulierten, modernistischen Malerei zurückgreifenden Begriff, wird die 'Essenz' eines Films – und damit dessen avantgardistisches Potential – anhand der selbstreflexiven Auseinandersetzung mit den materiellen und apparativen Voraussetzungen des Mediums gemessen. Jutz kritisiert am puristischen Diskurs – zurecht – folgende Punkte: Zum einen zeigt sie auf, dass die zum structural film gezählten Filme der 1960er und 1970er wie Film in Which There Appear (1965-66) von George Landow oder Arnulf Rainer (1960) von Peter Kubelka nie dem von der Theorie konstatierten Grad des Purismus entsprechen, zum anderen thematisiert sie "die erstaunliche Selbstverständlichkeit, mit der so offensichtlich 'unreine' Filmpraktiken wie das 'expanded-cinema' oder der 'found-footage-Film' in das Schema einer puristisch-modernistischen Lektüre gepresst werden" (S. 35). Wie schon der Titel des Buches verrät, begnügt sich die Autorin aber nicht damit, den vorgegebenen tradierten Purismus-Diskurs in Frage zu stellen und zu erweitern. Sie entwickelt eine alternative, "brutistische" Betrachtungsweise – 'brut' im Sinne von roh, primitiv, unbearbeitet unverfälscht und natürlich –, die darauf abzielt "die Geschichte der Filmavantgarde von einem entgegengesetzten Blickwinkel neu aufzurollen: nicht als Endlosschleife eines 'cinéma pur', sondern als Geschichte eines 'cinéma brut'." (S. 12) Ihr Ansatz legitimiert sich durch eine subtile Methodologie, mit deren Hilfe sie drei spezifisch dem puristischem Avantgardefilm zugeordnete "Praktiken" (Jutz) unter neuen Gesichtspunkten untersucht: Arbeiten des 'direct films', eine Animationstechnik bei der direkt auf dem Filmstreifen gearbeitet wird – nicht zu verwechseln mit der Dokumentarfilmform 'direct cinema' –, der 'expanded-cinema-Aktion', in welcher die Grenzen des kinematographischen Apparats wie Kinosaal, Leinwand, Filmstreifen etc. radikal ausgelotet und erweitert werden, sowie des 'found-footage-Films', bei dem FilmkünstlerInnen 'gefundenes' Filmmaterial auf verschiedenste Weise in neue Arbeiten transformieren, erfahren einen Kurzschluss mit unterschiedlichsten Theorien und Praxisfeldern aus Kunst-, Film- und Medientheorie. Jutz bewegt sich dabei konsequent fernab romantisierter Vorstellungen, die brutistische Kunstpraktiken "jenseits der Zeichen" (S. 43) bzw. frei von kulturellen Konventionen ansiedeln. Verweisend auf die Zeichentheorie von Charles Sanders Peirce und deren Unterscheidung von Ikon, Symbol und Index sowie auf das "photographische Paradigma" von Rosalind Krauss verortet sie die drei genannten Praktiken des cinéma brut in der Nähe des traditionellerweise als 'primitiv' rezipierten Index. Als 'roh' wird das cinéma brut von Jutz auch wegen seiner Vorliebe für obsolete – also nicht mehr gebräuchliche – Techniken und Materialien bezeichnet. Sie bricht dabei bewusst mit dem in vielen Avantgardetheorien gesetzten, verabsolutierten Fokus "auf das Neue, den Bruch mit Traditionen" (S. 55) beziehungsweise auf die Verwendung von neuen künstlerischen Werkzeugen und Techniken. Der Argumentation von Bernd Hüppauf und Vivian Laska folgend, sollten Avantgarden vielmehr in einer generellen Opposition zu ihrer Gegenwart stehen und der "Begriff des Unzeitgemäßen in beide zeitliche Richtungen – Zukunft und Vergangenheit – gedacht werden" (S. 55). Die Autorin öffnet damit generell den Raum für viele innovative, bis dato nicht dem Avantgardefilm zugeordnete Filmwerke, deren Status in weiterer Folge neu bewertet werden sollte. Bezogen auf die Praktiken des cinéma brut bedeutet dies zum einen eine "technische Obsoleszenz", denn weder direct film, noch expanded-cinema-Aktion und in gewisser Weise auch der found-footage-Film bedürfen zwingend einer Kamera. Sie unterschreiten damit bewusst die technischen Möglichkeiten der filmischen Apparatur. Einen zweiten Punkt stellt die "materielle Obsoleszenz" dar, unter der einerseits eine vorsätzliche Materialbeeinträchtigung bzw. Materialzerstörung im direct film, andererseits der prekäre Zustand von vorgefundenem Filmmaterial im found-footage-Film zu verstehen ist. Als dritten Aspekt des "Obsoleten" bezeichnet Jutz in Anlehnung an Walter Benjamins Passagenwerk "Das utopische Potential des Unzeitgemäßen", welches besagt, dass neuartige Materialien und Technologien immer Sehnsüchte und kollektive Phantasien von Gesellschaften wecken, diese aber im Laufe der Zeit verloren gehen. Erst wenn im Zuge weiterer technischer Neuerungen Dinge wertlos geworden sind, besteht die Möglichkeit, verloren gegangenen Utopien in neuer Form wiederzuerwecken. Positiv hervorzuheben ist außerdem, dass Jutz in ihrer Annäherungsweise das Naheverhältnis des Avantgardefilms zur bildenden Kunst im Auge behält. So beschreibt die Autorin im Rahmen ihrer Verhandlung des filmtheoretischen Materialitätsbegriffs zunächst das Verständnis von Materialität in Malerei und Skulptur, bevor sie sich zentralen Positionen der Filmwissenschaft zuwendet und stellt – wieder zurecht – die Frage, warum die Theorie der Filmavantgarde immer noch so krampfhaft am Diskurs des structural films und damit am Purismus festhält, während die bildende Kunst und in Folge die Kunstwissenschaft sich schon längst einem postmodernen Diskurs zugewandt hat. Auf semiotischer Ebene bezieht sich Jutz unter anderem auf Theorien von Peter Wollen, der zwei Strömungen der Avantgardetheorie isoliert: eine "formale", selbstreflexive Strömung, die ihr Augenmerk auf den Signifikanten legt, und eine "literatisch-politische" Avantgarde, dessen zentrale Forderung es war "in gleichem Ausmaß ideologiekritische Inhalte zu transportieren wie bürgerliche Repräsentationsweisen zu brechen" (S. 95). Laut Wollen stellt diese Spaltung der Avantgarde das größte Hindernis für eine revolutionäre Filmpraxis dar. Jutz präzisiert Wollens Ausführungen dahingehend, dass der Film – ungleich der Malerei und der Literatur – nicht nur aus einer, sondern fünf Ausdruckssubstanzen (Bild, Ton, Bewegung, Licht, Montage) besteht. Eine Disjunktion ist daher nicht nur zwischen Signifikat und Signifikant, sondern auch zwischen den verschiedenen Kanälen des Mediums Film möglich. Weitere zentrale Anknüpfungspunkte der sehr ausführlichen allgemeinen theoretischen Verortung des cinéma brut sind unter anderem Roland Barthes' Die Rauheit der Stimme und John L. Austins Theorie des Sprechaktes, George Batailles Entwurf des "informe" sowie Michel Foucaults Dispositiv-Begriff. Nach der übergreifenden Neu-Kontextualisierung widmet sich Gabriele Jutz schließlich noch einmal den einzelnen Praktiken ihres filmtheoretischen Paradigmas: Wie zuvor erwähnt, verortet die Autorin das cinéma brut in der "Logik des Index", auf dem, wie Rosalind Krauss' in den 1970er Jahren provokant formulierte These verlautete, "die innovativsten Tendenzen in der modernen Kunst" basieren. (S. 154) Der direct film ist an den "Index als Spur" gekoppelt. Dabei unterscheidet die Autorin in weiterer Folge zwischen 'handmade' Filmen wie Su Friedrichs Gently Down the Stream (1981), die durch ein vorapparatives, Kratzen, Schaben, Stanzen, Bemalen, Ritzen oder Sich-Abdrücken manuell entstehen und 'autogenerativen' Filmen wie Stadt in Flammen (1984) des Künstler-Kollektivs Schmelzdahin, bei denen die Autorinstanz von äußeren Einflüssen wie der Witterung, Chemikalien oder Hitze getragen wird. Erwähnt sei auch die Nähe des direct film zu den von Nelson Goodman als "autographisch" klassifizierten Künsten wie Malerei, Druck oder Bildhauerei, bei der einerseits die Hand des/der KünstlerIn notwendig ist und andererseits Kategorien wie Original und Fälschung eine Rolle spielen. Im Rahmen der expanded-cinema-Aktion hingegen fungiert der "Index als Geste". Losgelöst aus der Klammer des strukturellen Films streicht Jutz die ursprüngliche Definition des expanded-cinemas hervor: "Mit seinen Wurzeln im künstlerischen Underground war das expanded-cinema ursprünglich Ausdruck einer Haltung, die vergleichbar mit jener der klassischen Avantgarden, eine Synthese von Kunst und Leben, von ästhetischer und politischer Fortschrittlichkeit anstrebte." (S. 162) Die Autorin begnügt sich nicht damit, die Erweiterung des Kinos in Richtung Theater zu beschreiben, sondern arbeitet die oppositionelle Stellung der expanded-cinema-Aktion zu textbasierten, theatralen Inszenierungen heraus. Wie am Beispiel von Nam Jun Paiks Zen for Film (1962-64) gezeigt wird, tritt die 'performative' Funktion, also der Vollzug der Handlung gegenüber der 'referentiellen' Funktion, also die Darstellung von Figuren, Handlungen etc., in den Vordergrund. Eine weitere Abgrenzung erfolgt gegenüber der kinematographischen Installation. Merkmale, die die expanded-cinema-Aktion als Praktik des cinéma brut erkennen lassen, werden unter anderem an Batailles Konzept der "Antiökonomie" festgemacht. Ein weiteres Kriterium ist die "Flüchtigkeit des performativen Aktes, seine Unwiederbringlichkeit" (S. 165), die Jutz als Zeichen der Obsoleszenz deutet. Wichtig ist zudem die Referenz auf vorhergehende (filmische) Diskurse und Praktiken, wie am Beispiel von VALIE EXPORTs TAPP und TASTKINO (1968) veranschaulicht wird, und die Hervorhebung "deiktischer" Gesten. Den found-footage-Film setzt Gabriele Jutz schließlich mit dem "Index als Relikt" in Beziehung. Kriterien für einen solchen sind einerseits, dass das Ursprungsmaterial nicht von den FilmemacherInnen selbst belichtet wurde, andererseits spielt – anders als beim Archivfilm oder beim Kompilationsfilm – die "niedere Herkunft des Materials" (S. 175) eine Rolle. Dieses wird durch eine künstlerische Verwendung aufgewertet. Die Indexikalität des found-footage-Films verweist auf die zeitliche Distanz zwischen dem Akt der Belichtung und der Verwendung des Materials. Gleich einem Relikt oder einer Ruine sind im Filmmaterial die Spuren historischer Differenz eingeschrieben. Der zitierende, resignifizierende Akt dieser brutistischen Praktik sprengt zudem das Material aus seinem ursprünglichen Kontext und eröffnet kritische Blickwinkel auf (massen)kulturelle Artefakte. "Dieses destabilisierende, entropische Potential, das der Wiederholung grundsätzlich innewohnt, manifestiert sich im 'found-footage-Film' einerseits durch eine Wuchern von Bedeutung, zum anderen durch die Vervielfachung von Autorpositionen." (S. 181) Gabriele Jutz setzt in ihrem Buch einen längst überfälligen Impuls in der Avantgardefilmtheorie. Ausgezeichnet recherchiert, erarbeitet sie ihre Genealogie einerseits eng an filmischen Gegenständen, andererseits durch ihre souveräne Zusammenführung klassischer film-, medien- und kunsttheoretischer Begrifflichkeiten. Stilistisch auf höchstem Niveau formuliert, sind die Grundzüge des cinéma brut leicht nachvollziehbar. Bei der detaillierten Argumentation erweisen sich gewisse Grundkenntnisse von Avantgardetheorien und Semiotik aber mit Sicherheit als Vorteil. Die ausführlichen Exkurse in verschiedenste Theorie- und Praxisfelder mögen vielleicht an manchen Stellen des Buches als Ablenkung vom eigentlichen Forschungsgegenstand erscheinen, zeigen jedoch die Anschlussfähigkeit der von Jutz entworfenen, alternativen Avantgardefilmtheorie. Die Autorin erstellt zudem bewusst keinen abgeschlossenen Kanon an 'brutistischen' Filmwerken, sondern gibt Einblick in die Reichweite ihrer Theorien, indem sie im zweiten Teil des Buches den Blick auf exemplarisch ausgewählte Arbeiten wirft. Beispiele wie Vita Futurista (1916), Len Lyes A Colour Box (1935), Isidore Isous Traité de bave et d´éternité (1951), Su Friedrichs Gently Down the Stream (1981) oder Peter Tescherkasskys Dream Work (2001) bilden einen Querschnitt der europäischen und US-amerikanischen Filmavantgarde vom frühen Film bis zur Gegenwart. Nicht eine lineare Skizzierung einer neuen Avantgardefilmtradition ist das Ziel. Es "soll anhand signifikanter Bespiele ein Feld abgesteckt werden, das ermöglicht, das Verwandte im scheinbar Unterschiedlichen hervortreten zu lassen." (S. 22) Grund genug im Anschluss an dieses Buch weitere Filme mit den Praktiken des cinéma bruts zu analysieren und in dessen Kontext zu bringen.
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Ob Fernsehschränke, Telefonzellen oder Computergehäuse – Umhüllungen und Verkleidungen medialer Technologien waren lange Zeit keine Gegenstände einer kulturwissenschaftlich ausgerichteten, medientheoretischen Auseinandersetzung, obwohl gerade das insistente Fragen nach Möglichkeitsbedingungen, nach Rahmung, nach Materialität oder nach medialer Verfasstheit ein Erkennungsmerkmal medienkulturwissenschaftlichen Problembewusstseins darstellen will. Der Sammelband Gehäuse: Mediale Einkapselungen bietet eine ambitionierte und komplexe Theoriebildung zur vernachlässigten Handlungsmacht von Gehäusen an, indem das Gehäuse erstmalig großangelegt als medienwissenschaftliches Epistem befragt wird. Darüber hinaus eröffnen die Texte viele Einblicke in die Mediengeschichte der Hüllen, Behausungen und Bauformen von Apparaten und Technologien, aber auch von historischen Vorläufermedien, von Materialitäten wie Holz und Müll oder von Kulturtechniken der Speicherung und Übertragung. Als die Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft 2018 stattfand, fielen vielen Tagungsteilnehmer_innen die zahlreichen, kunstvoll bemalten Verteilerstromkästen des Gastgeberorts Siegen auf. Durch die Gestaltung der Kästen beabsichtigte die Stadt sich als kreativer Industrie- 'und' Kulturstandort zu positionieren – und sorgte auf Fußwegen zwischen den Veranstaltungsräumen der Tagung für Gespräche über Stadt-Ästhetik, Energiewirtschaft, Geschmack etc. Wenn eine ansonsten unsichtbare Materialität erst durch Verfremdungspraktiken überhaupt sichtbar und dann mit Energiewirtschaft oder Ingenieurswesen assoziiert wird, handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Medium, weil Medien Wirklichkeiten organisieren und kanalisieren und dabei einen Hang zur Unsichtbarmachung ihrer Körper und ihrer Agency haben. Es war das Medium 'Gehäuse', also der Kasten (und nicht der Kabelsalat oder der Strom), der im Stadtraum sichtbar wurde und sich selbst thematisierte: als neues Trägermedium für Kunst. Jene zuvor anästhetische, eigene Medialität von Gehäusen ist es, die Hans Blumenberg "Umkleidung des künstlichen Produkts mit Selbstverständlichkeit" (S.9) nannte, und die für die Herausgeber_innen des Sammelbands die Grundthese darstellt, dass Gehäuse "Orte der Vermittlung sind, die vordergründig der Stabilisierung eines Funktionsarrangements dienen, an denen sich aber auch Zeichenprozesse abspielen." (S.10) Dass eine Medientheorie der Gehäuse eine lohnende, komplexe epistemische Herausforderung darstellen könnte, wurde dabei bisher durch hartnäckige Abwertungen vernebelt: Einerseits imaginieren kulturelle Gemeinplätze Gehäusefiguren als äußerliche Nur-Hüllen/Nur-Fassaden/nicht-essenzielle Oberflächen bzw. als Blendwerke/Täuschungen und andererseits formulieren auch wissenschaftliche Kommentare zu medialen Hüllen solche meist lediglich als Verstärkerinnen des 'Eigentlichen', also als sekundäre, repräsentationslogische Thematisierungen des Gehäuseinneren, der Software (oder des guten alten Inhalts) 'in' der äußerlichen Aufbereitung (Form). Dem halten die Herausgeber_innen eine Theoretisierung des Gehäuses entgegen, die es nicht nur als eine 'Schicht' des Mediums denkt, sondern die das Gehäuse selbst als 'medial' begreift – also als performativ, als wirkmächtig und in intermaterieller Wechselwirkung mit Umwelt, Nutzer_in, Innenleben etc. Dazu werden in der Einleitung vier Kontextualisierungen des Begriffs entwickelt. Konzipiert als "materielle Artefakte" (S.11), können Gehäuse erstens mit theoretischen Anleihen aus den Material Culture Studies und der ANT perspektiviert werden, womit auch die Beziehung der Funktionalität von Gehäusen zu Fragen der (Inter‑)Materialität oder zu Praktiken des Alltags adressiert ist, sodass das Gehäuse "als ein Ort (mit eigener Medialität) beschrieben werden kann, an dem ein gestaltetes Artefakt mit Praktiken konfrontiert ist und an dem sich damit auch soziokulturelle Konflikte abspielen"(S.13). In einem zweiten Schritt werden dann Perspektiven aus Theorie und Praxis von 'Design' bemüht, da Produktdesign intrinsisch mit der Geschichte der Industrialisierung (etwa mit der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks) verschränkt ist und so die Ambivalenz von 'Funktionalität und Ästhetik' in den Fokus rückt. Unter den Blickpunkten des Designs betrachtet – geplanter Gebrauch vs. "übergreifende ästhetische Leitvorstellungen"– offenbaren sich Gehäuse als verhandlungsintensive Medien, mittels derer zeitgenössische "Kommunikation über gesellschaftlich geteilte Werte, Normen und Einstellungen" (S.18) stattfindet. Ein Gehäuse weist drittens sowohl die Charakteristika der 'Infrastruktur' als auch des 'Interface' auf. Als Interface erscheint es, weil es ein instrumentelles Bedienelement ist, das sich Nutzer_innen als Schnittstelle zuwendet. Es tritt aber zugleich als Infrastruktur in Erscheinung – bzw. macht sich als solche unsichtbar –, indem es eine Stabilisierung von Komponenten darstellt, welche das Funktionieren eines Systems garantieren und dessen Verhältnis zur Umwelt determinieren soll. Mit dieser Einsicht lassen sich Gehäuse gerade in ihrer "wechselnde[n] Positionierung […] als bedienbares Werkzeug oder als Teil der Architektur" (S. 21) eines ökologischen Dispositivs untersuchen. Die vierte Kontextualisierung bündelt die vorangehenden am Beispiel der Theoriegeschichte der Blackbox und überträgt diese auf die Frage nach einer medienkulturwissenschaftlichen Theorie der Gehäuse. Die "Logik des Blackboxing" besteht in der Einkapselung technischer Komponenten und deren Abschirmung von Anwender_innen, womit sie "materieller Ausdruck von Formalisierungs- und Technisierungsprozessen" (S.11) sind und eine je spezifische Ordnung von 'Intransparenz zugunsten von Transparenz' festlegen, indem ihr Weniger an Einsicht den Pragmatismus ihrer Handhabe optimiert. Auf Basis dieser Annahme lässt sich die Erschließung einer Theorie des Gehäuses an die epistemologischen Erkenntnisse der Kybernetik anknüpfen: Davon kann abgeleitet werden, dass Gehäuse ein allgemeines "Modell von Kognition"markieren, das darin besteht, dass sie praktisches Wissen hervorbringen und organisieren (Beobachten, Erkennen, Sehen, Erfassen, Lernen). So soll argumentiert werden, dass sich Gehäuse nicht in ihrem instrumentellen Charakter erschöpfen. Sie sind dann nicht Repräsentationen von ihnen ausgelagertem Wissen, von Werten oder Normen, sondern Interaktionsparter_innen im prozessualen Auf-Einander-Abstimmen und damit "Verfahren der Wissensproduktion" (S.22). Wie schon die Einleitung, richtet sich das Gros der Beiträge an medienphilosophische Leser_innen-Interessen. Die meisten Texte verhandeln, bezogen auf einen material- oder ideengeschichtlichen Diskurs oder auf historische/aktuelle Phänomene, immer auch die Fragen: Wie definiert sich eigentlich ein/das Gehäuse und welches grundlegende medientheoretische Wissen lässt sich darauf anwenden oder davon ableiten? Und was bedeutet das für unseren Medienbegriff? So offeriert der Sammelband etwa eine Theorie der Gehäuse von Notfalldingen als emergente "suspense-Techniken"(Martin Stiegler, S.302), eine Diskussion von Körperkapseln, die binäre Subjekt-Objekt-Ontologien auflösen (Andreas Broeckmann) oder auch eine medienphilosophische Untersuchung der Beeinflussung des etablierten Umweltbegriffs durch Uexkülls mediale Umweltkonzeption "als gläsernes Gehäuse", "stabil und fest dem Lebewesen zugehörig" sowie "unauffällig und transparent" (Julian Jochmaring, S.262). Auch die Frage danach, wie sich kultureller Wandel in Gehäusen zeitigt, begegnet widerkehrend: in der Analyse sowohl von solchen Imitationen einer kühlen Smart-Phone-Elektrogerätästhetik in zeitgenössischer Architektur (Tom Steinert), als auch (umgekehrt) von jenen Nachahmungen wärmend hölzerner Musikmöbel-Optik durch aktuelle Retro-Smart-Phone-Gehäuse (Leonie Häsler). Herausstechend sind jene Passagen, in denen die Gehäuse-Theoriebildung mit politischen, gesellschaftskritischen oder explizit gender-relevanten Fragen verschränkt wurde, und in welchen die Medialität von Gehäusen so hinsichtlich ihrer Verstrickung in Machtverhältnisse dargestellt wird. Auf Gender-Diskurse von medialen Gehäusen macht etwa Tobias Landers Inklusion einer Besprechung von Valie Exports Tapp- und Tastkinoin der Genealogie künstlerisch reflexiver Gehäuse-Mysterien aufmerksam. Heike Weber wiederum kommt in ihrer Analyse "[z]ur Vermittlung von Konsumtechniken" mitunter auf Ellen van Oosts einschlägige Gender-Skript-Studie zum elektrischen Rasierapparat der 1950er-Jahre zu sprechen und erweitert Oosts Schlüsse zur Vergeschlechtlichung von Medien durch das Beispiel von Radioportables der Zeit.Außerdem beobachtet Weber, dass die Interfaces von Waschvollautomaten um 1990 ein effeminierendes Script vorgaben, das ihren Anwenderinnen mitunter durch 'Bio-Programme' die soziale Rolle einer Koordinationsverantwortlichen für Hygiene-, Material- und Umwelt-Bewusstsein nahelegte. Zusammenhänge von sozialer Differenz mit ihren korrespondierenden Gehäusen betreffen nicht zuletzt klassifizierte Praxen. Anhand von "Behausungen des Mülls"zeigt etwa Laura Moisi auf, wie Müll "Dingen und Personen einen Platz in der symbolischen Ordnung des Sozialen zuweist und die Welt in Zonen der Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit aufteilt"(S. 214). Die Administration von Normativität durch Gehäuse ist auch Thema von Markus Krajewskis Kritik an der deutschen Architektur der Nachkriegszeit. Mosaik-, Raster- und Kachel-Strukturen im Stil karierter Collegeblocks dienen dazu – so die These – die Gegenwart zu dehistorisieren, "Gewissen reinzuwaschen" (S. 170) und "Bewohner in unbeschriebene Blätter zu wandeln", gleichsam "formatiert" (S. 171) und geschichtsvergessen. Derartige machtkritische Ausrichtungen der Forschungsbeiträge werden teilweise vermisst, wenn der ein oder andere Text sich etwa als genuin medienphilosophisch oder medienhistorisch versteht, und wenn dann das spezifische Selbstverständnis der Analyse- oder Theoretisierungspraxis impliziert, dass die untersuchte Medialität von Design, Infrastruktur oder Architektur ein Forschungsgegenstand ist, der unabhängig von dessen Gender-, Race-, Class- oder Ability-Dimensionen besprochen werden könnte. Eine Theorie von Gehäusen kann es nach meinem Dafürhalten nur unter den Prämissen geben, dass Gehäuse essentielle Agent_innen in Gefügen der Organisation von Accessibilities (Queer/Crip Theory) sind und dass sie eine Vergeschlechtlichung von Innerlichkeit/Äußerlichkeit durchwirkt – eine Perspektive, zu der Lektüren von Bourdieus Theorie des Hauses als gegendert-normalisierende 'verkehrte Welt' oder Sara Ahmeds feministischer Bezugnahme auf das Survival-Kit inspirieren könnten.[1] In viele Gehäuse von elektronischen Medien ist außerdem ein wichtiger Reminder für die Medientheorie buchstäblich 'eingeschrieben': "Made in China", "Made in Bangladesh" etc. verweisen auf materiale Implikationen von race/gender/class, die mit dem Outsourcing unserer Medienproduktion in Länder des Globalen Südens und mit der Ausbeutung von Women of Colour in der Medienindustrie einhergehen – ein entscheidendes und permanent anwesend/abwesendes Charakteristikum von Medialität im 21. Jh., das, wie Lisa Nakamura anregt, das kritische Verständnis von Medientheorie herausfordern sollte.[2] Ansätze einer solchen machtverhältniskritischen Haltung von Medienwissenschaftler_innen finden sich in Heike Webers Fazit zu Fragen des Blackboxings: "Was in einer Gesellschaft von einer jeweiligen Technik als wichtig zu wissen erachtet und was von dieser Technik erwartet wird, wird auch über Gehäuse- und Interfacedesign vermittelt, derweil andere Aspekte des Technischen ausgeschwärzt sind – und damit […] auch weiter im Machtraum der Technikproduzenten verbleiben" (S. 134). Denn bei aller vermeintlich öffnenden Ökologisierung von Medien als deren Emergenz in Smart Homes, Ubiquitous Computing oder Ambient Intelligence, darf nicht die Konjunktur zunehmender Schließung und Abgrenzung von Gehäusen übersehen werden. Auf diesen Prozess wird auch im Sammelband verwiesen: auf Vorgänge der "Isolierung", die beabsichtigen, "nur noch die notwendigen Ströme durchzulassen und unbefugte Zugriffe zu verhindern" (Florian Sprenger, S. 194). Till A. Heilmanns Text bietet dazu ebenso eine problembewusste Beobachtung an: Eine zunehmende Immunisierung des 'Machtraums der Technikpoduzent_innen' gegenüber Subversionen mittels gezielter Verunmöglichung von individuellen Eingriffen in Systeme "zwingt Nutzerinnen und Nutzern das Muster eines rein konsumierenden Umgangs mit und Gebrauchs von Computertechnik auf" (S.50). Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Telefonzelle auf dem Cover des Sammelbands als Überhang aus einer anderen Epoche, wenn wir daran denken, dass in den letzten Jahren immer mehr europäische Stadtadministrationen ihre öffentlichen Telefonzellen so umgebaut haben, dass sie nicht mehr von Obdachlosen als Schlafplatz oder Kälteschutz angeeignet werden können. [1] Siehe Pierre Bourdieu: Entwurf einer Theorie der Praxis. Auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt a. M. 2009. Sowie Sara Ahmed: Feministisch Leben! Manifest für Spaßverderberinnen. Münster 2017. [2] Siehe Lisa Nakamura: "Indigenous Circuits. Navajo Women and the Racialization of Early Electronic Manufacture". In: American Quarterly, 66/4, Dezember 2014, S. 919–941.
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This thesis aims to quantify the human impact on the natural resource water at the landscape scale. The drivers in the federal state of Brandenburg (Germany), the area under investigation, are land-use changes induced by policy decisions at European and federal state level. The water resources of the federal state are particularly sensitive to changes in land-use due to low precipitation rates in the summer combined with sandy soils and high evapotranspiration rates. Key elements in landscape hydrology are forests because of their unique capacity to transport water from the soil to the atmosphere. Given these circumstances, decisions made at any level of administration that may have effects on the forest sector in the state are critical in relation to the water cycle. It is therefore essential to evaluate any decision that may change forest area and structure in such a sensitive region. Thus, as a first step, it was necessary to develop and implement a model able to simulate possible interactions and feedbacks between forested surfaces and the hydrological cycle at the landscape scale. The result is a model for simulating the hydrological properties of forest stands based on a robust computation of the temporal and spatial LAI (leaf area index) dynamics. The approach allows the simulation of all relevant hydrological processes with a low parameter demand. It includes the interception of precipitation and transpiration of forest stands with and without groundwater in the rooting zone. The model also considers phenology, biomass allocation, as well as mortality and simple management practices. It has been implemented as a module in the eco-hydrological model SWIM (Soil and Water Integrated Model). This model has been tested in two pre-studies to verify the applicability of its hydrological process description for the hydrological conditions typical for the state. The newly implemented forest module has been tested for Scots Pine (Pinus sylvestris) and in parts for Common Oak (Quercus robur and Q. petraea) in Brandenburg. For Scots Pine the results demonstrate a good simulation of annual biomass increase and LAI in addition to the satisfactory simulation of litter production. A comparison of the simulated and measured data of the May sprout for Scots pine and leaf unfolding for Oak, as well as the evaluation against daily transpiration measurements for Scots Pine, does support the applicability of the approach. The interception of precipitation has also been simulated and compared with weekly observed data for a Scots Pine stand which displays satisfactory results in both the vegetation periods and annual sums. After the development and testing phase, the model is used to analyse the effects of two scenarios. The first scenario is an increase in forest area on abandoned agricultural land that is triggered by a decrease in European agricultural production support. The second one is a shift in species composition from predominant Scots Pine to Common Oak that is based on decisions of the regional forestry authority to support a more natural species composition. The scenario effects are modelled for the federal state of Brandenburg on a 50m grid utilising spatially explicit land-use patterns. The results, for the first scenario, suggest a negative impact of an increase in forest area (9.4% total state area) on the regional water balance, causing an increase in mean long-term annual evapotranspiration of 3.7% at 100% afforestation when compared to no afforestation. The relatively small annual change conceals a much more pronounced seasonal effect of a mean long-term evapotranspiration increase by 25.1% in the spring causing a pronounced reduction in groundwater recharge and runoff. The reduction causes a lag effect that aggravates the scarcity of water resources in the summer. In contrast, in the second scenario, a change in species composition in existing forests (29.2% total state area) from predominantly Scots Pine to Common Oak decreases the long-term annual mean evapotranspiration by 3.4%, accompanied by a much weaker, but apparent, seasonal pattern. Both scenarios exhibit a high spatial heterogeneity because of the distinct natural conditions in the different regions of the state. Areas with groundwater levels near the surface are particularly sensitive to changes in forest area and regions with relatively high proportion of forest respond strongly to the change in species composition. In both cases this regional response is masked by a smaller linear mean effect for the total state area. Two critical sources of uncertainty in the model results have been investigated. The first one originates from the model calibration parameters estimated in the pre-study for lowland regions, such as the federal state. The combined effect of the parameters, when changed within their physical meaningful limits, unveils an overestimation of the mean water balance by 1.6%. However, the distribution has a wide spread with 14.7% for the 90th percentile and -9.9% for the 10th percentile. The second source of uncertainty emerges from the parameterisation of the forest module. The analysis exhibits a standard deviation of 0.6 % over a ten year period in the mean of the simulated evapotranspiration as a result of variance in the key forest parameters. The analysis suggests that the combined uncertainty in the model results is dominated by the uncertainties of calibration parameters. Therefore, the effect of the first scenario might be underestimated because the calculated increase in evapotranspiration is too small. This may lead to an overestimation of the water balance towards runoff and groundwater recharge. The opposite can be assumed for the second scenario in which the decrease in evapotranspiration might be overestimated. ; Das übergreifende Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Interaktion zwischen Landnutzungsänderung und dem Landschaftswasserhaushalt zu quantifizieren. Das Untersuchungsgebiet für die Analyse ist das Land Brandenburg. Bedingt durch seine Kombination geringer Sommerniederschläge mit der Dominanz sandiger Böden und hoher Verdunstungsraten, insbesondere von den großflächigen Wäldern und Forsten, ist es besonders empfindlich gegenüber Landnutzungsänderung. Waldflächen sind Schlüsselelemente im Landschaftswasserhaushalt, da sie den Bodenwasserspeicher effizienter mit der Atmosphäre koppeln als die meisten anderen Vegetationsformen. Im ersten Teil der Arbeit war es daher notwendig, ein geeignetes Modellkonzept zu finden. Der Ansatz sollte in der Lage sein, die hydrologischen Effekte auf Landschaftsebene zu modellieren, ohne dabei die Datenverfügbarkeit in diesem Anwendungsbereich zu überschreiten. Das entwickelte Modellkonzept wurde in das ökohydrologische Einzugsgebietsmodell SWIM (Soil Water Integrated Model) integriert. Nach einer Test- und Entwicklungsphase konnte das Modell für die integrierte Analyse der Wirkung von zwei Szenarien auf den Landeswasserhaushalt verwendet werden. Das erste Szenario beschäftigt sich mit der möglichen Zunahme der Waldfläche als Folge der Neuausrichtung der Agrarsubventionspolitik der Europäischen Union. Die Waldflächenzunahme führt zu einer Steigerung der Evapotranspiration im langjährigen Mittel. Das zweite Szenario behandelt die Auswirkung des Brandenburger Waldumbauprogramms und hat eine vergleichsweise geringe Abnahme der langjährigen mittleren Verdunstung zur Folge. Der lineare mittlere Verlauf überdeckt ein ausgeprägtes räumliches und saisonales Muster der Veränderung. Die Zonen starker Effekte der beider Szenarien überlappen sich nur in einigen Fällen, so ist es möglich, dass die positiven Wirkungen des Waldumbauprogramms in einigen Regionen durch eine mögliche Ausweitung der Waldfläche aufgehoben werden. Die vorgestellten Ergebnisse zeigen deutlich, dass Landnutzungsänderungen, die durch politische oder administrative Entscheidungen ausgelöst werden, Auswirkungen auf elementare Landschaftsfunktionen wie den Wasserhaushalt haben. Es wird deutlich, dass ein integrativer Modellierungsansatz, der die wahrscheinlichen Wirkungen administrativer Entscheidungen in Betracht zieht, Grundlagen für eine nachhaltige Entwicklung liefern kann. Diese Ergebnisse werden umso relevanter, je stärker die betroffene Ressource bereits eingeschränkt ist. In Bezug auf die Wasserressourcen im Land Brandenburg ist das der Fall und aktuelle Studien zum Globalen Wandel in der Region prognostizieren eine Verschärfung dieser Situation.
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"Berlin, 4. November 1989. Schnitt. Nah, außen, Tag. S/w VHS. Alexanderplatz. Vor dem Café im 'Haus des Reisens.' Ein Funktionärsmund. […] Die Kamera geht zurück, bleibt aber nah auf dem unteren Teil des Gesichts, bis es als das von Günther Schabowski erkennbar wird. Günther Sch.: Und wer sind sie? Michael K. off: Das ist Thomas Heise. Autor off: Mein Name ist Thomas Heise. Günther Sch.: Thomas filmt, deswegen kann er nicht sprechen. Er hat die Linse im Mund. Die Kamera geht zurück bis Halbnah, dann Halbtotal. Günther Schabowski lacht. Günther Sch.: Das ist auch eine Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen. Die Kamera schwenkt nach links. Günther Schabowski steht verloren auf den Gehwegplatten herum. Er sieht in Richtung des Alexanderplatzes, der jedoch von Sträuchern verdeckt ist. Unverständliche Fetzen von Sätzen aus einem Lautsprecher. Unruhe. Schnitt." (S. 50f.) Mit Thomas Heises Spuren. Archäologie der realen Existenz hat der Verlag Vorwerk 8 aus Berlin seine bis dato gelungene Reihe der Texte zum Dokumentarfilm um einen 13. Band erweitert. Auf fast 500 Seiten unternimmt man eine Spurensuche in das sich über mehr als drei Jahrzehnte erstreckende Schaffen des Filmemachers und Autors Thomas Heise. Die Texte und Abbildungen im Buch bilden "eine Collage aus abgeschriebenen Tonbändern, Notizen, Features, Filmskripten, Fragmenten und Funden, die der Autor von den 1970ern an aufgeschrieben, transkribiert, aufgelesen und bewahrt hat." (Klappentext) Spuren bildet also eine Sammlung aus Resten und Fundstücken. Material, das, wie es treffend im Klappentext heißt, "noch nicht durch den Fleischwolf der großen Geschichte oder der Medien gedreht, [das] noch nicht zu den flurbereinigten Bildern unserer historischen Vorstellungen geronnen [ist]. […] Bodensatz von Geschichte/n und Grundlage für Heises Filme" (ebd.). Bodensatz: bitter und dunkel, der Rest, der bleibt, wenn die Tasse leer ist. Der Rest, in dem man lesen kann: was war, was ist, was sein wird. "Autor off: Immer bleibt etwas übrig. Ein Rest, der nicht aufgeht, und am Ende habe ich den Anfang fast vergessen. Eines Tages holt dich die Geschichte ein" (S. 255). Thomas Heises Filme widmen sich den 'ruinierten' Flecken deutscher Geschichte. Er folgt den Spuren zu den Dingen, den Orten und Menschen, die als Verschwundenes oder Verschwindendes zurückbleiben. In seinen Arbeiten werden die Ruinen an den Rändern der Geschichte – der Rest, der bleibt – zu lebendigen Erzählern. Sie erzählen von ihrem Leben und bezeugen eine Zeit, die 'so' nicht in den "flurbereinigten" (Klappentext) Lehrbüchern des Fachs, das man Geschichte nennt, zu finden ist. Thomas Heise: geboren 1955 in Berlin (DDR), Lehre als Drucktechniker, 18 Monate Wehrdienst bei der NVA, später Regieassistent bei der DEFA und anschließend Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam Babelsberg (abgebrochen im Ergebnis operativer Bearbeitung durch das MfS, Ministerium für Staatssicherheit – Faksimiles der MfS-Akten und Briefe befinden sich mit im Buch). Auf Initiative Heiner Müllers und Gerhard Scheumanns war Heise von 1990–1997 Mitglied des Berliner Ensembles. Danach freiberuflich als Regisseur für Film und Theaterarbeit tätig. In drei prägnanten Zeilen zur Biografie von Heise heißt es im Klappentext am Ende des Buchs: "u. a. Meisterschüler der Akademie der Künste, Dokumentarist der Wende, sein Werk ein Speicher von Erfahrungen und Geschichten." Heise, der Dokumentarist. "Thomas filmt, deswegen kann er nicht sprechen. Er hat die Linse im Mund", sagt Günther Schabowski.[1] Wer eine Linse im Mund hat, spricht mit der Kamera. Was sich in Heises persönlichen Portraits erzählt, sind Lebensläufe von Menschen an Orten, die er selbst als "Wüstungen" bezeichnet. "Wüstungen hießen Orte, die aufgegeben, die von Menschen verlassen worden waren, Orte, die nicht mehr von Menschen, sondern von zurückgebliebenen Toten bevölkert waren" (S. 402). In den Zeitschichten dieser Lebensläufe an den Peripherien der Gesellschaft fördert Heise etwas zu Tage, das man den Blick auf ein Gesellschaftssystem nennen könnte, das subjektive Eigenschaften zu Objekten gerinnen lässt und damit erst über die von mir gerade verwendeten Zuschreibungen von Peripherie und Zentrum entscheidet. Das beginnt schon mit den ersten Selektionsverfahren im Grundschulalter, wenn die Noten darüber entscheiden, welchen Weg einer einschlägt – Außenseiter/ Spitzenreiter (eine Szene aus Heises Film Kinder, wie die Zeit vergeht, Filmskript, S. 342–383). Diese Selektionsprozesse normieren Existenzen und verobjektivieren Menschen. Die Einteilung in Erfolg und Misserfolg lässt soziale Schichtungen entstehen: Randgruppen, Verlierer, Sieger, Täter, Opfer. Was sich in Spuren solchen vereinfachenden Kategorisierungen immer wieder entgegen zu stellen versucht, sind singuläre Existenzen und deren Weg durch ein Leben in Institutionen, Apparaten und politischen Systemen. "Es handelt sich bei den Portraitierten um sehr konkrete Menschen, aber es sind zugleich auch Fälle. Anhand ihrer wird etwas Allgemeines sichtbar" (Girke im Gespräch mit Heise, S. 420). Was hier sichtbar und (be)greifbar wird, sind die, wie Heise sagt, "realen Dimensionen von Geschichte" (S. 411). Und will man die begreifen, "muss man Biografien lesen, und zwar die von einfachen Leuten […]. Geschichte von denen, die Geschichte bezahlen" (S. 411). Der Bodensatz gehört mit zum Kaffeekochen – ohne diesen wäre es gar nicht möglich. Spuren. Archäologie der realen Existenz. In einem Gespräch zwischen Heiner Müller und seinem Dramaturgen Alexander Weigel aus Heises Film Der Ausländer (1987/2004) (Filmskript, S. 234–249) kommen die beiden auf die Maulwurfstätigkeit der Archäologie zu sprechen. Müller behauptet pointiert: "Archäologie ist auch Maulwurfstätigkeit. Archäologie ist nicht mit der Sinnfrage belastet, Geschichte ja. Weigel schreibt: . mit der Sinnfrage belastet. Ja. Arbeiten heißt anderes denken als das . Müller: . was man vorher gedacht hat." (S. 240) Heise durchwühlt mit seinen Filmen den Boden der Geschichte und stößt dabei auf die Überreste der Menschen, die ihn bereiteten. Was davon übrig bleibt und was das nun vorliegende Buch versammelt, ist ein Bergwerk in Bildern. Und diese sind, wie er sagt, "eine Übersetzung von Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit selber" (S. 422). Heises Bilder sind nicht einfach Gegenbilder zu herrschenden Vorstellungen. Er zeigt nicht 'nur' Bilder von Verlierern auf der einen Seite, oder 'nur' Bilder der zum eigenen Handeln unfähig gemachten 'Apparatschicks' einer Gesellschaftsordnung auf der anderen. Er arbeitet: mit den Bildern/am Dazwischen. Seine Archäologie zielt nicht darauf ab, die Sinnfrage auszuschöpfen, indem sie möglichst tief vergrabene Funde zu Tage fördert und einfach inventarisiert. Sie zielt vielmehr auf Vermittlung ab. Heises Bilder sind Flächen. Bilder von Gesellschaftsflächen – Gesellschaftsoberflächen. Dabei machen sie etwas erfahrbar, das man vielleicht als 'Tiefenniveau' innerhalb der Oberfläche bezeichnen könnte. Und diese Niveaus vermitteln mitunter eine reflexive Ursprünglichkeit und Unmittelbarkeit in der Erfahrbarkeit von Geschichte, die mancher Intellektuelle aus der Distanz des theoretischen Eulenfluges nicht zu generieren im Stande ist. Zur Illustration des Gesagten eine Szene aus dem Film Volkspolizei (Filmskript, S. 173–185) von 1985: "ZUFÜHRUNG Hauptwachtmeister Krüger: Herr Reinschmidt, versuchen Sie ganz kurz ein paar Sätze zu sagen. Herr Reinschmidt: Ich bin aus meiner Kneipe gekommen und über den Hof vom Friedrichstadtpalast. Ich hatte Theaterkarten für 'Das Ei' [Studiotheater des Friedrichstadtpalastes, Anm.], aber die habe ich liegen lassen. 'Das Ei' kann man vergessen. 'Das Ei' ist nicht dem Niveau eines normalen Menschen entsprechend. Hauptwachtmeister Krüger: Daran können wir beide nichts ändern. Herr Reinschmidt: Und dann war ich im 'Prater' [ältester Biergarten Berlins, Anm.] und bin von da in die Schönholzer Strasse. Hauptwachtmeister Krüger: Dort sind sie angesprochen worden durch einen Polizisten. Herr Reinschmidt: Durch den Herrn, der mich da belegt hat. Hauptwachtmeister Krüger: Herr Reinschmidt, Sie sind nicht belegt worden von dem Volkspolizisten. Wissen Sie, was der macht? Herr Reinschmidt: Der passt auf, dass keiner rüberkommt nach drüben. Das weiß ich. Hauptwachtmeister Krüger: Das ist Staatsgrenze. Und wenn der Polizist eine Kontrolle durchführt, ist das sein gutes Recht. Herr Reinschmidt: Die Grenze, die uns bewacht und nicht die anderen. Hauptwachtmeister Krüger: Wir brauchen jetzt keine Diskussion. Herr Reinschmidt: Jeder Stacheldraht zeigt in unsere Richtung, dass wir nicht rüber können. Die Grenze ist nicht dafür da, dass die nicht zu uns können, sondern dafür, dass wir nicht rüber zu denen können. Hauptwachtmeister Krüger: Dann gucken Sie mal in die Geschichtsbücher, wie die Kriege entstanden sind. Zum Beispiel der Zweite Weltkrieg. Herr Reinschmidt: Der Stacheldraht zeigt zu uns. Hauptwachtmeister Krüger: Herr Reinschmidt, schreien Sie bitte nicht so. Herr Reinschmidt: Ich bin nicht einmal an der Mauer gewesen, und Sie nehmen mich mit. Hauptwachtmeister Krüger: Versetzen Sie sich mal in diese Lage: Wenn Sie jetzt Volkspolizist wären . Herr Reinschmidt: Ich kann mich nicht in diese Lage versetzen. Hauptwachtmeister Krüger: Wissen Sie, was ich kann? Ich kann Sie 24 Stunden hier festsetzen. Aber dazu habe ich keine Lust. Gehen Sie jetzt nachhause. Auf Wiedersehen, Herr Reinschmidt." (S. 173–185) Warum das alles in Buchform? Diese Frage stellte sich mir und ich würde sie zum Schluss gern mit der Hilfe anderer beantworten. Zum einen gewährt das Buch die Qualität der Stille – wie Walter Benjamin das beschreibt –, die einen umfängt und einen Rückzugsort der Lektüre gewährt. Zum anderen fließt hier auch mit ein, was Roland Barthes über die Sogwirkung des Films gesagt hat: dass die Bilder so schnell wären und ihn unaufhörlich fort ziehen würden – man hat keine Zeit anzuhalten. Nimmt man diese beiden Beobachtungen nun zusammen, erhält man mit Spuren. Archäologie der realen Existenz eine Art 'Bilderbuch' – mit der Rasanz der Bilder verschiedener Gegenwarten in Film und Fragment sowie der Stille und Leere des Buches, die erst durch den Leser ausgefüllt wird. In Spuren zu lesen heißt, in der Geschichte und an seinem eigenen Denken – an seinem Zugang zum Verschütteten und Verdrängten – zu arbeiten. Damit kommt man der Wirklichkeit der 'Deutschen Geschichte' – um diesen Mammutbegriff hier doch noch zu verwenden – vielleicht ein ganzes Stückchen näher. Und frei nach Paul Celan steht dabei immer die Maxime im Vordergrund, dass Wirklichkeit nicht einfach ist: Sie will gesucht und gewonnen sein! --- [1] Günther Schabowski, SED-Funktionär, 1989 Erster Sekretär der Bezirksleitung Berlin.
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Der Blick ins Baugesetzbuch (BauGB) verrät: Bebauungspläne bedürfen gemäß § 9 Abs. 8 i. V. m. § 2a BauGB einer Begründung, in der die Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswir-kungen des Bauleitplans und in einem Umweltbericht die auf Grund der Umweltprüfung er-mittelten und bewerteten Belange des Umweltschutzes darzulegen sind. Abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen legt die Praxis die Berücksichtigung von weit mehr Aspekten nahe, als vom Gesetzgeber vorgegeben wird; denn eine auf die wenigen o. g. Bestandteile reduzierte Begründung wird den praktischen Anforderungen nicht gerecht. Zu dieser Erkenntnis kommt die vorliegende Arbeit auf der Grundlage von Expertengesprä-chen, nach Analyse von 70 Bebauungsplanbegründungen sowie nach Auswertung der bun-desdeutschen Rechtsprechung und der einschlägigen Kommentar- und Fachliteratur. Bei der Auswahl der Interviewpartner kam es darauf an, den Blick aus unterschiedlichen beruflichen Perspektiven auf die Bauleitplanung zu nutzen. Daher wurden Akteure aus jeweils verschie-denen Tätigkeitsbereichen (Stadtplanungsamt, Baugenehmigungsbehörde, Bezirksversamm-lung, Entwicklungsgesellschaft, Immobiliengesellschaft, freies Planungsbüro, fachbezogene Fort- und Weiterbildungseinrichtung) zur Bebauungsplanbegründung befragt. Die Positionen der (gesetzgebenden, kommentierenden und Recht sprechenden) Juristen ergaben sich aus der geprüften Literatur sowie aus der Rechtsprechung. Die Untersuchung kommt unter anderem zu folgendem Ergebnis: Eine vorbildlich aufgebaute Begründung umfasst Hauptteile zum Planungsgegenstand, zu den Planinhalten einschließlich der Planfestsetzungen, zu den Auswirkungen, zum Verfahren und zur Abwägung sowie den Umweltbericht, soweit eine Umweltprüfung erforderlich ist. Neben den Angaben des § 2a BauGB ist auf den Planungsanlass einzugehen und die städtebauliche Erforderlichkeit von Planungszielen und B-Planfestsetzungen zu rechtfertigen. Komplizierte Festsetzungen bedür-fen der Erläuterung im Sinne einer Auslegungshilfe. Wie vom Baugesetzbuch vorgegeben, muss die in dem Bebauungsplan zum Ausdruck kom-mende gemeindliche Entscheidung über die zukünftige städtebauliche Entwicklung einer Flä-che abwägungsgerecht sein. Die Begründung ist das einzige Dokument, indem sich hierüber vor der Öffentlichkeit vollumfänglich Rechenschaft ablegen lässt. Nur in den wenigsten der untersuchten Praxisfälle ist es gelungen, die Abwägungsentscheidung nachvollziehbar zu do-kumentieren. Daher wurde im Rahmen dieser Arbeit eine methodische Vorgehensweise ent-wickelt, die diesem Anspruch und den anderen oben angesprochenen Anforderungen gerecht wird. Die Empfehlungen der Arbeit beschränken sich nicht auf Gliederungsmuster, Musterformulie-rungen sowie bestimmte Erarbeitungsmethoden. Es werden auch neue Möglichkeiten zur In-formationsverwaltung aufgezeigt. Denn in Begründungen fließen weit mehr Datenmengen ein, als die betreffenden Vorschriften aus dem Baugesetzbuch auf den ersten Blick erwarten lassen. Außerdem: In dem Maße, in dem sich die Planinhalte von Bebauungsplanentwürfen im Laufe des teils mehrjährigen Planverfahrens in vielen Zwischenschritten ändern, ist auch die Begründung einem ständigen Überarbeitungsprozess unterworfen. Es lohnt sich daher, die Begründung sowie weitere Verfahrensdokumente an ein Datenbanksystem zu koppeln. Denn eine zentral gesteuerte Datenverwaltung erleichtert dem Planverfasser die Arbeit und gewähr-leistet ein in sich schlüssiges und auch im Zusammenhang mit den anderen Planunterlagen wie dem Plan selbst widerspruchsfreies Werk. Die Arbeit zeigt, worauf bei der Entwicklung eines solchen Datenbanksystems zu achten wäre. ; A glance at the German Building Code (Baugesetzbuch - BauGB) reveals that according to § 9 Abs. 8 in conjunction with § 2a, a legally binding land-use plan requires a statement of reasoning in which the aims, purposes and significant impacts of the urban land-use plan is laid out, as well as an environmental report which describes and evaluates the environmental issues which are raised by the environmental impact analysis. Notwithstanding the legal requirements, practice suggests the need to consider far more aspects than those foreseen by the legislator: a statement of justification which only includes the few above-mentioned elements falls short of the requirements of practice. This is the conclusion of this doctoral research based on expert interviews, the analysis of 70 land-use plan statements of reasoning, as well as the analysis of the German federal jurisprudence and the relevant legal commentaries and technical literature. In selecting the interview partners special attention was paid to the need to include a wide range of vocational perspectives on urban land-use planning. Thus, key actors from different related activities were interviewed about their expectations of a statement of reasoning for a land-use plan, such as the town planning office, the building permit authority, the district assembly, the development company, the real estate company, the independent planning agency, and technical and vocational training agencies. The points of view of the legislator, commentators and judges was ascertained by analysing the relevant legal literature and jurisprudence. The investigation arrives at the following conclusion: an ideally constructed land-use plan reasoning includes main sections about the object of the land-use plan, the content of the plan and its designations, its impact, its procedure and the balance of interests, as well as an environmental report insofar as an environmental impact assessment is necessary. In addition to the requirements prescribed in § 2a BauGB, the cause for the plan must be outlined and the urbanistic necessity of the planning aims and the designations contained in the land-use plan must be justified. Complex designations require further explanations which serve as an interpretative framework. As stipulated by the German Building Code, the municipal decision contained in the land-use plan about the future urbanistic development of an area must strike an appropriate balance between different interests. The statement of reasoning is the only document in which a full and public account of this process can be rendered. However, only very few of the examples from practice actually comprehensibly document this interest-balancing process. In the context of this research, therefore, a methodical approach was developed which satisfies both this requirement as well as the other requirements outlined above. The recommendations of this research are not limited to outline templates, wording examples or specific drafting methods. New methods of managing information are suggested, since statements of reasoning are based on far more sources of information than the relevant provisions of the Building Code would lead one to expect at first glance. Moreover, to the extent that the content of the land-use plan changes across many different planning stages over the course of the planning process lasting several years, the statement of reasoning is also subject to an ongoing process of revision. It is therefore advisable to link the statement of reasoning as well as other process-related documents to a databank system. Centrally administered data management eases the planner's workload and secures not only a coherent statement of reasoning itself but also prevents discrepancies with the plan itself as well as with further planning documents. This thesis highlights the issues which should be borne in mind in the development of such a databank system.
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In: Diplomarbeit
Aus der Einleitung: Die neue Regierung in Nepal hat 2008 den 'Three Year Interim Plan' verabschiedet. Darin wird unter anderem das für meine Arbeit entscheidende Gesundheitswesen neu bewertet. Doch kann dieser Prozess zu einer Verbesserung der Lage im Land beitragen? Wie in meinem einleitenden Zitat von Nyerere kann Entwicklungszusammenarbeit (EZ) nur sinnvoll und fruchtbar sein, wenn die Bewohner die Möglichkeit haben, alle Entscheidungen sie betreffend mitzugestalten. In dieser Arbeit wird dargestellt, was EZ ist und welche Akteure sich auf dem Spielfeld von Politik und Wirtschaft, nachhaltigen Hilfeleistungen und fragwürdigen Projektzielen befinden. Anhand der Entwicklung des Gesundheitswesens in Nepal wird die Frage erörtert, wie die lokale Bevölkerung ein ernst zu nehmender Partner werden kann und welche Rolle die Soziale Arbeit dabei spielt. Von April bis August 2006 war ich bei der Nichtregierungsorganisation (NRO) Mountain Spirit Nepal im Rahmen meines Praxissemesters tätig. Dabei konnte ich direkt Einblick in die Projektarbeit – ein wichtiger Bestandteil der EZ – in Chyangmityang, einem entlegenen Bergdorf im Solukhumbu-Distrikt, gewinnen. Das war der Ausgangspunkt, mich mit der Möglichkeit auseinander zu setzen, wie die Bevölkerung selbst an der Entwicklung des Gesundheitssystems beteiligt werden kann. In der Arbeit versuche ich nachzuweisen, dass nur diese Herangehensweise Erfolg verspricht. Neben meinen persönlichen Erfahrungen habe ich unter anderem folgende Literatur genutzt: Einen Überblick über den historischen Verlauf der EZ konnte ich mit 'Einführung in die Entwicklungspolitik' von Ihne und Wilhelm gewinnen. Mit der Diplomarbeit von Satish Shroff 'Soziale Arbeit im Spannungsfeld von Medizin und Kultur' erhielt ich wichtige Informationen zum Gesundheitswesen Nepals, zu traditionellen Heilmethoden und zu Sozialarbeit zwischen Kultur, Medizin und sozialen Gegebenheiten. 'Ritual und Heilung' von Greifeld (Hg.) enthielt zahlreiche Hinweise zum weltweiten Nebeneinander traditioneller und allopathischer Medizin und zur Entwicklung von Gesundheitssystemen im allgemeinen. Um mehr von traditionellen Heilmethoden zu erfahren, beschäftigte ich mich einerseits mit dem Werk von Bramsiepe 'Die Anwendung der tibetischen Medizin in Indien und Nepal', andererseits mit Keßlers 'Wirksamkeit von Ayurveda bei chronischen Erkrankungen'. Das Befassen mit dem Gegenstück zur westlichen Schulmedizin ist wichtig, da traditionelle Heilmethoden im kulturellen System Nepals besonderes Gewicht und starken Einfluss besitzen. Das Buch 'Community involvement in health development. A review of concept and practice' von Kahssay und Oakley (Hg.) gab mir lohnenswerte Impulse zur praktischen Umsetzung einer Methode, welche den traditionellen und den schulmedizinischen Ansatz zu verbinden vermag. Entscheidend für das Gelingen der Arbeit und eine annähernd vollständige Bearbeitung des Themas notwendig, war es, auf verschiedene Internetquellen zurück zugreifen. Viele vor allem aktuelle Daten und Statistiken sind nur auf diesem Wege einzusehen. An dieser Stelle will ich nur einige nennen: Das Länderprofil der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation - WHO) enthält alle relevanten Daten zu den Entwicklungen der letzten Jahre (z.B. Fertilitäts- und Mortalitätsraten, Ressourcen des Gesundheitswesens und damit zusammenhängenden Faktoren wie Verfügbarkeit von Wasser). Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Program - UNDP) veröffentlicht jedes Jahr umfassende Berichte zur Lage Nepals, die mir ebenfalls sehr hilfreich waren. Zum Aufbau der Arbeit: Der Hauptteil ist in fünf Teile gegliedert: Im Ersten wird das große Feld der EZ historisch und inhaltlich beschrieben. Die Entwicklung von Gesundheitssystemen sowie die EZ mit Nepal wird eingehender beleuchtet. Entscheidend zum Verständnis ist die Kenntnis der Lebensbedingungen vor Ort und der traditionellen Heilmethoden, die ich im zweiten und dritten Abschnitt darstelle. Unter einem vierten Abschnitt erläutere ich das Modell 'Community Involvement in Health' der WHO. Damit zeige ich, wie die Bevölkerung Verantwortung an Entscheidungsprozessen übernehmen kann, um die Angebote an Gesundheitsdiensten nach ihren Bedürfnisse zu gestalten. Bei diesem Prozess übernimmt die Soziale Arbeit eine wichtige Rolle, was ich nachfolgend erkläre. Der Hauptteil endet mit dem Bericht über meine Projektarbeit in einer NRO in Nepal. In den Schlussbemerkungen lege ich Ergebnisse und Forschungsdesiderate dar und gebe einen Ausblick auf Chancen und Möglichkeiten, die die Beteiligung und Aktivierung der Bevölkerung vor Ort bieten.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: IEinleitung und Fragestellung1 IIHauptteil3 1.Wandel der Entwicklungszusammenarbeit3 1.1Die Entwicklung des Gesundheitssektors11 1.2Entwicklungszusammenarbeit mit Nepal15 1.3Ein Projektbeispiel17 1.4Die Entwicklung des Gesundheitssystems in Nepal19 2.Die Lebensbedingungen in Nepal: Was macht Nepal zum Entwicklungsland?22 2.1Der Guerillakrieg, der Sturz des Königs und die aktuelle politische Situation22 2.2Die sozioökonomische Situation Nepals24 3.Kulturelle Hintergründe des Krankheitsverständnisses der nepalesischen Bevölkerung27 3.1Tibetische Medizin29 3.1.1Tätigkeitsbereiche eines tibetischen Arztes30 3.1.2Der Krankheitsbegriff in der Tibetischen Medizin31 3.1.3Diagnose32 3.1.4Behandlungs- und Therapiemethoden34 3.2Ayurvedische Medizin37 3.2.1Gesundheit in der Ayurvedischen Medizin38 3.2.2Diagnose39 3.2.3Behandlungs- und Therapiemethoden40 3.2.4Exkurs: Einfluss der Ernährungsgewohnheiten auf die Krebsinzidenz42 3.3Schamanistische Heilung und traditionelle Heiler43 3.4Welchen Entwicklungsbedarf gibt es für das medizinisch System Nepals?46 3.5Wer legt diesen Bedarf fest?51 4.Community Participation in Primary Health Care in Nepal52 5.Die Rolle des Sozialarbeiters in Nepal55 6.Praxisbeispiel58 IIISchlussbemerkungen62 IVLiteratur- und Quellenverzeichnis64 VAnhang69Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.1, Tibetische Medizin: In diesem Abschnitt beziehe ich mich vor allem auf die Dissertation 'Die Anwendung der tibetischen Medizin in Indien und Nepal' von Mirja Marie Bramsiepe, die im Mai 2007 an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle vorgelegt wurde. Im 8. Jahrhundert n. Chr. wurde das Gyüshi, das wichtigste Lehrbuch der tibetischen Medizin, von Indien nach Tibet gebracht. '.Das Gyüshi wird am Besten mit 'Vier Tantras' oder auch 'Vierwurzelschrift' übersetzt. Die genaue Übersetzung lautet 'Ambrosia Herz-Tantra: Die geheime mündliche Unterweisung über die acht Zweige der Wissenschaft vom Heilen'. Es enthält die komplette tibetische Medizin, wie sie auch heute noch von Studenten erlernt wird.'. Das Gyüshi ist in poetischer Geheimsprache verfasst. Es ist nur mit zusätzlichen Kommentaren verständlich. Dies soll eine fehlerfreien Übertragung des Wissens von dem Lehrer auf den Studenten ermöglichen und nur den Medizinern zugänglich sein. Die Texte des Gyüshi müssen auswendig gelernt werden. Nach der Kulturrevolution in Tibet wurde 1961 ein Institut für tibetische Medizin Men- Tsee Khang, in Dharamsala, dem Sitz der tibetischen Regierung im Exil, gegründet. Die drei Institutionen, an denen heute tibetische Medizin unterrichtet wird, befinden sich in Dharamsala, Varanasi und Darjeeling, also alle in Indien. Nach erfolgreichem Studium an einer dieser drei Einrichtungen wird ein Doktortitel verliehen. Beispielhaft soll der Ausbildungsablauf am Chakpori Institut in Darjeeling dargestellt werden: In den ersten fünf Jahren wird auf der Grundlage des Gyüshi unterrichtet. Zwei darauf folgende Jahre verbringen die Studenten mit der Hospitation bei einem erfahrenen Arzt und dem Erlernen der Herstellung von Medikamenten. Bevor der Doktortitel verliehen wird, müssen die Studenten zwei weitere Jahre bei einem erfahrenen Arzt mitarbeiten. Die Ausbildung dauert insgesamt also neun Jahre. Daneben gibt es Ärzte, die von unterschiedlichen Lehrern und Medizinern ausgebildet wurden, und Generationenärzte, die von ihrem Vater in tibetischer Medizin unterrichtet wurden. Hat ein Arzt nicht an einer der drei Institutionen studiert, wird er als Amchi bezeichnet, um ihn von einem Arzt mit Doktortitel zu unterscheiden. Da die Ausbildungsstandards nicht genau bestimmt sind, ergeben sich sehr unterschiedliche Tätigkeitsbereiche der Ärzte. Tätigkeitsbereiche eines tibetischen Arztes: Neben der Arbeit in einer Praxis kann ein Arzt in der Produktion der Medikamente oder als Übersetzer des Gyüshi arbeiten, oder auf einem Spezialgebiet neben der Praxisarbeit andere Nebentätigkeiten ausüben. Tibetische Mediziner in den großen Städten müssen sich zunehmend neben den allopathischen Ärzten behaupten. Außerdem praktizieren und unterrichten viele Mediziner inzwischen weltweit. Während meines Praktikums 2006 habe ich im tibetischen Kloster Thupten Chholing im Solukumbu Distrikt einen Arzt besucht. Der Besuch ergab sich spontan, weshalb ich mir im Vorfeld keine Fragen überlegen konnte. Der Tibeter ist drei Monate im Jahr in München tätig, wo er nach eigenen Angaben aufgrund der Nachfrage kaum alle Patienten diagnostizieren und behandeln kann. Viele Patienten im Ausland sind von der allopathischen Medizin unzureichend oder erfolglos behandelt worden und erhoffen sich von der tibetischen Medizin Heilung durch ihre gegenüber der Schulmedizin alternativen Heilmethoden. Der Krankheitsbegriff in der Tibetischen Medizin: In der tibetischen Medizin stellt Gesundheit ein Gleichgewicht zwischen den drei Körperenergien Wind, Galle und Schleim dar. Im Krankheitsfall muss eine körperliche oder geistige Störung noch nicht erkennbar sein. '.Tibetische Ärzte sagen, dass sie die Krankheiten schon zwei Wochen vor Auftreten der ersten Symptome feststellen können.'. Außerdem werden heiße und kalte Krankheiten definiert. In weiteren Unterkategorien werden karmische Krankheiten, Krankheiten des Lebens, von Geistern ausgelöste Krankheiten und oberflächliche Krankheiten unterschieden. Karmische Krankheiten oder Krankheiten des Lebens wurden durch negative Handlungen in einem früheren Leben oder einer vergangenen Periode eines Lebens verursacht. Oberflächliche Leiden entstehen durch falsche Ernährung oder falsche Verhaltensweisen. '.All diese Gruppen können noch in weitere Untergruppen unterteilt werden, so dass man in der tibetischen Medizin insgesamt von 84000 Krankheiten spricht.'. In der tibetischen Medizin geht man also eher von einem ganzheitlichen System aus, von feinstofflichen Prinzipien und Körperenergien, die im Idealfall im Gleichgewichtstehen. Die Schulmedizin beschreibt Symptome und Störungen. Die Behandlung bezieht sich meistens allein auf die diagnostizierten Symptome. Deshalb ist es nicht möglich in Krankheitsbild von der allopathischen Medizin direkt in die tibetische Medizin zu übertragen. Laut Bramsiepe kann aus einer Diagnose in der tibetischen Medizin sowohl auf eine Schleim- als auch eine Windkrankheit geschlossen werden.
António Caetano de Abreu Freire Egas Moniz wurde im Jahre 1874 in Avanca,im Norden Portugals geboren. Hier verbrachte er den größten Teil seiner Kindheit, bevor er im Gymnasium von Viseu zur Schule ging, die er schließlich mit dem Abitur abschloß.1891 schrieb er sich an der Universität Coimbra ein. Hier absolvierte er das Studium der Medizin, das er 1899 mit Auszeichnung beenden konnte. 1901 heiratete Egas Moniz die ursprünglich aus Brasilien stammende Elvira de Macedo Dias. Im Jahre 1902 begann Moniz seine universitäre Laufbahn als Dozent in Coimbra. Nach mehreren Frankreichaufenthalten an Kliniken in Bordeaux und Paris wurde er 1911 an den Lehrstuhl für Neurologie nach Lissabon berufen. Durch seine wissenschaftlichen Werke - die zerebrale Angiographie und die Leukotomie - wurde er jedoch weit über die Grenzen Portugals hinaus bekannt. Moniz' politische Laufbahn fand ihren Höhepunkt zunächst in seiner Tätigkeit als Botschafter in Spanien und schließlich in der Funktion des Außenministers (1918). In den 20er Jahren widmete sich Moniz wieder verstärkt seiner wissenschaftlichen Karriere. 1927 gelang ihm die erste zerebrale Arteriographie am Lebenden. Seine Ergebnisse stellte er kurze Zeit nach der ersten gelungenen Aufnahme in Paris vor. Die Leukotomie - ein Aufsehen erregendes psychochirurgisches Verfahren - entwickelte Moniz dagegen erst Mitte der 30er Jahre. Moniz leitete seinen langjährigen Mitarbeiter Almeida Lima an, das Verfahren an einer ersten heterogenen Gruppe von 20 psychisch auffälligen Patienten zu erproben. Technisch wurde zunächst eine Durchtrennung der weißen Hirnsubstanz mittels Alkoholinjektionen angestrebt, die letztlich durch eine Läsion mit der Hilfe eines eigens entwickelten Schlingenwerkzeugs, des Leukotoms, abgelöst wurde. Auch diesmal stellte Moniz seine Ergebnisse einem Pariser Fachpublikum vor, schrieb darüber hinaus die Monographie "Tentatives operatoires de certaines psychoses", in welcher er nicht nur die Operationsmethode erklärte und die Ergebnisse zusammenfaßte, sondern auch Fallbeschreibungen der einzelnen Patienten dokumentierte. Die gespaltenen Reaktionen der Fachwelt reichten von enthusiastischer Anerkennung bis hin zu totaler Ablehnung. Auch die Verleihung des Nobelpreises im Jahre 1949 ließ Moniz Kritiker nicht verstummen. Bis heute dauert die Diskussion um die Leukotomie und um ähnliche psychochirurgische Eingriffe an, ohne daß es bis dato zu einer einheitlichen Bewertung von Moniz' Operationsversuchen gekommen wäre. Anhand der uneinheitlichen Bewertungen von Moniz' angeleiteten und dokumentierten Behandlungsversuchen läßt sich ablesen, wie stark die ethische Sichtweise dem jeweils vorherrschenden Zeitgeist unterworfen war. So fällt auch aus heutiger Sicht eine Bewertung unter Zugrundelegung historischer Rahmenbedingungen anders aus, als unter ausschließlicher Berücksichtigung aktueller ethischer Kriterien und Leitlinien: Aus heutiger Perspektive lassen sich überzeugende Argumente finden, die Moniz' Eingriffe in ethischer Hinsicht eindeutig desavouieren. Es läßt sich - schon angesichts der heterogenen Zusammensetzung, der geringen Gesamtzahl der Leukotomierten und der in keiner Weise standardisierten Ergebnisinterpretation - zweifelsfrei nachweisen, daß zu keinem Zeitpunkt ein Wirksamkeitsnachweis erbracht werden konnte. Ferner widerspricht Moniz' Auswahl der Patienten auf der Grundlage ihrer Verfügbarkeit zumindest aus heutiger Sicht dem Prinzip des Informed Consent. Ein Blick auf den historischen Kontext läßt eine Bewertung vergleichsweise milder ausfallen. Die Konzepte von Gesundheit und Krankheit sind - ebenso wie ihre ethische Bewertung - dem jeweiligen Zeitgeist unterworfen. Auch das Informed Consent-Prinzip läßt sich nicht ohne weiteres in jene Zeit übertragen ohne nach dem in der damaligen Gesellschaft vorherrschenden Bild des Psychiatriepatienten zu fragen. Ebenso gilt es, die zur fraglichen Zeit verfügbaren Behandlungsoptionen zu berücksichtigen. Im Laufe der Zeit hat sich nicht nur die Grundeinstellung zur Leukotomie sondern auch die Haltung zu den verantwortlichen Personen gewandelt. Angesichts der sich in jüngerer Zeit mehrenden positiven Stimmen, die ein Wiederaufleben psychochirurgischer Eingriffe für gerechtfertig halten, erscheint es keinesfalls abwegig, daß unsere Gesellschaft schon bald herausgefordert sein wird, die Diskussion erneut aufzunehmen. ; António Caetano de Abreu Freire Egas Moniz was born in 1874 in Avanca, a small country village in the north of Portugal. There he spent most of his childhood. He went to school in Sao Fiel and Viseu where he passed his final examinations. In 1891 he started his university education and accomplished his medical degree examinations in 1899 with distinction. In 1901 he married the brazilian Elvira de Macedo Dias. In 1902 Moniz started his university career in Coimbra. After some time in Bordeaux and Paris (France) he was appointed to professorship in neurology (Lisbon)where he stayed until the end of his academic career. He was well known in Portugal and abroad because of his principal cientific work - the cerebral angiography and the leucotomy. The climax of his political career was in 1918 as Portugal´s ambassador in Spain and foreign minister. In the 20th Moniz concentrated on his cientific career and developed the cerebral angiography in 1927 which results he already published after a short time in Paris (France). Moniz developed the leucotomy - a psychosurgical method - in the 30th. He advised Almeida Lima to operate on a heterogenous group of 20 patient with psychiatric disorders. Tecnically in a first step Moniz intended to cut the white brain substance with alcohol injections which later on was replaced by a special instrument - the so called leucotom. Moniz presented his results in Paris again and published his first book "Tentatives operatoires de certaines psychoses" in which he not only explainded the tecnical procedure and summarized the results but also documented detailed case reports of each patient.The perception on a national and international level were devided between entusiastic appreciation and complete disaproval. The discussion about Moniz work and further psychosurgical methods was not stopped when Moniz received the Nobel Prize in 1949 and until today there is no homogenous judgement regarding Moniz´ psychosurgical operations. Regarding the different judgements of Moniz´psychosurgical interventions it becomes obvious that the ethical viewpoint depended on the prevailing spirit of the age. A today´s jugement considering the historical circumstances differs from a judgement considering only actual ethical guidelines. From a today´s point of view arguments against Moniz interventions can easily be found: The heterogenous group of patients, the low number of cases and no standardized interpretation of results show that effectiveness could not be proven. As well the fact that Moniz has chosen his patients on a base of availability contradicts the principle of informed consent. Considering the historical circumstances the jugement becomes milder. The understanding of health and illness as well as the ethical judgement depend on the spirit of the age. As well the principal of informed consent can not be transfered back in those time without asking about the perception of psychatric patients in the society. As well the availability of treatment options in those days need to be considered. The judgement of leucotomy has changed as well as the appreciation of the responsibile persons. Regarding recent statements that psychosurgery may become a justifed option of treatment again in the future we might be challenged to restart the discussion again.
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Die vorliegende Arbeit soll in erster Linie ein Beitrag zur Geldgeschichte Kurhessens sein. Es geht um das kurhessische Papiergeld vom ersten Projekt 1831 bis zur endgültigen Ablösung der deutschen Landeswährungen durch die Mark des Deutschen Reiches. Dieses Thema muß in Zusammenhang mit den öffentlichen Finanzen des Kurfürstentums Hessen behandelt werden ; da die Initiativen zur Einführung von Geldscheinen ihren wesentlichen Grund in den Bestrebungen zur Verminderung der Staatsschulden hatten. Mehrere Aspekte sollen untersucht werden: Warum sind die zahlreichen Projekte zur Ausgabe von Papiergeld im Kurfürstentum Hessen bis zum Revolutionsjahr 1848 durchweg gescheitert? Wie entwickelte sich die Staatsverschuldung im Betrachtungszeitraum? Konnte die Papiergeldemission von 1848/1849 zur Sanierung der öffentlichen Finanzen beitragen? In welchem Maße akzeptierten die Kurhessen das neuartige Zahlungsmittel und welche Gründe gab es für durchaus vorhandenes Mißtrauen gegen die Scheine? Und schließlich: Wie ging die Annexionsmacht Preußen nach 1866 mit dem kurhessischen Papiergeld um und wie wurde die gewaltige Währungsumstellung auf die Mark bewerkstelligt? Die Untersuchung soll zusätzlich zum Zusammenhang von Geld- und Finanzgeschichte auch Verknüpfungen des Gegenstandes mit der Verfassungs- ; Verwaltungs- und Parlamentsgeschichte ; der Landesgeschichte ; mit der Banken- und Wirtschaftsgeschichte und schließlich auch mit der Mentalitäts- und Sozialgeschichte aufzeigen . Um den geldgeschichtlichen Rahmen dieser Arbeit zu setzen ; sollen zuerst das Münz- und Geldwesen des Kurfürstentums Hessen umrissen (II) und die Einführung und Ausbreitung des Papiergeldes ; das in Deutschland in der Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Durchbruch erlebte ; komprimiert beschrieben werden (III). Dabei sind auch die Arten der papierenen Zahlungsmittel zu unterscheiden. Ein Überblick über die Entwicklung in Preußen ist notwendig ; weil dieser bedeutendste Territorialstaat die meisten Geldscheine in Deutschland emittierte und bei Projekten im Staatsschuldenbereich vielfach als Vorbild diente. Weiter werden papiergeldähnliche Wertpapiere aus der Zeit der Fremdherrschaft in Kurhessen vorgestellt ; nämlich die Zwangsobligationen und Kupons des Königreichs Westphalen sowie die Kassenscheine des Departements Fulda ; die zum Teil Zahlungsmittelfunktion erlangten und der Bevölkerung in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts noch in guter Erinnerung waren. Hier sollen auch die Schritte betrachtet werden ; die der Deutsche Zollverein in den 1840er und 1850er Jahren zur Vereinheitlichung und Reglementierung des Papiergeldes unternahm. Die einschlägigen Gesetze sowie die Behörden und Verfassungsorgane Kurhessens ; die mit der Verwaltung der Staatsfinanzen befaßt waren ; bilden einen weiteren Abschnitt ; in dem auch die Entwicklung der kurhessischen Staatsschuldenverwaltung bis zur Zusammenführung mit der preußischen Finanzverwaltung in einen größeren Zusammenhang gestellt wird (IV). An dieser Stelle wird die Rolle des parlamentarischen Haushaltsrechts im Konflikt zwischen Kurfürst ; Regierung und Landtag beleuchtet und ein Überblick über die Schuldenentwicklung gegeben. Nachdem der geldhistorische sowie verfassungs- und verwaltungsgeschichtliche Hintergrund erläutert ist ; erfolgt die Vorstellung der Papiergeldprojekte von 1831 bis 1848 mit einem zusammenfassenden Vergleich dieser Initiativen (V). Der nächste Abschnitt beinhaltet das legislative Verfahren und den Inhalt der Kassenscheingesetze vom 26. August 1848 und vom 24. März 1849 sowie das Herstellungsverfahren der Scheine (VI). Anschließend wird der Umlauf des Papiergeldes untersucht ; der stark von der Akzeptanz des Publikums abhängig war und von Abwehrgesetzen anderer Staaten ; vor allem Preußens ; beeinflußt wurde (VII). Hier soll auch das Einziehungsverfahren beschrieben werden. Nach der Präsentation weiterer Papiergeldprojekte aus der Reaktionszeit 1850-1859 (VIII) werden die Banknoten der kurhessischen Leih- und Commerzbank behandelt ; die im Jahr 1859 spektakulär Bankrott erklären mußte (IX). Die Banknoten wurden vielfach mit den staatlichen Kassenscheinen verwechselt und können als Störfaktor für das Staatspapiergeld angesehen werden. Für die Befriedigung der Leihbankgläubiger war ein Teil der neuen staatlichen Kassenscheinemission vorgesehen ; die mit dem Gesetz vom 24. Juni 1863 beschlossen wurde. Das Gesetzgebungsverfahren und der Druck der Scheine ; die nicht mehr zur Ausgabe gelangten ; weil Kurhessen zum Zeitpunkt der Fertigstellung bereits in Preußen aufgegangen war ; sind Inhalt des nächsten Abschnitts (X). Der Umgang der preußischen Finanzverwaltung mit den kurhessischen Kassenscheinen und der Ersatz durch Reichskassenscheine im Rahmen der Reichspapiergeldreform 1875 werden dargestellt (XI) ; bevor die Ergebnisse in einer Schlußbetrachtung zusammengefaßt werden (XII). Der Anhang enthält wichtige Quellenstücke (XIII). Die Erforschung des Papiergeldes ; meistens als Randgebiet der Numismatik betrieben ; hat im Verhältnis nicht die gleiche Menge an Schrifttum hervorgebracht wie die größere Zeiträume abdeckende Münzforschung. Dabei ist zu beachten ; daß die Scheine kaum Katalogisierungsprobleme bereiten ; die an die deskriptive Numismatik erinnern. Kompliziert ist hingegen ihre verfassungs- und verwaltungsgeschichtliche Einordnung ; die eine intensive Auseinandersetzung mit den schriftlichen Quellen erfordert. An territorienübergreifenden Arbeiten sind die Synopse "Papiergeld" (1967) und das "Papiergeldlexikon" (1992) von Albert PICK sowie die Katalogwerke "Das Papiergeld der altdeutschen Staaten (Taler- und Guldenscheine) vom 17. Jahrhundert bis zum Jahr 1914" (1953) von Arnold KELLER und der "Papiergeld-Spezialkatalog Deutschland" von Albert PICK und Jens-Uwe RIXEN (1998) zu erwähnen. Weitere Einzelheiten zum Papiergeld der deutschen Staaten enthält die Zusammenstellung "Das deutsche Staatspapiergeld" ; die 1901 von der Reichsdruckerei herausgegeben wurde. Die Emissionen verschiedener Staaten wurden in eigenen Veröffentlichungen bearbeitet. Hier ist zuerst das ausführliche Werk "Papiergeld und Staatsschulden im Fürstentum Waldeck (1848-1890)" (1984) von Niklot KLÜSSENDORF zu nennen ; in dem die waldeckische Staatsschuldenentwicklung und Papiergeldgeschichte von den ersten Projekten bis zur Einziehung - als Paradigma für eine kleinstaatliche Finanzverwaltung - wiedergegeben wird. Aus der Vielzahl der Schriften über Geldscheine einzelner Staaten sei noch auf die entsprechenden Abschnitte in "Das Geldwesen Anhalts unter Berücksichtigung der Staatsschulden 1690 bis 1875" (1999) von Jens HECKL ; übrigens betreut von Niklot Klüßendorf ; sowie auf die beiden wichtigen Aufsätze "Die Schaumburg-Lippischen Kassen-Anweisungen" (1972) von Helge BEI DER WIEDEN und "Das Staatspapiergeld des Herzogtums Sachsen-Coburg" (1989) von Otto KOZINOWSKI verwiesen. Über die Geldscheine des Kurfürstentums Hessen erschien 1979 ein recht knapper und nur zum Teil mit Quellen belegter Beitrag von Lothar BRENDEL. Den Papiergeldprojekten ; die nicht verwirklicht wurden ; schenkte man in der Forschung naturgemäß weniger Beachtung. Unlängst erschien zu diesem Thema der Aufsatz "Das Frankfurter Aktienbankprojekt von 1824 und seine Währung" (1998) von Konrad SCHNEIDER. Derselbe Autor veröffentlichte vor kurzem einen weiteren archivalisch fundierten Aufsatz mit dem Titel "Bemerkungen zum Papiergeldumlauf in Frankfurt am Main" (2001). Schließlich ist hinzuweisen auf die papierene Zahlungsmittel betreffenden Teile der jüngst erschienenen Schrift "Die Entstehung eines nationalen Geldes" (2002) von Frank OTTO ; in der die Integrationsprozesse der deutschen Währungen im 19. Jahrhundert dargestellt werden. In dieser ausführlichen Arbeit über die Vereinheitlichung des Münz- und Geldscheinwesens wird der Fokus nur auf die Entwicklung in Preußen und Bayern ; jeweils als Beispiel für den nord- und süddeutschen Raum ; gerichtet. Zur Geschichte des Kurfürstentums Hessen ist eine Fülle von Literatur erschienen . Die Gesamtdarstellung "Das Kurfürstentum Hessen 1803-1866" (1998) von Hellmut SEIER enthält die neuesten Forschungsergebnisse und eine umfassende Bibliographie. Als Grundlage für den verfassungs- ; verwaltungs- und parlamentsgeschichtlichen Teil dienten die auf reicher Quellenbasis fundierten Marburger Dissertationen "Restauration als Transformation: Untersuchungen zur kurhessischen Verfassungsgeschichte 1813-1830" (1986) von Winfried SPEITKAMP ; "Verfassungsgebung und Verfassungskonflikt: Das Kurfürstentum Hessen in der ersten Ära Hassenpflug 1830-1837" (1996) von Ewald GROTHE und "Kurfürst ; Regierung und Landtag im Dauerkonflikt: Studien zur Verfassungsgeschichte Kurhessens in der Reaktionszeit 1850-1859" (1996) von Ulrich VON NATHUSIUS. Das Verzeichnis "MdL Hessen 1808-1996: Biographischer Index" (1996) von Jochen LENGEMANN war ein zuverlässiges Hilfsmittel bei der näheren Bestimmung von Abgeordneten des kurhessischen Landtages. Die Forschung in der Numismatik und Geldgeschichte stützt sich bei der Einordnung der Münzen in den geschichtlichen Zusammenhang und der Rekonstruktion des historischen Geldumlaufs auf drei Hauptquellengruppen (Münzen und Geldzeichen ; Münzfunde und schriftliche Quellen). Für unser Thema stehen dagegen nur die Geldscheine und die schriftlichen Quellen zur Verfügung. Allerdings ist die quantitative Quellenlage für die Geldgeschichte des 19. Jahrhunderts ausgesprochen günstig . Während aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit Schriftstücke oft nur vereinzelt und bruchstückhaft überliefert sind ; gilt es bei der Betrachtung der Geldgeschichte der Zeit des Deutschen Bundes ; aus der umfangreichen Menge des Schriftgutes die wesentlichen Akten herauszufiltern. Die Einbeziehung des Schriftgutes in den Betrachtungskreis des Geldhistorikers unterstreicht den engen Zusammenhang zwischen Geldgeschichte und Aktenkunde. Maßgeblich für die Geldgeschichte des Kurfürstentums Hessen sind die einschlägigen Archivalien des Hessischen Staatsarchivs Marburg (StAM). Die beiden zentralen Bestände in Bezug auf die kurhessische Papiergeldgeschichte sind auf der Ebene der Regierung die Bestände 9a (Kurhessisches Ministerium des kurfürstlichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten) und 41 (Kurhessisches Ministerium der Finanzen) ; auf der Ebene der Verwaltung der Bestand 43 (Hauptstaatskasse) und auf der Ebene des Landtags der Bestand 73 (Hessische Landstände). Ergänzend zu den handschriftlichen Aktenstücken treten die gedruckten Landtagsverhandlungen (zitiert: KLV). Eine weitere elementare Quellenbasis ; besonders für den verwaltungsgeschichtlichen Teil ; bildet die kurhessische Gesetzessammlung (zitiert: SG). Zusätzlich zum kurhessischen Material wurde die Gegenüberlieferung von Preußen im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin (GStAPK) herangezogen. Bei direkter Wiedergabe der Quellen sind Rechtschreibung und Zeichensetzung modernem Brauch angepaßt worden.
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Der Sanskrittext Puṣpacintāmaṇi (PuCi) behandelt Blüten als Darbringungen (upacāra) im wichtigsten hinduistischen Verehrungsritual, der pūjā. In ca. 400 Strophen werden über 200 Namen von Blüten genannt und für verschiedene Gottheiten und pūjās als geeignete oder ungeeignete Gaben vorgeschrieben. Der Text ist eine Kompilation (Nibandha), in der die Inhalte aus 47 namentlich genannten Quellentexten referiert werden. Ziel der Dissertation ist es nicht nur, diesen Text, der 1966 zum ersten Mal herausgegeben wurde, auf der Grundlage aller überlieferter Handschriften neu zu edieren und erstmals zu übersetzen, sondern darüberhinaus in seinen Kontext einzuordnen. Dabei werden der historische Entstehungszusammenhang des Textes, die Stellung des PuCi in der Texttradition und die Möglichkeiten der Deutung seines Inhalts berücksichtigt. Ein engmaschiges Netz 29 nahe verwandter nepalischer Abschriften des Textes, das durch eine textkritische Untersuchung in Bereiche vertikaler und horizontaler Überlieferung geordnet werden konnte, reicht bis in die Entstehungszeit des PuCi zurück. Aufgrund der ältesten Textzeugen konnte eine Edition angefertigt werden, die der Urschrift des PuCi nahe kommt und im Vergleich zur editio princeps von 1966 eine authentischere Textgestalt wiedergibt. Erstmals wurde dabei auch die Übertragung ins Klassische Newari ediert, die in der Übersetzung des Textes bezüglich ihrer Ergänzungen zum und Abweichungen vom Sanskrittext Beachtung findet. Zur Aufbereitung des Materials, das die Grundlage für die anschließenden Analysen bildet, gehören darüberhinaus die botanischen Identifikationen aller im Text genannter Blüten, die in einer alphabetischen Liste und teilweise in Abbildungen zugänglich gemacht werden. Anhand der vorletzten Strophe des Textes, die in der Erstedition fehlt, konnte die Entstehungszeit des PuCi auf die Dekade zwischen 1641 und 1651 eingegrenzt werden. In diesem Vers wird der Verfasser des Textes, Māyāsiṃha, genannt sowie dessen Patron, Pratāpa Malla, der die Königsstadt Kathmandu zwischen 1641 und 1674 regierte. Eine Person namens Mayāsiṃha wird in verschiedenen Quellen mit der Ermordung eines Verwandten des Königs in Verbindung gebracht. Anhand der in der Arbeit ausgewerteten historischen Dokumente ist aber nicht sicher festzustellen, ob der mutmaßliche Intrigant Mayāsiṃha und der Verfasser der PuCi Māyāsiṃha ein und dieselbe Person waren. Der Autor, der durch die Neuedition erstmals greifbar wird, entzieht sich zugleich wieder. Unabhängig von der konkreten Verfasserschaft lässt sich der Text als Teil des Herrschaftsprogramms von Pratāpa Malla auffassen. Dieser König gilt als einer der bedeutendsten Herrscher der späten nepalischen Malla-Dynastie und stilisierte sich als ein dem dharma, der kosmischen, politischen und sozialen Ordnung, verpflichteter König. Dazu gehörte die Förderung von allen Bereichen kulturellen Lebens in Ausrichtung auf diese Weltordnung. Besonderes Interesse hegte der Herrscher für die Verehrung der in seinem Reich ansässigen hinduistischen Gottheiten. Der PuCi, in dem Normen für einen Aspekt des wichtigsten Verehrungsrituals gesammelt und geordnet sind, folgt dieser Agenda. In der späteren Manuskripttradition geht die Strophe, aus der Entstehungszeit und -ort ableitbar sind, verloren. Bemerkenswert ist, dass der Text auch ohne Autor und sogar ohne autoritativen Hinweis auf die Patronage durch einen der Kulturheroen der Malla-Zeit überlebt hat und weiter tradiert wurde. Als wichtigster Grund, der dem PuCi das Überleben sicherte, ist wohl die Tatsache anzusehen, dass im Text die panindische gelehrte Tradition auf nepalische Verhältnisse bezogen wird. Der Text behandelt mit der Kombination der Verehrung exoterischer (Smārta) Gottheiten (Śiva, Viṣṇu und Durgā) und esoterischer (Kaula) Göttinnen in den Traditionslinien der nepalischen Tantriker ein Pantheon, das für den höfischen Kult und mit ihm für die Religion der nepalischen Eliten seit der Malla-Zeit repräsentativ ist. Der Verfasser bediente sich dabei des Genres der Kompilation (Nibandha), das zu dieser Zeit in ganz Südasien beliebt und vor allem in der höfischen Kultur angesiedelt war. Die meisten Quellen, aus denen der PuCi zitiert, konnten identifiziert werden. Der Herstellungsprozess wurde weitgehend aufgeklärt. Es zeigt sich, dass der Kompilator als Primärquellen meist auf solche Texte zurückgriff, die in Nepal zu dieser Zeit als literarische Klassiker galten. Für einen nicht unwesentlichen Teil der Zitate konnte nachgewiesen werden, dass diese samt Textverweisen und teilweise sogar Kommentarpassagen aus anderen Nibandhas übernommen wurden. In erster Linie handelte es sich bei diesen Sekundärquellen um damals aktuelle Werke nordindischer Gelehrter. Das Milieu am Königshof von Kathmandu gab, so wird argumentiert, nicht nur den wichtigsten Impuls zum Verfassen des PuCi, sondern war einer der wenigen Orte, an dem ein solcher Text zu dieser Zeit überhaupt entstehen konnte. Pratāpa Malla belebte Kultur und Kunst u.a. durch Importe von Gelehrten und Textmaterialien aus den südlich angrenzenden indischen Reichen und machte so einige Quellentexte erst verfügbar. Popularität und Einfluss des PuCi als nepalischer Lehrtext (Śāstra) zeigt sich nicht nur an seiner eigenen Überlieferung. Darin finden sich Handschriften, die Hinweise auf die anhaltene Bedeutung im royalen Umfeld tragen. Die Newariübertragung entwickelt sich eigenständig weiter. Daneben konnte in nepalischen Manuskripten eine ganze Texttradition zu pūjā-Blüten nachgewiesen werden. Der PuCi ist darin eine zwar wichtige, vielleicht sogar die älteste indigen nepalische, aber eben nur eine Artikulation des Themas in einem verzweigten Strom aufeinander aufbauender Kompilationen, in denen ähnliches Material immer wieder neu zusammengestellt wurde. Anhand derjenigen Texte, die als direkte Nachfahren des PuCi bestimmt werden konnten, wurde demonstriert, wie spätere Autoren den PuCi als Grundlage für neue Werke nutzten. Die nepalische Texttradition zu Blüten – vielleicht kann man sogar von einem eigenen Textgenre sprechen – erlebte, wie die überlieferten Handschriften belegen, im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert einen regelrechten Boom. Sie reicht bis in die jüngste Vergangenheit und zeigt eine anhaltende Tendenz zur Übertragung in die Regionalsprachen Nepals. Der PuCi wird, nach allem was bisher bekannt ist, nicht außerhalb von Nepal kopiert oder rezipiert. Er fließt jedoch in Form von gekennzeichneten oder stillschweigenden Zitaten in andere nepalische Nibandhas ein, die ihrerseits überregionale Bedeutung erlangt haben. So trägt der PuCi indirekt zur panindischen gelehrten Tradition bei. Wie der PuCi als Text seinen Verfasser und Patron verliert, verliert sich im Laufe der Zeit auch der Text als solcher und geht in neue Kompositionen auf. Die im PuCi gesammelten Informationen werden weiter tradiert, Verfasserschaft oder konkrete Textgestalt erscheinen dabei nebenrangig. Der PuCi ist ein hochspezialisierter Lehrtext, in dem enzyklopädisch Vorschriften zur Materialkunde des upacāras Blüte (puṣpa) aufgeführt werden, ohne Kontext oder Begründungen zu geben. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, wie sich das Regelwerk des PuCi in den weiteren Kontext panindischer Gelehrsamkeit einbetten lässt. Dazu wurden die Regeln nach ihren Gültigkeitsbereichen geordnet und sukzessive analysiert. Es sind allgemeine und spezielle Regeln unterscheidbar. In den allgemeinen Regeln, die festlegen, was eine Blüte als Gabe an Gottheiten qualifiziert, kommen ästhetische Ansprüche zum Ausdruck. Wie wohl für Ritualgegenstände allgemein, zielen diese Vorschriften aber vor allem auf die Wahrung von Reinheit. Die śāstrische Behandlung von Blüten zeigt Parallelen zu derjenigen von Speisen (anna) oder Gaben (dāna) und lässt sich so als Teil eines allgemeineren Diskurses erfassen, wie er vor allem von Autoren des Dharmaśāstra entwickelt wurde. Die speziellen Regeln sind zumeist einfache Zuordnungsregeln. Die wichtigsten Komponenten dieser Vorschriften sind Blüten und Gottheiten, also die dargebrachte Materie und der Empfänger dieser Gabe. Der Verehrer oder Geber wird in vielen Regeln genannt, jedoch recht selten charakterisiert. Die Handlung selbst, das Darbringen der Blüten, ist nur indirekt über die Resultate, die sie produziert, greifbar. Diese Komponenten sind in den drei Arten, in die pūjā traditionell eingeteilt wird, verschieden ausgeprägt und gewichtet. Besonders lassen sich die regelmäßige (nitya) Verehrung und diejenige mit einem Begehren (kāmya) kontrastieren, wohingegen die fallweise (naimittika) Verehrung zur nityapūjā tendiert und insgesamt vergleichsweise blass bleibt. Verdienste, die für die nitya- und naimittikapūjā sehr allgemein formuliert werden, sind in der pūjā mit einem Begehren (kāmya) erwartungsgemäß viel konkreter. Dagegen wird die innere Einstellung, für die in nitya- und naimittikapūjā devotionale Hingabe (bhakti) gefordert ist, in dieser Art von pūjā kaum thematisiert. Durch die Analyse zeigte sich weiter, dass die physischen und kulturellen Charakteristika der Blüten mit der jeweils zentralen Komponente der Regeln in Beziehung gesetzt werden können. In der nityapūjā lassen sich Parallelen zwischen Eigenschaften der Blüten, wie deren Namen, Formen, Standorten oder kulturellen Assoziationen, und denen der Gottheiten feststellen. Der zeitliche Anlass (nimitta) ist diejenige Komponente, die für die Verwendung von Blüten in der naimittikapūjā von Bedeutung ist. Wie in der kāmyapūjā scheinen die jeweils verehrten Gottheiten nur zweitrangig, wenn darüber zu entscheiden ist, welche Blüten zu verwenden sind. Blüten, die für die Verehrung mit einem Begehren (kāmyapūjā) vorgeschrieben sind, lassen sich über ihre Charakteristika mit eben diesem Begehren verknüpfen. Die Eigenschaften der Blüten lassen sich so als rituelle Potenzen betrachten, welche die jeweils unterschiedlichen Ausrichtungen der drei Arten von pūjā betonen. Neben Unterschieden zwischen den Vorschriften für die drei Arten der pūjā werden auch diejenigen zwischen den ersten drei Kapiteln und dem vierten behandelt. Dies entspricht der Grenze zwischen exoterischer Ritualtradition, die auf Schriften der Smārtas rekurriert, und der esoterischen der Kaulas. Für die exoterische Tradition ist tendenziell eine Anbindung an die vedische Ritualistik festzustellen. Pflanzen, die zur materiellen Ausstattung von Śrauta-Ritualen gehören, gelten als wichtige pūjā-Blüten, obwohl es sich häufig nicht um Blüten im eigentlichen Sinne, sondern um Gräser oder Blätter handelt. Vedische Rituale werden in Vergleichen herangezogen, in denen die Verdienstlichkeit der pūjā betont wird. Im vierten Kapitel spielt die Welt der vedischen Rituale dagegen kaum eine Rolle. Pflanzen mit vedischen Wurzeln werden kaum erwähnt oder sogar abgelehnt, Śrauta-Rituale bilden keine Vergleichsmomente. Ein weiterer Punkt, in welchem die Ansichten zu pūjā-Blüten aus exoterischer und esoterischer Perspektive auseinanderzugehen scheinen, ist das verbale Gewicht, das auf die Befolgung der Regeln gesetzt wird. Für die Darbringung der falschen Blüten werden im vierten Kapitel des PuCi viel drastischere Konsequenzen angedroht als in den ersten drei Kapiteln. Aussagen, dass fehlende Blütengaben ersetzt und durch bloße Hingabe (bhakti) substituiert werden können, sind Teil der Smārta-, nicht aber der Kaula-Vorschriften. Obgleich sich also Kaula-Ritual in seiner Materialität von der vedischen Ritualistik abgrenzt, ähnelt es ihr in seiner hyperritualistischen Einstellung. Im Großen und Ganzen sind die im Text referierten Vorschriften nicht willkürlich. Es lassen sich Regelmäßigkeiten der Zuordnungen feststellen. Für diese Zuordnungen von Blüten und Göttern, Blüten und Zeiten oder Blüten und Resultaten finden sich vielerlei Parallelen in anderen Gebieten der in Sanskritschriften überlieferten Gelehrtenkultur. Der Text enthält jedoch auch Stellen, die widersprüchlich oder unverständlich sind. Einige Widersprüche werden vom Kompilator harmonisiert, andere bleiben unvereint stehen. Neben Namen prominenter Blüten, die häufig genannt werden und in regelmäßigen Beziehungen zu Gottheiten stehen, werden solche erwähnt, die wenig bekannt sind oder die schlicht Textkorruptionen darstellen. Der Verfasser einer Kompilation muss fast zwangsläufig Korruptes und Unverständliches – ich habe dies "blinde Flecken" genannt – im Text akzeptieren, will er seine Quellen, die ihm nicht in kritischen Editionen sondern in Handschriften unterschiedlicher Qualität vorliegen, möglichst treu wiedergeben. Dies gilt in besonderem Maße für einen Text, der wie der PuCi viele Eigennamen enthält. Vor allem die Übersetzung dieser Eigennamen erscheint als das zentrale Anliegen der Übertragung des Textes ins Newari. Die sprachlichen Strukturen, die im Sanskrittext schon recht stereotyp sind, werden dabei weiter vereinfacht, und es finden sich kaum Erläuterungen zum Grundtext. Die Übertragung ist daher in erster Linie lexikographisch zu nennen. Verschiedene Übersetzungstechniken kommen zum Einsatz. Bekannte Blüten werden meist stabil übersetzt. Sie tragen eigene Newarinamen oder zumindest solche, die durch Lautverschiebungen aus dem Sanskrit adaptiert wurden. Unbekannte Blüten werden dagegen mechanisch durch das Anfügen des Newaribegriffs für "Blüte" übertragen oder komplett unterschlagen. Anhand einiger Newariglossen konnte gezeigt werden, wie lokal bedeutsame Ritualflora mit der gelehrten Tradition verknüpft wird. Dabei nutzte der Übersetzer u.a. die Interpretationsspielräume, die ihm der Text durch nicht eindeutig definierte oder unverständliche Sanskritnamen von Blüten – durch seine "blinden Flecken" – bot. Insgesamt betrachtet ist der PuCi als ein erfolgreicher Versuch zu bewerten, translokale normative Tradition auf lokale Gegebenheiten zu beziehen. Dabei ist der Text in erster Linie eine intellektuelle Angelegenheit. Es handelt sich um einen allgemeinen Charakterzug der Sanskritgelehrsamkeit, dass Śāstras nicht beschreiben, was in der Welt vor sich geht, sondern vielmehr wiedergeben, was als Wissen darüber überliefert ist. Der PuCi ist damit eher ein Prestigegegenstand, der einer Luxuskultur, nämlich dem höfischen Milieu, entstammt, als ein Gebrauchstext. ; The Puṣpacintāmaṇi (PuCi), a compendium (nibandha) containing rules for the use of flowers in Hindu pūjā, was written between 1641 and 1651 at the royal court of Kath-mandu, Nepal under one of the most illustrious rulers of the late medieval Malla dynasty, Pratāpa Malla. The dense manuscript evidence reaches back to the time of composition and allows for reconstructing a text close to the original. Moreover, on the basis of the quoted sources the procedure of compilation becomes almost tangible. The PuCi reflects the medieval Hindu religion of the Nepalese elites, which tradi-tionally and up to recently was centred on the king as its major ritual patron. The struc-ture of the text mirrors a peculiar Nepalese combination of exoteric and esoteric cult practices. Flowers for Śiva, Viṣṇu, Sūrya and the other Grahas as well as in the śrāddha as prescribed in the common Dharmaśāstranibandhas are dealt with in the first two chapters. The third chapter might be seen as a hinge between the two ritual modi: con-cluding the area of smārta worship it deals with flowers for Durgā, who is considered to be the exoteric identity of the multitude of esoteric goddesses unfolding into different lines of transmission (āmnāya) of the Kaula traditions dealt with in the last chapter of the text. Furthermore, the analysis of the texts used for composing the PuCi attests to a strong link to the pan-Indian Sanskrit tradition and yet at the same time to its Nepalese prov-enance. There are texts quoted which by the 17th century must have become the "clas-sics" among the authorities on Nepalese ritual matters, such as the Śivadharma literature or the Manthānabhairavatantra. On the other hand the text heavily draws on works by North Indian Nibandhakāras, which must have been "brand new" at that time, such as Narasiṃha Ṭhakkura's Tārābhaktisudhārṇava. The findings affirm that Pratāpa Malla was one of those royal figures who actually imported scholars and new texts in order to update the Nepalese version of Hinduism. In a wider perspective the text bears evidence to how fast knowledge and texts travelled in medieval South Asia. Research into Nepalese manuscripts has uncovered a larger textual tradition on pūjā flowers surviving in about 100 manuscripts. These texts are closely interrelated. Newly emerging texts may take material from older compilations as their skeleton and coat it with new references or may be self-sustained developments of parts of their predecessors. Texts are translated into the vernaculars, into Newari and later on into Nepali. The Puṣpacintāmaṇi may be considered paradigmatic for this tradition. Its translation into Classical Newari in course of time comes to lead a life of its own, the Sanskrit text or parts thereof form the bones for later texts, and so forth. Looking at the contents of the Puṣpacintāmaṇi several observations can be made. The text belongs to the prescriptive śāstra literature, which, according to its self-conception, relates back to earlier authorities to establish normative discourse rather than to nor-malize existing practice. The text is highly specialised by focusing on a single material aspect of ritual and consequently dropped all information of its sources that went be-yond its immediate scope. The text is purely encyclopaedic. It only presents the rules according to a certain order without linking them theoretically. In the set of regulations general and special rules can be distinguished. The general rules for procurement, treatment and disposal of pūjā flowers allow for statements about the general conception of the same. They echo Brahmanical values of purity and show parallels to rules formulated for food and gifts. The special rules, in which particular flower species are prescribed (vihita) or prohibited (niṣiddha), can not only be ordered according to the deities, as in the text itself, but also according to the types of ritual they relate to, namely nitya, naimittika and kāmya. Notably, the flowers in their physical characteristics and cultural associations can be linked to different components of the rules stated. In nityapūjā the features of the flowers tend to correspond to that of the deities, in naimittikapūjā to the time component and in kāmyapūjā to the result to be achieved. Moreover, in nityapūjā a certain looseness of stress on the compliance with the rules is discernible. After all, devotion (bhakti) plays a major role, which may refer back to the deep rootedness of pūjā in the bhakti traditions. In contrast, prescriptions for kāmyapūjā are very precise and results are related to certain flowers almost mechanically. Moreover, statements of bhakti as superior means of worship are restricted to the first three chapters of the texts. In other regards too distinctions between rules for exoteric and esoteric worship are discernible. For example, there is a strong tendency in text portions of dharmaśāstric origin to keep on with the prestigious Vedic heritage in ritual flora—even if this requires the category "flower" (puṣpa) to be stretched considerably to include grasses or leaves—whereas plants known to be efficient in Vedic ritual tend to be more rarely prescribed or even prohibited in the Kaula texts. Despite remarks on the systemic character of the rules, from an overall perspective it must be said that the text does not seem to aim at presenting a closed and thoroughly composed system. There are obvious contradictions, incomprehensible passages and unidentifiable flower names. These make the text have its dark and impenetrable edges. The translation into Newari confirms the impression that the text was not meant to be a highly sophisticated product well-conceived to the core, meaningful and understood in every detail. Many flower names mentioned in the text are either translated quite mechanically into Newari or they are completely dropped. But there are also some few cases in which the Newari text seems to take up names that are either unintelligible or whose botanical identity is a matter of discussion in order to provide plants of impor-tance in local pūjā practice with a Sanskrit identity. But still, the text stays remote from actual practice. It was surely not meant to serve as a practical guide (prayoga). It operates on a different level. It assembles śāstric refer-ences in a specific tailoring and at maximum its use might have been to provide a le-gitimatory backup (pramāṇa). It is a link in the chain that loosely connects the trans-local śāstric discourse with a local pūjā practice. The translation into Newari can be seen as the next stride towards ritual application. There was no need whatsoever for a text like this. The world could have lived without it. Pratāpa Malla would not have been a less illustrious king and Newar ritual flora would not have been less manifold. But the cultural climate of the 17th century, with three intensely competing kingdoms within the narrow confines of the Kathmandu valley and the court of a king who, personally, was very fond of the divine inhabitants of his realm, provided the ideal breeding ground for a composition specializing in and thereby highlighting a minute detail of one of the or even the most prominent ritual practice of that time. It may have been a mere intellectual exercise of some pandits, a true l'art pour l'art, but nevertheless it appears to be a rewardingly informative witness of the way in which medieval Nepalese religion was conceived and constructed in elite circles.
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Einführung Tropische asiatische Entwicklungs- und Schwellenländer zeigten rasches städtisches Wachstum dadurch, dass Bauern einwanderten, um ein besseres Leben in der Stadt zu suchen. Dadurch ergab sich in vielen Städten ein Mangel an geeigneter Infrastruktur und an sozialen Diensten. Die städtische Müllversorgung bildet keine Ausnahme; sie wird sogar oft an das Ende der Prio-ritätenliste für städtische Aufgabenpläne gestellt, da dabei zuerst die Gesetze und Verordnun-gen formuliert und umgesetzt werden müssen. Das Problem des nicht entsorgten städtischen Mülls führt (mit Sicherheit) zu Luftverschmutzung, Krankheit und zur Verseuchung des Bo-dens und des Wassers. Diese Probleme stehen in tropischen Klimaten im Zusammenhang mit hoher Temperatur und Feuchtigkeit, mit heftigem Regen und mit häufigen Überschwemmun-gen. Stehendes Wasser und Ausschwemmung aus dem Abfall werden sehr schnell zu Brutstät-ten von Insekten, Nagern und Bakterien, und damit zu einer Gesundheitsgefahr für Arbeiter und die allgemeine Bevölkerung. Darüber hinaus kann Wasser- und Grundwasserverschmut-zung/Kontamination zu einer ernsten Umweltzerstörung führen, mit direkten Auswirkungen auf die Wasserressourcen, und auf raschen Qualitätsverlust der pflanzlichen Erzeugnisse, des Rückgrates der meisten tropischen asiatischen Länder. Müllentsorgung und die Verantwortlichkeiten Lokale Regierungen müssen die öffentliche Gesundheit ihrer lokalen Bevölkerung sicherstellen und sind deshalb für die Müllentsorgung verantwortlich. Asiatische tropische Klimate sich rasch ändernde Müllzusammensetzung machen die Müllbehandlung und –entsorgung zu einer dauernden Herausforderung der Entscheidungsträger. Vor einer Entscheidung über das ver-wendete Entsorgungssystem muss eine geeignete Abfall-Charakterisierung treten. Diese Cha-rakterisierung liefert Kenntnisse über die Abfallmenge, die Feuchte, den Heizwert und die Menge der verschiedenen Komponenten im Abfallstrom, wie z. B.: organisches Material, Plas-tik, Papier, Karton, Holz, Textilien, Gummi, Leder, Glas, Metalle, Nichtmetalle, Steine und Keramiken. Darüber hinaus ist die Herausforderung, der sich asiatische Länder gegenüber se-hen, ein Mangel an Raum und damit wird die Platzierung eine Deponie zunehmend schwierig. Die Abfallwirtschaft ist eine kostenintensive, aber trotzdem notwendige Maßnahme, um das Wohlergehen sowohl der Bevölkerung als auch für die Umwelt sicher zu stellen. Es wird ge-schätzt, dass Asien im Jahr 2025 etwa 47 Milliarden US$ aufwenden muss, um 0,5 bis 1 Kg städtischen Müll je Person und Tag abzufahren und zu behandeln, oder 5 US$ je Kopf und Jahr. In Entwicklungsländern sind unzählige Leute nicht in der Lage, diese hohen Preise für die Ab-fallentsorgung zu zahlen. Deshalb liegt es in der Verantwortung der Regierung, die Abfallent-sorgung zu betreiben und zu finanzieren, um die Bevölkerung, die Gemeinde und die Umwelt zu schützen. Tropische asiatische Städte müssen jetzt bezahlbare und nachhaltige Verfahren für die Entsorgung ihrer zunehmenden Menge täglichen Abfalls benennen, wobei gleichzeitig auf minimale Umweltbelastung, auf soziale Akzeptanz und auf minimale Landverbrauch zu achten ist. Eine leicht anwendbare Entscheidungshilfe zur Wahl des geeignetesten Abfallbehandlungs-system der Gemeinde wäre deshalb sehr nützlich. Proposition Der Zweck dieser Dissertation war die Entwicklung eines nutzerfreundlichen Instrumentariums für das Verwaltungs- und Regierungspersonal in tropischen Entwicklungs- und Schwellenlän-der. 1. Diese Vorgehensweise basiert auf einem Netzwerk, das eine Liste ausgewählter entschei-dungsrelevanter Tatsachen in Betracht zieht, die nötig sind, um eine informierte Entschei-dung machen zu können. Das entscheidungshelfende Verfahren muss von Entscheidungs-trägern bei einer vorläufigen Feststellung des Abfallentsorgungs- und -behandlungssystems für ihre Gemeinde benutzt werden. 2. Tropische asiatische Städte müssen eine Reihe von Faktoren berücksichtigen, wenn sie über ihren Abfallwirtschaftsplan entscheiden. Dazu gehören die immerwechselnde Menge und Zusammensetzung des Abfalls infolge der zunehmenden Bevölkerungszahl und des Ein-kommens je Kopf, der hohe Feuchtigkeitsgrad, Verbrennungswärme-Werte und die oft be-grenzten finanziellen Möglichkeiten. 3. Ferner sind gesetzliche, politische, verwaltungstechnische, soziale, finanzielle, ökonomi-sche und technische Faktoren bestimmend. 4. Die Verwaltung muss dabei die Wichtigkeit jedes Teilschrittes der Abfallwirtschaft im Au-ge behalten, also Abfallerzeugung, Sammlung, Transport, Abfallcharakterisierung, Entsor-gung und Behandlung. 5. Die Rolle der lokalen Gemeinden in der Entscheidungsfindung ist nicht hoch genug einzu-schätzen; deshalb müssen Mitglieder der Gemeinde aktiv am Schutz der Umwelt und an der Verhinderung ihrer Zerstörung mitwirken. Mehrere Entscheidungshilfsverfahren für ver-schiedene Anwendungen wurden entwickelt. Jedoch zieht die Mehrzahl von ihnen nicht notwendigerweise eine öffentliche Teilnahme in Betracht, und sie sind auch nicht benutzer-freundlich. 6. Um die Komplexität der Probleme besser zu verstehen, die bei tropischen asiatischen Städ-ten auftreten, wurde die Innenstadt von Bangkok, Thailands größte Stadt und Hauptstadt, als repräsentativer Fall ausgewählt, für die Entsorgung der 9000 t Müll der täglich produ-ziert wird. Thailands Klima ist, besonders während der jährlichen Monsunzeit, heiß und feucht mit einer mittleren Temperatur von 28,4°C und einer Feuchtigkeit zwischen 70 und 100%. Die Gesetze und Verordnungen zeigen sehr deutlich an, wie wichtig die Behandlung des städtischen Abfalls genommen wird. Zahlreiche Interviews, verbunden mit der Durch-sicht von Dokumenten, Berichten und Ortsbesichtigungen ergaben Kenntnisse der zahlrei-chen Entscheidungsmaßnahmen, denen sich die städtischen Entscheidungsträger einer tro-pischen Stadt gegenüber sehen. Die Durchsicht und die Analyse der Entscheidungsmaß-nahmen in Bangkoks Abfallentsorgungsstrategien zeigten, wie das Entscheiden als Werk-zeug in verschiedenen asiatischen tropischen Städten benutzt werden kann. 7. Ein Entscheidungsrahmen wurde erstellt auf der Grundlage von Literatur-Recherchen und persönliche Erfahrungen, und anhand der in der Stadt Bangkok gesammelte Daten über-prüft. Die Entscheidungspunkte im Netzwerk umfassen eine allgemeine Beschreibung der Stadt, ihre klimatischen und hydrogeologischen Bedingungen, die Menge und Art des er-zeugten Mülls, einen Überblick über die bestehenden Anlagen und die existierenden Pro-gramme, öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen, den sozioökonomischen Aspekt eines Abfallbehandlungssystems und die öffentliche Teilnahme. Es berücksichtigt ferner Ge-sundheits- und Sicherheitsüberlegungen im Zusammenhang mit Abfallentsorgungsmög-lichkeiten und ihrer Kosten. 8. Das Entscheidungsinstrumentarium hat als Ziel, ein geeignetes Abfallbehandlungssystem zu ermöglichen, das als Grundlage soziale, klimatische und technische Informationen be-nutzt. Ihre Einfachheit erlaubt einem Verwaltungspersonal, das wenig Erfahrung mit Ab-fallwirtschaft und Computerwissen besitzt, verschiedene Optionen zu analysieren und Sze-narien auszutesten. Des weiteren werden verschiedene Möglichkeiten überprüft, und es wird versucht, die Optionen in die Abfallwirtschaft zu integrieren. 9. Das Instrumentarium beinhaltet über ein Hundert geschlossene Fragen, die auf das Analy-sieren der Bedürfnisse und der gegenwärtigen Situation der Abfallwirtschaft einer be-stimmten Gesellschaft ausgerichtet sind und die es ermöglichen, ein geeignetes Abfallwirt-schaftssystem für die entsprechende Gesellschaft zu wählen. Diese Fragen hatten als Grundlage die Rahmen und Eckpunkte des Entscheidungsinstrumentariums. Dieses Instru-mentarium ist selbsterklärend, und gleichzeitig bietet es Flexibilität bei der Entscheidung, um wie viel Prozent des Abfalls wieder verwertet wird, kompostiert oder behandelt durch irgend eine von den sechs Behandlungsoptionen; Kompostierung, Vergärung, nicht-Verbrennungssysteme, Verbrennung, Deponierung und Energiegewinnung. 10. Die Ziele eines integrierten Abfallwirtschaftssystems können vom Benutzer geändert und modifiziert werden. Dies ermöglicht die Überprüfung verschiedener Szenarien und die Auswahl des geeignetesten Abfallbehandlungssystems. Das System kann sehr einfach sein und nur ein Behandlungssystem beinhalten oder mit einer Auswahl mehrere Behandlungs-systeme sehr kompliziert sein. In einigen Ländern ist es Vorschrift mehrere Systeme anzu-wenden. Integrierte Abfallwirtschaftssysteme, die mindestens zwei oder drei Abfallbe-handlungssysteme beinhalten, sind deshalb gefragt. 11. Die Ziele der Gesellschaft sind ausschlaggebend und sind die Schlüsselfaktoren für den Entscheidungsprozess. Die Menge der wiederverwertbaren Materialien, die Brauchbarkeit des Komposts, die Interesse an Vergärung, die Möglichkeit einer Verbrennungsanlage, das Verstehen eines nicht-Verbrennungssystems und die Verfügbarkeit von Land für Deponien, die Notwendigkeit für Elektrizität sind einige Schlüsselfaktoren die überlegt werden müs-sen. Integrierte Abfallwirtschaft ist wahrscheinlich die vernünftigste Vorgehensweise. Dies ermöglicht Flexibilität bei Abfallwirtschaftstechniken und ergänzt sie gegenseitig. 12. Öffentliche Verwaltungen können DMT als eine erste Bewertung der geeignetesten Tech-nologie benutzen. Des weiteren gibt DMT dem Verwaltungspersonal Flexibilität in ihrer Wahl bezüglich der Menge an wiederverwertbarem Abfall unter der Anwendung verschie-denen Technologien, welches eine gut konstruiertes und gut integriertes Abfallbehand-lungssystem für die Gesellschaft darstellt. Fazit Das Fazit ist: die Abfallwirtschaft in einem tropischen Schwellenland ist mit bestimmten Her-ausforderungen verbunden, die behandelt werden müssen. Ökonomische, technische und sozi-ale Kriterien müssen in Betracht gezogen werden bei der Wahl geeigneter städtischer Abfall-wirtschaftsysteme. Begrenzte finanzielle Möglichkeiten, Mangel an öffentlichem Bewusstsein und ein schwaches Wirtschaftssystem sind manchmal verantwortlich für die Wahl eines schlechtes Abfallbehandlungssystems, mit kurzsichtigen und über die Jahren teuren Entschei-dungen statt langfristigen und vernünftigeren Entscheidungen. Wetterbedingungen und die Knappheit an Land in Stadtnähe sind besondere Herausforderungen. Das Entscheidungsinstru-mentarium DMT macht die Identifizierung von Schlüsselfragen nötig für die Formulierung eines nachhaltigen Abfallwirtschaftskonzepts und für die Wahl eines technisch-, ökonomisch- und sozial-akzeptierbaren Abfallwirtschaftssystems, das besonders geeignet ist für tropische Klimate. Die Ergebnisse der DMT-Daten-Analyse bietet eine faire Auswertung für ein adäquates integ-riertes Abfallbehandlungssystems. Wenn einmal ein System identifiziert wurde, werden weitere Studien bezüglich Umsetzbarkeit und Anwendbarkeit nötig sein. Jedoch wird die Notwendig-keit, ausführliche Studien am multiplen Szenarien durchzuführen, minimiert, was erhebliche Ersparnisse für die Stadtverwaltung bedeutet. Eine Feasibility-Study und ein Masterplan haben zu folgen, um die standortspezifischen und Finanzierungsfragen zu klären sowie die Auswahl der spezifischen Anlagentechnik zu definieren. ; Abstract Developing and emerging tropical Asian countries have encountered fast urban development due to the migration of farmers seeking a better life in the city. This resulted in a lack of appro-priate infrastructure and inappropriate social services in many cities. Municipal solid waste management is no exception and is in fact often placed at the bottom of the list of priorities for the cities' appropriate urban management plans since laws and regulations must first be for-mulated and implemented. The problem of unmanaged municipal solid waste certainly leads to air pollution, disease, and to soil and water contamination. These problems in tropical climates are compounded with high temperature, high-level humidity, heavy rainfall and frequent flooding. Stagnant water and leachate from waste quickly become the breeding grounds of in-sects, rodents and bacteria, thus creating a health hazard for workers and local populations. Moreover, water and groundwater contamination may lead to serious environmental degrada-tion with direct impacts on water supplies, and in the fast degradation of agricultural products, the backbone of most tropical Asian countries. Many cities still allow or tolerate dumping of waste in uncontrolled sites, and open burning that disperses particulates that most likely contain dioxins and furans. Even with increasingly scarce land availability within or in proximity of the cities, sanitary landfill is still the most often cho-sen disposal method around Asia because of its lower cost when compared to modern treatment systems. Yet, most of these landfill sites do not have proper lining, daily covering, methane recovery devices, leachate control systems, nor do they have long-term closure and monitoring plans, which implies short and long-term hazards. Some municipalities opted for incineration, which usually entails high operation and maintenance costs because of the need for supple-mental fuel and often-inappropriate running conditions. Although tropical conditions appear to favor certain disposal systems such as composting, appropriate technology needs to be identi-fied in order to reduce operation and maintenance costs while ensuring good quality outputs; compost plants have often been closed because of poor quality products due to the high content of plastic and glass particulates in the finished product. Tropical Asian cities are now required to identify affordable and sustainable solutions for the management of their increasing amount of waste generated daily, while ensuring minimal environmental impact, social acceptance and minimal land use. The purpose of this dissertation was to develop a user-friendly decision-making tool for public administrators and government officials in tropical Asian developing and emerging cities. This tool was developed based on a list of selected decision-making issues necessary in making an informed decision. The decision-making tool is to be used by decision-makers in making a pre-liminary assessment of a most appropriate waste management and treatment system for their municipality. Tropical Asian cities must consider a number of issues when deciding on their waste management plan such as the continuously changing quantum and composition of waste associated with the increasing population and income per capita, the high humidity levels, and the often-limited financial resources. Other determinant factors include legal, political, institu-tional, social and technical issues. Furthermore, administrators must realize the importance of each stage involved in waste management, which includes waste generation, collection, trans-port, waste characteristics, disposal and treatment. To better understand the complexity of the issues involved in tropical Asian municipalities, the city of Bangkok, Thailand's largest city and capital, was selected as a case study for the management of its 9,000 tonnes of waste gen-erated daily. Numerous interviews, meetings along with the review of documents, reports and site visits offered an inside view of the tropical city's various decision-making issues towards its waste management plan, and examine specific problems encountered by the city's decision-makers. The review and analysis of the decision-making issues involved in Bangkok's waste management plan showed how the decision-making tool can be used in various Asian tropical cities. In conclusion, waste management in an emerging tropical country involves specific challenges that need to be addressed. Economical, technical and social criteria need to be fully understood as to capacitate government officials in the selection of the most appropriate urban waste man-agement system. Limited budgets, lack of public awareness and poor systems' management often cloud decision-makers in choosing what appears to be the best solution in the short term, but more costly over the years. Weather conditions and scarcity of land in proximity of the city make waste management especially challenging. The decision-making framework offers a tool to decision-makers, as to facilitate the understanding and identification of key issues necessary in the formulation of a sustainable urban waste management plan and in the selection of a tech-nically, economically and socially acceptable integrated MSW management system. A detailed feasibility study and master plan will follow the preliminary study as to define the plant´s specifications, its location and its financing.
BASE
Einführung Tropische asiatische Entwicklungs- und Schwellenländer zeigten rasches städtisches Wachstum dadurch, dass Bauern einwanderten, um ein besseres Leben in der Stadt zu suchen. Dadurch ergab sich in vielen Städten ein Mangel an geeigneter Infrastruktur und an sozialen Diensten. Die städtische Müllversorgung bildet keine Ausnahme; sie wird sogar oft an das Ende der Prio-ritätenliste für städtische Aufgabenpläne gestellt, da dabei zuerst die Gesetze und Verordnun-gen formuliert und umgesetzt werden müssen. Das Problem des nicht entsorgten städtischen Mülls führt (mit Sicherheit) zu Luftverschmutzung, Krankheit und zur Verseuchung des Bo-dens und des Wassers. Diese Probleme stehen in tropischen Klimaten im Zusammenhang mit hoher Temperatur und Feuchtigkeit, mit heftigem Regen und mit häufigen Überschwemmun-gen. Stehendes Wasser und Ausschwemmung aus dem Abfall werden sehr schnell zu Brutstät-ten von Insekten, Nagern und Bakterien, und damit zu einer Gesundheitsgefahr für Arbeiter und die allgemeine Bevölkerung. Darüber hinaus kann Wasser- und Grundwasserverschmut-zung/Kontamination zu einer ernsten Umweltzerstörung führen, mit direkten Auswirkungen auf die Wasserressourcen, und auf raschen Qualitätsverlust der pflanzlichen Erzeugnisse, des Rückgrates der meisten tropischen asiatischen Länder. Müllentsorgung und die Verantwortlichkeiten Lokale Regierungen müssen die öffentliche Gesundheit ihrer lokalen Bevölkerung sicherstellen und sind deshalb für die Müllentsorgung verantwortlich. Asiatische tropische Klimate sich rasch ändernde Müllzusammensetzung machen die Müllbehandlung und –entsorgung zu einer dauernden Herausforderung der Entscheidungsträger. Vor einer Entscheidung über das ver-wendete Entsorgungssystem muss eine geeignete Abfall-Charakterisierung treten. Diese Cha-rakterisierung liefert Kenntnisse über die Abfallmenge, die Feuchte, den Heizwert und die Menge der verschiedenen Komponenten im Abfallstrom, wie z. B.: organisches Material, Plas-tik, Papier, Karton, Holz, Textilien, Gummi, Leder, Glas, Metalle, Nichtmetalle, Steine und Keramiken. Darüber hinaus ist die Herausforderung, der sich asiatische Länder gegenüber se-hen, ein Mangel an Raum und damit wird die Platzierung eine Deponie zunehmend schwierig. Die Abfallwirtschaft ist eine kostenintensive, aber trotzdem notwendige Maßnahme, um das Wohlergehen sowohl der Bevölkerung als auch für die Umwelt sicher zu stellen. Es wird ge-schätzt, dass Asien im Jahr 2025 etwa 47 Milliarden US$ aufwenden muss, um 0,5 bis 1 Kg städtischen Müll je Person und Tag abzufahren und zu behandeln, oder 5 US$ je Kopf und Jahr. In Entwicklungsländern sind unzählige Leute nicht in der Lage, diese hohen Preise für die Ab-fallentsorgung zu zahlen. Deshalb liegt es in der Verantwortung der Regierung, die Abfallent-sorgung zu betreiben und zu finanzieren, um die Bevölkerung, die Gemeinde und die Umwelt zu schützen. Tropische asiatische Städte müssen jetzt bezahlbare und nachhaltige Verfahren für die Entsorgung ihrer zunehmenden Menge täglichen Abfalls benennen, wobei gleichzeitig auf minimale Umweltbelastung, auf soziale Akzeptanz und auf minimale Landverbrauch zu achten ist. Eine leicht anwendbare Entscheidungshilfe zur Wahl des geeignetesten Abfallbehandlungs-system der Gemeinde wäre deshalb sehr nützlich. Proposition Der Zweck dieser Dissertation war die Entwicklung eines nutzerfreundlichen Instrumentariums für das Verwaltungs- und Regierungspersonal in tropischen Entwicklungs- und Schwellenlän-der. 1. Diese Vorgehensweise basiert auf einem Netzwerk, das eine Liste ausgewählter entschei-dungsrelevanter Tatsachen in Betracht zieht, die nötig sind, um eine informierte Entschei-dung machen zu können. Das entscheidungshelfende Verfahren muss von Entscheidungs-trägern bei einer vorläufigen Feststellung des Abfallentsorgungs- und -behandlungssystems für ihre Gemeinde benutzt werden. 2. Tropische asiatische Städte müssen eine Reihe von Faktoren berücksichtigen, wenn sie über ihren Abfallwirtschaftsplan entscheiden. Dazu gehören die immerwechselnde Menge und Zusammensetzung des Abfalls infolge der zunehmenden Bevölkerungszahl und des Ein-kommens je Kopf, der hohe Feuchtigkeitsgrad, Verbrennungswärme-Werte und die oft be-grenzten finanziellen Möglichkeiten. 3. Ferner sind gesetzliche, politische, verwaltungstechnische, soziale, finanzielle, ökonomi-sche und technische Faktoren bestimmend. 4. Die Verwaltung muss dabei die Wichtigkeit jedes Teilschrittes der Abfallwirtschaft im Au-ge behalten, also Abfallerzeugung, Sammlung, Transport, Abfallcharakterisierung, Entsor-gung und Behandlung. 5. Die Rolle der lokalen Gemeinden in der Entscheidungsfindung ist nicht hoch genug einzu-schätzen; deshalb müssen Mitglieder der Gemeinde aktiv am Schutz der Umwelt und an der Verhinderung ihrer Zerstörung mitwirken. Mehrere Entscheidungshilfsverfahren für ver-schiedene Anwendungen wurden entwickelt. Jedoch zieht die Mehrzahl von ihnen nicht notwendigerweise eine öffentliche Teilnahme in Betracht, und sie sind auch nicht benutzer-freundlich. 6. Um die Komplexität der Probleme besser zu verstehen, die bei tropischen asiatischen Städ-ten auftreten, wurde die Innenstadt von Bangkok, Thailands größte Stadt und Hauptstadt, als repräsentativer Fall ausgewählt, für die Entsorgung der 9000 t Müll der täglich produ-ziert wird. Thailands Klima ist, besonders während der jährlichen Monsunzeit, heiß und feucht mit einer mittleren Temperatur von 28,4°C und einer Feuchtigkeit zwischen 70 und 100%. Die Gesetze und Verordnungen zeigen sehr deutlich an, wie wichtig die Behandlung des städtischen Abfalls genommen wird. Zahlreiche Interviews, verbunden mit der Durch-sicht von Dokumenten, Berichten und Ortsbesichtigungen ergaben Kenntnisse der zahlrei-chen Entscheidungsmaßnahmen, denen sich die städtischen Entscheidungsträger einer tro-pischen Stadt gegenüber sehen. Die Durchsicht und die Analyse der Entscheidungsmaß-nahmen in Bangkoks Abfallentsorgungsstrategien zeigten, wie das Entscheiden als Werk-zeug in verschiedenen asiatischen tropischen Städten benutzt werden kann. 7. Ein Entscheidungsrahmen wurde erstellt auf der Grundlage von Literatur-Recherchen und persönliche Erfahrungen, und anhand der in der Stadt Bangkok gesammelte Daten über-prüft. Die Entscheidungspunkte im Netzwerk umfassen eine allgemeine Beschreibung der Stadt, ihre klimatischen und hydrogeologischen Bedingungen, die Menge und Art des er-zeugten Mülls, einen Überblick über die bestehenden Anlagen und die existierenden Pro-gramme, öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen, den sozioökonomischen Aspekt eines Abfallbehandlungssystems und die öffentliche Teilnahme. Es berücksichtigt ferner Ge-sundheits- und Sicherheitsüberlegungen im Zusammenhang mit Abfallentsorgungsmög-lichkeiten und ihrer Kosten. 8. Das Entscheidungsinstrumentarium hat als Ziel, ein geeignetes Abfallbehandlungssystem zu ermöglichen, das als Grundlage soziale, klimatische und technische Informationen be-nutzt. Ihre Einfachheit erlaubt einem Verwaltungspersonal, das wenig Erfahrung mit Ab-fallwirtschaft und Computerwissen besitzt, verschiedene Optionen zu analysieren und Sze-narien auszutesten. Des weiteren werden verschiedene Möglichkeiten überprüft, und es wird versucht, die Optionen in die Abfallwirtschaft zu integrieren. 9. Das Instrumentarium beinhaltet über ein Hundert geschlossene Fragen, die auf das Analy-sieren der Bedürfnisse und der gegenwärtigen Situation der Abfallwirtschaft einer be-stimmten Gesellschaft ausgerichtet sind und die es ermöglichen, ein geeignetes Abfallwirt-schaftssystem für die entsprechende Gesellschaft zu wählen. Diese Fragen hatten als Grundlage die Rahmen und Eckpunkte des Entscheidungsinstrumentariums. Dieses Instru-mentarium ist selbsterklärend, und gleichzeitig bietet es Flexibilität bei der Entscheidung, um wie viel Prozent des Abfalls wieder verwertet wird, kompostiert oder behandelt durch irgend eine von den sechs Behandlungsoptionen; Kompostierung, Vergärung, nicht-Verbrennungssysteme, Verbrennung, Deponierung und Energiegewinnung. 10. Die Ziele eines integrierten Abfallwirtschaftssystems können vom Benutzer geändert und modifiziert werden. Dies ermöglicht die Überprüfung verschiedener Szenarien und die Auswahl des geeignetesten Abfallbehandlungssystems. Das System kann sehr einfach sein und nur ein Behandlungssystem beinhalten oder mit einer Auswahl mehrere Behandlungs-systeme sehr kompliziert sein. In einigen Ländern ist es Vorschrift mehrere Systeme anzu-wenden. Integrierte Abfallwirtschaftssysteme, die mindestens zwei oder drei Abfallbe-handlungssysteme beinhalten, sind deshalb gefragt. 11. Die Ziele der Gesellschaft sind ausschlaggebend und sind die Schlüsselfaktoren für den Entscheidungsprozess. Die Menge der wiederverwertbaren Materialien, die Brauchbarkeit des Komposts, die Interesse an Vergärung, die Möglichkeit einer Verbrennungsanlage, das Verstehen eines nicht-Verbrennungssystems und die Verfügbarkeit von Land für Deponien, die Notwendigkeit für Elektrizität sind einige Schlüsselfaktoren die überlegt werden müs-sen. Integrierte Abfallwirtschaft ist wahrscheinlich die vernünftigste Vorgehensweise. Dies ermöglicht Flexibilität bei Abfallwirtschaftstechniken und ergänzt sie gegenseitig. 12. Öffentliche Verwaltungen können DMT als eine erste Bewertung der geeignetesten Tech-nologie benutzen. Des weiteren gibt DMT dem Verwaltungspersonal Flexibilität in ihrer Wahl bezüglich der Menge an wiederverwertbarem Abfall unter der Anwendung verschie-denen Technologien, welches eine gut konstruiertes und gut integriertes Abfallbehand-lungssystem für die Gesellschaft darstellt. Fazit Das Fazit ist: die Abfallwirtschaft in einem tropischen Schwellenland ist mit bestimmten Her-ausforderungen verbunden, die behandelt werden müssen. Ökonomische, technische und sozi-ale Kriterien müssen in Betracht gezogen werden bei der Wahl geeigneter städtischer Abfall-wirtschaftsysteme. Begrenzte finanzielle Möglichkeiten, Mangel an öffentlichem Bewusstsein und ein schwaches Wirtschaftssystem sind manchmal verantwortlich für die Wahl eines schlechtes Abfallbehandlungssystems, mit kurzsichtigen und über die Jahren teuren Entschei-dungen statt langfristigen und vernünftigeren Entscheidungen. Wetterbedingungen und die Knappheit an Land in Stadtnähe sind besondere Herausforderungen. Das Entscheidungsinstru-mentarium DMT macht die Identifizierung von Schlüsselfragen nötig für die Formulierung eines nachhaltigen Abfallwirtschaftskonzepts und für die Wahl eines technisch-, ökonomisch- und sozial-akzeptierbaren Abfallwirtschaftssystems, das besonders geeignet ist für tropische Klimate. Die Ergebnisse der DMT-Daten-Analyse bietet eine faire Auswertung für ein adäquates integ-riertes Abfallbehandlungssystems. Wenn einmal ein System identifiziert wurde, werden weitere Studien bezüglich Umsetzbarkeit und Anwendbarkeit nötig sein. Jedoch wird die Notwendig-keit, ausführliche Studien am multiplen Szenarien durchzuführen, minimiert, was erhebliche Ersparnisse für die Stadtverwaltung bedeutet. Eine Feasibility-Study und ein Masterplan haben zu folgen, um die standortspezifischen und Finanzierungsfragen zu klären sowie die Auswahl der spezifischen Anlagentechnik zu definieren. ; Abstract Developing and emerging tropical Asian countries have encountered fast urban development due to the migration of farmers seeking a better life in the city. This resulted in a lack of appro-priate infrastructure and inappropriate social services in many cities. Municipal solid waste management is no exception and is in fact often placed at the bottom of the list of priorities for the cities' appropriate urban management plans since laws and regulations must first be for-mulated and implemented. The problem of unmanaged municipal solid waste certainly leads to air pollution, disease, and to soil and water contamination. These problems in tropical climates are compounded with high temperature, high-level humidity, heavy rainfall and frequent flooding. Stagnant water and leachate from waste quickly become the breeding grounds of in-sects, rodents and bacteria, thus creating a health hazard for workers and local populations. Moreover, water and groundwater contamination may lead to serious environmental degrada-tion with direct impacts on water supplies, and in the fast degradation of agricultural products, the backbone of most tropical Asian countries. Many cities still allow or tolerate dumping of waste in uncontrolled sites, and open burning that disperses particulates that most likely contain dioxins and furans. Even with increasingly scarce land availability within or in proximity of the cities, sanitary landfill is still the most often cho-sen disposal method around Asia because of its lower cost when compared to modern treatment systems. Yet, most of these landfill sites do not have proper lining, daily covering, methane recovery devices, leachate control systems, nor do they have long-term closure and monitoring plans, which implies short and long-term hazards. Some municipalities opted for incineration, which usually entails high operation and maintenance costs because of the need for supple-mental fuel and often-inappropriate running conditions. Although tropical conditions appear to favor certain disposal systems such as composting, appropriate technology needs to be identi-fied in order to reduce operation and maintenance costs while ensuring good quality outputs; compost plants have often been closed because of poor quality products due to the high content of plastic and glass particulates in the finished product. Tropical Asian cities are now required to identify affordable and sustainable solutions for the management of their increasing amount of waste generated daily, while ensuring minimal environmental impact, social acceptance and minimal land use. The purpose of this dissertation was to develop a user-friendly decision-making tool for public administrators and government officials in tropical Asian developing and emerging cities. This tool was developed based on a list of selected decision-making issues necessary in making an informed decision. The decision-making tool is to be used by decision-makers in making a pre-liminary assessment of a most appropriate waste management and treatment system for their municipality. Tropical Asian cities must consider a number of issues when deciding on their waste management plan such as the continuously changing quantum and composition of waste associated with the increasing population and income per capita, the high humidity levels, and the often-limited financial resources. Other determinant factors include legal, political, institu-tional, social and technical issues. Furthermore, administrators must realize the importance of each stage involved in waste management, which includes waste generation, collection, trans-port, waste characteristics, disposal and treatment. To better understand the complexity of the issues involved in tropical Asian municipalities, the city of Bangkok, Thailand's largest city and capital, was selected as a case study for the management of its 9,000 tonnes of waste gen-erated daily. Numerous interviews, meetings along with the review of documents, reports and site visits offered an inside view of the tropical city's various decision-making issues towards its waste management plan, and examine specific problems encountered by the city's decision-makers. The review and analysis of the decision-making issues involved in Bangkok's waste management plan showed how the decision-making tool can be used in various Asian tropical cities. In conclusion, waste management in an emerging tropical country involves specific challenges that need to be addressed. Economical, technical and social criteria need to be fully understood as to capacitate government officials in the selection of the most appropriate urban waste man-agement system. Limited budgets, lack of public awareness and poor systems' management often cloud decision-makers in choosing what appears to be the best solution in the short term, but more costly over the years. Weather conditions and scarcity of land in proximity of the city make waste management especially challenging. The decision-making framework offers a tool to decision-makers, as to facilitate the understanding and identification of key issues necessary in the formulation of a sustainable urban waste management plan and in the selection of a tech-nically, economically and socially acceptable integrated MSW management system. A detailed feasibility study and master plan will follow the preliminary study as to define the plant´s specifications, its location and its financing.
BASE
Water is vital for humankind and ecosystems alike. However, population growth, agricultural inten-sification, urbanization, and climate change embody potential hazards and pressures for water re-sources without existing long-term solutions. For two decades now, policy and governance literature has increasingly emphasised the role of learning in finding solutions to environmental policy prob-lems and effectively steering governance practices. Participation of non-state actors in decision mak-ing is widely considered to deliver learning products that support effective outcomes for environ-mental problems. Besides, the institutionalisation of participation through legislation opens up the necessity for (administrative) organizers to learn about participation as a governance mode in order to steer its effective working. Apart from participation, management approaches specifically aiming at driving learning, such as adaptive management (AM), are increasingly endorsed in water govern-ance. Despite the current prominence of learning in the environmental governance literature, evi-dence is lacking on which learning approaches function effectively regarding outcomes, whether participation aids learning, and how learning about successful governance arrangements is most effectively promoted. This doctoral dissertation aims to contribute to clarification of the potential of learning for water governance. The goal is to trace and understand the environmental impacts of learning through par-ticipation (research aim 1) and adaptive management (research aim 2), and the effect of learning on participation as a governance mode (research aim 3). For this goal, I engage in a predominantly qualitative research design following the case study method. For every specific research aim cases are selected and analysed qualitatively according to conceptual categories and mechanisms which are defined beforehand. Quantitative studies are used to corroborate the results for research aim 1 and 2 in a mixed-method approach to enhance the valid-ity of results. The empirical research context is European water governance, the implementation of the EU Water Framework and EU Floods Directive (WFD, FD) specifically. Eight cases of participa-tory decision-making across three European countries and five cases of AM in Northern Germany for WFD implementation are examined to identify whether learning in these processes enhanced envi-ronmental outcomes. To detect whether governance learning by public officials occurred, the design of participatory processes for FD implementation in ten German federal states is assessed. The findings of research aim 1, understanding learning through participation and its effects on water governance, reveal that participatory planning led to learning through improved understandings at an individual and group level. Learning did, however, hardly shape effective outcomes. In the AM cases (research aim 2) managers and participants of implementing networks improved their knowledge as well as capacities, and spread the results. Nonetheless, environmental improvement was not necessarily linked to ecological learning. Regarding learning about participation as a govern-ance mode (research aim 3) all interviewed public officials in German federal states reported some degree of governance learning, which emerged not systematically but primarily drawing on own experiences and intuition. These findings are condensed into three overarching lessons for learning in water governance: (1) Interactive communication seems to form the overall frame for participant and group learning. Framing of learning experiences turned out to play an important and potentially distorting role, for which professional facilitation and structured knowledge aggregation methods might be an im-portant counterbalance. (2) Learning did not automatically enhance environmental outcomes. It may thus not be an explanatory variable for policy outcomes, but a conditioning or intervening vari-able related to collective action, motivation for participation, and situating the issue at hand at wider societal levels. (3) The concepts of puzzling and powering might help understand learning as a source for effectiveness in the long-term when complemented with interest-based debates for creat-ing sufficient political agency of policy issues. Learning seen as puzzling processes might instruct acceptance and legitimization for new powering efforts. The perpetuation of learning in systematic ways and structures appears to characterize an alternative to this reflexive and strategic interplay, for which the water-related EU directives provide the basis. These insights are of practical and policy relevance, particularly for policy makers and practitioners in the pursuit of learning. They may further contribute to the academic understanding of learning in water governance and its potential contribution to transforming and adapting water governance re-gimes, as envisioned in the European water-related directives. ; Wasser ist für Menschen und Ökosysteme gleichermaßen lebenswichtig. Bevölkerungswachstum, Intensivierung der Landwirtschaft, Verstädterung und Klimawandel bergen jedoch potenzielle Gefahren und Belastungen für Wasserressourcen, für die es keine langfristigen Lösungen gibt. Seit zwei Jahrzehnten wird in der Policy- und Governanceliteratur zunehmend die Rolle des Lernens bei der Lösung umweltpolitischer Probleme und der effektiven Steuerung von Governancepraktiken betont. Die Beteiligung von nicht-staatlichen Akteuren an der Entscheidungsfindung wird weithin als geeignet angesehen, Lernprodukte zu liefern, die effektive Ergebnisse für Umweltprobleme unterstützen. Die Institutionalisierung von Partizipation durch die Gesetzgebung eröffnet zudem die Notwendigkeit für (Verwaltungs-)Organisatoren, über Partizipation als Governancemodus zu lernen, um diesen Modus effektiv steuern zu können. Abgesehen von der Partizipation werden Managementansätze, die speziell auf die Förderung des Lernens abzielen, wie z.B. adaptives Management (AM), in der Wasserpolitik zunehmend befürwortet. Trotz der aktuellen Bedeutung des Lernens in der Umweltgovernanceliteratur fehlt es an Erkenntnissen darüber, welche Lernansätze im Hinblick auf die Ergebnisse effektiv funktionieren, ob Partizipation das Lernen unterstützt und wie das Lernen über erfolgreiche Governancearrangements am effektivsten gefördert wird. Diese Dissertation will einen Beitrag zur Klärung des Potenzials von Lernen für Wassergovernance leisten. Ziel ist es, die Umweltauswirkungen des Lernens durch Partizipation (Forschungsziel 1) und adaptives Management (Forschungsziel 2), sowie den Effekt des Lernens auf Partizipation als Governance-Modus (Forschungsziel 3) zu identifizieren und zu verstehen. Um dieses Ziel zu erreichen, verwende ich ein überwiegend qualitatives Forschungsdesign, das der Fallstudienmethode folgt. Für jedes spezifische Forschungsziel werden Fälle ausgewählt und nach zuvor definierten konzeptionellen Kategorien und Mechanismen qualitativ analysiert. Die Ergebnisse zu Forschungsziel 1 und 2 werden in einem Mixed-Methods-Ansatz durch quantitative Studien untermauert, um die Validität der Ergebnisse zu erhöhen. Der empirische Forschungskontext ist die europäische Wassergovernance, speziell die Umsetzung der EU-Wasserrahmen- und EU-Hochwasserrisikomangement-Richtlinie (WRRL, FD). Acht Fälle von partizipativer Entscheidungsfindung in drei europäischen Ländern und fünf Fälle von AM in Norddeutschland zur Umsetzung der WRRL werden untersucht, um festzustellen, ob Lernen in diesen Prozessen die Umweltergebnisse verbessert. Um herauszufinden, ob Governance-Lernen durch Beamte stattgefunden hat, wird das Design von partizipativen Prozessen zur Umsetzung der WRRL in zehn deutschen Bundesländern bewertet. Die Ergebnisse von Forschungsziel 1, Lernen durch Partizipation und seine Auswirkungen auf die Wassergovernance zu verstehen, zeigen, dass partizipative Planung zu Lernen durch verbessertes Verständnis auf individueller und Gruppenebene führte. Lernen hat jedoch kaum zu effektiven Ergebnissen geführt. In den AM-Fällen (Forschungsziel 2) verbesserten Manager:innen und Teilnehmer:innen der umsetzenden Netzwerke sowohl ihr Wissen als auch ihre Kapazitäten und verbreiteten die Ergebnisse. Dennoch war die Verbesserung der Umwelt nicht unbedingt mit ökologischem Lernen verbunden. Hinsichtlich des Lernens über Partizipation als Governancemodus (Forschungsziel 3) berichteten alle befragten öffentliche Bedienstete in deutschen Bundesländern über ein gewisses Maß an Governance-Lernen, das nicht systematisch, sondern in erster Linie aufgrund eigener Erfahrungen und Intuition zustande kam. Diese Ergebnisse werden zu drei übergreifenden Lehren für das Lernen in der Wasserwirtschaft verdichtet: (1) Interaktive Kommunikation scheint den Gesamtrahmen für das Lernen von Teilnehmer:innen und Gruppen zu bilden. Es stellte sich heraus, dass die Rahmung von Lernerfahrungen eine wichtige und potenziell verzerrende Rolle spielt, für die professionelle Moderation und strukturierte Methoden der Wissensverdichtung ein wichtiges Gegengewicht sein könnten. (2) Lernen führte nicht automatisch zu besseren Umweltergebnissen. Es ist daher möglicherweise keine erklärende Variable für politische Ergebnisse, sondern eine bedingende oder intervenierende Variable, die mit kollektivem Handeln, der Motivation zur Beteiligung und der Einordnung des Themas in breitere gesellschaftliche Ebenen zusammenhängt. (3) Die Konzepte von Puzzling und Powering könnten helfen, Lernen als eine Quelle für langfristige Effektivität zu verstehen, wenn sie mit interessenbasierten Debatten zur Schaffung ausreichender politischer Handlungsfähigkeit von politischen Themen ergänzt werden. Lernen als Prozess des Puzzling gesehen, könnte Akzeptanz und Legitimation für neue Powering-Bemühungen anleiten. Die Perpetuierung des Lernens in systematischen Wegen und Strukturen scheint eine Alternative zu diesem reflexiven und strategischen Wechselspiel zu charakterisieren, für das die wasserbezogenen EU-Richtlinien die Grundlage liefern. Diese Erkenntnisse sind von praktischer und politischer Relevanz, insbesondere für politische Entscheidungsträger und Praktiker, die sich mit dem Thema Lernen beschäftigen. Sie können außerdem zum akademischen Verständnis des Lernens in der Wassergovernance und seinem potenziellen Beitrag zur Transformation und Anpassung von Wassermanagement-Regimen beitragen, wie es in den europäischen Wasserrichtlinien vorgesehen ist.
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In: Magisterarbeit
Aus der Einleitung: "Je voulais briser les partis. J'étais le seul à pouvoir le faire et le seul à croire la chose possible au moment que j'ai choisi. J'ai eu raison contre tous." (de Gaulle 1962). Charles de Gaulles sieht die politischen Parteien als Grundübel und Hauptursache für den Untergang der III. und IV. Französischen Republik. Mit Etablierung der V. Republik sollen sie deshalb dauerhaft aus dem Prozess der politischen Entscheidungsfindung verdrängt werden. Doch entgegen der Intention ihrer Gründungsväter passen sich die Parteien den Vorgaben des neuen Regierungssystems an und erlangen infolgedessen zunehmende Bedeutung im Zusammenspiel der politischen Hauptakteure. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit diesen unerwarteten Einflussmöglichkeiten der Parteien auf die Regierungspolitik. Hierbei soll analysiert werden, inwieweit das französische Regierungssystem als Form der Parteienregierung charakterisiert werden kann. Ausgehend von Richard S. Katz' Kriterien des "party government" und dem französischen Gegenstück der präsidentialisierten Parteien, "parti présidentiel", soll die Rolle der politischen Parteien im Regierungssystem analysiert werden. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage nach dem realen Einfluss der französischen Parteien auf die Hauptentscheidungen des politischen Lebens Frankreichs, auf die Konstituierung der Exekutive und auf die Formulierung von Regierungspolitik. Die Parteien werden in diesem Zusammenhang insbesondere auf ihr Verhältnis zum französischen Staatspräsidenten hin untersucht, da dieser der zentrale Akteur im Verfassungsgefüge ist und somit maßgeblich die Machtposition der Parteien beeinflusst. Es wird die These aufgestellt, dass sich das Regierungssystem der V. Französischen Republik zu einer abgeschwächten Form der Parteienregierung entwickelt hat. Insbesondere bei der direkten Präsidentschaftswahl, dem zentralen politischen Ereignis, nehmen die Parteien eine wichtige Stellung ein. An diesem Punkt soll gezeigt werden, dass die politischen Parteien durch die Ernennung eines eigenen Spitzenkandidaten starken Einfluss auf die Konstituierung der Exekutive nehmen. Des Weiteren können die Parteien auch auf die Bestimmung der Regierungspolitik kontinuierlich mehr einwirken. Es soll gezeigt werden, dass ihre Macht im Gegensatz zu anderen westlichen Demokratien an diesem Punkt jedoch nach wie vor gering ist. In der Literatur werden die V. Französische Republik und die politischen Parteien umfassend untersucht. Insbesondere die Forschung zu den einzelnen Parteien und der Entwicklung des Parteiensystems ist weitreichend. Noch zahlreicher sind die Arbeiten, welche sich mit dem französischen Regierungssystem und hierbei vor allem der Rolle des Staatspräsidenten beschäftigen. In diesem Zusammenhang ist auch die seit Jahren lebhaft geführte Diskussion um die Einordnung der V. Republik in die Typologie demokratischer Regierungssysteme zu nennen, also der Klassifizierung Frankreichs als parlamentarisches, präsidentielles oder semi-präsidentielles System. Trotz des weiten Spektrums der Literatur fällt auf, dass sich vor allem die französischen Autoren der Konzeption Charles de Gaulles nahtlos anschließen und die politischen Parteien als schwache, wenig stabile Gebilde darstellen. Die französische Forschung orientiert sich überwiegend an einer präsidentialistischen Verfassungsauslegung und beurteilt die Macht der Parteien innerhalb des Regierungssystems als äußerst gering. Die Parteien werden ganz im Sinne der Verfassungsväter der V. Republik als untergeordnete Organisationen charakterisiert, die sich dem präsidentiellen Willen bedingungslos beugen. Als hauptsächliche Vertreter dieser Anschauung seien hier Maurice Duverger, Pierre Avril und Hugues Portelli genannt. Dominique Chagnollaud und Jean-Louis Quermonne wiederum gestehen den Parteien in ihrem vierbändigen Werk zur V. Republik ein für die französische Literatur durchaus weitgehendes Maß an Einflussmöglichkeiten zu. Dies könnte ein Anzeichen für einen Wandel in der französischen Forschung und die höhere Anerkennung der Parteien in den letzten Jahren sein. In der englisch- und deutschsprachigen Forschung hingegen setzt sich immer mehr die Auffassung durch, dass die französischen Parteien sehr wohl eine zentrale Stellung im Regierungssystem einnehmen. Gerade in der deutschen Forschung hat sich in den letzten Jahren eine lebhafte Debatte entwickelt, ob die V. Französische Republik eine Form der Parteienregierung darstellt. Hierbei sei vor allem auf die Diskussion in der Zeitschrift für Parlamentsfragen hingewiesen, die zwischen Romy Messerschmidt und Adolf Kimmel, sowie Ina Stephan und Dirk Zadra geführt wird. Auch Christine Pütz widerlegt die französischen Interpretationen der Parteien als bloße "partis présidentiel" und widmet sich hierbei insbesondere der Betrachtung der Staatspräsidenten als Parteiführer. Für die englischsprachige Forschung seien Alistair Cole und Andrew Knapp genannt, die ebenfalls auf die gewonnene Machtposition der Parteien hinweisen. Trotz der großen Menge an Literatur füllt die vorliegende Arbeit insofern eine Lücke, als dass sie den Zusammenhang zwischen Parteien- und Regierungssystem darzustellen versucht. Indem die Untersuchung Verfassungsnorm sowie Verfassungspraxis betrachtet und die konkreten Einflussmöglichkeiten der politischen Parteien innerhalb dieser aufzeigt, stellt sie einen Beitrag zur aktuellen Diskussion bezüglich der Einordnung der V. Republik als Parteienregierung dar. Die Konstitution bildet den grundlegenden, strukturierenden Rahmen für das Handeln der Verfassungsorgane. Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist deshalb die Darstellung der konstitutionellen Ordnung der V. Französischen Republik um in einem zweiten Schritt deren Interpretation durch die politischen Akteure sowie die Regierungspraxis zu untersuchen. Im ersten Teil der Arbeit werden die bereits im Titel genannten Begriffe des "party government" sowie der "parti présidentiel" erläutert und deren jeweilige Merkmale aufgeführt. Die Analyse der Verfassungsordnung der V. Französischen Republik stellt den zweiten Teil der Arbeit dar. Hierbei wird auf die Gründung der V. Französischen Republik, die Intention der Verfassungsgeber und die Verfassungsrevision von 1962 eingegangen. Anschließend wird die Besonderheit des französischen Regierungssystems mit seiner Struktur einer doppelköpfigen Exekutive untersucht. Die Verfassung etabliert durch die direkte Präsidentschaftswahl sowie die Legislativwahlen zwei Exekutivorgane: Den Staatspräsidenten und die von der Nationalversammlung unterstützte Regierung unter Führung des Premierministers. Rolle und Machtbefugnisse dieser beiden Exekutivorgane werden aufgezeigt um anschließend ihr Zusammenwirken darzustellen. Abschließend werden die Stellung der politischen Parteien im Verfassungssystem und allgemeine Merkmale des französischen Parteiensystems aufgezeigt. Die Nationalversammlung wird auf die für die Fragestellung relevanten Punkte des Wahlmodus und des Instruments des rationalisierten Parlamentarismus hin untersucht. Ein kurzes Zwischenfazit resümiert die gewonnenen Erkenntnisse und dient somit als Grundlage für die anschließende Betrachtung der Verfassungspraxis in der V. Republik. Die Untersuchung der Rolle der politischen Parteien im Regierungssystem ist das Kernstück der Arbeit und folgt im dritten Teil. Die realen Einflussmöglichkeiten der Parteien sollen hier durchleuchtet werden. Die Analyse greift die Fragestellung der Arbeit auf, ob das französische Regierungssystem als eine Art der Parteienregierung bezeichnet werden kann oder aber durch präsidentialisierte Parteien mit minimalen Einflussmöglichkeiten gekennzeichnet ist. Erster Aspekt ist hierbei der Einfluss der Parteien auf die Bildung und Zusammensetzung der Exekutive. Die Präsidentschaftswahl steht in diesem Zusammenhang als hauptsächliches politisches Ereignis im Zentrum der Analyse. Es soll gezeigt werden, dass die Präsidentschaftswahlen weniger Personen- als vielmehr Parteienwahlen sind, bei denen die Parteien eine wichtige Position bei der Erlangung der Präsidentschaft einnehmen. In einem zweiten Schritt soll die Rolle der Parteien bei der Regierungsbildung untersucht werden. Die Einflussmöglichkeiten auf die Auswahl des Kabinetts werden in Zeiten gleichgerichteter Mehrheiten und Phasen unterschiedlicher parteipolitischer Ausrichtung, der so genannten Kohabitation, unterteilt. Daran anschließend erfolgt die Charakterisierung des Staatspräsidenten als Führer "seiner" Partei. Zweiter Aspekt der Rolle der Parteien im Regierungssystem ist die Beziehung zur Regierungspolitik aus parlamentarischer Sicht. Auch hierbei muss aufgrund der Verfassungskonzeption einer doppelten Exekutive zwischen Phasen übereinstimmender präsidialer und parlamentarischer Mehrheiten und Phasen der Kohabitation unterschieden werden. In den Phasen gleichgerichteter parteipolitischer Mehrheiten wird zunächst die Entstehung einer parlamentarischen Regierungsmehrheit betrachtet. Es soll gezeigt werden, dass dieser "fait majoritaire" das Fundament präsidentieller Regierungspolitik darstellt. Daraufhin sollen die realen Einwirkungsmöglichkeiten der Parteien auf die Formulierung von Regierungspolitik untersucht werden. Die Macht der Parteien variiert hierbei je nach politischen Phasen und Akteuren. Deshalb soll daran anschließend die präsidentielle Regierungspraxis der fünf bisherigen französischen Staatspräsidenten und der jeweilige Einfluss "ihrer" Regierungspartei analysiert werden. Die im Mai 2007 begonnene Präsidentschaft Nicolas Sarkozys wird von dieser Untersuchung ausgenommen, da nach neun Monaten Regierungszeit noch keine klare Einschätzung möglich ist, sondern lediglich Tendenzen angedeutet werden können. Dies soll im Schlussteil der Arbeit erfolgen. Der Untersuchung über den Parteieneinfluss auf die Regierungspolitik bei gleichgerichteten Mehrheiten wird die Analyse der Einwirkungsmöglichkeiten in Kohabitationszeiten gegenübergestellt. Zunächst sollen Erscheinungsformen und allgemeine Charakteristika der Kohabitation geschildert werden um anschließend zu durchleuchten, inwieweit während dieser Phasen ein Machttransfer innerhalb der Exekutive stattfindet. Daraufhin wird die Regierungspraxis während der drei bisherigen Kohabitationen untersucht und die Einflussmöglichkeiten der Parteien auf die Regierungspolitik aufgezeigt. Dies dient der abschließenden Erörterung, ob die politischen Parteien in Zeiten der Kohabitation größeren Einfluss auf Regierungsentscheidungen nehmen als in Phasen gleichgerichteter parteipolitischer Mehrheiten. Es wird darauf verzichtet eine Einordnung der V. Republik in der Typologie demokratischer Regierungssysteme vorzunehmen. Die Frage, ob es sich um ein parlamentarisches, präsidentielles oder semi-präsidentielles Regierungssystem handelt, impliziert zwar Auswirkungen auf die Funktionen politischer Parteien. Deren Beantwortung würde jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen und geht über die Fragestellung weit hinaus. Des Weiteren konzentriert sich die Untersuchung auf die Rolle der politischen Parteien in Beziehung zu Staatspräsident, Premierminister und Regierung sowie Nationalversammlung. Der Senat, als zweite Kammer der französischen Legislative, findet keine Betrachtung, da er in der Verfassungspraxis nur eine untergeordnete Rolle spielt. Auch die Funktion und Ausgestaltung des französischen Verfassungsrats, des Conseil Constitutionnel, wird von der Betrachtung ausgeklammert, da seine Position im Verfassungsgefüge für die Analyse des Parteiencharakters der V. Republik nur wenig Aufschluss gibt. Ebenfalls von der Untersuchung ausgeschlossen wird die Rekrutierung politischen Führungspersonals. Dieser Aspekt der französischen Verfassungspraxis ist in den letzten Jahren verstärkt in die Kritik gekommen. Absolventen der Grandes Écoles, insbesondere der ENA (École nationale d'administration), steigen ohne vorherige Parteienarbeit direkt oben in das Regierungsgeschäft ein. Obwohl dieser Gesichtspunkt äußerst interessant in der Betrachtung der politischen Ordnung und einer "exception française" ist, stellt er für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit nur einen Nebenaspekt dar. Dieser soll nicht weiter ausgeführt werden, da sich die Untersuchung auf die Einflussmöglichkeiten von Parteien auf Konstituierung und Entscheidungsfindung der Exekutive konzentriert.
Nachdem theoretische Betrachtungen das koexistenzielle Verhältnis von Mensch und Technik im weitesten Sinne seit einigen Jahren stetig in den Fokus rücken, sind nun zwei Bücher erschienen, die sich konkret mit dem Maschinellen auseinandersetzen. Diese beiden Werke zusammenzudenken ist aufgrund ihrer unterschiedlichen Denkweisen interessant und produktiv. Während Burckhardts Philosophie der Maschine eben jene titelgebende philosophische Betrachtungsweise heranzieht, um eine Historisierung der Maschine vorzunehmen, nehmen die von Gertrud Koch, Thomas Pringle und Bernard Stiegler im Buch Machine versammelten Aufsätze das Zusammenleben menschlicher und nicht-menschlicher Akteure in den Fokus, worin speziell das Verständnis über das Politische im Maschinellen untersucht wird. Mit Animation (Koch), Automation (Stiegler) und Ökosystem (Pringle) adressiert der Sammelband das Konzept der Maschine über ebendiese drei Begriffe, während Burckhardt die Genese, wie Maschine gedacht wird, befragt. Beide Publikationen verbindet, dass sie nicht von einem "fixen Maschinenbegriff" (Burckhardt, S. 10) ausgehen und dass sie – trotz aller abweichender Perspektivierungen und Schlussfolgerungen – eine Reflektion der Maschine aus den Wechselwirkungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen heraus entwerfen. Burckhardts Abhandlung basiert auf der etymologischen Herleitung von Maschine als "Betrug an der Natur" (Burckhardt S. 56), die er konsequent als Grundlage nutzt. Das überrascht, da die in 425 Aphorismen aneinandergereihten assoziativen Gedankenstränge ansonsten durchzogen sind von Abweichungen, Verweisen, teilweise fragmentarischen Abschweifungen. So findet man sich nicht selten in einer eigenwilligen Gedankenansammlung, die eine Beschäftigung mit Moderne und Postmoderne, Simulacren und Körpern mit dem Märchen von Hase und Igel zusammenbringt (vgl. S. 21). Die kürzer und länger gefassten Aphorismen setzen folglich ein recht breites kulturgeschichtliches Vorwissen voraus. Zugleich – und das fällt positiv auf – lässt es ein Denken in viele Richtungen zu, statt einem teleologischen Leitgedanken zu folgen. An Fußnoten oder Lexika-Einträge erinnernd geben die kurzen Aphorismen die Unmöglichkeit einer vollständigen und allumfassenden Darlegung wieder, was zum Ende hin gebrochen wird, wenn das Kapitel "Eine kurze Geschichte der Digitalisierung" eben genau das versucht abzudecken und damit mit dem vorherigen erfrischenden Buchkonzept bricht. Bis dahin lädt Burckhardt nicht nur zum Mit- und Nachdenken ein, sondern macht das Buch vielmehr zu einem Gemeinschaftsprojekt zwischen Autor und Lesenden. Wenn der Stil also auf den ersten Blick als unzusammenhängend erscheint, birgt sich vielleicht gerade hierin das größte Potenzial dieser Herangehensweise. Seiner Ausgangsfrage "Wie kommt es, dass die Maschine zur zentralen Vernunftmetapher hat werden können, selbst aber ein blinder Fleck der Philosophie geblieben ist?" (S. 11) begegnet Burckhardt mit der Forderung nach der Notwendigkeit eine "Archäologie des Maschinenkonzepts" (S. 18) zu betreiben. Die Tatsache, dass sich diese Methode im Verlauf seiner Schrift zu einer "Gedankenarchäologie" (S. 290) wandelt, scheint sowohl symptomatisch für das Problem seines Vorhabens als auch für eine Verwirrung zu sein, die sich teils bei der Lektüre einstellt. Denn während Burckhardt die Kernthese entwickelt, dass die Maschine das "Unbewusste" der Philosophie sei, in dem Sinne als dass sie die Bedingungen ihrer eigenen Entstehung verleugne, mutet es zuweilen an, dass Burckhardt Maschine und Philosophie in ein äquivalentes Verhältnis zueinander setzt. Und doch ist es gerade diese Äquivalenz gegen die Burckhardt angeht, wenn er die Maschine primordial zur Philosophie verortet, indem er "nach dem Ding, das dem Denken vorausgeht" (S. 16), fragt. Entsprechend spricht Burckhardt dem Vergessen und Verdrängen eine vordergründige Funktion im Maschinen-Denken zu: Nur so sei es möglich die Gegebenheiten überwindend eine (neue) Ordnung zu einem allgemeingültigen Prinzip zu erklären. Dieses Vermögen zur Verwandlung sei dabei höchst ambivalent, da es in seinen gewaltsamsten und totalitärsten Ausformungen zu Genoziden (vgl. S. 248ff) und Versklavung (vgl. S. 83ff & 198) führe, aber ebenso auch Emanzipation und Demokratisierung fördern könne (Alphabetisierung, Metallurgie und teils auch der Computer dienen hier als Beispiele). Es wundert jedoch, dass Burckhardt seiner eigenen Kritik gegen die Gewaltsamkeit der maschinellen Begehrensordnung anheimfällt, wenn er zum einen ein eurozentristischen Verständnis von "Philosophie, Wissenschaft und Logik" (S. 282) postuliert und es als Maßstab zur Beurteilung anderer Existenzweisen des Denkens gebraucht. Zum andern sowohl inneuropäische Machtkämpfe und Konflikte als auch inter- und transkulturelle Verschränkungen außer Acht lässt und damit Europäer*innen und Nicht-Europäer*innen dichotomisch gegenüberstellt. Nichtsdestotrotz bietet die Adressierung dessen, wie grundlegend die Praxis des Vergessens und Verdrängens, des Unbewusst-Machens oder Unbewusst-Werden-Lassens für die Produktion von Wissen und Denken ist, einen Anschluss zu Pringle's Ausführungen. Denn ihm zufolge liege die Mächtigkeit der Maschine darin zwischen verschiedenen Mechanismen, wie animierenden und automatisierenden Verfahren und unterschiedlichen Disziplinen wie Ökologie und Ökonomie zu übersetzen – eine Kapazität, die durch Theorieproduktionen, welche sich deskriptiver Engführungen zwischen organischen und technischen Prozessen bedienen, befördert werde (vgl. S. 50ff). Die Problematisierung der Praxis des Analogisierens sowie deren Instrumentalisierung stellt ein zentrales Anliegen in seinem Text "The Ecosystem Is An Apparatus: From Machinic Ecology to the Politics of Resilience" dar. Darin verknüpft Pringle auf strukturierte und eingängige Weise die genealogische Betrachtung des Konzepts Ökosystem mit einer Analyse von Resilienz-Politiken in den USA. Die maschinelle Logik des ökosystemischen Denkens fasst er dort so zusammen: "[…] ecosystem as a cognitive machine raising and destroying worlds with the privileged machination of shuffling and sorting the reticulation of the psyche, environment, and technology between the poles of economic growth and the promise of renewable life" (S. 98f). Dabei ist Pringles Augenmerk für die Spuren kybernetischer Konzepte in den Theoremen von Félix Guattari und Michel Foucault gleichermaßen lehrreich wie weitergehend diskussionswürdig. In "Animation of the Technical and the Quest for Beauty" gibt Getrud Koch das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine über das technische Objekt einerseits und das ästhetische Objekt andererseits sowie dessen Interferenzen zu denken. Grundlegend genährt wird diese techno-ästhetische Perspektivierung durch ein neues Verständnis des menschlichen Wahrnehmungsvermögens ("perceptive faculty", S. 3). Indem Koch nicht länger den Körper allein als Voraussetzung des Wahrnehmungsvermögens betrachtet, sondern dieses vielmehr als Wechselspiel zwischen Mensch und Maschine begreift, wird Wahrnehmung performativ hergestellt. Dadurch argumentiert sie einen neuen ontologischen Status, in dem das Wahrnehmungsvermögen keine generische Funktion innehat, sondern als ein Dazwischentreten zwischen Subjekt und Objekt (oder besser zwischen verschiedenen menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen) verstanden wird. Maschinen werden entsprechend – und ganz ähnlich zu Burckhardt – nicht als Werkzeuge oder in ihrer Mittlerfunktion betrachtet. Vielmehr intervenieren Maschinen performativ in die Handlungsspielräume der Menschen (vgl. S. 7). Die ästhetische Ebene des Technologischen adressiert Koch dabei über den Begriff des Schönen, der hier die sinnliche Wahrnehmung eines Affekts und nicht ein normiertes Werturteil meint (vgl. S. 16), und der die Empfindung von Nähe und Distanz hinsichtlich eines technischen Objekts in ein dialektisches Verhältnis zueinander rückt (vgl. S. 22). Koch endet ihren Aufsatz, indem sie diese beiden Modelle des Schönen rückbezieht auf Animation und das Kino als Schnittstelle der ineinandergreifenden techno-ästhetischen Beziehung zwischen Mensch und Maschine. Auch wenn der Animationsbegriff eher vage bleibt, erarbeitet Koch damit eine spannende Perspektive auf das animierende Potential techno-ästhetischer Beziehungen, die zum Weiterdenken anregt. In seinem Aufsatz "For a Neganthropolgy of Automatic Society" diagnostiziert Bernard Stiegler eine durch die digitale Netzkultur "hyperindustrieller" Gesellschaften (S. 25) vorangetriebene epochale Umwälzung aller existentieller Ebenen; einen radikalen Einschnitt, den er in die Entwicklungsgeschichte der Proletarisierung einreiht und deren Kern der Kenntnisverlust von Wissens- und Theorieproduktion ausmache. Proletarisierung – ein Prozess der eng verzahnt ist mit Automatisierung (vgl. S. 27-31) – gibt Stiegler als einen Prozess zu verstehen, der im Zuge einer Externalisierung von Kenntnissen deren abermalige Internalisierung unterbindet (vgl. S. 30); d.h. als eine Form der Wiederholung, die verschließend wirke und Entfremdung kultiviere. Im Zeitalter der "generalized automatization" (S. 30), in dem Entscheidungsprozesse an algorithmisch gesteuerte Datensysteme abgetreten würden, drohe die kritische Arbeit der Wissens- und Theorieproduktion strukturell verhindert zu werden. Eine derartige Verunmöglichung des Theoretisierens sei wiederum durch die Verbreitung eines Ohnmachtsgefühls begleitet: "[Through digital networks] stupefaction and stupidity are being installed in a new and functional way: in such a way that disruption can structurally and systematically short-circuit and bypass the knowledge of psychic and collective individuals" (S. 25f). Entgegen dieser strukturellen Einbettung der Störung psychosozialer Bezüge macht Stiegler eine pharmakologische Perspektive stark. Gerade da digitale Netzwerke in Prozesse transindividueller Wissensgenerierung aktiv involviert seien (vgl. S. 35, 39f), könnten sie nicht nur als Gift, sondern auch als Heilmittel wirken, andere Formen von Wissen und Handlungsfähigkeit freilegen (vgl. 35, 43) und dazu verhelfen eine "automatic society founded on deproletarianization" (S. 36) mit zu konstituieren. Stieglers Essay ist ein hochkonzentriertes – und dementsprechend recht voraussetzungsvolles – Kondensat seiner langjährigen Denkarbeit, das letztlich in seine jüngste Forderung Neganthropie zu denken und mittels politischer Maßnahmen strukturell zu fördern (vgl. S. 40-44) mündet. Eine grundsätzliche Gemeinsamkeit beider Bücher liegt in der Annahme, dass die soziale Umgebung ebenso natürlich wie maschinell geprägt ist, wenn sich auch die Ebenen der Betrachtung signifikant unterscheiden. Betont wird von allen Autor*innen die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Technik, wodurch ein autonomes Subjekt, das erst Technik schafft und sie bestimmt, negiert wird. Das Maschinelle wird vorgelagert betrachtet, als das, was menschliches Handeln, Denken und Fühlen stets mitprägt. Es geht also um nichts Geringeres, als um ein neues Welt-Denken, das Maschinen und Menschen nicht in ein binäres, sich gegenüberstehendes Gefüge denkt und nicht von fixierten Subjekten, Entitäten oder Identitäten ausgeht, sondern ontologische Bestimmungen oder Zuweisungen neu denkt: als Eingreifens, als Interdependenz. Aus sehr unterschiedlichen Perspektiven und Fragestellungen heraus, machen alle Texte deutlich, dass Ontologie hier nicht ohne Epistemologie zu haben ist und verhandeln diese Verschränkung zudem unter ästhetischen, politischen und sozialen Aspekten. Nicht zuletzt geben sie damit die Mechanismen von Theorie- und Wissensproduktionen kritisch zu denken.
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