Aspekte der internationalen Finanzmarktregulierung: die Regulierung multinationaler Banken
Aus der Einleitung: Einleitung: 1.1 Anstoß und Problemstellung: 'Weder haben wir die Ursachen der Krise beseitigt, noch können wir heute sagen: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.' Bundespräsident Christian Wulff nutzte seine Ansprache auf dem Deutschen Bankentag 2011 um an die unverändert hohen Gefahrenpotenziale im Finanzintermediationssystem zu erinnern. In der Geschichte kam es immer wieder zu schweren Finanzmarktkrisen. Doch keine ist mit dem jüngsten Zusammenbruch hinsichtlich der Gefährlichkeit und Dynamik vergleichbar. Schnell weitete sich die Krise auf andere Märkte aus und führte zum schwersten Wirtschaftseinbruch seit 1929. Heute sind direkte und indirekte Folgen bedrohlicher denn je. Extreme Kursschwankungen an den Börsen spiegeln die Unsicherheit über die gegenwärtige Situation wieder. Drohende Staatspleiten lassen das Vertrauen in funktionierende Märkte weiter sinken. Das gesellschaftliche Interesse an einer strengeren Finanzmarktregulierung zur Vermeidung zukünftiger Krisen ist auffällig gestiegen. Kein anderer Wirtschaftszweig ist traditionell so stark reguliert wie der Finanzsektor. Dennoch ist es den Behörden nicht gelungen, die Fehlausbildungen des Systems frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Obwohl Finanzmarktakteure ihren Tätigkeitsbereich fortlaufend über Ländergrenzen hinweg ausdehnen, ist die Finanzmarktregulierung weitestgehend auf nationaler Ebene verblieben. In der Folge sind mehrere Behörden an der Regulierung beteiligt, so dass mangelnde Zusammenarbeit und Informationslücken die Sicherstellung der Systemstabilität gefährden könnten. Die geschilderte Situation verlangt nach einer genaueren Betrachtung um die resultierenden Implikationen verstehen zu können. Multinationale Banken sind heute bedeutende Akteure auf dem globalen Finanzmarkt und besitzen großen ökonomischen Einfluss. Sie eignen sich daher als repräsentatives Untersuchungsobjekt hinsichtlich der Effizienz von Regulierungsmaßnahmen. 1.2 Zielsetzung und Organisation der Arbeit: Ziel dieser Arbeit ist es, die Regulierung von Multinationalen Banken zu analysieren und Verbesserungspotenziale zu erkennen. Aus den Wechselwirkungen der Regulierung in den Niederlassungsländern der Bank sollen Schlüsse über das Verhalten der zuständigen Instanzen gezogen und mögliche Ineffizienzen aufgedeckt werden. Das in dieser Arbeit verfolgte Ziel wird demnach unter folgende Forschungsfrage gestellt: Ist es möglich durch die Zusammenarbeit der verantwortlichen Regulatoren einer Multinationalen Bank ein wohlfahrtsoptimales Ergebnis zu erreichen? Um diese Frage zu beantworten wird wie folgt vorgegangen. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier wesentliche Abschnitte. Im ersten Teil werden die Grundlagen der Regulierungstheorie erläutert und das Untersuchungsobjekt, die Multinationale Bank, vorgestellt. Zudem wird auf die Begründung von Staatseingriffen in den Bankenmarkt näher eingegangen und mögliche Maßnahmen kategorisiert. Im zweiten Teil der Arbeit wird ein Modell zur Analyse der Ausgangssituation vorgestellt. Dabei werden zwei Gesichtspunkte betrachtet. Zum einen die Situation aus Sicht der Regulierer. Zum anderen die Entscheidung der Bank über die Art der Niederlassung im Ausland. Durch die Beobachtung des Verhaltens der beteiligten Parteien werden Rückschlüsse auf die jeweiligen Verhaltensweisen und Anreize gezogen. Im dritten Abschnitt wird die internationale Kooperation der Regulierung von Multinationalen Banken untersucht. Eine Darstellung der Bemühungen hinsichtlich der international abgestimmten Aufsicht multinationaler Bankaktivitäten dient einem aktuellen Überblick über die Sachlage. Darauf folgt die Betrachtung der Kooperation in der Regulierung von Multinationalen Banken. Hierbei werden drei Situationen geschildert. Die Differenzierung erfolgt nach der Art der Niederlassung und dem Kooperationsverhalten. Es werden dabei unter anderem auch die Verhalten der Regulierer zwischen den ausländischen Niederlassungen betrachtet. Anschließend wird die Möglichkeit eine Zentralisierung der Regulierung diskutiert. Im letzten Abschnitt werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und mögliche Lösungsvorschläge erörtert. Dabei wird zu jeder Zeit auf die Konvergenz zu international anerkannten Meinungen geachtet.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: AbstractI AbbildungsverzeichnisIV TabellenverzeichnisV Box-VerzeichnisVI SymbolverzeichnisVII AbkürzungsverzeichnisVIII Kapitel 1Einleitung1 1.1Anstoß und Problemstellung1 1.2Zielsetzung und Organisation der Arbeit7 2.Grundlagen8 2.1Finanzintermediation und Banken als Finanzintermediäre8 2.2Multinationale Banken11 2.3Gegenstand der Regulierungstheorie15 2.4Die Zwecke der Regulierung von Banken17 2.5Eine Systematisierung der Bankenregulierung24 3.Modellbetrachtung27 3.1Das Grundproblem und die Vorgehensweise27 3.2Modellrahmen und Ablauf30 3.3Die Regulierung von Subsidiary und Branch34 3.4Die Wahl der Repräsentationsform im Ausland41 3.5Modell-Zusammenfassung43 4.Harmonisierung der Regulierung44 4.1Prinzipien für die internationale Aufsicht44 4.2Kooperation in der Regulierung von multinationalen Banken47 4.3Pro und contra einer zentralen Finanzmarktregulierung56 5.Auswertung und Empfehlungen63 5.1Ergebnisse63 5.2Handlungsempfehlungen65 Literaturverzeichnis67 Anhang A: Grundlagen74 A.1 Verbriefungen74 A.2 Basel II75 A.3 Implementierung Basel II76 A.4 Kreditinstitute aus rechtlicher Sicht77 A.5 Ausländische Besitzanteile78 A.6 Ausländische Banken in Osteuropa und Lateinamerika79 Anhang B: Regulierung von Branch und Subsidiary80 B.1 Regulierungsentscheidung über Subsidiary-MNB80 B.2 Regulierungsentscheidung über Branch-MNB82 B.3 Determinanten für Branch-Repräsentation83 Anhang C: Kooperative Regulierung84 C.1 Empfehlungen der 'Cross-border Bank Resolution Group' (März 2010)84 C.2 Internationale Regelung in der Bankenaufsicht87Textprobe:Textprobe: Kapitel 2., Grundlagen: 2.1, Finanzintermediation und Banken als Finanzintermediäre: Das Funktionieren einer Volkswirtschaft ist maßgeblich von der Sicherstellung des effizienten Kapitaltransfers sowie der effizienten Allokation von Überschuss- und Defiziteinheiten abhängig. 'Mit dem Begriff Finanzintermediation werden die zahlreichen Prozesse umschrieben, die es zum Ziel haben, Nachfrage und Angebot nach Kapital zusammenzuführen und abzustimmen.' Effiziente Finanzintermediation erhöht das Wachstum und die Stabilität eines ökonomischen Systems. Im Sinne des funktionellen Erklärungsansatzes stehen folgende fünf Kernfunktionen im Mittelpunkt: Transfer-, Transformations-, Risikotransformations-, Logistik- und Informationsfunktion. Innerhalb variabler Rahmenbedingungen (zum Beispiel nationale Finanzmarktgesetzgebung) sind diese Funktionen gleichbleibend und es gilt, sie zu erfüllen. Die Grundaussagen der Kernfunktionen lauten: Transferfunktion: Der Transfer von Kapital zwischen verschiedenen Akteuren im Wirtschaftssystem verursacht Kosten und Risiken, welche durch effiziente Intermediation reduziert werden können. Transformationsfunktion: Das Volumen von Kapitalangebot und Nachfrage kann differieren. Mittels Losgrößentransformation wird ein großer Kredit durch viele kleine zusammengefasste Einlagen finanziert bzw. wird eine große Einlage in Form von vielen kleineren Krediten verliehen. Unterschiede in der Fristigkeit werden durch Fristentransformation ausgeglichen. Langfristige Kredite können durch den Finanzintermediär aus Einlagen kürzerer Laufzeiten finanziert, und umgekehrt längerfristige Einlagen in Kredite mit kürzerer Laufzeit investiert werden. Eine dritte Form der Transformationsfunktion von Finanzintermediären ist der intertemporale Ausgleich zwischen Konsum und Sparen bzw. Finanzieren und Investieren. Diese zeitliche Verschiebung der Prioritäten im Lebenszyklus wird als Life Cycle-Transformation bezeichnet. Risikotransformationsfunktion: Wirtschaftsteilnehmer besitzen eine unterschiedliche Risikoneigung und Risikotragfähigkeit. Finanzintermediation ermöglicht den direkten oder indirekten Transfer von Risiken entsprechend der Präferenzen. Ein direkter Transfer kann mittels Diversifikation, Hedging oder das Abschließen von Versicherungen erreicht werden. Der Finanzintermediär ist aber auch in der Lage, Risiken indirekt zu senken. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Informationsvorteile, welche dem einzelnen Nicht-Intermediär gänzlich unzugänglich bzw. nur mit hohem Kostenaufwand zugänglich sind. Gegen Zahlung einer Entschädigung kann sich der Kapitalgeber Informationen über die Risiken des Investitionsobjektes beschaffen. Aber auch Eigenkapitalhaftung und Diversifikationsmöglichkeiten (welche dem Einzelnen nicht zur Verfügung stehen) sind Möglichkeiten zur Reduktion von Risiken durch Finanzintermediation. Logistik- und Servicefunktion: Für die effiziente Erfüllung der Intermediationsfunktion bedarf es bestimmter logistischer Voraussetzungen. Aufgabe ist es, diese Basis zu schaffen und sie den Marktteilnehmern zugänglich zu machen. Informationsfunktion: Die Beschaffung von notwendigen Informationen für die Investitions- oder Finanzierungsentscheidung der Wirtschaftssubjekte ist mit hohem Ressourceneinsatz verbunden. Informationsungleichgewichte zwischen Kapitalanbieter und Nachfrager erhöhen das Risiko in vielfältiger Weise. 'Im Rahmen der Informationsfunktion gewährleistet die Finanzintermediation eine permanente und effiziente Verbesserung der Informationsbasis, auf deren Grundlage die Marktteilnehmer Finanzentscheidungen treffen.' Aus diesen fünf Kernfunktionen können die drei Ziele Kapitalallokation, Transaktionskostenreduktion und Risikoreduktion abgeleitet werden. Dabei stehen diese Zielelemente nicht nur ergänzend zueinander. Unter Einbeziehung der Kosten wird das Konfliktpotenzial ersichtlich. So hat sich in der jüngsten Krise des Finanzintermediationssystems deutlich gezeigt, wie hoch Systemrisikokosten und damit die Kosten für die Volkswirtschaft sein können. Der Finanzintermediär kann als Anbieter von Finanzintermediationsleistungen bezeichnet werden. Dabei werden neun Anbieterkategorien unterschieden: Banken und bankähnliche Organisationen, Finanzgesellschaften und Gesellschaften mit Nähe zu Banken, Zentralbanken, Versicherungsgesellschaften, Beratungs- und vermittlungsorientierte Organisationen, Non-Banks, Anbieter von Marktplattformen, Informationsdienstleister und Technologieprovider. Es kann weiter zwischen Finanzintermediären im engeren und im weiteren Sinn differenziert werden. In der engeren Definition werden Finanzintermediäre als Institutionen verstanden, die Kapital von Anlegern annehmen und an Kapitalnehmer weitergeben. Eine Bank, in deren Geschäftstätigkeit dieser Vorgang berücksichtigt wird, kann als Finanzintermediär im engeren Sinn bezeichnet werden. Allerdings fallen auch andere Unternehmen, wie zum Beispiel Venture Capital Gesellschaften oder Versicherungen, in den Bereich dieser Definition. Weiterhin werden Institutionen, welche den Handel zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern ermöglichen oder erleichtern, als Finanzintermediäre im weiteren Sinn bezeichnet. In diese Gruppe sind Finanzmakler, Börsendienste oder Rating Agenturen einzuordnen. 'Banken bieten heutzutage eine Fülle unterschiedlicher Produkte an und konkurrieren mit anderen Instituten, die gleiche Funktionen erfüllen.' Definitionsansätze des Begriffs 'Bank' sind daher sehr heterogen. Sie können aus einzelwirtschaftlicher, gesamtwirtschaftlicher oder rechtlicher Sicht erfolgen. Der Tätigkeitsbereich von Banken gliedert sich in Commercial Banking und Investment Banking. Im Commercial Banking nehmen Kreditinstitute Kapital entgegen und geben dieses als Kredite an Dritte weiter. Damit übernehmen diese Institute die Transformationsleistungen der Finanzintermediation in Bezug auf Risiko, Fristigkeit und Losgrößen. Im Zuge des delegated monitoring wird stellvertretend für den Kapitalgeber die Überwachung der Kreditnehmer übernommen, und dadurch Kosten eingespart. Zudem erfüllen sie Umtausch und Zahlungsleistungen und sind damit klar den Finanzintermediären im engeren Sinn zuzuordnen. Im Gegensatz dazu unterstützen Investmentbanken den Handel an den Kapitalmärkten und sind damit als Finanzintermediäre im weiteren Sinne tätig. Klar wird an dieser Stelle, dass Banken einen großen Teil des Spektrums der Finanzintermediation abdecken. Sie zählen zu den wichtigsten Finanzintermediären und nehmen eine bedeutende Position in einer Volkswirtschaft ein. 2.2, Multinationale Banken: In der vorangegangen Betrachtung wurden Banken in die Finanzintermediationstheorie eingeordnet, ohne dabei näher auf den 'geographischen' Tätigkeitsbereich der Intermediäre einzugehen. Es konnte aus der Finanzintermediation heraus auf den Finanzintermediär selbst Bezug genommen werden. Diese Vorgehensweise wird nun auf globaler Ebene fortgesetzt. Die internationale Finanzintermediation besitzt eine Reihe von Spezifika. Das Risiko internationaler Transaktionen ist höher als auf nationaler Ebene. Insbesondere tragen Fremdwährungs- und Länderrisiken zu diesem hohen Risikofaktor bei. Die Intermediationskette sowie die Intensität der Interbankenbeziehungen, sind im globalen Umfeld ausgedehnter als in inländischen Märkten. Das Argument der größeren Informationslücke, aufgrund der größeren Entfernung von Kapitalnehmer und Kapitalgeber, hat im Zeitalter des Internets und der internationalen Vernetzung kaum noch Gültigkeit. Kritisch zu betrachten sind in diesem Zusammenhang auch Aussagen über die erhöhte Wettbewerbsintensität auf dem internationalen Bankenmarkt. Die fehlende internationale Regulierung soll für diesen Zustand verantwortlich sein. In Hinsicht auf die in der jüngsten Vergangenheit abgeschlossenen internationalen Abkommen ist dieses Argument als heikel anzusehen. Ebenfalls spricht die Tatsache, dass auf internationalen Kapitalmärkten unvollkommene Marktbedingungen vorherrschen, welche Intermediären Monopolrenten verschaffen können, dagegen. Die Wettbewerbsintensität wäre somit sogar geringer. Ein internationaler Finanzintermediär ist ein Intermediär, welcher die Funktionen der Finanzintermediation in (über) mehreren Ländern erfüllt. Im Folgenden wird die Multinationale Bank (MNB) als ein Vertreter näher betrachtet. Eine MNB ist eine Bank, welche in mehr als einem Land physische Niederlassungen unterhält. Sie besitzt Elemente ausländischer Direktinvestitionen (FDI) und eines multinationalen Unternehmens (MNE). Die meisten Aktivitäten der MNB sind grundsätzlich als eine Art Verlängerung von Aktivitäten der inländischen Ebene zu verstehen. Im Gegensatz dazu, werden Internationale Banken abgegrenzt, welche zwar international operieren, aber keine physischen Niederlassungen im Ausland besitzen. Unter die Tätigkeiten Internationaler Banken fallen traditionelle grenzüberschreitende Geschäfte sowie das sogenannte Euroccurrency Banking, bei dem Transaktionen in einer Fremdwährung durchgeführt werden.