Regionale Rivalitäten und innere Kämpfe im Mittleren Osten
In: Jahrbuch internationale Politik: Jahrbücher des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Band 1993/94, S. 26-42
ISSN: 1434-5153
26184 Ergebnisse
Sortierung:
In: Jahrbuch internationale Politik: Jahrbücher des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Band 1993/94, S. 26-42
ISSN: 1434-5153
World Affairs Online
In: NATO-Brief, Band 43, Heft 2, S. 28-32
ISSN: 0255-3821
World Affairs Online
In: The Washington quarterly, Band 15, Heft 4, S. 119-137
ISSN: 0163-660X, 0147-1465
World Affairs Online
In: Aktuelle Analysen / Bundesinstitut für Ostwissenschaftliche und Internationale Studien, 1994,5
World Affairs Online
In: International affairs: a Russian journal of world politics, diplomacy and international relations, Heft 9, S. Special Issue, S. 1-142
ISSN: 0130-9641
World Affairs Online
Landwirtschaftliche Märkte sowie die gesamte Ernährungswirtschaft unterliegen in vielen Entwicklungsländern enormen Transformationsprozessen hin zu modernen Wertschöpfungsketten und der Erzeugung hochqualitativer Produkte. Während in den Exportmärkten Produktstandards und Zertifizierung an Bedeutung gewinnen, spielen in Entwicklungsländern nationale und multinationale Super- und Hypermarktketten eine immer größere Rolle. Diese Entwicklungen haben Auswirkungen auf die verschiedenen Akteure der Ernährungswirtschaft, insbesondere auf Kleinbauern. Ein Land, in dem die Expansion von modernen Einzelhandelsstrukturen schon relativ früh begonnen hat, ist Thailand. In den 1980er und 1990er Jahren haben, neben anderen Faktoren, das steigende Pro-Kopf Einkommen, erhöhte Urbanisierungsraten sowie die zunehmende Arbeitstätigkeit von Frauen die Etablierung von modernen Einzelhandelsstrukturen beschleunigt. Während die fünf wichtigsten Super- und Hypermarktketten 1996 insgesamt 36 Filialen in Thailand hatten waren es 2009 bereits 295 Filialen. Zu Beginn der Entwicklung waren moderne Einzelhandelsgeschäfte darauf fokussiert, Konsumenten mit umfassenden Einkaufsmöglichkeiten sowie mit niedrigen Preisen für Grundnahrungsmittel und verarbeitete Produkte zu werben. Je mehr sich die Märkte allerdings etablieren, desto wichtiger werden auch frische Lebensmittel, wie z.B. Obst und Gemüse. Auch wenn die Ausweitung dieses Produktsegments durch bspw. die Notwendigkeit einer durchgängigen Kühlkette erschwert wird, steigt der Verkaufsanteil von frischen Lebensmitteln an den totalen Lebensmittelverkäufen von modernen Einzelhandelsmärkten an. Da diese Produktkategorie eine wesentliche Bedeutung für Kleinbauern hat, liegt der Fokus dieser Studie auf frischen Lebensmitteln, insbesondere auf Gemüse. Das erste Kapitel untersucht am Beispiel von Paprika, wie Kleinbauern in Entwicklungsländern besser von modernen Wertschöpfungsketten profitieren können. Paprika ist ein Gemüse das erst vor etwa 10 Jahren als Produktinnovation in Thailand eingeführt wurde, um auf Exportmärkten und im modernen Lebensmitteleinzelhandel verkauft zu werden. Im Laufe der Zeit hat Paprika bei den lokalen Konsumenten an Popularität gewonnen und er wird heute auch auf traditionelleren Lebensmittelmärkten gehandelt. Die Analyse basiert auf Daten einer Haushaltserhebung im Wassereinzugsgebiet Mae Sa in Nordthailand. Die Erhebung umfasst 246 Paprika produzierende Haushalte sowie 62 landwirtschaftliche Haushalte, die keinen Paprika produzieren. Ergebnisse der Regressionsmodelle zeigen, dass die Kultivierung von Paprika, und insbesondere ein früher Einstieg in die Paprikaproduktion, signifikant zu höherem Haushaltseinkommen beiträgt und damit eine wichtige Strategie für Kleinbauern darstellt, ihre Lebenssituation zu verbessern. Es gilt allerdings zu bedenken, dass fehlende Landrechte, eine schwache infrastrukturelle Anbindung sowie fehlender Zugang zu Informationen Barrieren für eine frühe Übernahme der Kultivierung von Paprika darstellen. Es ist daher eine ernsthafte Herausforderung für die Politik, diese Hindernisse zu überwinden um negative Einkommenseffekte für benachteiligte Landwirte zu verhindern. Die Integration in moderne statt in traditionelle Wertschöpfungsketten trägt bisher allerdings nicht zu einem erhöhten Einkommen bei. Dieses hebt noch einmal hervor, dass externe Effekte, die durch die Etablierung modernen Einzelhandelsmärkten entstehen, bei der Bewertung dieser Märkte nicht unterschätzt werden sollten und in zukünftigen Studien berücksichtigt werden müssen. Der moderne Lebensmitteleinzelhandel führt nicht nur zu neuen Produkten und Produktstandards, sondern auch zu substantiellen Veränderungen im Management von Wertschöpfungsketten, was die Vermarktungsentscheidungen von Landwirten ebenfalls beeinflussen kann. Super- und Hypermärkte modernisieren zunehmend ihr Beschaffungswesen, was unter anderem bedeutet, dass sie vermehrt auf vertragliche Absprachen mit ihren Lieferanten bestehen. Landwirte beliefern Supermärkte häufig nicht mehr direkt, sondern sind über Zwischenhändler mit diesen Märkten verbunden. Basierend auf den Daten der oben genannten Haushaltserhebung werden im zweiten Kapitel die (vertraglichen) Vereinbarungen zwischen Landwirten und Händlern in traditionellen und modernen Wertschöpfungsketten für Paprika verglichen. Darüber hinaus ist es von Interesse zu analysieren, inwiefern bestehende Unterschiede die Entscheidung eines Landwirtes für einen bestimmten Vermarktungsweg beeinflussen. Die Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass zwischen den Vermarktungswegen signifikante Unterschiede in Vereinbarungen zwischen Landwirten und Händlern bestehen. Außerdem zeigen die Ergebnisse, dass einige dieser Unterschiede die Vermarktungsentscheidungen von Landwirten beeinflussen. Produktpreise spielen für Landwirte ebenso wie das Bereitstellen von Betriebsmitteln und Krediten und die eigene Unabhängigkeit und Flexibilität eine wichtige Rolle. Die Ergebnisse des Choice Experimentes stellen heraus, dass Landwirte im Allgemeinen eine Präferenz für Vermarktungswege haben, die keine vertraglichen Vereinbarungen beinhalten. Außerdem bestätigt das Experiment, dass einige der oben genannten Aspekte (z.B. die Bereitstellung von Krediten) die Attraktivität von Verträgen erhöhen. Der wichtigste Aspekt für Landwirte ist allerdings eine gute persönliche Beziehung zum Händler, was darauf schließen lässt, dass Landwirte ein gewisses Maß an Vertrauen wertschätzen. Zusammenfassend zeigen diese Ergebnisse, dass für die bessere Einbindung von Kleinbauern in moderne Einzelhandels struktur en nicht nur die Mängel landwirtschaftlicher Märkte überwunden werden müssen, sondern auch berücksichtigt werden sollte, wie Absprachen zwischen Landwirten und Händlern gestaltet werden. Die Einbindung von Kleinbauern in den modernen Einzelhandel hat das Potential, die Lebensumstände von Kleinbauern zu verbessern. Die vorherigen Ergebnisse verdeutlichen allerdings, dass verschiedenste Barrieren bestehen, die eine weitreichende Integration von Kleinbauern nach wie vor erschweren. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass auch traditionelle Märkte finanzielle Anreize für Landwirte bieten können und dass traditionelle Vermarktungsstrukturen den Präferenzen von Landwirten teilweise besser entsprechen. Daher ist es ebenfalls wichtig abzuschätzen, inwiefern traditionelle Einzelhandelsstrukturen, insbesondere die Märkte für Frischwaren, von der Transformation der Ernährungswirtschaft betroffen sind. Dieser Aspekt wird im dritten Kapitel aufgegriffen, in dem die Wettbewerbsstrategie von Super- und Hypermärkten in bezug auf Preise und erkennbare Qualitätsattribute zweier Gemüsesorten, Morning Glory und Paprika, verglichen wurde. Dafür wurden Daten über bestimmte Qualitätsattribute und Preise auf 43 Märkten in 17 Distrikten von Bangkok erhoben. Die Stichprobe besteht aus insgesamt 14 Filialen der drei wichtigsten Supermarktketten und insgesamt 12 Filialen der drei wichtigsten Hypermarktketten sowie 17 traditionellen Märkten für Frischwaren. Der Vergleich der Preise und der Qualitätsattribute auf den verschiedenen Märkten zeigt, dass weder Super- noch Hypermärkte in Bezug auf die Preise wettbewerbsfähig mit traditionellen Märkten für Frischwaren sind. Im Gegensatz dazu bieten diese Märkte Produkte höherer Qualität an. Die Ergebnisse des hedonischen Preismodells legen dar, dass auf allen Märkten bestimmte Qualitätsattribute die Produktpreise signifikant beeinflussen. Darüber hinaus haben Super- und Hypermärkten einen signifikanten und positiven Einfluss auf die Produktpreise. Dieses Ergebnis lässt darauf schließen, dass moderne Lebensmittelmärkte als solches für Konsumenten einen gewissen Wert darstellen, da sie bereit sind unabhängig von Qualitätsunterschieden, höhere Produktpreise zu bezahlen. Allerdings sind die Konsumenten der mittleren und höheren Einkommensklassen eher Kunden moderner Einzelhandelsmärkte, so dass das allgemeine Wirtschaftswachstum vor allem dem modernen Lebensmittelsektor zugute kommt. Traditionelle Märkte für Frischwaren und damit der Großteil an Landwirten bleiben weitgehend außen vor. Aus den Ergebnissen dieser Studie lassen sich wichtige Politikempfehlungen für die Unterstützung von Kleinbauern in Entwicklungsländern ableiten. Einerseits sollte die Integration von Kleinbauern in moderne Einzelhandelsstrukturen weiter gefördert werden. Dafür müssen Regierungen sich aktiv engagieren, um das Funktionieren der landwirtschaftlichen Märkte zu verbessern, bspw. durch Investitionen in die Infrastruktur oder die Verbesserung des Zugangs von Kleinbauern zu Marktinformationen. Darüber hinaus müssen die Beziehungen zwischen Kleinbauern und den nicht lokalen Händlern verbessert werden. Ein Ansatz in diese Richtung ist eine bessere Einbindung von lokalen Händlern, die häufig schon lang andauernde Beziehungen mit Landwirten haben. Wo dieses logistisch nicht möglich ist, sollten Unternehmen in Vertrauensbildende Maßnahmen investieren, z.B. in häufigere persönliche Kontakte zu den Landwirten oder in transparente Preisbildung. Andererseits sollte die Bedeutung von traditionellen Märkten für Frischwaren nicht aus den Augen verloren werden. Um Kunden der mittleren und höheren Einkommensklassen zu gewinnen und dadurch auch vom allgemeinen Wirtschaftswachstum zu profitieren müssen sich diese Märkte an die sich verändernden Einkaufsgewohnheiten von Konsumenten anpassen. Dazu muss die allgemeine Attraktivität der Märkte, z.B. durch die Verbesserung der hygienischen Standards oder durch die Ausweitung des Angebots an Parkplätzen, verbessert werden. Darüber hinaus muss auch das Produktangebot angepasst werden. Diese Veränderungen können jedoch nur zum Teil von den Händlern selbst getragen werden. Vor allem bedarf es der Unterstützung der Regierung und/oder privater Investoren, die finanzielle Mittel und Know-how zur Verfügung stellen. ; In many developing countries, agricultural and food systems are undergoing a major transformation towards high-value, modern supply chains. In export markets, stan-dards and certification systems are gaining in importance, while within developing countries, the role of national and multinational super- and hypermarket chains is growing. These developments have important implications for various stakeholders in the agro-food system, including, in particular, smallholder farmers. One country where the expansion of modern retail structures started relatively early is Thailand. In the 1980s and 90s increasing per capita incomes, urbanization trends and female labor force participation spurred, among other things, the development of modern retail structures. In 1996, the five most important super- and hypermarket chains had a total of 36 branches, and by 2009, this number of branches had already increased to 295. While modern retail markets first focus on attracting consumers with an all-in-one shopping strategy and particularly low prices for processed foods and staples, their stores start to mimic wet market situations in an advanced development stage. Although some barriers exist, e.g. a continuous cool chain, the share of fresh produce sales (as a percentage of total food sales) is also increasing at modern retail markets. Taking into account the importance of fruit and vegetable production for smallholder farmers, our study focuses on the fresh fruit and vegetable sector. In the first chapter, we analyze how smallholder farmers in developing countries can benefit from modern supply chains. We take the example of sweet pepper, which was introduced as a product innovation in Thailand some 10 years ago, mainly for ex-ports and upscale domestic supermarkets. Over time, sweet pepper gained wide pop-ularity among domestic consumers, so that nowadays it is also traded at more tradi-tional wholesale and retail markets. Our analysis is based on original farm survey data from 246 sweet pepper producers and 62 non-sweet pepper farmers in the Mae Sa Watershed in northern Thailand. Results from our regression models show that sweet pepper cultivation, and in par-ticular an early adoption, contributes significantly to higher household incomes and is therefore an important potential avenue for smallholder farmers to improve their livelihood. However, the duration analysis indicates that missing land titles, weak infrastructure conditions and limited access to information constituted serious con-straints during the early phases of sweet pepper adoption. There must be a change in policy in order to overcome these initial adoption constraints for disadvantaged farmers, and to thus avoid negative income distribution effects. Strikingly, at this stage, participation in modern supply chains does not lead to higher incomes than when supplying sweet pepper to traditional markets. This finding underlies that spill-overs from modern retail markets should not be underestimated; they must be ac-counted for in future studies of the wider implications of modern supply chains. Modern retail markets not only bring new products and product standards - they also implement profound changes in supply chain management, thereby affecting farm-ers marketing decisions. Super- and hypermarkets increasingly modernize their pro-curement systems and switch from buying through spot-market transactions to con-tractual agreements with farmers, often through specialized intermediaries. In the second chapter, we used the data from the above-mentioned farm survey to compare institutional arrangements, including contracts, between farmers and traders in tradi-tional and modern supply chains of sweet pepper. Moreover, we assess the impact of those differences on the farmers market channel choice. Our descriptive comparison of institutional arrangements confirms that significant differences exist among mar-keting channels. Furthermore, we show that some of those differences influence the farmers market-ing behavior. While output prices matter, the farmers also value other aspects such as access to inputs, credit and information, as well as independence and flexibility. Re-sults from the choice experiment additionally point out the farmers general prefer-ence for marketing options that do not involve a contract, and confirm that the as-pects mentioned above can increase the attractiveness of contracts. Yet, the most important factor for the farmers is a personal relationship with the buyer, which seems to reflect their desire for mutual trust. These findings show that beyond ad-dressing market imperfections, designing institutional arrangements according to the farmers needs can also contribute to more widespread smallholder participation in modern retail markets. The integration of smallholder farmers in modern retail markets is one way to im-prove their livelihood. However, our previous analyses show that various barriers exist that continue to limit integration possibilities. We showed that traditional mar-kets can also offer financial incentives to smallholder farmers and, in many ways, traditional marketing structures correspond to the marketing preferences of small-holder farmers. It is therefore also important to know how much traditional retail structures, and in particular, wet markets, are affected by food system transforma-tions. We consider this issue in the third chapter when we analyze the competition strategy of modern retail outlets with regard to product prices and observable product quality attributes. We again focus on the fresh fruits and vegetables segment, and in particular, on two products: morning glory and sweet pepper. We collected data about these products quality attributes and prices on 43 market outlets in 17 districts of Bangkok. The sample comprises 14 branches of the three most important super-market chains and 12 branches of the three most important hypermarket chains, as well as 17 wet markets. Descriptive comparisons of product prices and quality among the three types of markets show that neither super- nor hypermarkets are price competitive with wet markets. However, super- and hypermarkets offer higher prod-uct quality. Results from hedonic price models show that certain quality attributes significantly increase product prices. Moreover, we find a price effect of modern retail outlets, which demonstrates that despite any potential differences in quality, prices in super- and hypermarkets are higher than in wet markets. This shows that consumers not only value specific qual-ity attributes, but also modern retail formats. The overall picture resulting from this analysis is that traditional and modern markets have been acting more as comple-ments to one another than as competitors. However, since modern retail formats pri-marily serve the middle and upper income classes, these markets are reaping the most benefits from overall economic growth. Wet markets - and the majority of smallholder farmers - are being left behind. All in all, the results of this study have important policy implications for the support of smallholder farmers in emerging economies. On the one hand, the integration of smallholder farmers should continue to be promoted. This would require government involvement with regard to overcoming widespread market imperfections, like weak infrastructure conditions and limited access to market information. Furthermore, the relationship between the farmers and buyers needs to be improved. This is especially important regarding company representatives and intermediaries, who are often non-locals. One possible approach could be to more explicitly involve local traders who have established long-term relationships with the farmers. In areas where this is not logistically possible, companies and intermediaries could try to improve their ties with the farmers through other trust-building mechanisms, such as increasing the number of personal interactions and making pricing and grading procedures more transparent. On the other hand, the importance of wet markets as a major market outlet for smallholder farmers should not be forgotten. In order to attract middle and high income classes, and thereby benefit from overall economic growth, wet markets need to adapt to changing consumer demands. This can only be achieved by increasing the overall attractiveness of wet markets, e.g. by improving the hygienic conditions and offering more parking lots, as well as by expanding the product assortment. However, traders have a limited capacity to influence market modernization; such measures need to be supported with financial means and know-how by the government and/or private investors.
BASE
Северо-Монгольская горная лесостепь, переходная зона между тайгой и открытой степью, имеет богатый животный и растительный мир. Для сельского хозяйства это самая продуктивная часть страны и имеет плотность населения выше средней по Монголии. Древостои светлой тайги, в которых преобладает лиственница (Larix sibirica Ledeb.), представляют основу монгольских продуктивных лесов и поставляются все больше в соответствии с растущим спросом на деловую древесину и дрова. В лесах Монгольской горной лесостепной зоны и таежной зоны наблюдается, особенно с конца прошлого века, заметное сокращение площади леса. Основными факторами этого сдвига растительности являются изменения в землепользовании, частота пожаров, появление вредителей и изменение климата. На видовой состав, прирост и структуру древостоев оказывают сильное влияние различные природные и антропогенные режимы воздействия и климатические факторы. Понимание влияния климатических факторов на эти воздействия и экологическое влияние от воздействий на древостои и их реакцию с точки зрения структуры, прироста и обновлений необходимо для развития экологически и регионально соответствующих программ ведения лесного хозяйства. Частые, интенсивные, обширные воздействия, прежде всего лесозаготовки и лесные пожары, способствовали появлению сукцессионных лесов (Betula platyphylla Sukaczev), в которых преобладает береза. Несмотря на предпринимаемые усилия по созданию альтернативных подходов к управлению лесами в Монголии существует недостаток знаний о влиянии основных факторов и воздействий на структуру лесов и лесной растительности и недостаточная мощность. Одной из областей с традиционно сильным землепользованием является аймак Селенги, расположенный к северу от Улан-Батора. В 2009 году Монгольский Университет естественных наук в Дархане и группа лесопользователей в исследовательском районе Альтансумбэр создали исследуемые площади и провели экспериментальные опыты выборочной рубки. Эта инициатива в области была поддержана в рамках проекта UNFAO «Укрепление потенциала и институциональное развитие для совместного управления природными ресурсами и сохранения лесов в лесных районах Монголии» (GCP / MON / 002 / NET), финансируемого правительством Нидерланды. Большинство исследуемых площадей имеет размер 2500 м². Исследовательский район Альтансумбэр расположен к западу от Дархана и является ярким примером монгольской горной лесостепной зоны. Исследовательский район Бугант расположен к востоку от Дархана в западных горах Хенти и является частью густой таежной зоны. Изучалось влияние климатических факторов и выборочной вырубки на рост и структуру поврежденных от пожара березовых и лиственничных древостоев светлой тайги в исследовательском районе Алтансумбэр (горная лесостепная зона, северные склоны). В исследовательском районе Бугант (таежная зона, южные и восточные склоны) изучено влияние климатических факторов на прирост березы и проведено сравнение с результатами Алтансумбэр. Различия в отношении повреждений от пожара между березой и сосной (Pinus sylvestris L.) оценивались отдельно. Во всех исследованных древостоях обоих исследуемых районов были обнаружены признаки лесных пожаров, и большинство древостоев также показали признаки предыдущих мелкомасштабных лесозаготовок. Посредством дендрохронологических методов были рассмотрены отношения климата и роста и проведен анализ экстремальных годов. В районе исследований Алтансумбэр непространственная и пространственная структура леса была проанализирована как до, так и непосредственно после прореживания и после трех лет. Анализы произведены в форме анализа прореживания с использованием L-функции и радиальной функции распределения. Влияние снижения конкуренции на прирост остальных деревьев было описано и проанализировано с помощью линейных смешанных моделей. Подрост был зафиксирован на всех площадях в Алтансумбэр в 2012 и в Бугант в 2011 году и возобновился на некоторых площадях в Бугант в 2013 году. Для обоих видов, лиственницы и березы, осадки во время позднего лета и ранней осени предыдущего года и непосредственно перед началом вегетационного периода текущего года были решающим климатическим фактором, определяющим рост деревьев. Анализ экстремальных годов сильного и слабого роста показал значительное сходство между обоими видами. Достаточные осадки перед началом вегетационного периода были для роста молодых деревьев важнее, чем для старых. В более сухой и высококонтинентальной горной лесостепной зоне (Алтансумбэр) по сравнению с более влажной таежной зоной (Бугант) связь между осадками и ростом березы была более выраженной. Признаки повреждения насекомыми были найдены только в Бугант (таежная зона). Все хронологии берез показали высокую чувствительность к более высоким температурам, как правило, весной, и взаимосвязь между временным возникновением негативного соотношения температуры и роста и направления склона. На северных склонах в Алтансумбэр статистические отрицательные соотношения температуры и роста березы произошли в мае. На южных склонах в Буганте это отрицательное соотношение возникло раньше по времени, в апреле. Это отрицательное соотношение температуры и роста в хронологии лиственницы в Алтансумбэр не было установлено. В обоих исследуемых районах среднегодовые показатели роста хвойных пород были выше, чем у березы. Наблюдаемое различие в отношении показателей роста и чувствительности к весенним температурам может быть связано с различной защитной способностью березы и хвойных пород от очень распространенных низкоинтенсивных поверхностных пожаров, которые имеют свой пиковый сезон весной и частично управляются климатическими факторами. Количество видимых поврежденных огнем берез с тонкой корой в Буганте было более, чем в восемь раз выше, чем сосны с толстой корой из того же древостоя. В древостоях, где береза смешана со светлыми хвойными породами, малоинтенсивный режим пожаров имеет более негативное и длительное влияния на рост берез, чем на рост хвойных пород с толстой корой. С другой стороны, разрушение древостоя интенсивными пожарами или сокращение площади вследствие повторяющейся интенсивной вырубки может благоприятствовать преобладанию березы из-за ее способности прорастания – поросль от пня. Характеристики структуры леса и реакции на воздействия изучались исключительно в исследовательском районе Алтансумбэр и могли быть связаны с процессами сукцессии, пожарами и нерегулируемыми вырубками. Агрегированное размещение деревьев было подтверждено для всех лиственничных древостоев и большинства березовых древостоев в Алтансумбэр до выборочной рубки. Вследствие прорастания береза часто встречается агрегировано в очень узких, небольших группах. Лиственница, напротив, появилась в более свободных кластерах, где деревья распределены на более дальнем расстоянии. Вследствие того, что березы имеют меньшую продолжительность жизни и интенсивнее конкурируют друг с другом, у березовых древостоев имеется способность развиваться к случайному размещению деревьев раньше, чем у лиственничных древостоев. Конкуренция сыграла значительную роль в исследуемых древостоях светлой тайги. В исследовательском районе Алтансумбэр соотношение между конкуренцией и ростом оценивалось до, непосредственно после и через три года после прореживания. Прореживания проводились с различной интенсивностью (5,4% - 52,4% площадь сечения). Основными критериями отбора деревьев для рубки были относительно низкое состояние здоровья и способность к росту, на что указывало повреждения ствола и развитие кроны, форма ствола, а также расстояние между отдельными деревьями. Этот отбор привел в значительной мере к низовому прореживанию. Как и ожидалось, прореживание способствовало регулярному размещению деревьев. Тем не менее, дальнейший рост новых стволов привело к тому, что распределение деревьев древостоя менялось обратно в направлении агрегированного. Прирост был в значительной степени вызван ослаблением конкуренции как результат прореживания, и ответ прироста был действительным в абсолютном и относительном выражении. Относительное увеличение прироста по сравнению с периодом до прореживания было немного выше для березы, чем для лиственницы, несмотря на сравнительно поздний средний возраст древостоев на момент прореживания в 2009 году, особенно для березы. Данные были полученны из анализа годичных колец деревьев ( средний возраст лиственница: 22-61 год, березы - 44-68 лет). Основываясь на региональных данных недавней национальной инвентаризации лесов (MPNFI) как норме, количество подроста во всех древостоях в Алтансумбэр относительно низко, тогда как число подроста в Бугант выше среднего. В целом результаты показали, что более методическая стратегия управления лесами является возможной с научной точки зрения. Вместе с тем местное управление лесами должно служить многофункциональным целям регионального лесопользования. Потенциал лесов обеспечивать такие экосистемные услуги, как защита водного режима и почвы, постоянный растительный покров, биоразнообразие, внесение вклада в снижение негативных последствий изменения климата должен быть гарантирован. Это, принимая во внимание длительное изменение климата, усиление воздействий и развитие требований общества, особенно сложно. Основная цель лесоводства должна заключаться в повышении устойчивости и жизнестойкости лесных экосистем к различным воздействиям и одновременно делать возможным использование древостоев. Две модели использования представляются возможными: промышленное производство изделий из дерева (в основном из лиственницы и сосны) или производство энергии на базе древесины (в основном береза), заготовка дров. Плотные древостои светлой тайги, отведенные под производственные леса, могут быть подвергнуты прореживанию или выборочной рубке от одного до двух раз в первые 50-60 лет. в соответствии с вышеназванными критериями. При выборочной рубке в форме небольших групп (Femel) в этих древостоях происходит способствование регенерации и переход в окончательное пользование. Подсадка подроста должна рассматриваться только в том случае, если желаемая регенерация недостаточна или если древостой должен быть изменен на другой древесный состав. Часть сукцессивных березовых древостоев рядом с поселениями могла бы управляться как низкоствольный лес для получения дров. Директивы лесоводства должны принимать во внимание различные специфические экологические и климатические условия, различный возраст древостоев, цели в области лесоводства и реалистические варианты управления. Управленческие меры должны быть усилены путем национального и регионального управления лесами. Рекомендуется также анализировать экономическую эффективность лесохозяйственных операций, таких, как различные системы заготовки древесины. Результаты и выводы проекта охватывают лишь относительно короткие временные рамки. Необходимо продолжить наблюдение долгосрочного влияния выборочной рубки, особенно с точки зрения стабильности древостоя, почвы и спорадической вечной мерзлоты. ; Die nordmongolische Gebirgswaldsteppe, die Übergangszone zwischen Taiga und offener Steppe, besitzt eine reiche Tier- und Pflanzenwelt. Für die Landwirtschaft ist diese Region der produktivste Landesteil und weist für die Mongolei eine überdurchschnittlich hohe Siedlungsdichte auf. Helle Taigabestände, die von Lärche (Larix sibirica Ledeb.) dominiert werden, stellen das Rückgrat der mongolischen Wirtschaftswälder dar und sind zunehmend einer wachsenden Nachfrage an Industrie- und Brennholz ausgesetzt. Die borealen Wälder der mongolischen Gebirgswaldsteppenzone und der Taigazone sind, vor allem seit dem Ende des letzten Jahrhunderts, sichtbar zurückgegangen. Die hauptsächlichen Triebkräfte dieser Vegetationsverschiebung sind Änderungen in Bezug auf Landnutzung, Waldbrandhäufigkeit und das Auftreten von Schädlingen und Klimawandel. Artenzusammensetzung, Zuwachs und Bestandesstruktur werden stark von den verschiedenen natürlichen und anthropogenen Störungsregimen und auch Klimafaktoren beeinflusst. Ein Verständnis zum Einfluss von Klimafaktoren auf diese Störungen und den ökologischen Einfluss von Störungen auf Waldbestände und ihre Reaktion in Bezug auf Struktur, Zuwachs und Verjüngung ist essentiell für die Entwicklung von ökologisch und regional angepassten Waldbewirtschaftungsprogrammen. Häufigere intensive großflächige Störungen, vor allem Holzeinschlag und Waldbrände, förderten das Auftreten von Sukzessionswäldern, die oft von Birken (Betula platyphylla Sukaczev) dominiert werden. Trotz laufender Bemühungen zur Etablierung alternativer Waldbewirtschaftungsansätze in der Mongolei, fehlt es an Wissen über die Auswirkungen der wichtigsten Einflussfaktoren und Störungen auf Waldstruktur und Waldwachstum und an ausreichenden Kapazitäten. Eine der Provinzen mit traditionell intensiver Landnutzung ist der Selenge Aimag, nördlich von Ulaanbaatar. Im Jahr 2009 wurden von der Mongolischen Universität für Lebenswissenschaften in Darchan und der Waldnutzergruppe Altansumber Referenzflächen und experimentelle Durchforstungsversuche eingerichtet. Die Mehrzahl der Forschungsflächen weist eine Größe von jeweils 2500m² auf. Diese Initiative wurde durch das UNFAO-Projekt " Capacity Building and Institutional Development for Participatory Natural Resources Management and Conservation in Forest Areas of Mongolia" (GCP / MON / 002 / NET) unterstützt, welches durch die niederländische Regierung finanziert wurde. Das Forschungsgebiet Altansumber liegt westlich von Darchan und ist ein Paradebeispiel für die mongolische Gebirgswaldsteppenzone. Das Forschungsgebiet Bugant liegt östlich von Darchan im westlichen Khentii-Gebirge und ist Teil der dicht bewaldeten Taigazone. Die Auswirkungen von Klimafaktoren und selektiver Holznutzung auf Waldstruktur und Wachstum von Birke und Lärche wurden in feuergestörten Beständen der hellen Taiga des Forschungsgebietes Altansumber (Gebirgswaldsteppenzone, Nordhänge) untersucht. Im Forschungsgebiet Bugant (Taigazone, Süd- und Osthänge) wurde der Einfluss von Klimafaktoren auf den Zuwachs der Birke untersucht und mit den Ergebnissen von Altansumber verglichen. Unterschiede in Bezug auf Brandschäden zwischen Birke und Kiefer (Pinus sylvestris L.) wurden separat in einer kleinen Fallstudie erfasst. In allen untersuchten Beständen beider Forschungsgebiete wurden Anzeichen von Waldbränden gefunden, und die meisten Bestände zeigten auch Spuren von ehemaliger, kleinräumiger Holznutzung. Mittels dendrochronologischer Methoden wurden die Klima-Wachstums-Beziehungen untersucht und Weiserjahranalysen durchgeführt. Im Forschungsgebiet Altansumber wurde die nicht-räumliche und räumliche Waldstruktur sowohl vor, als auch direkt nach der Durchforstung und drei Jahre später analysiert. Die Analysen wurden in Form von Eingriffsanalysen unter Verwendung von L-funktionen und Paarkorrelationsfunktionen durchgeführt. Die Auswirkung von Konkurrenzverringerung auf den Zuwachs der verbleibenden Bäume wurde mittels linear gemischter Modelle beschrieben und analysiert. Die Verjüngungsschicht wurde auf allen Flächen in Altansumber 2012 und in Bugant 2011 aufgenommen und auf einigen Flächen in Bugant 2013 wiederaufgenommen. Für beide Arten, Lärche und Birke, war Niederschlag während der Zeit des Spätsommers und Frühherbstes des Vorjahres und direkt vor der Vegetationsperiode des laufenden Jahres, ein entscheidender Klimafaktor und bestimmend für das Baumwachstum. Die Weiserjahranalyse zeigte eine weitgehend gute Übereinstimmung zwischen beiden Arten. Ausreichend Niederschlag vor dem Beginn der Vegetationsperiode war für das Wachstum junger Birken wichtiger als für ältere. Die Beziehung zwischen Niederschlag und Zuwachs der Birke war in der trockeneren und hochkontinentalen Gebirgswaldsteppenzone (Altansumber), im Vergleich zu der feuchteren Taigazone (Bugant), ausgeprägter. Anzeichen für Insektenschäden konnten nur in Bugant (Taigazone) gefunden werden. Alle Birkenchronologien zeigten eine hohe Empfindlichkeit gegenüber höheren Temperaturen, typischerweise im Frühjahr, sowie eine Beziehung zwischen dem zeitlichen Auftreten der negativen Temperatur-Wachstums-Beziehung und Hangexposition. Auf den Nordhängen in Altansumber trat eine signifikante negative Korrelation zwischen Temperatur und Zuwachs der Birke im Mai auf. Auf den Südhängen in Bugant trat diese negative Korrelation zeitlich früher, im April, auf. Diese signifikant negative Temperatur-Wachstums-Beziehung konnte für die Lärchen-Chronologie in Altansumber nicht bestätigt werden. In beiden Forschungsgebieten war die durchschnittliche jährliche Zuwachsleistung der Nadelbäume höher als die der Birke. Die beobachtete Differenz, bezüglich der Zuwachsleistung und der Empfindlichkeit gegenüber der Frühjahrstemperatur, könnte zu einem gewissen Grad mit unterschiedlichen Schutzmechanismen von Birken- und Nadelbäumen, gegenüber den sehr häufig auftretenden niedrig intensiven Bodenfeuer zusammenhängen, welche im Frühjahr ihre Hauptsaison haben und teilweise durch Klimafaktoren gesteuert werden. Die Anzahl von sichtbar feuergeschädigten Bäumen war in Bugant für die dünnborkigen Birken bis über achtmal so hoch wie die für die dickborkigen Kiefern aus dem gleichen Bestand. In aus Birken und Nadelbäumen gemischten Beständen hat ein niedrig intensives Bodenfeuerregime einen negativeren und länger anhaltenden Einfluss auf das Wachstum der Birke als auf das Wachstum von dickborkigen Nadelbäumen. Auf der anderen Seite fördern intensive Brände oder intensiver Einschlag oder Kahlschlag die Dominanz von Birkensukzession aufgrund ihrer Fähigkeit zum Stockausschlag. Charakteristika der Waldstruktur und Störungsreaktion wurden ausschließlich im Forschungsgebiet Altansumber untersucht und konnten mit Sukzessionsprozessen, Waldbränden und ungeregeltem Holzeinschlag in Verbindung gebracht werden. Eine signifikant unregelmäßige ("geklumpte") Baumverteilung konnte für alle Lärchen- und die meisten Birkenbestände in Altansumber vor der Durchforstung bestätigt werden. Aufgrund von Stockausschlag traten junge Birken häufig in sehr engen, kleinen Trupps auf. Lärchen hingegen tauchten in lockereren Clustern verteilt über größere Distanzen auf. Da Birken geringere Lebensspannen aufweisen und intensiver untereinander konkurrieren, könnten sie in reinen Beständen eine zufällige räumliche Verteilung früher als die Lärche erreichen. Konkurrenz spielte eine signifikante Rolle in den untersuchten hellen Taigabeständen. Im Forschungsgebiet Altansumber wurde die Beziehung zwischen Konkurrenz und Zuwachs vor, direkt nach und drei Jahre nach der Durchforstung ausgewertet. Die Eingriffe wurden in verschiedenen Durchforstungsstärken durchgeführt (5,4% - 52,4% G). Hauptkriterien für die Auswahl von zu entfernenden Bäumen waren relativ niedrigerer Gesundheitszustand und Wachstumspotenzial, angedeutet durch Stammschäden, Kronenentwicklung und Stammform sowie Abstand zwischen den einzelnen Bäumen. Diese Auswahl führte weitgehend zu Niederdurchforstungen. Wie erwartet förderte Durchforstung eine regelmäßige Baumverteilung. Allerdings führte das Einwachsen von neuen Stämmen die Waldstruktur zurück in Richtung geklumpter Baumverteilung. Der Zuwachs wurde signifikant durch die, von der Durchforstung ausgelösten, Konkurrenzverringerung gesteuert und die Zuwachsreaktion war in absoluter und relativer Betrachtung gültig. Die relative Zuwachssteigerung gegenüber der Periode vor der Durchforstung war für die Birke etwas höher als für die Lärche, trotz der relativ hohen durchschnittlichen Bestandesalter zum Zeitpunkt der Durchforstung im Jahr 2009, insbesondere für die Birken. Die Daten wurden aus Jahrringanalysen abgeleitet (mittleres Alter der Lärchenbestände: ca. 22 und 61 Jahre; Birkenbestände: ca. 44 und 68 Jahre). Basierend auf den regionalen Daten aus der aktuellen nationalen Waldinventur (MPNFI) als Referenzwert, ist die Anzahl in der Verjüngungsschicht in Altansumber in allen Beständen nach der Durchforstung relativ niedrig, wohingegen die Anzahl in der Verjüngungsschicht in Bugant überdurchschnittlich ist. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass eine mehr methodisch fundierte Waldbewirtschaftungsstrategie möglich ist. Jedoch müssen die örtlichen waldbaulichen Maßnahmen den multifunktionalen regionalen Waldbewirtschaftungszielen dienen. Die Kapazität der Wälder weiterhin Ökosystemleistungen, wie Wasser- und Bodenschutz, kontinuierliche Vegetationsabdeckung und Biodiversität zur Verfügung zu stellen, und zur Minderung von negativen Effekten durch den Klimawandel beizutragen, muss gesichert werden. Dies ist angesichts des anhaltenden Klimawandels, der zunehmenden Häufigkeit von Störungen und der Entwicklung gesellschaftlicher Bedürfnisse besonders schwierig. Das wichtigste waldbauliche Ziel sollte die Verbesserung der Stabilität und Resilienz der Waldökosysteme gegenüber unterschiedlichen Störungen sein und dabei simultan die Nutzung einiger Bestände ermöglichen. Zwei Nutzungsmodelle könnten möglich sein: Industrieholzproduktion (hauptsächlich Lärche und Kiefer) oder Energieholzproduktion (hauptsächlich Birke). Dichte helle Taigabestände, die als Wirtschaftswälder ausgewiesen sind, könnten in den ersten 50-60 Jahren ein bis zwei Mal, entsprechend den oben genannten Kriterien, durchforstet oder selektiv eingeschlagen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten diese Bestände dann in Femelschlagsysteme zur Förderung der Verjüngung und zur endgültigen Nutzung überführt werden. Unterpflanzen von Jungwuchs sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn die gewünschte Verjüngung nicht ausreicht oder wenn der Bestand in eine andere Baumartenzusammensetzung überführt werden soll. Ein Teil der Sukzessionsbirkenbestände in der Nähe von Siedlungen könnte als Niederwälder zur Energieholzgewinnung bewirtschaftet werden. Waldbaurichtlinien müssen erarbeitet werden und die unterschiedlichen speziellen ökologischen und klimatischen Bedingungen verschiedener Bestandesalter, die waldbaulichen Ziele und realistische Bewirtschaftungsoptionen berücksichtigen. Kontrollmechanismen müssen von der nationalen und regionalen Forstverwaltung verstärkt werden. Es wird empfohlen, auch die ökonomische Effizienz von waldbaulichen Operationen, z. B. verschiedene Erntesysteme zu analysieren. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Projektes stammen aus einem relativ kurzen Beobachtungszeitraum. Die Langzeitwirkungen von verschiedenen selektiven Einschlagsintensitäten müssen untersucht werden, insbesondere in Bezug auf Bestandesstabilität, Boden und sporadischen Permafrost. ; The northern Mongolian mountain forest steppe, the transition zone between taiga and open steppe, is rich in plant and animal life. It is the most productive region in the country in terms of agriculture and, as a result, exhibits settlement density above average for Mongolia. Light taiga stands, dominated by larch (Larix sibirica Ledeb.), are the backbone of Mongolian production forests and become increasingly opened to the growing demand for timber and firewood. The boreal forests of the Mongolian mountain forest steppe and taiga zones have experienced a visible decline in forest area and quality, especially since the end of the last century. The main drivers of this vegetation shift are changes in land use, fire frequency, pest occurrence and climate change. Species composition, growth and stand structure are strongly affected by the different natural and anthropogenic disturbance regimes and climate factors. Understanding the impact of climate factors on these disturbances and the ecological impact of disturbances on forest stands and their response in terms of structure, growth and regeneration is essential for the development of ecologically and regionally adapted forest management programs. Increasingly intensive large-scale disturbances, especially logging and forest fires, have boosted the presence of succession forests, often dominated by birch (Betula platyphylla Sukaczev). Despite ongoing initiatives for the establishment of alternative forest management approaches in Mongolia, there is a lack of knowledge regarding the influence of the main impact factors and disturbances on forest structure and forest growth, as well as a lack of capacity. One of the provinces with traditionally intense land use is the Selenge Aimag located to the north of Ulaanbaatar. Reference plots and experimental thinning trials were established in 2009 by the Mongolian University of Life Sciences in Darkhan and the forest user group Altansumber. The majority of the plots exhibit a size of 2500 m² each. This initiative was supported by the UNFAO-Project "Capacity Building and Institutional Development for Participatory Natural Resources Management and Conservation in Forest Areas of Mongolia" (GCP/MON/002/NET), which was financed by the government of the Netherlands. The research area Altansumber is situated west of Darkhan and is a prime example of the Mongolian mountain forest steppe zone. The research area Bugant is situated east of Darkhan in the western Khentii Mountains and is part of the densely forested taiga zone. The effects of climate factors and selective cutting on forest structure and growth of birch and larch were studied in the fire disturbed light taiga stands of the research area Altansumber (mountain forest steppe zone, north-facing slopes). In the research area Bugant (taiga zone, south- and east-facing slopes), the impact of climate factors on the growth of birch was studied and compared with the results from Altansumber. Differences concerning fire damage between birch and pine (Pinus sylvestris L.) were assessed separately in a small case study. Signs of fire were found in all researched stands in both research areas, and most stands also showed traces of previous small-scale logging activities. Using dendrochronological methods, the climate-growth relationships were examined and pointer year analyses conducted. In the research area Altansumber non-spatial and spatial forest structure was analysed before, directly after the thinning and three years later. The analyses were conducted in form of harvest event analyses and using L-functions and pair correlation functions. The effect of competition relief on the growth of the remaining trees was modelled with linear mixed-effects models. Regeneration was assessed in all plots in Altansumber in 2012 and in Bugant in 2011 and re-assessed in some plots in Bugant in 2013. For both, larch and birch, precipitation during the late summer and early autumn of the previous year and directly before the growing season of the current year was a decisive climatic factor determining tree growth. Pointer year analysis showed good agreement between the two species. Sufficient precipitation prior to the start of the growing season was more relevant for the growth of younger birch trees than for older ones. The relationship between precipitation and the growth of birch was more pronounced in the drier and highly continental mountain forest steppe zone (Altansumber) than in the more humid taiga zone (Bugant). Indication of insect damage was found only in Bugant (taiga zone). All birch chronologies showed a strong sensitivity to higher temperatures, typically during spring, and a relationship between the timing of the negative temperature-growth relation and slope exposition. On the north-facing slopes in Altansumber, the significant negative correlation between temperature and growth of birch occurred in May. On the south-facing slopes in Bugant, this negative correlation occurred earlier, in April. This negative temperature-growth relation was not confirmed for the larch chronology in Altansumber. In both research areas, the average annual growth performance was higher for conifers than for birch. The observed difference concerning growth performance and sensitivity to spring temperature may be to some extend related to the different protection capacities of birch and conifers against the very common low-intensity surface fires, which peak during spring and are partly driven by the climate factors. The number of obviously fire damaged trees in Bugant was up to over eight times higher for the thin-barked birches than for the thick-barked pine trees. In conifer-birch mixed stands, a low intensity surface fire regime has a more negative and longer-lasting influence on the growth of birch than on the growth of thick-barked conifers. However, intensive stand-replacing fires and repeated intensive cutting or clear cutting favour the dominance of birch succession due to their re-sprouting capacity. Forest structure characteristics and disturbance response were studied exclusively in Altansumber and could be linked to succession processes, fire and unregulated logging. A significantly irregular ("clumped") tree distribution was confirmed for all larch stands and the majority of the birch stands in Altansumber before the thinning. Due to coppicing, young birch often occurred in very small, tight clusters. Larch, in contrast, occurred in looser clusters spread over greater distances. Because birches have shorter life spans and compete more intensely with one another, they may have the capacity to develop in pure stands a random spatial distribution sooner than larch. Competition played a significant role in the light taiga stands monitored in this study. In Altansumber, the relationship between competition and growth was evaluated before, directly after and three years after the thinning. The thinnings were carried out with different thinning intensities (removal: 5.4% - 52.4% G). The main criteria for selecting trees for removal were relatively lower health status and growth capacity, as indicated by damages at the stem and crown development, by stem shape, as well as spacing between trees. This selection largely lead to thinnings from below. As expected, thinning promoted regular tree distribution. However, the ingrowth of new stems redirected stand structure towards clumped tree distribution. Growth was significantly triggered by the thinning-induced competition relief, and growth response was valid in absolute and relative terms. Compared to the period before the thinning, relative growth increase was slightly higher for birch than for larch despite the relatively late average stand age at the time of thinning in 2009, especially for the birch trees. Data were derived from tree-ring analyses (average age of the larch stands: ca. 22 and 61 years; birch stands: ca. 44 and 68 years). Based on the regional data of the recent national forest inventory (MPNFI) as reference values, regeneration in Altansumber was relatively low in all stands after thinning, whereas regeneration in Bugant was over average. Overall, the results indicate that a more methodical forest management strategy is feasible. Local silvicultural actions, however, need to serve multifunctional regional forest management objectives. The capacity of the forests to provide ecosystem services such as water and soil protection, continuous vegetation cover, and biodiversity and to contribute to the mitigation of negative effects of climate change has to be ensured. This is particularly challenging in the face of ongoing climate change, increasing disturbance frequency and the development of societal needs. The main silvicultural objectives should be to improve the stability and resilience of forest ecosystems against different disturbances while simultaneously enabling the utilization of some stands. Two utilization models may be possible: timber production (predominantly larch and pine) or energy wood production (predominantly birch). Dense light taiga stands designated as production forests could be thinned or selectively cut one to two times in the first 50-60 years of growth according to the criteria mentioned above. At a later stage, these stands could be transformed to shelterwood cutting systems for promotion of regeneration and for final utilization. Underplanting of regeneration should only be considered if the desired regeneration is not sufficient or if the stand shall be transformed to another tree species composition. Some of the succession birch stands close to settlements could be managed as coppice forests for energy wood production. Forest management guidelines need to be elaborated and take into account the special ecological and climatic conditions, different stand conditions, silvicultural objectives and realistic management options. Control mechanisms need to be reinforced by the national forest administration. It is recommended to analyze also the economic efficiency of silvicultural operations, e.g. different harvest systems. The results and conclusions of the project are derived from a relatively short study period. Long term effects of different selective cutting intensities need to be studied, especially with regard to stand stability, soil and sporadic permafrost.
BASE
In: The national interest, Band 152, S. 25-31
ISSN: 0884-9382
World Affairs Online
In: Sirius: Zeitschrift für strategische Analysen, Band 1, Heft 2, S. 177-190
ISSN: 2510-263X
Belarus ist an der europäischen Integration nicht ernsthaft interessiert. Es hat sich in der Vergangenheit der EU nur zugewandt, um Druck auf die russische Regierung zu erzeugen. Nicht einmal die Ukraine-Krise hat die außenpolitische Situation des Landes grundlegend geändert, das strukturell von Russland abhängig geblieben ist. Allerdings konnte Präsident Aljaksandr Lukaschenka seine Macht festigen und die aktuelle Wirtschaftskrise eröffnet ihm die Chance, das Land ökonomisch zu diversifizieren. Lukaschenkas gewonnenes Selbstvertrauen und der dringende Bedarf an wirtschaftlicher Umstrukturierung haben die Tür für den Westen geöffnet, seine Belarus-Politik neu aufzustellen und dessen Streben nach strategischer Diversifizierung zu unterstützen, um von Russland größere Unabhängigkeit zu erlangen.
World Affairs Online
In: The international spectator: a quarterly journal of the Istituto Affari Internazionali, Italy, Band 48, Heft 2, S. 47-62
ISSN: 0393-2729
World Affairs Online
In: Die politische Meinung, Band 48, Heft 399, S. 49-53
ISSN: 0032-3446
World Affairs Online
In: Europäische Rundschau: Vierteljahreszeitschrift für Politik, Wirtschaft und Zeitgeschichte, Band 30, Heft 4, S. 27-32
ISSN: 0304-2782
World Affairs Online
In: Politique étrangère: PE ; revue trimestrielle publiée par l'Institut Français des Relations Internationales, Band 65, Heft 1, S. 109-121
ISSN: 0032-342X
World Affairs Online
Blog: www.jmwiarda.de Blog Feed
Die DATI-Gründungskommission hat ihren Bericht an Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger übergeben. Was steht drin? Und wie geht es jetzt weiter?
Bild: Gerd Altmann /
Pixabay.
ES STIMMT JA: Es sind 28 Monate vergangen, seit der später zurückgetretene BMBF-Staatssekretär Thomas Sattelberger Ende März 2022 erste Eckpunkte zur geplanten
Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI) präsentiert hat. Mehr als eine halbe Legislaturperiode mit Stakeholder-Dialogen, intern kursierenden Konzeptentwürfen, immer neuen
Aufschüben und Verzögerungen. Mit gesperrten Haushaltsgeldern und schier unendlichen Ressortabstimmungen.
Aktuell verschiebt sich der Kabinettsbeschluss weiter, diesmal offenbar bis in die parlamentarische Sommerpause hinein – und damit auch die Gründung der Agentur und die seit einem halben Jahr auf
Halde liegende Ausschreibung des DATI-Chefpostens. Weshalb die SPD zuletzt eine weitere
Runde der aus Verlegenheit gestarteten DATI-Pilotförderlinien forderte, wohl vor allem, um das Versickern der für die Agentur vorgesehenen Gelder im Bundeshaushaltsloch abzuwenden.
All das stimmt, und doch gab es bei aller Aufregung auch Gutes, Hoffnungmachendes aus dem vermeintlichen Gründungs-Wirrwarr zu berichten. Die Pilotlinien liefen nach Meinung vieler Experten
richtig positiv – mit enorm vielen und vor allem auch erfreulich kreativen Anträgen. Das schließlich Anfang Mai 2024 im Kabinett
eingereichte Agenturkonzept, maßgeblich ausgearbeitet von Sattelberger-Nachfolger Mario Brandenburg, hat Hand und Fuß, und zu den besten, obgleich ebenfalls arg späten DATI-Ideen aus dem BMBF
gehörte im Oktober 2023 die Berufung einer unabhängigen Gründungskommission.
Deren Arbeit war allerdings wiederum von Konfusionen begleitet: Wie genau grenzte sich ihr Auftrag, Empfehlungen zum Auf-und Ausbau der DATI zu erarbeiten, überhaupt von dem BMBF-Gründungskonzept
ab? Durfte das BMBF die Vorschläge der Kommission zur Standortwahl eigentlich schon vor dem Konzept-Kabinettsbeschluss befolgen? Man tat es einfach. Wurde die einst für Anfang des Jahres von
der Kommission formulierte Ausschreibung für den DATI-Vorstandsjob deshalb bis heute auf Eis gelegt? Wenn ja, auf wessen Geheiß? Und: Wie
finden die Empfehlungen noch ihren Weg in die laufende Ressortabstimmung im Kabinett?
Prägnant, mutig, weitreichend –
und überhaupt nicht überraschend
Egal. Es sollte hier ja um das Gute gehen in der allzu langen DATI-Werdung. Womit wir wieder bei den Empfehlungen
der Gründungskommission wären, die diese am Donnerstagvormittag an Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) übergeben hat. Also vor Beschluss des
BMBF-Konzepts im Bundeskabinett, was einmal mehr erstaunt, weil es zwischendurch intern hieß, diesen solle man abwarten. So aber besteht zumindest noch eine gewisse Chance, dass etwas von
den Empfehlungen in das endgültige, vom Kabinett beschlossene Konzept einfließen kann.
Denn das, was die 16-köpfige Kommission aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in der Kurzversion (es gibt intern auch eine lange) auf gut zwei Dutzend Seiten abgeliefert hat, lässt sich mit
vier Adjektiven charakterisieren: klar und prägnant, mutig, weitreichend – und in keiner Weise überraschend.
Das mit der fehlenden Überraschung ist angesichts der mangelnden Kohärenz der bisherigen DATI-Gründungsgeschichte ganz und gar als Kompliment zu verstehen. Die Kommission hat sich nicht
irritieren lassen von Einflüssen jedweder Art und geliefert: die klare und prägnante Blaupause einer politisch unabhängigen, strategisch fokussierten Förderagentur. Ausgestattet mit den
weitreichenden administrativen Freiheitsgraden, die unabdingbare Voraussetzung für ihr Gelingen sein werden – und daher so oder ähnlich Konsens waren unter Innovationsexperten.
Deren Durchsetzung gegenüber Bundesfinanzministerium, Bundesrechnungshof & Co aber umso mehr Beharrlichkeit erfordert, wie das jahrelange Gezerre um die ältere,
anders ausgerichtete und doch genauso weitreichend gedachte DATI-Schwester gezeigt hat, die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND). Dieses Gezerre wollte die Gründungskommission
der DATI offenbar ersparen – und buchstabierte mutig aus, was es braucht, um die Agentur zum Fliegen zu bringen.
Vier Grundprinzipien
und fünf Handlungsfelder
Ein paar Details. Die Empfehlungen zählen vier "Grundprinzipien" für den Auf- und Ausbau der Agentur auf:
o Die DATI solle konsequent am "Leitbild der Transferexzellenz" ausgerichtet werden, fordert die Kommission und meint damit, "die Zielsetzung, Transfer und Innovation
so zu gestalten, dass für Innovationsnutzende optimale Ergebnisse erzielt werden können." Also kein Proporzdenken, kein Verteilen von Fördergeldern per Gießkanne, keine politischen
Lieblingsprojekte, sondern allein das Ziel, "Innovationen zielgerichtet, effizient und nachhaltig zugunsten der Produktivität der Unternehmen und der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger"
einzusetzen. Klingt einfach, wird aber arg umkämpft sein zwischen Struktur-, Regional- und Institutioneninteressen.
o Logisch ergibt sich aus dem "Leitbild der Transferexzellenz" das nächste DATI-Prinzip, das die Kommission formuliert: eine "grundsätzliche Offenheit" der DATI, in Bezug auf
ihre Themen, Akteuren, auf technologische und sozialen Innovationen. Es gehe um "fairen Wettbewerb", ein "level playing field", wie die Kommission das formuliert. Was die technischen
Universitäten als Erfolg deuten werden gegenüber den HAWs, die vor sieben, acht Jahren als erste mit der Idee einer "Deutschen Transfergemeinschaft" kamen und aufgrund der für ein
angebliches "level playing field" ziemlich ungleichen Startvoraussetzungen (vor allem kein eigener Mittelbau) auf eine Mindestförderquote gesetzt hatten. Im BMBF-Konzept werden HAWs
insbesondere als Konsortialführer genannt – in den Empfehlungen der Kommission nicht.
o Unabdingbar wird angesichts dieser Prinzipien die "Unabhängigkeit" der Agentur, die in den Empfehlungen auf mehreren Ebenen beschrieben wird. Die wohl wichtigste: Die
Politik soll im Aufsichtsrat zwar durch Vertreter von Regierung und Bundestag vertreten sein, der Vorsitz soll aber – weitere Abweichung vom BMBF-Konzept – nicht bei der Politik liegen, die sich
noch dazu in der Stimmenminderheit befinden soll gegenüber "erfahrenem Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft". Die Regierung soll, wenn rechtlich irgend
möglich, im Falle einer Beleihung der Agentur keinerlei Fachaussicht ausüben. Im DATI-Förderrat, der im Zusammenspiel mit der Geschäftsführung die Förderstrategie der Agentur beraten und
Förderentscheidungen vorschlagen soll, sollen gar keine Vertreter der Politik sitzen. Eine Ausnahmen vom proporzfreien Denken gibt es hier allerdings dann doch: Die HAWs sollen (wie im
BMBF-Konzept) mindestens 25 Prozent der Förderrats-Mitglieder stellen.
Die Agentur soll sogenannte Selbstbewirtschaftungsmittel erhalten, um ihr Geld flexibel und über Jahreswechsel hinweg einsetzen zu können. "Dringend erstrebenswert" nennt die Kommission eine
Befreiung vom Besserstellungsverbot für einen Teil der DATI-Mitarbeiter, wodurch die Agentur höhere Gehälter als staatliche Behörden zahlen und "in den Wettbewerb um die Besten eintreten" könnte.
Klingt (fast) alles bekannt? Kein Wunder, es sind genau die Freiheiten, um die bereits die SPRIND gekämpft
hat, auf die Erkenntnisse aus deren Etablierung beruft sich die Kommission mehrfach explizit. Das BMBF-Konzept geht in dieselbe Richtung, ist aber hier und da etwas zurückhaltender in Sachen
adminstrativer Freiheitsgrade.
o Das vierte DATI-Prinzip soll laut der Empfehlungen die "Akzeptanz und Diversifizierung von Risiken" sein. Innovation, erklärt die Kommission, benötige Risikobereitschaft:
"Innovationsprojekte 'dürfen' scheitern, und es ist wichtig, dass die DATI eine Kultur entwickelt und fördert, in der das Scheitern 'erlaubt' ist." Gleichzeitig müsse das Risiko bei der
Beurteilung eines Projekts analysiert werden und in die Beurteilung der Förderwürdigkeit einfließen: "Hohe Risiken sollten nur eingegangen werden, wenn im Erfolgsfall die Chance auf einen
besonders hohen Nutzen besteht."
Unabhängig, unternehmerisch, transparent –
und immer wieder "schlank"
Neben den vier Grundprinzipien beschreiben die Empfehlungen fünf damit korrespondierende "strategische Handlungsfelder":
o Besagte "wirksame" sowie "schlanke, unabhängige und transparente" Governance.
o die Positionierung der DATI "als Komplement zu bestehenden Strukturen und Akteuren im Transfer- und Innovationsökosystem" zu positionieren und in enger Kooperation und Abstimmung
mit ihnen.
o Die Etablierung einer unternehmerischen Führung und Kultur inklusive einer klaren Ergebnisorientierung, offener Diskussionen, flacher Hierarchien und einer möglichst
großen Diversität unter den Mitarbeitenden. Ziel: ein Klima der Eigenintiative erzeugen. Eine besonders wichtige Rolle schreibt die Kommission hierbei den "Transfermanagern" zu als
"zentrale, tägliche Schnittstelle zwischen den Geförderten und der Agentur". Sie sollen für den gesamten Prozess von der Unterstützung bei der Antragstellung über die Begleitung im Antragsprozess
bis zur Projekt-Betreuung nach dem Förderbescheid während der Umsetzung verantwortlich sein, "Ende zu Ende".
o Die Entwicklung "attraktiver Förderformate", jeweils flankiert mit Beratungs- und Vernetzungsangeboten, wobei die "DATIpilot"-Förderlinie "Sprints" als Ausgangspunkt für eine
möglichst unbürokratische Einzelförderung von Innovationsvorhaben gesehen wird. Die "Innovationscommunities" könnten den Empfehlungen zufolge als Format zur
"Förderung innovativer Projekten mit mehreren Partnerinnen und Partnern über einen längerfristigen Zeitraum" weiterentwickelt werden. Die Experten betonen aber auch, sie erachteten
es für "wichtig, dass Weiterentwicklung auf allen Ebenen stattfindet". Dies solle nicht nur die DATI als Organisation betreffen, sondern auch die Förderformate und geförderten
Projekte." Eine bewusste Carte Blanche für die gewünschte unternehmerische Agentur und ihren ersten Chef.
o Untrennbar verbunden mit den Förderformaten ist die Sicherstellung angemessener Förderkriterien sowie – einmal mehr – "schlanker und akteursoffener"
Auswahlverfahren, wiederum mit der Bedarfsorientierung und dem konkreten Anwendungsnutzen, siehe Prinzip eins, als zentralem Bewertungsmaßstab. Wer will, kann hier eine Kritik der
Kommission an den teilweise undurchsichtigen Auswahlentscheidungen im Zuge der Pilotförderlinien lesen.
Nur vier Prinzipien und fünf Handlungsfelder, die zeigen: Die genaue Lektüre der Empfehlungen lohnt. BMBF-Staatssekretär Brandenburg wird sich und seinem Konzept in weiten Teilen durch die
Kommission den Rücken gestärkt sehen, vielleicht gerade weil diese an einigen Stellen sogar noch unmissverständlicher ist in ihrer Forderung nach Staatsferne. Vor allem aber hat es
die Kommission darauf abgesehen, für eine Person von Anfang an das Feld freizuräumen: für den oder die erste Chefin der Agentur. Denn die Experten wissen: Nur wenn die Freiheitsgrade
stimmen, wird sich überhaupt jemand mit dem fachlichen Format und dem öffentlichen Standing für den Job gewinnen lassen, den es braucht, um die Agentur voranzubringen. Eine Langversion der
Empfehlungen soll dem Vernehmen nach für die erste Geschäftsführung bereitliegen.
Erstmal aber liegt der Ball jetzt wieder im Feld der Bundesregierung. Genauer: vor allem des Bundesfinanzministeriums. Die Gründung der Agentur ist nicht nur aufgeschoben, sie kann immer noch
scheitern: am Unwillen der Ministerialbürokratie, die loslassen muss, und am Spardruck im BMBF. Die Gründungskommission hat sich von diesen unsicheren Aussichten nicht beirren lassen.
Ganz am Ziel ist die Arbeit für einige ihrer Mitglieder indes noch nicht: Ihr Auftrag endet offiziell erst, wenn die Auswahl des oder der ersten DATI-Chefin abgeschlossen ist.
Hoffentlich vergisst das auch die Bundesregierung nicht.
Kostenfreien Newsletter abonnieren
Stimmen zu den DATI-Empfehlungen
"Im heute übergebenen Papier haben wir zentrale Prinzipien und Handlungsfelder für den Auf- und Ausbau der DATI als Empfehlungen für die zukünftige Leitung erarbeitet", sagte der
Kommissionsvorsitzende Stefan Groß-Selbeck. "Zusammenfassend empfehlen wir eine konsequente Ausrichtung am Leitbild der Transferexzellenz. Darunter verstehen wir die
Zielsetzung, die Perspektive der Nutzenden in den Mittelpunkt der Gestaltung von Transfer und Innovation zu stellen."
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sprach nach der Übergabe der Empfehlungen von einem "enormen Innovations- und Transferpotenzial in unserem Land, das
wir stärker und gezielt fördern müssen". Ein zentrales Instrument dafür sei die DATI. "Ich freue mich sehr, dass die Gründungskommission unsere Überzeugung teilt, dass die DATI das bestehende
Innovations- und Transfersystem substantiell ergänzen und stärken wird." Der Agentur-Ansatz, den die Kommission empfehle, sei "modern, offen und chancenorientiert", fügte die Ministerin hinzu und
dankte der Kommission für ihr "unermüdliches Engagement".
Gefragt, wie es weitergehe mit der Arbeit der Kommission, sagte Stark-Watzinger, die Übergabe der Empfehlungen, seien "ein Meilenstein, das ist nicht das Ende der Arbeit" für die Kommission. Weil
die Besetzung der wissenschaftlichen Geschäftsführung anders sei, "als vielleicht andere Berufungsprozesse aussehen, ist die Gründungskommission weiterhin mit an Bord und begleitet auch den
Aufbau der DATI noch kontinuierlich, und da bin ich auch sehr dankbar".
Groß-Selbeck ergänzte, von den drei Aufgaben der Kommission seien nach der Unterstützung bei der Auswahl des Agenturstandortes und nach der Erarbeitung der Empfehlungen jetzt zwei erfüllt. Der
dritte stehe noch aus.
"Dem Projekt DATI fehlt die Aufmerksamkeit der Ministerin", kritisierte unterdessender CDU-Bildungspolitiker Thomas Jarzombek, der als einer von vier Bundestagsabgeordneten in
der Gründungskommission sitzt. Stark Watzinger habe die internen Prozesse viel zu lange schleifen lassen, damit sei "sehr, sehr viel Zeit" verloren worden. Perspektivisch brauche es für die
Agenturen des Bundes eine gemeinsame Plattform für zentrale Aufgaben wie auch Netzwerke in Wissenschaft und Wirtschaft. Perspektivisch muss man über die Integration von Cyberagentur, Sprind und
Dati sprechen."
Das Empfehlungspapier sei das Ergebnis monatelanger Arbeit der Gründungskommission, sagte die SPD-Forschungspolitikerin Ye-One Rhie, ebenfalls Vertreterin des
Bundestages in der Kommission. "Es zeigt, dass gute Ergebnisse entstehen, wenn Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten. Viele Mitglieder der Kommission kommen aus der
Innovationscommunity, wodurch ihre Expertise von Anfang an einfließen konnte." Der Begriff "Transferexzellenz" müsse nun mit Leben gefüllt werden, "und das BMBF ist dafür verantwortlich,
dass dies schnell und auch während der Sommerpause geschieht."
Stark-Watzinger hatte sich zuvor bei ihrem Auftritt vor der Presse auf Nachfrage ausweichend geäußert zu den Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion, angesichts der weiter verzögerten
Agenturgründung eine weitere Runde der "DATIpilot"-Förderlinien zu finanzieren. "Persönlich glaube ich, dass der beste Weg ist, die DATI jetzt zu gründen, damt auch die Arbeit auch in der DATI
schon stattfinden kann. Deswegen ist mein Ziel, dass wir so zügig wie möglich daran arbeiten." Sie finde es aber "toll", schob die BMBF-Chefin nach, "dass wir in der Koalition alle dieses Projekt
und diese Agentur unterstützen".
Die grüne Innovationspolitikerin Anna Christmann sagte nach der Übergabe: "Die Handlungsempfehlungen lesen sich als echtes Chancenpapier für die deutsche Innovationslandschaft,
das Vorfreude auf eine erfolgreiche DATI macht." Auch Christmann gehört der Kommission an. Sie sprach von wertvollen Impulsen, wie eine Agentur für Transfer und Innovation akteursoffen,
unabhängig und agil arbeiten könne. "Mit den Handlungsempfehlungen liegen nun alle wichtigen Grundlagen vor, um die Gründung der DATI zeitnah umzusetzen." Es sei gut, dass die Erfahrungen aus der
"Entfesselung" der SPRIND berücksichtigt und die DATI von vornherein sehr flexibel und weitgehend unabhängig von der Politik ausgerichtet werden solle. "Damit setzt die Gründungskommission den
Mentalitätswechsel hin zu mehr Freiräumen in der staatlichen Innovationsförderung fort."
In eigener Sache: Prekäre Blog-Finanzierung
Wie Sie Blog und Newsletter unterstützen können, erfahren
Sie hier...
Blog: www.jmwiarda.de Blog Feed
Jetzt verzichtet der frühere Fraunhofer-Chef auch auf seinen Posten als Vorsitzender des Hochschulrats der Technischen Universität Chemnitz. Mit großem Theater und zusammen mit drei weiteren Mitgliedern des Gremiums. Was steckt dahinter?
Hauptgebäude der TU Chemnitz, Reimund Neugebauer. Fotos: User:Kolossos/Wikimedia Commons.CC-BY-SA-2.5./P2jj, CC BY-SA
4.0, via Wikimedia Commons.
ES WAR DER der nächste Amtsverzicht von Ex-Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer, doch diesmal erfolgte er im Geleitzug. Am 14. Juli erschien eine Mitteilung auf der Website der
Technischen Universität Chemnitz, Überschrift: "Wirtschaftsvertreter im Hochschulrat der TU Chemnitz treten geschlossen zurück".
Während sich die Hochschulleitung von der Nachricht völlig überrascht gab, reagierte die Lokalpresse umgehend. Noch am gleichen Tag verkündete die Freie Presse: "Weil die vier Mitglieder aus der
Wirtschaft, der Industrie und der angewandten Forschung keine Möglichkeit mehr sehen, ihre Funktion im Interesse der Profilierung der Universität auszuüben, haben sie ihren Rücktritt erklärt."
Eine Deutung, die akkurat der Lesart entsprach, wie sie Neugebauer und seine drei Mitstreiter in der kurzen Erklärung auf der TU-Website formuliert hatten. Wobei darin interessanterweise weder Neugebauer, der als
Vorsitzender des Hochschulrats fungiert, noch sein (ebenfalls zurücktretender) Stellvertreter namentlich zitiert wurden, sondern allein das Hochschulratsmitglied Hans-Peter Kemser, ein
BMW-Spitzenmanager. "Leider ist unsere wirtschaftliche Expertise mittlerweile kaum noch gefragt, stattdessen bewegt sich die Kommunikation zwischen den Hochschulgremien hauptsächlich über
Anwälte", sagte Kemser demzufolge. "Wir wollen die TU Chemnitz voranbringen und unser Wissen einbringen. Die juristischen Auseinandersetzungen bringen die Universität nicht weiter, deshalb
treten alle externen Mitglieder des Hochschulrates geschlossen zum 1. November 2023 zurück." Mit der Ankündigung gute drei Monate im Voraus halte man die Funktionsfähigkeit des
Hochschulrates aufrecht und verschaffen dem Freistaat Sachsen Zeit, neue Wirtschaftsexperten zu finden.
Von den insgesamt sieben Hochschulratsmitgliedern wären dann noch drei übrig.
Ein brisanter Brief an
Wissenschaftsminister Gemkow
Was weder in der Rücktrittserklärung noch in dem Bericht der Freien Presse Erwähnung fand: dass der TU-Senat nur drei Tage zuvor, am 11. Juli, beschlossen hatte, von Sachsen
Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) die Abberufung Neugebauers aus dem Hochschulrat zu verlangen – "bis zu einer Klärung der im Bericht des Bundesrechnungshofs erhobenen Vorwürfe".
Derselbe Bundesrechnungshofbericht, der
im Februar in der Fraunhofer-Affäre um mutmaßliche Steuergeldverschwendung zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München gegen unbekannt geführt hatte – und zu Rücktrittsforderungen gegen den
Fraunhofer-Vorstand um Neugebauer, unter anderem von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Denen Neugebauer nach monatelangem Sträuben erst Ende Mai, dann aber mit sofortiger Wirkung nachkam.
Eine persönliche Anfrage nach den Hintergründen der Chemnitzer Rücktrittsankündigung ließ Neugebauer unbeantwortet. Gesträubt hat er sich allerdings offenbar auch im Falle der
TU, nachdem deren Senat ihn zuvor ebenfalls per Beschluss, aber vergeblich ersucht hatte, sein Amt als Hochschulratsvorsitzender bis zum Ausräumen der Vorwürfe ruhen zu lassen – um, wie es
hieß, eine Gefährdung des Wissenschaftsstandortes Chemnitz und einen Schaden für die TU abzuwenden. Noch am 6. Juli hatte der stellvertretende Hochschulratsvorsitzende Michael Kreuzkamp dem
TU-Rektor Gerd Strohmeier in dessen Rolle als Vorsitzender des Senats mitgeteilt, dass Neugebauer sein Amt weiter ausüben wolle und der Hochschulrat ihn darin unterstütze. Woraufhin der Senat am
11. Juli seine Abberufungsforderung an Minister Gemkow beschloss – und der dazu gehörende Brief noch am selben Tag verschickt wurde. 72 Stunden später und noch bevor Gemkow reagiert hatte,
kam dann der geschlossene Rücktritt.
Geleitschutz für einen alten Freund und Weggefährten? Auf Nachfrage betont Hans-Peter-Kemser, die Rücktrittsforderungen gegen Neugebauer hätten "keine Auswirkung auf unsere Entscheidung" zum
Rücktritt gehabt. Er verweist auf die in der Erklärung der vier genannten Beweggründe, also vor allem auf die ihres Erachtens mangelnde Wertschätzung ihrer wirtschaftlichen Expertise. Für
Kemser ist es übrigens nicht der einzige Abschied aus einem Hochschulrat. Anfang 2022 von Sachsen zum Aufbau eines BMW-Werks nach Ungarn gewechselt, hat er kürzlich auch sein
Ausscheiden aus dem Hochschulrat der HWTK Leipzig verkündet.
Unterdessen wollen Neugebauer, Kemser, der Chemnitzer Sparkassenchef Kreuzkamp und der Schönecker Softwareunternehmer Rainer Gläß ihren angekündigten Rücktritt offenbar vor allem als
uneigennützigen Akt verstanden wissen, um der TU einen Neuanfang zu ermöglichen. Einen Neuanfang, den sie, wenn man der Darstellung in der Freien Presse folgt, jedenfalls
bitter nötig hätte: Die Rücktrittsankündigung sei erfolgt, schrieb die Zeitung, "kurz nachdem bekannt wurde, dass der letzte eigenständige Sonderforschungsbereich bei den Gutachtern der
Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgefallen ist".
Auch seien ausgerechnet in den MINT-Fächern die Studierendenzahlen seit Jahren rückläufig, kommentierte die Freie Presse, weshalb der Hochschulrat immer wieder eine Strategie zur
Stärkung des technischen Profils eingefordert habe. "Doch passiert ist praktisch nichts. Im Gegenteil. Bei den Stellenverteilungen wurden die technischen Fakultäten eher benachteiligt."
Bereits einen Tag vor der Rücktrittsankündigung hatte die Zeitung der wahrgenommenen "tiefen Forschungskrise" der TU einen weiteren ausführlichen Bericht gewidmet. Fast, könnte man meinen,
hätten nicht die vier Wirtschaftsvertreter im Hochschulrat ausgetauscht werden müssen, sondern das Rektorat.
Streit um die Rektorenwahl und
Befangenheitsvorwürfe gegen Neugebauer
Was, auch das gehört zu dem jahrelangen Konflikt in Chemnitz, Neugebauer nach Meinung seiner Kritiker zuvor mit aller Macht versucht hatte. Als 2021 die Rektorenwahl anstand, hatte sich
Amtsinhaber Strohmeier für eine zweite Amtszeit beworben, war jedoch vom Hochschulrat in dessen Wahlvorschlag nicht berücksichtigt worden.
Der Senat gab daraufhin ein externes Gutachten in Auftrag, das Neugebauer eine mögliche Befangenheit bei der Kandidatenauswahl attestierte und das auf unbekannten Wegen in die
Öffentlichkeit gelangte. Der damalige Kanzler reagierte mit der Beauftragung eines ebenfalls externen Gegengutachtens, das wiederum dem ersten Gutachten "methodische Schwächen und fachliche
Fehler" bescheinigte.
Doch sprach in der Zwischenzeit auch der damalige Vorsitzende des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Bernhard Kempen von "schwerwiegenden Befangenheitsvorwürfen" und einem "dunklen Schatten",
der "auf das Auswahlverfahren an der TU Chemnitz" falle – und verlangte, Neugebauer solle sein Amt als Hochschulratsvorsitzender ruhen lassen, "bis die im Raum stehenden
Befangenheitsvorwürfe vollständig geklärt und ausgeräumt worden sind".
Das war Ende Oktober 2021. Mitte November 2021 verkündete der Hochschulrat die Neuausschreibung der Rektorenwahl. Doch begründete er seine
Entscheidung nicht mit der Kritik am Verfahren oder den Befangenheitsvorwürfen gegen Neugebauer, sondern mit dem zweiten Gutachten und den "begangenen Indiskretionen und
Datenschutzverletzungen". Diese ließen sich nur durch eine Wiederholung der Ausschreibung egalisieren, nur so sei noch ein ordnungsgemäßes und rechtssicheres Verfahren gewährleistet.
Auch damals stellte der Hochschulrat seine Entscheidung also so dar, als gebe er als der eigentlich Klügere und allein zugunsten der Universität nach. Bei der erneuten Ausschreibung wurde
Strohmeier übrigens als einer von drei Kandidaten berücksichtigt und setzte sich im Januar 2023 im Erweiterten Senat mit absoluter Mehrheit gegen
seine beiden Konkurrenten durch. Was zugleich bedeutete, dass Neugebauer und seine Mitstreiter im Hochschulrat den Machtkampf mit Strohmeier und der Hochschulmehrheit verloren hatten.
Ein Sieg der
Mittelmäßigkeit?
Ein Sieg hochschulinterner Mittelmäßigkeit über ausgewiesene externe Expertise? Dieser Deutung widersetzt sich das Rektorat in einem nach der Berichterstattung der Freien Presse
veröffentlichten Offenen Brief auf das
Heftigste. Während die Zeitung schreibe, dass die Fortsetzung eines Sonderforschungsbereichs in Frage stehe, werde die kürzlich Einwerbung eines SFB/Transregios zusammen mit der Universität
Leipzig ebenso wenig erwähnt wie die Bewilligung mehrerer DFG-Forschungsgruppen und die deutliche Steigerung der universitären Drittmitteleinnahmen um mehr als ein Viertel innerhalb von drei
Jahren. Die von der Freien Presse gewählte Formulierung einer "tiefen Forschungskrise" sei insofern nicht nachvollziehbar. Das Rektorat weist zudem die Darstellung zurück,
es verhalte sich zum Nachteil der Universität zögerlich in einer wichtigen Forschungskooperation, und das technische Profil der TU habe in den vergangenen Jahren "offenbar keine Fortschritte"
gemacht. Auch seien die technischen Fächer und Fakultäten keineswegs benachteiligt worden, schreibt das Rektorat.
Gestreut wurde offenbar auch, dass der Hochschulrat das Rektorat in den Jahren 2021 und 2022 deshalb nur teilentlastet habe, weil die Verstimmungen um die strategische Ausrichtung der TU so
weitgehend gewesen seien. Das entspreche nicht den Tatsachen, betont das Rektorat. Aber es gab eine Teilentlastung? Und wenn ja, weshalb? Die wirklichen Hintergründe will die TU-Pressestelle
auch auf Nachfrage nicht nennen mit dem Hinweis auf die Vertraulichkeit von "internen, nicht öffentlichen Sitzungen unserer Gremien".
Die Widerspruchs-Liste des Rektorats ist derweil noch länger. So wirft das Rektorat der Freien Presse vor, sie habe "erneut" Entwicklungen und Entscheidungen des Rektorats
thematisiert, "ohne eine entsprechende Anfrage an das Rektorat im Vorfeld der Berichterstattung gerichtet zu haben". Abschnittsweise liest sich die Stellungnahme des Rektorats freilich so,
als gehe es den Verfassern um Gerd Strohmeier in Wirklichkeit gar nicht so sehr um die Zeitung und ein paar aus ihrer Sicht einseitige Artikel. Vielmehr scheinen sie sich nur
stellvertretend an der Zeitung abzuarbeiten – meinen aber in Wirklichkeit offenbar die vier Hochschulratsmitglieder um Neugebauer als mutmaßliche Quellen der von der Freien
Presse dargestellten Narrative.
Zu deren Version des Konflikts gehört in jedem Fall, dass Neugebauer bis zuletzt die Rückendeckung von Wissenschaftsminister Gemkow gehabt haben soll. Nicht nur habe sich der Hochschulrat
mehrheitlich für seinen Verbleib im Gremium ausgesprochen "und damit sein Vertrauen bekundet", sagt Hans-Peter Kemser auf meine Anfrage hin. "Ebenso hat Staatsminister Gemkow keinen Rücktritt
bzw. keine Abberufung des Hochschulratsvorsitzenden gefordert." Es bleibe deshalb festzuhalten, "dass sowohl der zuständige Staatsminister als auch die Mehrheit des Hochschulrates keine Gründe
für ein Ausscheiden von Prof. Dr. Neugebauer sieht."
Jetzt liegt es tatsächlich
an der Hochschulleitung
Tatsächlich? Beim Pressesprecher des Ministers klingt der Sachverhalt anders. "Das Schreiben des Senats und die Rücktritte von vier externen Hochschulratsmitgliedern sind in kurzer Abfolge
dem Wissenschaftsministerium zur Kenntnis gelangt. Damit bedurfte es einer Positionierung des Ministers in dieser Sache nicht mehr."
Ende vergangener Woche haben sich nun auch zwei der drei verbleibenden Hochschulratsmitglieder zu Wort gemeldet. "Wir unterstützen den Offenen Brief des Rektorats zur Berichterstattung der Freien Presse in allen
Punkten", schrieben die TU-Germanistikprofessorin Bernadette Malinowski und Ludwig Gramlich, der bis zu seiner Emeritierung 2016 Professor für Öffentliches Recht an der TU war, jetzt
aber als weiteres externes Mitglied im Hochschulrat sitzt. Die vier zurückgetretenen Mitglieder des Hochschulrats hätten "zumindest uns beide" vor ihrer Presseerklärung... zu keinem
Zeitpunkt über ihre Intention, den Hochschulrat vorzeitig zu verlassen, informiert, weder dienstlich noch in anderer Weise". Und weiter: "Alle, auch die zurückgetretenen Mitglieder des
Hochschulrats stehen in der Verantwortung für Form, Inhalt und Stil der Kommunikation mit den anderen (Zentralen) Organen und weiteren Gremien der Universität."
Womit sich aus dem Hochschulrat nur noch die ebenfalls nicht zurückgetretene TU-Professorin Angelika Bullinger-Hoffmann nicht öffentlich geäußert hat, nebenbei bemerkt die Tochter von
Hans-Jörg Bullinger, Neugebauers Vorgänger als Fraunhofer-Präsident.
Fest steht: Wer all die Statements und öffentlichen Erklärungen der vergangenen drei Wochen durchliest, kommt zu dem Ergebnis, dass die vier von Bord gehenden Hochschulratsmitglieder in
einem zentralen Punkt dann doch richtig liegen. Der Hochschulrat mit seinem Vorsitzenden Neugebauer ist in eine kommunikativ so verfahrene Situation geraten, dass ein Neuanfang der einzig
verbliebene Weg ist. Und er wäre es auch ohne die Rechnungshof-Vorwürfe gegen Neugebauer gewesen.
Die TU Chemnitz hat jetzt die Gelegenheit, sich aus dieser jahrelangen Blockade zu befreien. Zusammen mit Gemkows Ministerium muss ein Hochschulrat gefunden werden, der deutlich vielfältiger die
laut sächsischem Hochschulfreiheitsgesetz benannten Bereiche Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und beruflicher Praxis verkörpert als bislang. Wie es im Anschluss weitergeht, läge dann
tatsächlich an der Universität selbst – und an Neugebauers jahrelangem Gegenspieler: Rektor Gerd Strohmeier.
Kostenfreien Newsletter abonnieren
Möchten Sie diesen Blog unterstützen?