Der Beitrag des Politikunterrichts zur schulischen Bildung wird vielfach in der Herausbildung einer aktiven Bürgerschaft gesehen. Es gibt eine lange Tradition, politische Partizipation und Wissensvermittlung als zentrale Ziele des Unterrichts anzusehen. Angesichts einer 50jährigen Wirkungsgeschichte dieses allgemeinen Wunsches geht der Beitrag der Frage noch, ob das Ziel des/-r Aktivbürgers/-in ein Mythos oder unterrichtliche Wirklichkeit ist. Im Folgenden werden zunächst die theoretischen Annahmen für die Partizipationsfähigkeit nach dem Modell der Politikkompetenz geklärt. Es stellt den Link zwischen Wissen, Einstellungen und Partizipation her. Das Modell liegt den empirischen Studien zugrunde, die anschließend vorgestellt werden. Berichtet werden die Ergebnisse von Studien mit insgesamt 4350 Schüler/-innen, die evidenzbasiert die sozialen Klassenkontexte mitberücksichtigen. Es zeigt sich, dass die Partizipationserfahrung keinen Effekt auf das schulische Fachwissen hat. Es ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass Partizipation zur Aufklärung schulischer Leistung theoretisch oder empirisch beiträgt. Die politikdidaktischen Narrative zur Partizipation treffen die unterrichtliche Wirklichkeit offenbar nur eingeschränkt.
Unter konventioneller politischer Partizipation werden vor allem solche Handlungen verstanden, die direkt oder indirekt mit dem Wahlakt verbunden sind.
"In diesem Beitrag werden Veränderungen im politischen Partizipationsverhalten von Frauen seit den 70er Jahren untersucht, und zwar einmal in Hinblick auf das Wahlverhalten und zum anderen auf der Ebene des politischen Interesses sowie der Politikbeteiligung im formellen wie im informellen Bereich. Die Institutionalisierung der Frauenpolitik in Österreich, die immer wieder als ein 'Paukenschlag' bezeichnet wird, hat das Partizipationsverhalten zwar nicht erschüttert, aber einige Veränderungen können doch ausgemacht werden. Frauen wählen (teilweise) anders als vor zwanzig Jahren und anders als Männer weil die Parteienlandschaft heute stärker ausdifferenziert ist und sie partizipieren (teilweise) anders, vor allem weil die informelle Politikbeteiligung größere Akzeptanz und Verbreitung gefunden hat. Nicht geändert hat sich dagegen ihre politisch-institutionelle Beteiligung, vor allem in Hinblick auf die Mitgliedschaft bei den traditionellen Parteien und auf parteinahe Aktivitäten: Dieser Bereich ist eine Männerdomäne geblieben." (Autorenreferat)
Seit dem Ende der 50er Jahre wurden empirische Untersuchungen über die Wirksamkeit des politischen Unterrichts, z.B. von M. Teschner und S. Herkommer, und über die politische Einstellung der Jugend, z.B. von W. Jaide und J. Habermas, durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studien wurden bald Gegenstand öffentlicher und wissenschaftlicher Diskussionen, wobei die Schwierigkeiten politischer Sozialisationsforschung deutlich wurden. Was Interesse und Aktivitätsbereitschaft für Politik anbelangt, läßt sich eine besonders aktive und interessierte Generation nicht ablesen. Die Analyse der politischen Einstellungen läßt als Trend erkennen, daß sich die Jugendlichen, obwohl sie gravierende Mängel sehen, in immer stärkerem Maße mit unserem Gesellschaftssystem identifizieren. Berücksichtigt man jedoch, daß häufig nur formale Aspekte der Politik abgefragt werden und keine Vergleichsdaten zu Erwachsenen herangezogen werden, so zeigt sich die Generation der 16-19-Jährigen im Vergleich zur älteren Generation als Neuem gegenüber toleranter und aufgeschlossener und in bestimmten Bereichen kritischer. Der Verfasser geht auf das sogenannte Protestpotential und die Bereiche, für die sich Jugendliche engagieren wollen, ein, wobei sich weniger eine Entpolitisierung und Privatisierung der Jugendlichen, sondern deren mangelnde Integration in das politische Leben feststellen läßt. Um den Prozeß der politischen Sozialisation zu klären, muß analysiert werden, wie unterschiedliche politische Einstellungen und Verhaltensweisen mit unterschiedlichen Lebensbedingungen zusammenhängen. Aus den hierzu gegebenen Fakten lassen sich als Effekte der politischen Sozialisation der Lebenszyklus-Effekt, der Schicht- und der Generations-Effekt ableiten. Einzelergebnisse müssen im Rahmen einer differenzierten Theorie gedeutet werden, zu der abschließend einige Aspekte skizziert werden. (SD)
Erste repräsentative Befunde über das Engagement der Bürger der neuen Bundesländer nach der Wende werden von der Panel-Studie "Leben Ostdeutschland 1996" geliefert. Anhand dieser Daten werden das Ausmaß der politischen Beteiligung in den neuen Bundesländern und mögliche Ursachen überprüft. Die Entwicklung der Protestbeteiligung in Ost- und Westdeutschland seit der Wende wird dargestellt. Dazu werden zum Vergleich internationale und westdeutsche Umfragen von 1990 bzw. 1991-1992 hinzugezogen. Einige mögliche Motive der Protestbeteiligung werden überprüft. Daraus wird ein Erklärungsmodell abgeleitet, das auf einem Interaktionseffekt zwischen Unzufriedenheit und Einfluß, auf der Wirkung von Gruppenintegration und der Wirkung von Kollektivgutmotivation und selektiven Anreizen basiert. Anhand der vorliegenden Sekundärdaten wird dieses Modell empirisch überprüft. Da keine Daten über die Änderung der Variablenwerte seit 1990 vorliegen, kann ein Rückgang des Einflusses als Ursache für die Veränderung der Proteste seit 1990 nicht nachgewiesen werden. (prf)
Neben der Beteiligung an Wahlen stehen den Bürgern in Deutschland zahlreiche zusätzliche Partizipationsformen zur Verfügung, um Einfluss auf das politische System und seine Entscheidungen zu nehmen. Dazu zählen die Beteiligung an Demonstrationen, die Mitarbeit in Bürgerinitiativen, das Spenden von Geld an politische Parteien oder der Boykott von Produkten aus politischen Gründen. Dieser Band untersucht Häufigkeit, Struktur und Erklärungsfaktoren dieser politischen Aktivitäten. Die Nutzung von Trend- und Paneldaten ermöglicht eine umfassende Betrachtung des politischen Beteiligungsprozesses und bietet erstmals eine Analyse intraindividueller Veränderungen politischer Aktivitäten und ihrer kausalen Erklärungsmuster in Deutschland
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Identifikation. Politische Einstellungen und Verhaltensweisen. Gesellschaftliches und politisches Engagement und Integration.
Themen: Identifikation: Geburtsland; Jahr des Zuzugs in die Bundesrepublik Deutschland; Gründe für den Zuzug; deutsche Staatsangehörigkeit; ausländische Staatsangehörigkeit; deutsche Staatsbürgerschaft durch Geburt, als (Spät-)Aussiedler ohne bzw. mit Einbürgerung, durch Einbürgerung; Jahr der Einbürgerung; vorherige Staatsbürgerschaft; Staatsangehörigkeit(en) der Eltern; Geburtsland der Eltern; Wunsch nach Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft; Religion: Konfession oder Glaubensgemeinschaft; religiöse Gruppenzugehörigkeit innerhalb des Islam; Stolz und Identifikation: Chancengleichheit in Deutschland; heutiges Staatsgebiet des Herkunftslandes von Vater und Mutter; Identifikation mit dem Herkunftsland der Eltern; Identifikation mit Deutschland; Einladung zu einer deutschen Familie; Überlegungen im deutschen Staatsdienst zu arbeiten; gerne in Deutschland; im Haushalt gesprochene Sprache; entgegengebrachter Respekt in Deutschland; mehr Interesse für die Politik in Deutschland oder im Herkunftsland; wichtigste Gründe für Unzufriedenheit.
Politische Einstellungen und Verhaltensweisen:
Wahlverhalten: Parteipräferenz (Sonntagsfrage); Alternativstimme; Partei, die der Befragte auf keinen Fall wählen würde; Nähe zu einer Partei in der Türkei (Sympathie); Parteimitgliedschaft (Partei); Politikinteresse; Demokratiezufriedenheit; Politisches Wissen: Kenntnis des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland; Kenntnis der Parteizugehörigkeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel; politische Partizipation: persönlich genutzte Möglichkeiten der politischen Partizipation in Deutschland und im Herkunftsland.
Parteien, Politiker, Politische Probleme: Sympathie-Skalometer für die Parteien SPD, CDU, CSU, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD; gegenwärtig wichtigstes Problem in Deutschland; Problemlösungskompetenz der Parteien; bessere Vertretung persönlicher Interessen durch Politiker mit Migrationshintergrund; Nennung des Politikers.
Politischer Fundamentalismus, Populismus: Zustimmung zu verschiedenen Aussagen zu Politik, Staat und Gesellschaft (keine Ideale mehr in der Gesellschaft, Kapitalismus richtet die Welt zu Grunde, USA steckt hinter Anschlägen vom 11. September, Die da oben machen was sie wollen, Ablehnung homosexueller Freunde, Akzeptanz von Gewalt bei Konflikten in einer Demokratie, Ruf nach Anführer, Russland als Alleinschuldiger bei internationalen Konflikten, Westen verhindert Entwicklung der islamischen Welt, Schande für die Familie durch Muslima, die einen Christen heiratet, Beleidigung als Muslim durch Mohammed-Karikaturen, buchstabengetreue Befolgung der Regeln des Koran, Anpassung der Lehre des Islam an Bedingungen der modernen Welt, Ereignisse in Palästina typisch für den Umgang mit allen Muslimen, verkommene Sexualmoral der westlichen Gesellschaft, Wählbarkeit einer christlich geprägten Partei für Muslime, der Islam gehört zu Deutschland, Diskriminierung von nicht deutsch Aussehenden, keine Partei in Deutschland vertritt Interessen der Migranten, Zuwanderer sollten ihr Verhalten der deutschen Kultur anpassen, wer in Deutschland lebt, sollte die deutsche Sprache lernen, Juden kann man nicht trauen).
Gesellschaftliches und politisches Engagement: Mitgliedschaft in gemeinnützigem Verein oder Organisation in Deutschland; Art des Vereins bzw. der Organisation; Mitgliedschaften im Herkunftsland; aktive Beteiligung in Verein, Initiative oder Selbsthilfegruppe in Deutschland; Bereich dieser aktiven Beteiligung; Beginn der ehrenamtlichen Tätigkeit (Anzahl Jahre); Anstoß für die Übernahme der Tätigkeit.
Integration: Größtes Problem von Deutschen mit Migrationshintergrund und Ausländern in Deutschland; geeignetste Partei zur Lösung dieses Problems; Bewertung der Integrationsbemühungen der CDU: ausreichender Einsatz der CDU für die Integration von Ausländern und Deutschen mit Migrationshintergrund sowie für Aussiedler und Spätaussiedler.
Demographie: Geschlecht; Alter; Erwerb des höchsten Bildungsabschlusses im Herkunftsland oder in Deutschland; höchster Schulabschluss; höchster beruflicher Bildungsabschluss; Anerkennung der beruflichen Ausbildung in Deutschland; Erwerbsstatus; berufliche Stellung; Zufriedenheit mit der derzeitigen bzw. letzten beruflichen Tätigkeit; derzeitige bzw. letzte ausgeübte Tätigkeit entspricht der beruflichen Ausbildung; Wunsch nach Ausübung des gelernten Berufs; Selbsteinschätzung Religiosität; Kirchgangshäufigkeit; Erreichbarkeit: Nutzung des für das Interview genutzten Handys ausschließlich alleine, mit anderen oder nur zufällig; Anzahl der weiteren Handynutzer ab 14 Jahren; Festnetzanschluss im Haushalt; Anzahl der Mobilfunknummern; Anzahl der Festnetznummern; Bundesland; Ortsgröße; Haushaltsgröße; Anzahl Personen im Haushalt unter 18 Jahren.
Zusätzlich verkodet wurde: Befragten ID; Gewichtungsfaktoren; Gruppenzugehörigkeit (Deutsche ohne Migrationshintergrund, Deutsche mit Migrationshintergrund oder Ausländer); politische Gemeindegrößenklassen.
Anknüpfend an die Untersuchungen Putnams zur politischen Kultur in westlichen Demokratien und zur Bedrohung politischer Partizipation durch rückläufige Sozialkapital-Ressourcen legen die Verfasser eine empirische, sekundäranalytisch verfahrende Untersuchung zu Determinanten politischer Partizipation in der Bundesrepublik vor. Gefragt wird, inwieweit die Einbindung in soziale Netzwerke, also die soziale Infrastruktur der Zivilgesellschaft, politische Partizipation fördert. Die Verfasser zeigen, dass ein großer Teil der deutschen Bevölkerung einer Freiwilligenorganisation angehört und sich eine beträchtliche Zahl in diesen Organisationen aktiv engagiert. Die vermutete positive Beziehung zwischen der Mitgliedschaft und Aktivität in Freiwilligenorganisationen, prosozialen Motiven und sozialem Vertrauen auf der einen und politischer Partizipation auf der anderen Seite wird durch die empirische Analyse zum Teil bestätigt. (ICE)