'Hoch die internationale Solidarität!': globale Sozialpolitik ist auch Friedenspolitik
In: Gegen den Krieg: der Basler Friedenskongress 1912 und seine Aktualität, S. 240-257
Die Friedens- und Konfliktforschung hat sich in Weiterführung der Ansätze aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, jetzt aber als wissenschaftliche Disziplin, intensiv mit den Ursachen von Kriegen und in erweiterter Form mit den Ursachen von Gewalt beschäftigt. Der Massenstreik ist als Mittel zur Kriegsverhinderung angesichts der Veränderungen innerhalb der internationalen Arbeiterbewegung inzwischen ausgeschieden. Demonstrationen finden hingegen immer noch statt, auch die jährlichen Ostermärsche stehen in dieser Tradition. Erörtert werden in der Wissenschaft und in der Politik etwa Maßnahmen zur Abrüstung, im Besonderen der Atomwaffen, zur Demokratisierung des Militärs, zur Verminderung oder gar Abschaffung der Armeen oder zum Abbau von Feindbildern. Die Rolle von Nichtregierungsorganisationen steht ebenso zur Debatte wie die allgemeine Sicherheitspolitik oder der Auslandseinsatz von Soldaten, der als Friedensförderung bezeichnet wird, häufig jedoch letztlich wirtschaftlichen und politischen Interessen dient. Nach wie vor sind Schiedsgerichte und seit einiger Zeit auch eine internationale Gerichtsbarkeit wichtige Hilfen einer Friedenspolitik. Immer wieder werden Möglichkeiten einer Welt-Innenpolitik untersucht, einer durch die Vereinten Nationen garantierten Welt-Friedensordnung. Manchmal zielt die Forschung weniger auf die Abschaffung von Kriegen, sondern eher auf ein Konfliktmanagement. Umstritten ist, was unter 'Friede' zu verstehen ist: die Abwesenheit von Krieg oder auch eine demokratische und sozialverträgliche Ordnung? Welche Bedeutung hat der Gender-Aspekt? All diese Fragen sind von den Vorschlägen und Forderungen im Umfeld des Sozialistischen Friedenskongresses von 1912 angestoßen worden. Damals standen der Kapitalismus und der Klassenkampf im Mittelpunkt der Ursachenforschung. Heute können Armut und soziale Polarisierung im nationalen wie internationalen Zusammenhang als entscheidende Ursache von gewalthaften Konflikten und Kriegen betrachtet werden. (ICB2)