Pathos im Zivilisationsprozeß
In: Merkur: deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Band 59, Heft 12, S. 1126-1140
ISSN: 0026-0096
Das Wort Pathos wird heute in einem pejorativen Sinne gebraucht: Wir sprechen vom "falschen Pathos" oder "hohlem Pathos". "Pathos" bedeutete jedoch ursprünglich einen bedeutenden Gedanken inszenieren, es wurde entweder dargestellt, gelebt, aber vornehmlich gedacht. Der vorliegende Essay rekonstruiert diese Bedeutungsschlichte des Wortes unter zwei Hinsichten: Pathos als Ausdruck und Pathos als Idee. Als Gedanke hat es Deutschland entzündet (Schiller). Dabei wurde auch bald evident, dass Pathos nicht bloß "Leiden" - den Schmerz des tragischen Helden - sondern auch Leidenschaftlichkeit - die Rhetorik des tragischen Helden - bezeichnet. Anlässlich des Schillergedächtnisses fragt der Autor nach der Möglichkeit eines neuen Pathos. Am Anfang des deutschen Neubeginns nach 1945 stand eine "neurotisch verursachte Abwehr von Emotionen", die im Begriff der neuen Sachlichkeit von den damals und noch heute einflussreichen Intellektuellen gefordert wurde. Der vorliegende "Rückblick auf die Pathoslandschaften des 17., 18. und 19. Jahrhunderts" plädiert für ein aufgeklärtes Pathos - "Leidenschaftlichkeit als rhetorisch gemeisterte Form". (ICA2)